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Mütter (eBook)

Eine Liebeserklärung | - nicht nur zum Muttertag | Der SPIEGEL-Bestseller-Autor
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
176 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-46691-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Mütter -  Herman van Veen
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Der beliebte niederländische Musiker setzt allen Müttern mit diesem Buch ein Denkmal - ein wunderbares Geschenk für Mütter, nicht nur zum Muttertag Herman van Veen hatte stets ein sehr enges Verhältnis zu seiner Mutter. In vielen Songs und Texten hat er ihr ein Denkmal gesetzt. In seinem jüngsten Buch schreibt er nicht nur über seine eigene Mutter, sondern über weitere prägende Mutterfiguren seines Lebens: Seine Großmutter, seine erste Violinlehrerin oder seine Tochter, die mittlerweile ebenfalls Mutter geworden ist. Mütter ist ein Buch über Herkunft und die Menschen, die einen prägen - und eine herzerwärmende Liebeserklärung an alle Mütter. Es stand in den Niederlanden auf Platz 3 der Bestseller-Liste. 'Sie fragen, ob wir schon gegessen haben, ob unsere Jacken warm genug sind, küssen uns auf wunde Stellen. Sie wissen, wie man Flecken aus einer Hose bekommt, und wie man Perlen auf einen Faden aufreiht. Sie wissen, wo der Salat ein Schnäppchen ist und wo nicht. Sie sitzen an deinem Bett, wenn du Mumps hast und sagen: 'Schatz, dein Papa hatte das auch.' Für sie wirst du nie älter als ungefähr elf, sie lieben dich mehr als sich selbst. Sagen: 'Hör auf meine Worte, du wirst noch an mich denken, wenn ich nicht mehr da bin.' Mütter.'  Herman van Veen - Ein perfektes Geschenk nicht nur zum Muttertag - Eine Ode an die Mütter - der Bestseller aus den Niederlanden

Herman van Veen, geboren 1945, wuchs in Utrecht auf, wo er auch das Konservatorium besuchte. 1965 feierte er mit dem Soloprogramm 'Harlekin, niemands Knecht, niemands Herr' sein Theaterdebüt. Seitdem reist er mit seinen Vorstellungen um die Welt. Von seiner Hand entstanden bis heute 180 CDs, 80 Bücher und ca. 500 Gemälde. Sowohl für sein künstlerisches Werk als auch für seinen Einsatz für den Frieden wurde er mehrfach ausgezeichnet, darunter mit dem Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland. Herman van Veen ist Vater von vier Kindern und der Waisenente Alfred Jodokus Kwak. Er hat drei Enkel und lebt bei Utrecht.

Herman van Veen, geboren 1945, wuchs in Utrecht auf, wo er auch das Konservatorium besuchte. 1965 feierte er mit dem Soloprogramm "Harlekin, niemands Knecht, niemands Herr" sein Theaterdebüt. Seitdem reist er mit seinen Vorstellungen um die Welt. Von seiner Hand entstanden bis heute 180 CDs, 80 Bücher und ca. 500 Gemälde. Sowohl für sein künstlerisches Werk als auch für seinen Einsatz für den Frieden wurde er mehrfach ausgezeichnet, darunter mit dem Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland. Herman van Veen ist Vater von vier Kindern und der Waisenente Alfred Jodokus Kwak. Er hat drei Enkel und lebt bei Utrecht.

Mama


Mein Vater hieß Liebling, meine Mutter Schatz. Pa war Typograf, Ma Hausfrau. Es muss so gelaufen sein: Liebling und Schatz kamen am 6. Juli 1944 um Viertel nach zehn auf meine Idee, nachdem sie zu zweit in der Besenkammer versteckt auf Radio Oranje gehört hatten, dass alliierte Truppen in der Normandie gelandet waren. »Liebling«, sagte Schatz, »zünde schon mal im Schlafzimmer die Teelichter an.« Schatz ging erst noch in die Wanne, in der sie danach das Wasser für Liebling drin ließ. Kurz darauf lagen sie unter dem Dröhnen von Bombenwerfern und hinter mit Packpapier abgedichteten Fenstern Hand in Hand, splitternackt, auf ihrem französischen Bett. »Schatz.« – »Ja.« – »Willst du auf dem Bauch oder auf dem Rücken?« – »Auf dem Rücken, Liebling.« – »Kissen unter den Po? Liegst du so bequem?« – »Liebling?« – »Hmmm.« – »Die Zimmerdecke … muss geweißelt werden.«

Neun Monate später wurde ich geboren. Am 14. März 1945. Zehn Pfund schreiendes Fleisch. Mit Freude geben wir bekannt, unser Befreiungskind heißt Herre, Herre van Veen. Ich wurde nicht in der Sahelzone oder auf Nova Zembla, sondern in unserem gemütlichen Tässchen-Kaffee-Land geboren. Ich war ein Glückspilz. Ich bin von nach dem Krieg und hoffe, dass das so bleibt. Manchmal, manchmal träume ich noch von Papa und Mama, ihren Händen über meinen. Hör sie wieder fragen: »Und wer ist unser kleiner Prinz?« – »Ich, Mama, ich!«

Die Stelle, aus der ich einst gepresst wurde, habe ich danach nie mehr gesehen. Meine Mutter hielt das Dreieck sorgfältig verborgen in auffallend großen, locker sitzenden Unterhosen. Auch die Brüste, aus denen ich trank, habe ich, nachdem ich sie leer gesogen hatte, nie mehr außer in fleischfarbenen Büstenhaltern in Teewärmer-Größe gesehen. Meine beiden Schwestern und ich mussten uns mit Mamas Gesicht, ihren Schultern, Armen, Händen, Beinen, Füßen begnügen.

Mama war eine kleine Frau. Überall weich. Sie hatte dunkelblondes, halblanges, lockiges Haar, kornblumenblaue Augen, die strahlen, aber auch schwarz wie Anthrazit sein konnten. Einen Mund, der schön lachen und zu erzählen wusste, aber auch verschlossen sein konnte wie eine Auster. Kleine kräftige Hände. Man konnte sie nicht hintergehen. Überall hatte sie Augen. Aber in allen Augen, die sie hatte, saß immer ein kleines Licht.

Sie liebte Geselligkeit, Frühjahrsputz, ihre drei Kinder und ihren Mann. Sie sprach gerne über damals und wie und was. Sie liebte Lesen, Kreuzworträtsel, Spiele und Stricken. Sänger wie Bing Crosby, Nat King Cole, Vera Lynn. Sie stellte den Staubsauger ab, wenn Édith Piaf im Radio über ihren grandiosen Kummer sang und dem Schicksal der Unbedeutenden, der Zuhälter und der Huren ein musikalisches Denkmal setzte. Wir mussten dann so still sein wie Schnee. Mutter war oft krank, traurig, besorgt, manchmal fröhlich, vergnügt. Aber wie sie auch war, es war unvorhersehbar.

Mama, die im Hungerwinter so gelitten hatte, spürte ich zum ersten Mal an einem Märztag 1945 morgens um vier. Der Krieg war noch nicht beendet, aber Fröhlichkeit und Freude lagen in der Luft. Die niederländische Fahne hatte man unter Bettlaken und Kopfkissenbezügen im Wäscheschrank verschwinden lassen, fein säuberlich gebügelt, jederzeit bereit, gehisst zu werden.

Sie war die Tochter eines Zigarrenmachers, Süßwasserfischers, Eiskunstläufers und Dreiband-Billard-Champions und einer Näherin. Eine kleine, mollige, ernsthaft lustige Frau. Hätte es zu ihrer Zeit olympische Disziplinen gegeben wie Staubsaugen, Knöpfe-Annähen, Stricken und Jeden-Groschen-zweimal-Umdrehen, dann wäre sie bestimmt dreifache Olympiasiegerin gewesen. Eine nüchterne, praktische Frau. Ich fragte sie an ihrem achtzigsten Geburtstag: »Mama, was glaubst du? Was kommt nach dem Tod?« – »Nach dem Tod, Liebling? Die Rechnungen.«

 

Für die Butter auf dem Butterbrot, den Honig aus dem Topf, für den Kratzer an deinem Kopf, deine Hände in ihren hatte Mama weiche Hände. Für das Schrubben des Flurs, das Zuschlagen der Tür, das Auswringen der Wäsche und den Teppichklopfer hatte sie harte Hände. Für das Öffnen des Briefes, das eine Telefongespräch, die Wutausbrüche von Vater, die Wörter aus dem Krieg hatte sie zitternde Hände. Für das Stopfen der Socken, das Bügeln der Hemden, das Stricken deiner Badehose, für ein Körnchen in deinem Auge hatte sie praktische Hände. Für deine Pobäckchen und deine Wangen hatte sie Mamahände, und vor der Reise zu ihrer Mutter hatte sie regungslose Hände.

Ich lernte von ihr, eine niederländische Lesetafel zu lesen – »Aap, noot, mies« – und Schnürsenkel zuzubinden, höflich zu sein, Hände zu waschen, Zähne zu putzen. Füße an der Fußmatte abzutreten, Himmel und Hölle zu spielen, Dosenwerfen, Eierlaufen. Seilhüpfen, rote Autos zu zählen, Lieder zu singen, und immer stand der Kaffee bereit, und immer wieder war Silvester. Ich bekam einen Roller, ein Fahrrad, ein Buch, die Masern und Röteln, eine Mütze, Sandalen und eine Cordhose. Wollmützen, Fäustlinge und Galoschen, eine Mundharmonika in C, ein kleines Zimmer auf dem Dachboden. Und immer wieder gab es Spekulatius und ständig war Nikolaus. Und dauernd gab es Stille Nacht, alles schläft, einsam wacht, und deine Mutter rief deinen Namen.

 

Wenn ich verärgert bin oder Angst habe, schlendere ich gerne, ohne irgendwas zu kaufen, auf Märkten und in Warenhäusern herum. Neulich traf ich bei C&A auf der Rolltreppe Joepie, einen Straßenfreund von früher. »Was tust du denn bei C&A?«, fragte ich ihn. »Dasselbe wie du«, antwortete er. »Du vermisst deine Mutter.«

 

Utrecht, Vogelenbuurt, Kievitdwarsstraat 52. Das Haus aus meinen Kindertagen, in dem noch vor dem Zweiten Weltkrieg errichteten Utrechter Viertel M., der Vogelenbuurt. In unserer Straße wohnten einst viele deutsche Juden, die in den Dreißigerjahren ihr Heil in der Utrechter Gegend suchten. Das Haus hatte eine Haustür mit drei kleinen blinden Fenstern. Darunter handgemalt »Van Veen«. Eine kupferne Türglocke und ein Briefkasten strahlten permanent um die Wette, weil sie jede Woche von meiner Mutter mit wetterfestem Erdal-Extrakt (»weniger putzen, längerer Glanz«) geputzt wurden.

Ich war lange nicht mehr da gewesen. Und als ich wiederkam, um noch mal zu sehen und zu gehen, wo ich einmal ging, dachte ich: »Müsste sich da nicht viel mehr verändert haben?« Würde ich noch wissen, welches Gesicht wem gehört, wem welches Haus, welcher Türspion, welcher Laden?

Hinter den gleichen Hausnummern wohnen jetzt andere Kinder mit anderem Rotz in den Nasen, anderen Gespenstern im Kopf und Socken auf halb sieben. Da schlürfen andere Väter und Mütter Gemüsesuppe, da warten andere künstliche Gebisse in Gläsern auf anderen Nachttischen, andere blitzsaubere Mütter mit Wischlappen und dicken Hintern in großen Unterhosen und babyrosafarbenen BHs, die nach Bohnerwachs riechen. Da sitzen andere alte Mütterchen mit wackelnden Köpfen und zitternden Händen zwischen Pflanzen und Gardinen, eingesperrt in ihre Erinnerungen, andere geschwätzige Griesgrame, die durch Türspione starren. Da träumen andere Mädchen von anderen Tarzans, da spielen andere Jungs mit sich vor anderen Brigitte Bardots. Da wohnen andere Nachbarn und Nachbarinnen mit anderer schmutziger Wäsche, da machen andere klatschende und tratschende Frauen aus anderen Mücken Elefanten, in dieser Straße gibt es kein Später mehr, kein Später, wenn ich groß bin.

Aus der Zeit, in der ich meine Mutter bekam, weiß ich nur noch wenig. Vielleicht der Geruch der süßen Muttermilch, an den ich bei der Geburt unserer Tochter erinnert wurde, das Piksen der Wangen meines Vaters, sein Husten im Flur, ein winzig kleines Püppchen aus Gummi in meiner Hand, das Schmusetuch, in das ich sabberte, die fahle Tapete, auf der ich alles sah: Kobolde, Drachen, Kamele, Hexen, schöne Mädchen. Bilder habe ich vom ersten Tag im Montessori-Kindergarten von Fräulein Boissevain: die praktischen Bauklötzchen, aus denen man ein Auto bauen konnte, wie gesagt, Schnürsenkel zuzubinden, Knöpfe zu knöpfen, Fäden zu flechten, Zeichnungen zu machen, die Reihe kleiner Klos im Flur mit Pendeltüren und der Geruch von Kinderpipi, ein paar Kinder, Mareike, die ich später heiraten würde, der zierliche Haken für die Mützen, Schals und Jacken, das Unwetter über den Dächern, meine liedersingende Mutter an der Spüle, mein Vater mit der Pfeife, der am Tisch Holz schnitzte, Bruchstücke von Gedanken, die im Laufe der Jahre öfter auftauchen.

Tschüss Licht durchs Fenster, tschüss Kolonnen von Träumen, tschüss Ticktack-Uhr, tschüss Frauengesicht. Tschüss Kissen, tschüss Laken, tschüss Federbetten, tschüss Tasse Tee. Tschüss Klobrille, tschüss Morgenpipi, tschüss Abreißkalender, Bademantel, tschüss Türspalt, tschüss Spinnennetz, tschüss Fliegendreck, vertrocknete Salamander, tschüss Zahnpasta, tschüss Wasser aus der Wand, tschüss Handtuch, tschüss Socken, kurze Hosen. Tschüss knallrotes Oberhemd, tschüss do re mi fa, tschüss Papa, Mama.

 

Wir sitzen am Tisch, Pa, Ma und ich. Der Tisch ist übersät von Puzzleteilen. Ich sehe mir den Deckel der Schachtel an, darauf sieht man, wie das Puzzle aussehen soll. Schneewittchen und die sieben Zwerge. Wir sind entspannt beschäftigt. Im Hintergrund fällt ein Holzfäller einen Baum. Im Schatten der Bäume steht eine sehr gemein blickende Frau und beobachtet Schneewittchen. Es klingelt, Mama steht auf und geht zur Haustür. Ich hinter ihr her. Wer klingelt denn jetzt, am Sonntag?

Vor der...

Erscheint lt. Verlag 1.3.2023
Übersetzer Thomas Woitkewitsch
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Autobiografie Musiker • bekannt • Berühmt • Buch • CD • Erinnerungen • Geschenkbücher • Geschenkbücher Familie • Geschenkbücher Frauen • Geschenkbücher Mütter • Geschenk Mutter • geschenk mutter geburtstag • Geschenk Muttertag • Geschenk Oma • Geschenk Tochter • Großmutter • Großmütter • Herkunft • Herman van Veen • Herman van Veen Erinnerungen • Holland • Holländisch • Kindheit • Kindheit 50er Jahre • Kindheitserinnerungen • Lebensgeschichten • Liedermacher • Musiker • Musiker Autobiographie • Mutter • Mütter • Mutter-Kind-Beziehung • Mutter-Sohn-Beziehung • Muttertag • muttertag buch • Niederlande • Niederländisch • Promi • Prominent • Prominenter • Utrecht • wahre Begebenheiten Buch • Wahre Geschichten • wahre Geschichten Mütter
ISBN-10 3-426-46691-0 / 3426466910
ISBN-13 978-3-426-46691-9 / 9783426466919
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