Godmode. Der Videospiel-Prophet (eBook)
336 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-46599-8 (ISBN)
Manuel Schmitt lebt und arbeitet auf Gran Canaria. Er ist freier Autor, Regisseur, Programmierer und Animator. Er ist Absolvent der Kunsthochschule für Medien in Köln und arbeitet seit 2008 für Auftraggeber aus dem Medienbereich und an eigenen Buch-, Film-, Hörspiel- und Computerspiel-Projekten. Er leitete unter anderem die Webserie Let's Play Together mit den YouTube-Stars Gronkh und Sarazar und führte Regie bei #DeineWahl, ein Format, bei dem vier YouTuber die Kanzlerkandidaten Angela Merkel und Martin Schulz interviewten. Er selbst ist auf YouTube unter dem Pseudonym SgtRumpel bekannt.
Manuel Schmitt lebt und arbeitet auf Gran Canaria. Er ist freier Autor, Regisseur, Programmierer und Animator. Er ist Absolvent der Kunsthochschule für Medien in Köln und arbeitet seit 2008 für Auftraggeber aus dem Medienbereich und an eigenen Buch-, Film-, Hörspiel- und Computerspiel-Projekten. Er leitete unter anderem die Webserie Let's Play Together mit den YouTube-Stars Gronkh und Sarazar und führte Regie bei #DeineWahl, ein Format, bei dem vier YouTuber die Kanzlerkandidaten Angela Merkel und Martin Schulz interviewten. Er selbst ist auf YouTube unter dem Pseudonym SgtRumpel bekannt.
Kapitel 1
Orkus, der Gott der Unterwelt, erwachte.
Vor ihm lag der Seelenwald, in dem alte, knorrige Bäume dicht an dicht standen und von Wurzeln überwucherte Pfade sich zu einem tödlichen Labyrinth verflochten. Doch Orkus kannte jeden Zentimeter dieser Pfade, kannte jeden Felsen, jeden Durchgang, kannte den umgestürzten Baumstamm im Westen, wo Gorgath mit seinen Lakaien wartete, kannte die Höhle des Janus, die Manensteine und die Schutzgeister im Sumpf. Der Seelenwald war sein Jagdgrund, und er war hungrig.
Ein mächtiger Donnerschlag ließ die Erde erzittern, und Orkus spürte, wie die Fesseln, die ihn zurückgehalten hatten, zersprangen. Ein wuchtiger Kriegshammer materialisierte sich in seiner rechten Hand. Er rannte los, jagte an den ersten Bäumen vorbei, deren Äste wie knochige Hände nach ihm griffen, ihm jedoch nichts anhaben konnten. Qualm stieg von seinem Körper und seiner Waffe auf, bildete dunkle Rauchschwaden, die hinter ihm verwirbelten und sich schließlich auflösten. Der Odem der Unterwelt.
Orkus musste sich beeilen. Er war einer von fünf Göttern, die im Seelenwald um die Vorherrschaft kämpften, und es war wichtig, sich so früh wie möglich einen Vorteil zu verschaffen. Er sprang über einen kleinen Bachlauf und bereitete seinen ersten Zauber vor. Vorbei an flechtenbewachsenen Felsen, bis er eine kleine schwarze Blume im Gestein erblickte. Die Totenblume war sein Wegweiser, eine unscheinbare Markierung, die ihm die richtige Stelle wies.
Er wirkte den vorbereiteten Zauber. Sein Körper entmaterialisierte sich, überbrückte Zeit und Raum und kam im nächsten Augenblick auf der anderen Seite der Felswand wieder zum Vorschein. Orkus hatte die Felswand durchdrungen und damit ein paar wertvolle Sekunden gespart. Ein grelles Kreischen ertönte, und der Gott der Unterwelt hob seinen Kriegshammer, die Spitze des Schlagdorns blitzte im Zwielicht des Waldes auf. Er stand mitten in einem Greifennest.
Orkus hatte diesen Kampf schon tausendmal gefochten. Angreifen, ausweichen, abwarten. Es war ein sorgfältig ausgeführter Tanz, die Bewegungen bis zur Perfektion einstudiert. Mit tödlicher Sicherheit traf der Kriegshammer zunächst die Flanke des einen, dann die Brust des anderen Greifen. Sie waren keine Gegner für den Gott der Unterwelt, ihre scharfen Schnäbel konnten ihm kaum etwas anhaben. Und doch blieb Orkus wachsam, denn mit jeder Sekunde wuchs die eigentliche Gefahr: Einer der anderen Götter würde hier früher oder später auftauchen, um die Greifen für sich zu beanspruchen. Eines der Tiere starb mit einem kraftlosen Röcheln und blieb bewegungslos auf dem Boden liegen. In einem zukünftigen Kampf würde es auferstehen, doch dieses Mal sog Orkus die Essenz des toten Greifen ein und wurde ein kleines bisschen mächtiger.
Ein Geräusch wie von knirschendem Holz und aneinanderschrammenden Felsen übertönte für einen kurzen Moment das Kampfgeschehen. Die Erde bebte, und um Orkus herum brachen dornenbesetzte Schlingpflanzen aus dem Boden, die sich schmerzhaft um seine Beine wickelten. Er fluchte. Ausgerechnet Gaia! Schon löste sich die Gestalt der Göttin aus dem Schatten der Bäume, ihre sinnlichen Rundungen bedeckt von einem Kleid aus Blättern und Blütenkelchen. Dazwischen krabbelten zahllose Insekten, sogar kleine Vögel stoben gelegentlich auf, und dort, wo ihre nackten Füße auftraten, sprossen frische grüne Keime aus dem dunkelbraunen Erdreich. Gaia war die Göttin der Erde, des Wachstums und des Lebens, schön, mächtig und gefährlich.
Orkus ließ von dem zweiten Greifen ab und verdichtete den Odem der Unterwelt. Wie eine zusätzliche Rüstung legte sich der schwarze Nebel um seinen Körper. Gaia besaß keine Waffen, sondern setzte Magie ein, um einem Kontrahenten aus der Distanz Schaden zuzufügen, doch der Odem konnte Orkus vor ihren Angriffen schützen. Geduldig ließ er die magischen Geschosse Gaias auf sich einprasseln und stemmte sich gegen die Schlingpflanzen, die ihre Dornen tief in sein Fleisch gebohrt hatten.
Als sich der Griff der magischen Ranken endlich lockerte, sprang er, immer noch in den Odem gehüllt, auf Gaia zu und ließ den schweren Kriegshammer in einem großen Bogen gegen ihre Schulter prallen. Die Göttin wurde mehrere Meter zur Seite geschleudert, fort von dem Greifen. Orkus musste verhindern, dass Gaia das Tier erlegte und dessen Essenz in sich aufnahm. Er vollführte zwei schnelle Attacken gegen den Greifen, doch zu seiner Enttäuschung überlebte das Biest die Angriffe. Gaia hielt Abstand und umrundete ihn, denn auch sie wusste, dass der Greif inzwischen geschwächt war. Sie suchte eine freie Schusslinie. Mit einem Angriff im richtigen Moment konnte sie ihm zuvorkommen, das Tier töten und die Essenz für sich beanspruchen.
Der Odem der Unterwelt löste sich auf, und Orkus verlor seinen zusätzlichen Schutz. Er seufzte resigniert. Die Schmerzen würde er hinnehmen müssen. Die Essenz war einfach zu wichtig, gerade in dieser Phase des Wettkampfs. Gaia beschwor eine strahlende Kugel zwischen ihren Händen und schleuderte sie auf den Greifen. Orkus sprang in die Schusslinie, brachte seinen Körper als Barriere zwischen die Göttin und ihre Beute.
Als ihn die Kugel traf, glaubte er von innen heraus zu verbrennen. Schmerzen ließen ihn für einen Moment erstarren, er spürte, wie ihm die Lebenskraft entzogen wurde. Doch Gaias Angriff war nicht stark genug, er hatte ihn nicht getötet. Mit grimmiger Entschlossenheit wirbelte Orkus seinen Hammer herum und ließ ihn abermals gegen den Greifen krachen. Erleichtert sah er, wie das Tier sich ein letztes Mal aufbäumte und starb.
Er durfte keine Zeit verlieren, denn Gaia bereitete schon die nächste Attacke vor. Orkus hechtete zu der Felswand, durch die er zu dem Nest gekommen war, und aktivierte erneut seinen Teleportationszauber. Im nächsten Augenblick stand er auf der anderen Seite, die kleine schwarze Blume unberührt an derselben Stelle im Fels. Er war in Sicherheit; Gaia würde ihm nicht folgen können. Und die Essenz gehörte ihm.
»GG EZ«, sagte der Gott der Unterwelt.
Neil grinste breit, während sein Zeigefinger unablässig die Maustaste betätigte. Er hatte zwar die Hälfte seines Lebens eingebüßt, aber das kleine Manöver würde ihm dank der gewonnenen Essenz bei der nächsten Begegnung einen merklichen Vorteil verschaffen. In der Zwischenzeit würde er sich heilen und vielleicht noch ein paar Creeps farmen. In PentaGods machte ihm keiner etwas vor.
Er hörte, wie Trevor resigniert ausatmete, und grinste erneut. »Gaia also! Nette Wahl, aber man muss sie auch spielen können. Noob!«, stichelte er. Trevor antwortete mit einem verächtlichen Grunzen, ein Geräusch, das sein Freund mit vollendeter Perfektion erzeugen konnte, da er viel Übung darin besaß. Trevor verlor in PentaGods oft gegen ihn. Eigentlich immer.
Ein leichter Schlag auf den Hinterkopf, nicht wirklich schmerzhaft, aber mit Nachdruck. Das war Gregory, der hinter ihm stand. »Keiner mag Aufschneider, Neil. Konzentrier dich lieber aufs Spiel!«, sagte er tadelnd. »Morgen wird es nicht so einfach sein.«
Ohne die Augen von dem Bildschirm abzuwenden und ohne das Grinsen abzulegen, nickte Neil leicht. Gregory hatte natürlich recht, ein Freundschaftsspiel war kein Vergleich mit der World Championship, die morgen beginnen würde. Trevor war zwar ein ganz passabler Spieler, aber kein professioneller eSportler wie Neil. Trotzdem bestand sein Freund darauf, bei diesem letzten Match vor dem Turnier mitzuspielen, und Gregory hatte gutwillig zugestimmt. Nachdem Neil in den letzten Monaten fast ausschließlich mit anderen Profis trainiert hatte, war dieses Spiel eine Art Verschnaufpause. Die Ruhe vor dem Sturm.
Trotzdem diente ein solches Match der Vorbereitung; es steigerte sein Selbstbewusstsein. Er sollte sich sicher fühlen, um morgen mit einem guten Gefühl in das Turnier zu starten. Es war ein simpler psychologischer Trick, der erstaunlicherweise auch funktionierte, obwohl Gregory ganz offen darüber sprach. Es war zu einer Art Regel geworden, dass Neil das letzte Spiel vor einem wichtigen Event wie der 5G World Championship gewinnen musste. Er hatte ein solches Freundschaftsspiel noch nie verloren, eine Tatsache, die jedoch ihrerseits einen gewissen Druck aufbaute: Es wäre ein wirklich böses Omen, im letzten Match vor der Championship zu verlieren, also strengte er sich unwillkürlich an. So richtig just for fun war es also nicht. Neil fragte sich, ob Gregory sich dessen bewusst war. Vielleicht war es ein psychologischer Trick mit doppeltem Boden.
PentaGods war das Spiel, mit dem es Neil gelungen war, in die Elite der eSportler aufzusteigen. Es hatte ähnlichen Spielen wie DOTA oder League of Legends den Rang abgelaufen, hatte auf ihrem Spielprinzip aufgebaut und es weiterentwickelt. Heute, im Jahr 2029, war PentaGods – oder 5G, wie viele es abgekürzt nannten – der Platzhirsch und stand bei eSport-Events unverrückbar an erster Stelle. Neil hatte sich sofort mit dem Spielprinzip angefreundet und sich rasch in den Ranked Matches einen Namen gemacht. Sein Nick war Orkus666, in Anlehnung an seinen Lieblingshelden im Spiel, den Gott der Unterwelt. Nicht sehr einfallsreich vielleicht, aber leicht zu merken. Orkus-six-six-six. Für viele Fans war er die Personifizierung des Helden aus dem Spiel, und sogar das Entwicklerstudio hatte ihn mit einem eigenen Skin für seinen Lieblingsgott geehrt.
Mit PentaGods hatte er den Absprung geschafft. Von dem unscheinbaren Apartment in Camrose, in dem die Fenster undicht waren, die...
Erscheint lt. Verlag | 1.8.2023 |
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Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | Abenteuer • Abenteuerroman • actionreich • Alternative Welt • Atari • atria • Buch für Gamer • C64 • COMMODORE • Competitive-Gamer • Computer • Computerspiele • Computerspiele Buch • enemies to friends to lovers • enemies to lovers • esport • Fantastischer Roman • Gamer • Gamer Buch • Gaming • gaming bücher • Gaming-Livestream • Gaming Roman • gronkh • Hommage • Humor • influencer • Let's Play Together • Manuel Schmitt • Near future • Neil Desmond • Nostalgie • Online-Gaming • Orkus666 • Paluten • Paralleluniversum • Parallelwelten • pong • romane für erwachsene • Roman Gaming • Sarazar • science fiction bücher • Science Fiction lustig • Sgt Rumpel • sgtrumpel buch • sgtrumpel über gronkh • Spielehits • Spiele-Klassiker • Stream • Streamer • tetris • Unternehmen • videogames • Videospiel • Videospiele • Videospiele Buch • YouTuber • Youtuber Buch |
ISBN-10 | 3-426-46599-X / 342646599X |
ISBN-13 | 978-3-426-46599-8 / 9783426465998 |
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