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Der Spuk von Winslow Manor -  Ambrose Ibsen

Der Spuk von Winslow Manor (eBook)

Unheimlicher Thriller
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
272 Seiten
Festa Verlag
978-3-98676-027-4 (ISBN)
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Das Haus war schon lange unbewohnt, aber niemals verlassen ... Sadie hat eine besondere Gabe: Sie ist empfänglich für das Übernatürliche. Als sie die Hintergründe einer teuflischen Sekte erforscht, tauchen mehr Fragen als Antworten auf - insbesondere, wenn es um Sadies eigene Vergangenheit geht. Wie viel von dem, was ihr über ihre Herkunft erzählt wurde, ist wahr? Die Spur führt zu einem einsamen Herrenhaus. Schlägt hier das schwarze Herz des Bösen? Sadie macht sich auf den Weg, um das zerbröckelnde Gemäuer zu erkunden. Aber das Haus - und seine albtraumhaften Bewohner - sind nicht, was sie zu sein scheinen. Ambrose Ibsen gehört zur neuen Generation der herausragenden amerikanischen Horrorautoren in der Art von Stephen King oder Dean Koontz.

Ambrose Ibsen gehört zur neuen Generation der herausragenden amerikanischen Horrorautoren in der Art von Stephen King oder Dean Koontz.

1

»Es ist also kein Ersatzreifen da?«, fragte Rachel. Sie wischte sich ein paar blonde Locken aus dem Gesicht und beäugte die verdreckte Radkappe.

Dan verzog das Gesicht und verpasste dem platten Reifen einen Tritt. »Das war der Ersatzreifen.« Mit den Händen in den Hüften lief er ein paar Runden um den Sedan und blickte in die Ferne. Zu ihrer Rechten, jenseits des Entwässerungsgrabens, lag ein kleiner, mit großen Kiefern bewachsener Hügel; zu ihrer Linken erstreckten sich weite, offene Felder, auf denen das Unkraut wucherte. Die Straße, die sie hierhergeführt hatte, war kilometerlang wie leer gefegt gewesen, und wenn seine Augen ihn nicht täuschten, dann würde sie auch die nächsten Kilometer wie leer gefegt sein. Die Mittagssonne war ihnen keine große Hilfe. Das ganze Gebiet hüllte sich immer mehr in einen dünnen, dunstigen Nebel, während das Wetter plötzlich umzuschlagen schien. »Wir sind am Arsch der Welt.«

Seine Freundin, die bis zu diesem Punkt unbekümmert geblieben war, pirschte sich an seine Seite und fragte: »Und was machen wir jetzt? Können wir jemanden anrufen und um Hilfe bitten?«

Er fischte in seiner Tasche nach seinem Handy, fand es aber nicht. Zähneknirschend öffnete er die Fahrertür und suchte den Boden des Wagens ab. »Wen sollten wir denn anrufen? Alle, die wir kennen, sind in Ohio. Sie würden einen Tag oder zwei brauchen, um hierherzufahren und uns zu finden. Und ich bin mir sicher, dass es auch ewig dauern wird, bis hier ein Abschleppwagen oder ein Taxi auftaucht.« Er zerknüllte ein paar Schokoriegelverpackungen in seiner Faust und schlug auf das Armaturenbrett. »Keine Ahnung, wo mein Handy abgeblieben ist. Kann ich deins benutzen?«

Rachel holte ihr Handy hervor, errötete dann aber verlegen. »Äh … Tut mir leid, aber der Akku ist alle«, murmelte sie.

»Er ist alle? Hast du eine Powerbank mitgenommen? Ein Ladekabel?«

Bedrückt schüttelte sie ihren hübschen Kopf.

»Na klar!« Dan warf die Hände in die Luft. »Du musstest ja den ganzen Weg über deine schreckliche Musik hören, nicht wahr? So lange, bis der Akku völlig leer war. Einfach großartig.« Er schubste die Tür mit seinem Fuß zu und stieß flüsternd Flüche aus.

»Ja, aber … was ist denn mit dir?«, protestierte sie. »Du hast dein Handy im Hotel vergessen, stimmt’s?«

Er zog ein finsteres Gesicht und winkte ab. »Tja, vielleicht hätte ich das nicht getan, wenn du nicht bis zum allerletzten Augenblick vor dem Check-out gebraucht hättest. Sie haben uns ja fast aus dem Zimmer jagen müssen, weil du dir noch ein Bad gegönnt hast! Es grenzt an ein Wunder, dass wir nicht all unsere Sachen vergessen haben!«

»Ach, dann ist es wohl meine Schuld, was?« Sie drehte sich von ihm weg. »Ich kann es einfach nicht glauben. Welcher Trottel hat denn keinen Ersatzreifen im Kofferraum?«

Er brodelte leise am Straßenrand und knirschte mit den Zähnen, während sich in der Ferne ein Gewitter zusammenbraute. Aus den blaugrauen Wolken über ihnen fielen ein paar kalte Wassertropfen auf sie herab. »Und jetzt fängt es auch noch an zu regnen! Ganz toll!« Er öffnete den Kofferraum mit einem Ruck und holte einen alten Regenschirm und eine schäbige Tarnjacke, die er immer dabeihatte, daraus hervor. »Hier«, sagte er und warf ihr den Regenschirm zu. »Ich schätze, wir machen uns besser auf den Weg.«

Rachel nahm ihn, ohne sich zu bedanken, und balancierte ihn auf ihrer Schulter. Sie blickte angestrengt zu den Hügeln rechts von ihr hinüber. »Hey«, sagte sie und machte ein paar Schritte den Seitenstreifen hinunter. »Ist das Rauch?« Sie deutete auf einen einsamen dunklen Nebelschleier in der Ferne, der sich wabernd zum Himmel zog.

Er breitete die Jacke aus, legte sie sich über den Kopf und lief zu ihr hinüber an den Entwässerungsgraben. »Könnte sein … Vielleicht zeltet jemand dort draußen in den Hügeln.«

»Sollten wir es uns ansehen?«

Er nickte. »Ist besser als hier herumzustehen. Vielleicht haben sie ein Handy, das wir benutzen können. Womöglich können sie uns sogar mitnehmen.« Sie ließen den Wagen am Straßenrand stehen, hüpften über den Graben und machten sich auf den Weg zu den flachen Hügeln, während die Regentropfen immer dicker und kälter wurden und in einem steten Takt auf sie niederprasselten.

Der Anstieg wurde steiler. Schon gut 50 Meter hinter der Straße stieg das verwucherte Feld an, bis sie sich anstrengen und nach vorn lehnen mussten, um nach oben zu gelangen. Überall standen dicht beisammen wachsende Tannen und wohlriechende Zedern herum, an denen sie sich festhalten konnten, wenn der Weg matschig wurde und ihre Füße auf dem vom Regen durchtränkten Boden auszurutschen drohten. Feiner Nebel klebte büschelweise an den Stämmen und den Ästen der Bäume wie die Seide von Spinnweben. Die Luft, die vor einer Minute noch sommerwarm gewesen war, hatte sich ohne Vorwarnung um ein paar Grad abgekühlt. Die Sonne war fast nicht mehr zu sehen, als die Gewitterfront sich schließlich über ihnen zusammenzog.

Sie näherten sich dem Gipfel, außer Atem und mit roten Gesichtern, die dem unerwartet anstrengenden Aufstieg geschuldet waren. Erst jetzt fiel Dan ein, Rachel seine Hand zu reichen und ihr hinauf zum höchsten Punkt des Hügels zu helfen. Dort entdeckten sie etwas, das sie nicht erwartet hatten. »Na, was sagt man denn dazu?«, sagte er.

Zwischen mehreren Hügeln eingebettet und wegen der lästigen Ausbreitung der Tannen kaum sichtbar stand ein einsames Haus. Es war zwei Stockwerke hoch und beeindruckend breit. Die dünne Rauchschwade, die sie zum Himmel aufsteigen gesehen hatten, kam aus dem Schornstein, der sich aus der Mitte des dunklen Daches erhob – und von ihrem derzeitigen Standpunkt war dies das einzige erkennbare Merkmal des Hauses. Alles andere lag in den Schatten der riesigen Tannen.

»Was glaubst du, wer dort wohnt?«, fragte Rachel und erschrak, als ein Blitz in der Ferne aufzuckte.

»Keine Ahnung. Ich könnte mir nicht vorstellen, so weitab vom Schuss zu leben«, antwortete Dan und machte sich daran, die andere Seite des matschigen Hügels hinunterzugehen. »Ich kann kein Auto sehen. Du vielleicht?« Als er weiterlief, lugte er an den säulenartigen Stämmen der Bäume vorbei und versuchte, die wahre Form des Hauses, das noch immer im Finstern lag, zu erkennen, doch ihm wurde schnell klar, dass das Gebäude seine Geheimnisse nur dem preisgeben würde, der es wagte, sich ihm zu nähern. »Ist auch egal. Ich bin mir sicher, dass es dort ein Telefon geben wird, das wir benutzen können. Komm.«

Rachel folgte ihm. Sie stützte sich an den Baumstämmen ab, um nicht den Hügel hinunterzupurzeln. Aus diesem oder jenem Winkel erhaschte sie uneindeutige Blicke auf das abgelegene Haus, auch wenn der Wuchs an vielen Stellen so dicht war, dass man nichts davon sehen konnte und sie fast bezweifelte, dass das Haus überhaupt da war. »Ist es … Ist es sicher?«, fragte sie und klammerte sich fest an ihren Regenschirm.

»Natürlich ist es sicher«, entgegnete er spöttisch. »Landmenschen sind freundlich. Es ist ja nicht so, dass wir an die Tür von Jack the Ripper klopfen.« Doch dann zeigte er ihr ein wolfsartiges Grinsen. »Andererseits weiß man ja nie. Vielleicht ist es auch so was wie das Gacy-Haus.«

»Glaubst du echt?«, fragte sie und blieb abrupt stehen.

»Nein! Und jetzt beeil dich. Ich bin schon klitschnass.« Als sie den Fuß des Hügels erreicht hatten, machte sich Dan auf den Weg über die sumpfige Ebene, auf der das Haus stand. Der peitschende Regen hatte den Boden in eine Matschsuppe verwandelt. Die Jacke, die er sich über den Kopf hielt, war völlig durchnässt, und das kalte Wasser, das ihm schon längst in den Schuhen stand, kletterte langsam an den Beinen seiner Jeans empor. Er verfluchte das Wetter und stampfte wütend durch das knöcheltiefe Wasser, das mit jedem seiner Schritte in die Höhe schwappte.

Hin und wieder konnte Rachel nun mehr als nur einen flüchtigen Blick auf das Haus werfen, als der Wind um die Hügel fegte und die triefnassen Äste beiseitedrückte. Was sie durch die Lücken sah, die die Brise vorübergehend aufgetan hatte, bereitete ihr ein sonderbar flaues Gefühl im Bauch.

Das Haus schien in einem sehr schlechten Zustand zu sein.

Zuerst einmal fiel ihr auf, dass das Gebäude deshalb so schwer zu erkennen gewesen war, weil es mit der Vegetation, die es umgab, beinahe zu verschmelzen schien. Seine Wände waren von Efeu überwuchert, was es in der bewaldeten Umgebung fast wie ein Chamäleon aussehen ließ. Ein wenig Efeu, ordentlich gepflegt, verlieh so gut wie jedem Gebäude ein gewisses Maß an Klasse, doch dieses hier war von dem Grünzeug nahezu eingewickelt worden und trug es wie einen Sweater. Und das wenige, was unter der Anhäufung aus Blättern und Reben zu erkennen war, sah völlig abgenutzt aus – Schalbretter, die größtenteils schon längst keine Farbe mehr trugen und von den Jahreszeiten geschwärzt worden waren. Als sie ein düsteres, zerbrochenes Fenster erblickte, fragte sie sich, ob wirklich jemand in solch einem heruntergekommenen Haus lebte, und sie schauderte bei dem Gedanken daran, was für eine Art Mensch der Besitzer sein würde.

Doch Dan zwängte sich immer weiter durch das trübe Grün und bückte sich, um unter tief hängenden Ästen hindurchzuschlüpfen, bis er den Rand des Wäldchens durchbrochen hatte und bis in den Vorgarten des Hauses vorgedrungen war – wenn man das spärliche, ungezähmt wuchernde Grünzeug denn als Vorgarten bezeichnen wollte. Wildes Gras, dessen zähe Blätter von dem prasselnden Regen...

Erscheint lt. Verlag 8.11.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
ISBN-10 3-98676-027-X / 398676027X
ISBN-13 978-3-98676-027-4 / 9783986760274
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