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Dein Taxi ist da (eBook)

Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2023 | 2. Auflage
320 Seiten
Aufbau Verlag
978-3-8412-3188-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Dein Taxi ist da -  Priya Guns
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Ein origineller, rasanter Debütroman einer aufregenden neuen Stimme.

Damani kämpft. Jeden Tag kümmert sie sich um ihre Mutter, fährt die ältere Dame Mrs. Patrice zum Bingospielen, während sie immer weniger durch die Fahrdienst-App verdient. Die Rechnungen stapeln sich, ihre Wut auf die Welt wächst. Bis eines Tages Jolene in ihrem Wagen sitzt. Sie scheint die perfekte Freundin zu sein - aufmerksam, attraktiv, eine Verbündete. Vielleicht kann Damani über das hinwegsehen, was sie zurückhält: Noch nie hat sie eine Frau mit Geld gedatet, geschweige denn eine weiße Frau mit Geld. Aber gerade als Damani ihr zu vertrauen lernt, tut Jolene etwas Unverzeihliches und löst eine explosive Reihe von Ereignissen aus ...

»Dein Taxi ist da« ist ein rasanter und zutiefst politischer Roman über schnelle Autofahrten, Wut, Liebe und Privilegien in ihrer gegenwärtigsten Form.

»Eine wilde, starke, eigene Stimme.« The New York Times Book Review.

»Priya Guns ist phänomenal. Ein knallhartes Meisterwerk.« Kristen Arnett.



Priya Guns ist Autorin und Schauspielerin. Sie wurde in Sri Lanka geboren, wuchs in Kanada auf und hat im Libanon, in Palästina, in der Türkei und den Vereinigten Arabischen Emiraten gelebt. Sie hat Creative Writing studiert, mag Gartenarbeit und Gewichtheben und ist Begründerin der Organisation Capokolam für sozial benachteiligte Jugendliche in Sri Lanka. Heute lebt sie in London. »Dein Taxi ist da« ist ihr Debütroman.

4


Shereef war in Stephanie verliebt, und ich dankte den Göttern dafür. Tagsüber arbeitete er als Automechaniker, nachts als Fahrer. Stephanie, die ich fast schon mein ganzes Leben lang kannte und liebte, war tagsüber Lehrerin und abends gelegentlich Go‑go-Tänzerin. Die meisten Leute in der Stadt wurden für eine Sache bezahlt, machten aber nebenbei noch etwas anderes. Schlecht bezahlte Jobs und unbefriedigende Arbeit laugen einen gleichermaßen aus. Auch wenn ich nur als Fahrerin arbeitete, hatte ich Träume, für die ich sparte. Es sollte nicht der Job für den Rest meines Lebens sein.

»Fünf Jahre heute«, begrüßte ich Shereef, der seinen todschicken grauen Overall trug. Die obersten drei Knöpfe standen wie immer offen und gaben den Blick auf sein Brusthaar und eine schmale Goldkette frei. Er strahlte und umarmte mich, als ich aus dem Wagen stieg; an seinen Händen klebte bereits Schmierfett. »Und sieh mal, was ich mitgebracht habe«, sagte ich mit einer Dattel zwischen den Zähnen, von der ich wünschte, sie wäre eine Schokomandel. Ich hielt ihm die Packung hin. Die Schalen der Datteln erinnerten an dünne Kakerlakenhaut, die Süße an nussiges Karamell. Er nahm eine und steckte sie sich in den Mund. Wir standen draußen und starrten kauend auf mein Auto.

»Du hast dran gedacht, D.«, sagte Shereef, während er sich mit der Zunge ein klebriges Stück Dattel aus dem Backenzahn pulte. »Letztes Jahr ist mir erst so richtig klar geworden, dass dieser Laden hier einer der Gründe war, warum ich mit dem Trinken aufgehört habe.« Shereef leckte sich bei jedem Bissen über die Lippen. »Meine Werkstatt, das Doo Wop, Steph, du.« An dem schwachen Schimmern in seinen Augen erkannte ich, dass er dieses Gespräch brauchte; er wollte darüber reden, aber ich würde nicht zulassen, dass er schon so früh am Tag sentimental wurde. Grinsend griff ich mir einen ölverschmierten Lappen von der Werkbank und reckte mit einem sinnlichen Schmollmund das Kinn vor. Zum Beat von KRS-One, der aus den Lautsprechern in der Werkstatt schallte und unsere Unterhaltung musikalisch untermalte, tänzelte ich auf ihn zu. Ich zog die rechte Augenbraue hoch und gab eine erstklassige Imitation von Shereef zum Besten: »Mein Opa hat mir nach seinem Tod fünf Riesen hinterlassen. Habe ich das Geld versoffen? Nein! Ich habe es in diese Werkstatt gesteckt. Meine Werkstatt. Die beste weit und breit.« Ich verbeugte mich.

Shereef lachte: »Du bist ein Biest.« Er schüttelte den Kopf und zeigte seine Grübchen. »Dattel?«, fragte er immer noch lächelnd und hielt mir die Packung hin. Ich nahm mir eine. »Aber Scherz beiseite: Weißt du noch, wie ich früher die Autos auf unserer Straße repariert habe?«

»Du hast meins repariert, als es noch meinem Dad gehört hat«, sagte ich, und das Hochgefühl nach meiner Show verpuffte.

»Ja, stimmt. Er hat den Wagen gut in Schuss gehalten. Hat zwar nach Rasierwasser und Frittierfett gerochen, aber es war ein guter Geruch.« Mir schnürte es die Kehle zu, und ich verschluckte mich fast an meiner Dattel.

»Hast du einen Schluck Milch?«

»Fünf Jahre trocken«, wiederholte Shereef, während er auf den Kühlschrank in der hinteren Ecke der Werkstatt zuging. Von da, wo ich stand, sah es so aus, als steckte er den Kopf hinein, um frische Luft zu schnappen. Er kam mit einem Vanille-Shake zu mir zurück. »Ich habe mir selbst beigebracht, wie man den 1988er Firebird meiner Großeltern in Einzelteile zerlegt und wieder zusammensetzt. So was nennt man Talent, oder?«, fragte er und reichte mir die Flasche.

»Mittelmäßiges Talent vielleicht. Kein Weltklasse-Talent.«

»Du kannst das Shake auch gern bezahlen, wenn du das denkst.«

Die Werkstatt befand sich in einem Industriekomplex, nur drei Minuten von der Autobahn entfernt, in einer Gegend ohne jeglichen Charakter und Charme. Die Farbpalette war so inspirierend wie der getrocknete Kaugummi unter meiner Schuhsohle. Ein Junge aus unserer Nachbarschaft, der die Kunst des Graffiti beherrschte, hatte ein riesiges Mural auf das Doppeltor vor Shereefs Werkstatt gesprüht – ein Grund für die Leute, hier vorbeizufahren, selbst wenn ihre Autos einwandfrei funktionierten. Im Vordergrund sah man einen Löwen mit einem zerkauten Lederriemen im Maul und dahinter einen Cadillac DeVille Classic, der Richtung Sonnenuntergang auf den Horizont zufuhr. Natürlich konnte man das Meisterwerk nur außerhalb der Öffnungszeiten bewundern, aber Shereef hatte neben dem »Geöffnet«-Schild ein gerahmtes Foto von dem Graffiti aufgehängt, weil seine Kunden es immer sehen wollten. Daneben befand sich ein ebenfalls gerahmtes Foto des Künstlers. Die meisten Leute gingen davon aus, dass es dort hing, weil Fonzo, der Junge, inzwischen tot war, aber er lebte noch und studierte an irgendeinem College.

Shereef leckte sich die klebrigen Finger ab, ohne sich an dem Schmierfett zu stören, das an seinen Händen haftete. Mit der Packung Datteln lief er um mein Auto herum und begutachtete die Karosserie. »Heute ist nur ein Ölwechsel fällig, aber man kann nie sicher sein, ob nicht doch noch eine Reparatur nötig ist«, sagte er. Ich öffnete die Motorhaube, um einen Blick hineinzuwerfen. Shereef rieb über die Delle neben den Frontscheinwerfern, stellte die Datteln auf dem Autodach ab und zog sein Notizbuch aus der Gesäßtasche. Ich war sicher, dass er auf die Liste der Dinge, die er mit meinem Auto anstellen wollte, schrieb: »Delle ausbessern« – unter meinen Namen auf der Seite, die er nur mir widmete.

»Ich bin neulich nachts eingenickt und habe unser Straßenschild gerammt«, gestand ich.

»Du warst das?«

»Hast du gesehen, wie sich das Schild zurückgelehnt hat? Als hätte es sich für mich entspannt.«

Shereef lachte, als er wieder auf die Werkstatt zuging, und knackte mit den Fingerknöcheln, was er zu oft tat. Ich befürchtete, dass sie eines Tages auf die Größe von Tischtennisbällen anschwellen würden. In seiner Werkstatt waren alle Geräte blitzblank und an ihrem Platz. Die Werkzeuge waren mit Etiketten versehen und in alphabetischer Reihenfolge angeordnet. Er holte einen Stützbock, einen Filter, Öl und was immer sich sonst noch in dem Werkzeugkoffer befand, den er herüberrollte. Dabei bewegte er sich so mühelos, als bereitete er sich ein Sandwich zu.

»Letzte Woche war ich über dreißig Stunden eingeloggt, bin etwa zwanzig Stunden gefahren und habe die Hälfte von dem verdient, was ich letztes Jahr für die gleiche Zeit bekommen hätte.« Er wischte sich die Hände an dem schmutzigen Lappen ab, den er in seiner Tasche aufbewahrte, während Öl in eine Wanne unter meinem Auto floss.

»Ich weiß, dass ich dir noch was für die letzten Male schulde«, sagte ich.

»Mach dir deshalb keinen Kopf, aber behalt deine Tarife im Blick.«

»Manchmal spüre ich nach Feierabend meine Beine nicht mehr.«

»Glaub mir. Keiner bekommt mehr seinen üblichen Tarif, und gleichzeitig beschweren sich die Fahrgäste, dass die Preise gestiegen sind.«

»In letzter Zeit bekomme ich kaum noch Rückmeldungen von den Passagieren.«

»Siehst du? Sie stecken sich unser aller Geld in die Tasche, weil sie glauben, dass die Leute nicht miteinander reden. Der Kilometertarif schwankt ständig, und ein paar Fahrer haben erzählt, dass sie gar nicht bezahlt worden sind.«

»Im Ernst?«

»Ja, Mann. Manche Fahrer werden auch ohne Grund blockiert.«

»Als hätten wir keine Münder zu stopfen.«

»Ganz genau.« Shereef strich sich nachdenklich über den Bart. »Fährst du jetzt öfter nachts?«, fragte er.

»O ja.«

»Und in der Stadt ist richtig was los. Hast du die ganzen Demos mitbekommen?«

»Sie sind kaum zu übersehen.«

»Ist dir auch aufgefallen, dass sie sich jeden Tag ausbreiten?«

»Wie Waldbrände.«

»Gestern habe ich einen Protest gegen die Sportjagd, einen Klimastreik und eine Demo für die Rechte von Trans-Personen gesehen, und zwar gleichzeitig.«

»Das ist ziemlich cool.«

»Das ist unglaublich. Ich finde, wir sollten auch auf die Straße gehen. Höhere Tarife fordern. Aktiv werden.«

»Ja. Aktiv werden«, echote ich und gähnte dabei vor Müdigkeit.

»Wir Fahrer arbeiten immer mehr und verdienen immer weniger. Ich bin heute fünf Jahre ...

Erscheint lt. Verlag 14.3.2023
Übersetzer Mayela Gerhardt
Sprache deutsch
Original-Titel Your Driver Is Waiting
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Aktivismus • Autofahrt • Beziehung • Black lives matter • BLM • Blumenbar • braithwaite • carty williams • Damani • Debütroman • Gegenwart • Klassismus • Lesbisch • Liebe • lyft • migrantisch • poc • Polizei • Polizeigewalt • Prekariat • Queer • Rassismus • Ridesharing • Schauspielerin • Sri Lanka • Taxi • Taxi Driver • Uber • Wut
ISBN-10 3-8412-3188-8 / 3841231888
ISBN-13 978-3-8412-3188-8 / 9783841231888
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