Professor Zamorra 1267 (eBook)
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-4127-9 (ISBN)
Das Foto hielt einen äußerst glücklichen Moment fest: Ein optisch junger Mann und eine optisch junge Frau lächelten in die Kamera.
April Hedgeson seufzte leise.
Nun war er endlich wieder aufgetaucht. In Indien.
Sie wischte über das Foto und legte das Handy beiseite.
Die Suche konnte beginnen.
Nach der Person, die sie so innig liebte.
Und die ... ihre Liebe nicht erwiderte.
Im Bann der Königskobra
von Thilo Schwichtenberg
Das Foto hielt einen äußerst glücklichen Moment fest: Ein optisch junger Mann und eine optisch junge Frau lächelten in die Kamera.
Er zurückhaltend.
Sie überglücklich, weil sie sich in seiner Nähe befand! Die Haut des Begehrten spürte, die Wärme, die er ausstrahlte, die positive Energie, die von ihm ausströmte.
April Hedgeson seufzte leise.
Nun war er endlich wieder aufgetaucht. In Indien.
Sie wischte über das Foto und legte das Handy beiseite.
Die Suche konnte beginnen.
Nach dem Mann, den sie so innig liebte.
Und der ... ihre Liebe nicht erwiderte.
Italien. Gardasee, eine Villa unweit von Bardolino
Sie konnte sich einfach nicht sattsehen, wohl niemals sattsehen.
April Hedgeson stand auf ihrer mehr als großzügigen Terrasse. Hinter sich den Pool und dahinter ihre Luxusvilla wissend.
Sie betrachtete ganz einfach das Wasser ihres Lieblingssees. Seit Jahrzehnten wohnte sie nun schon hier. Wann immer sie von ihren Reisen auf den Weltmeeren nach Hause kam, wann immer sie traurig war oder glücklich, wenn sie nachts nicht schlafen konnte oder einfach über etwas – wie gerade jetzt – nachdenken musste: Der Gardasee war immer für sie da. Er war ihr Freund, wie der Mond, den die Menschen ansahen, mit ihm Zwiesprache hielten, mit ihm, dem Geduldigen, dem Ewigen, dem sie alles erzählen konnten. Alle Probleme, und der zunächst still blieb und schließlich meist unverhofft die lang herbeigesehnten Antworten lieferte.
Das Wasser und sie. Das war eine mehr als geistige Beziehung.
Betrachtete sie es rein von der philosophischen Seite, konnte sie vielleicht schon als eine Chimäre durchgehen. War sie nicht halb Mensch und halb Fisch? So oft, wie sie sich im Wasser tummelte.
Nun, das Wort Fisch traf es nicht ganz.
Wohl eher Nixe oder noch besser: Wasserfrau.
Ja, der Begriff Wasserfrau traf es ziemlich genau.
April Hedgeson schmunzelte bei diesen Gedanken.
Im Wasser und im Wasser ... das waren nämlich durchaus zwei völlig unterschiedliche Begriffe.
Die dunkelhaarige Engländerin, die seit Jahrzehnten ihren Wohnsitz in Italien am Gardasee besaß, kniff die Augenlider leicht zusammen und sah unverwandt auf den See.
Die Wasseroberfläche glitzerte im Schein der Sonne wie ein Sternenteppich oder jetzt, am Tage, funkelnd wie ein Diamant. Auf jeden Fall ein magischer Augenblick.
Im Wasser ... das bedeutete Baden, Schwimmen, Tauchen und Plantschen, Herumtollen. Wie die Fische, wie die Nixen.
Im Wasser bedeutete aber auch, durchs Wasser zu schwimmen, sich dadurch zu bewegen, ohne sich ihm direkt auszusetzen Und zwar in einer tiefseetauglichen Jacht. Als Eignerin der luxuriösen SEASTAR. Quasi als Wasserfrau.
Als trockengelegte Wasserfrau, verbesserte sich April, die jahrmäßig genauso alt wie ihr Freundin Nicole Duval war und optisch genauso jung wie sie aussah.
Die SEASTAR IV, eine technisch aufgerüstete Luxusjacht und ihre zweite Heimat, war vor fünf Jahren zerstört worden. Lange hatte sie sich nicht entschließen können, eine Nachfolgerin in Auftrag zu geben.
Zum einen, weil sie jemanden suchte, zum anderen, und das war der eigentliche Hauptgrund, weil sie nicht schon wieder ihr Leben verlieren wollte.
Und Leben verlieren bedeutete für sie zwar nicht den eigenen Tod zu erleben, aber so gut wie alles, was sie im Leben aufgebaut und erreicht hatte, war mit einem Schlag ausgelöscht worden.
Ihr Schiff, ihre geliebte SEASTAR, war vom Erzdämon Agares vernichtet worden. Und mit ihm, was weitaus schlimmer war, fast die gesamte Crew. Einzig der Chefingenieur Oleg Iwanowitsch Droski und die Schiffsärztin Doktor Albertina Kreutzer hatten damals das Ende der SEASTAR IV überlebt.*
April Hedgeson atmete tief durch, lächelte schmerzverzerrt und nickte dem Wasser zu. Die Toten waren noch immer bei ihr. Tief in ihrem Herzen.
Den Abstand hatte sie für die innere Auseinandersetzung benötigt. Sie musste ihr Leben ordnen, Klarheit erhalten und eine Entscheidung treffen, denn das Leben, ihr Leben, verlief weiter.
Was wollte sie in Zukunft tun? Was erreichen?
Wie hieß es so schön? Einmal Wasserfrau, immer Wasserfrau. Die Entscheidung war endlich gefallen. Auch um sich vom anderen Thema abzulenken.
Jetzt stand sie also, noch trocken und nicht auf See, in einen kuschelig-warmen, bis auf die Knie reichenden Pullover gehüllt auf der großzügigen Terrasse, hatte die Hände auf dem Rücken verschränkt und ließ den Blick schweifen.
Rechterhand erhoben sich auf beiden Seiten des Ufers die Berge, allen voran der Monte Baldo. Linkerhand entließen die Berge den See in die Weite.
Zypressen, Palmen und Pinien säumten die Hänge, Olivenhaine und Zitronenplantagen waren terrassenartig angelegt worden, damit die Sonne die Früchte bestens zum Reifen brachte. Ja, selbst Weinberge und Weingüter wusste sie in ihrem Rücken. Und ein Glas leichten spritzigen Rotweins auf einem Tischchen neben sich.
Sie nahm das Getränk in die Hand und prostete den Wellen zu. »Auf euch«, flüsterte sie, »auf die beste Crew der Welt!«
Ohne Wasser ging es wohl in ihrem Leben nicht mehr.
Abermals ließ sie den Blick schweifen. Überall lugten die terrakottafarbenen Dachziegel der Häuser aus dem Grün.
Am gegenüberliegenden Ufer sah sie Moniga di Garda sowie weiter links die nadelspitze Landzunge von Sirmione.
April schloss die Augen und sah in die Sonne. Auf Stirn und Wangen spürte sie ein leichtes Prickeln. Ja, auch die Dezembersonne konnte wärmen.
Noch schöner wäre es gewesen, diese fast sphärischen Momente zu zweit zu genießen.
Sie atmete tief durch, zog das TI-Gamma aus der Hosentasche und betrachtete wohl zum hundertsten Male das kleine Video, das neue Lebenszeichen.
»Michael«, flüsterte sie, und auf ihre Lippen stahl sich ein Lächeln.
Die Szenerie auf dem Bildschirm zeigte ein farbenfrohes Fest.
Die Menschen trugen bunte Tücher und bewarfen sich lachend mit leuchtenden Farben. Ein Brautpaar wurde eingeblendet. Und eine Art Priester, der den beiden den Segen gab.
Sie betrachtete ausgiebig dessen Bild, das Portrait eines jungen Mannes.
Er besaß ein längliches Gesicht, kurze schwarze Haare, leicht abstehende Ohren, hellblaue Augen und eine »Römernase«, da sie mittig einen kleinen Huckel auf dem Nasenrücken trug. Links und rechts am Hals befanden sich kleine Tattoos, die wie Blätter, Flammen oder gar Flügel aussahen.
Im kurzen Beitrag ging es um eine Hochzeit zwischen zwei Großgrundbesitzerfamilien.
Und der, der dem Hochzeitspaar den Segen gab, war kein Geringerer als Michael, von dem im Bericht behauptet wurde, dass er ein Prophet und Wunderheiler sei.
Sicher, er sah etwas verändert aus, indischer sozusagen, mit dunklerer Haut, schwarzen Haaren und leicht wulstigen Lippen.
Trotz der Entfernung, und obwohl es nur ein Video blieb, fühlte sie sich einmal mehr von ihm angezogen.
Ihr Herz schlug schneller.
Die TI-Watch piepte.
»Au Backe«, murmelte sie. »Den Termin hätte ich jetzt fast vergessen.« War das der Grund, warum sie Italien noch nicht in Richtung Indien verlassen hatte?
Sicher, sie hätte die Besprechung auch im Flugzeug abhalten können oder im Hotelzimmer, aber April kannte sich. Da würde sie sicher noch mehr abgelenkt sein, als sie es jetzt schon war. Und so hieß es, die Besprechung abzuwarten und sich dann in die Lüfte zu begeben.
Ein letzter Blick auf den Gardasee ... ja, sie hatte genug Energie tanken können. Sie kehrte ins Innere der Villa und in ihr Arbeitszimmer zurück.
Sie sah auf den Bildschirm. »Projekt V« lautete der schlichte, in Arial gehaltene und eher nichtssagende Titel der Besprechung. Alle hatten sich bereits eingewählt. Nur die Konzernchefin und Geldgeberin fehlte noch.
April war die einzige Tochter des verstorbenen Industriellen und Multimillionärs Sir Francis »the great« Hedgeson. Sie studierte in Telford, Oxford, Paris und Harvard sowie an der New Yorker Columbia-Universität und lernte dabei ihre Studienfreundin Nicole kennen.
Lange Zeit war sie die Lebensgefährtin von Bjern Grym gewesen, einem genialen Erfinder und Konstrukteur von außergewöhnlichen Schiffen, die in der Grym-Werft, welche er von seinem Vater geerbt hatte, gebaut wurden. Bis er unter den Bann von Leonardo deMontagne geriet, der ihm heimlich Para-Kräfte aufoktroyierte, um ihn als Geheimwaffe gegen die Zamorra-Crew zu verwenden.
Als Bjern aber zum Mörder werden sollte, nahm er sich lieber selbst das Leben, anstatt seinen Freunden Schaden zuzufügen.
Die von ihrem Vater gegründete Hedgeson-Firma vermarktete von nun an die Jachten der Grym-Werft, die April nach Bjerns Tod geerbt hatte.
Durch einen fortschreitenden Verjüngungszauber des aus der Andromeda-Galaxis stammenden Dämons Airam Lemak erhielt sie erneut das Aussehen und das biologische Alter einer Achtzehnjährigen. Nachdem Zamorra den Zauber gerade noch rechtzeitig hatte stoppen können, alterte April...
Erscheint lt. Verlag | 20.12.2022 |
---|---|
Reihe/Serie | Professor Zamorra |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Horror |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Schlagworte | 2017 • 2018 • Abenteuer • Bastei • Bestseller • Dämon • Dämonenjäger • Deutsch • eBook • eBooks • Extrem • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • Horror-Thriller • john Sinclair • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • Lovecraft • Männer • Neuerscheinung • Neuerscheinungen • Paranomal • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • spannend • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony Ballard • Top • Walking Dead |
ISBN-10 | 3-7517-4127-5 / 3751741275 |
ISBN-13 | 978-3-7517-4127-9 / 9783751741279 |
Haben Sie eine Frage zum Produkt? |
Größe: 3,1 MB
Digital Rights Management: ohne DRM
Dieses eBook enthält kein DRM oder Kopierschutz. Eine Weitergabe an Dritte ist jedoch rechtlich nicht zulässig, weil Sie beim Kauf nur die Rechte an der persönlichen Nutzung erwerben.
Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belletristik und Sachbüchern. Der Fließtext wird dynamisch an die Display- und Schriftgröße angepasst. Auch für mobile Lesegeräte ist EPUB daher gut geeignet.
Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise
Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.
aus dem Bereich