Imperator III. Messalinas Feuer (eBook)
384 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-46382-6 (ISBN)
Kai Meyer hat rund siebzig Romane veröffentlicht, von denen viele auf die SPIEGEL-Bestsellerliste gelangten. Übersetzungen erscheinen in dreißig Sprachen. Seine Geschichten wurden als Film, Hörspiel und Graphic Novel adaptiert und mit Preisen im In- und Ausland ausgezeichnet.
Kai Meyer hat rund siebzig Romane veröffentlicht, von denen viele auf die SPIEGEL-Bestsellerliste gelangten. Übersetzungen erscheinen in dreißig Sprachen. Seine Geschichten wurden als Film, Hörspiel und Graphic Novel adaptiert und mit Preisen im In- und Ausland ausgezeichnet. Lisanne Surborg hat Medienwissenschaft studiert und 2010 ihren Debütroman veröffentlicht. Sie schreibt Phantastik vom Jugendbuch übers Hörspiel bis zur Horrorgeschichte.
4
In der Straße stand eine Flotte Alfa Romeos mit kreisendem Blaulicht um das Wrack eines offenen Ferraris, der offenbar mit hoher Geschwindigkeit gegen einen Laternenpfahl geprallt war. Öl und Lacksplitter ließen das Pflaster glitzern. Die Karosserie war zusammengeschoben wie eine zertretene Blechdose.
Uniformierte sperrten den Unfallort ab und hielten ein Dutzend Schaulustige fern. Hinter vielen Fenstern der umliegenden Wohnungen waren die Lichter angegangen, Silhouetten blickten auf das Geschehen herab.
»Ist das nicht faszinierend?« Die Augen der Contessa hatten einen Glanz bekommen, der Palladino beunruhigte.
Er konnte nicht behaupten, sie gut zu kennen, aber bisher war sie nur schwer zu beeindrucken gewesen. »Da hat irgendein Besoffener die Kurve nicht gekriegt.«
»Na, dann schauen Sie mal genauer hin.«
Einige Meter vor ihnen hatte sich eine Handvoll Anwohner an den Polizisten vorbeigedrängt. Eine Frau im Morgenmantel stieß einen Schrei aus. Mit Entsetzen zeigte sie auf das Wrack, doch was sie sagte, ging im Lärm der Sirenen unter.
»Sehen Sie.« Die Mundwinkel der Contessa hoben sich. »Das hab ich gemeint.«
»Da sind zu viele Leute im Weg.«
Ein Mann, der sich zunächst bemüht hatte, die Frau im Morgenmantel zu beruhigen, stolperte rückwärts vom Ferrari fort. Um sie herum bremsten weitere Einsatzwagen ab, und als die Sirenen endlich verstummten, hörte Palladino deutlich, was der Mann brüllte: »Der hat keinen Kopf mehr! Warum hat er keinen Kopf mehr?«
Hundert Meter weiter winkte ein Polizist mit beiden Armen. »Hier hinten! Bringt irgendwas zum Absperren her!«
»Nein, Sie bleiben da weg!« Ein Uniformierter versperrte einem Schaulustigen den Weg.
Die Contessa wandte sich Palladino zu und flüsterte fast verschwörerisch: »Ich möchte wetten, die haben gerade seinen Schädel gefunden.«
Er verengte die Augen ein wenig, um das Geschehen in der Ferne besser erkennen zu können. »Warum liegt der da hinten?«
»Wie schnell beschleunigt so ein Ferrari wohl von null auf hundert?«
»Sie wissen schon, was für ein Wrack ich fahre, oder?«
Sie schmunzelte. »Das da vorn ist jetzt wahrscheinlich preiswert zu haben.«
»Gennaro? Was zum Teufel …«
Palladino drehte sich um und sah, wer aus dem Polizeiwagen stieg, der gerade am Unfallort gehalten hatte. Sein alter Freund Luca Benedetto kam mit großen Schritten auf ihn zu und blieb schlagartig stehen, als er Palladinos Begleiterin erkannte.
»Was will die hier?« Ein Ausdruck zwischen Unglauben und Abscheu zeichnete sich auf seinem Gesicht ab. »Ist sie mit dir hier?«
»Guten Morgen, Commissario Benedetto«, sagte die Contessa. »Signor Palladino und ich haben gerade einen Spaziergang unternommen.«
»Ciao, Luca.« Die Situation war ihm unangenehm.
Benedetto schien kaum glauben zu können, dass Palladino, der sein Geld jahrelang vorrangig mit der Bespitzelung untreuer Ehemänner verdient hatte, noch tiefer sinken konnte. Seine Augenringe und die nachlässige Rasur waren Indizien für durchwachte Nächte am Schreibtisch, an die Palladino sich aus seiner eigenen Zeit als Polizist allzu gut erinnern konnte.
Benedetto schien eine Frage stellen zu wollen, schüttelte dann jedoch den Kopf. »Ich muss arbeiten.«
»Commissario?« Die Contessa klang freundlich, fast respektvoll. »Ich glaube, sein Kopf liegt dahinten, am Ende der Straße.«
Benedettos Blick verdüsterte sich und folgte ihrem Fingerzeig. »Eine Scheißsauerei ist das.« Ohne ein weiteres Wort marschierte er auf den Unfallwagen zu.
»Sie bleiben hier«, sagte Palladino zur Contessa, ehe er eilig zu Benedetto aufschloss. »Seit wann kümmerst du dich um so was?«
Benedetto schnaubte. »Die haben mich versetzt. Eigentlich zur Mordkommission, aber ich war gerade in der Nähe.«
»Wann haben sie dich von der Anti-Mafia abgezogen? Und warum?«
»Frag deine neue Freundin.« Er warf einen verächtlichen Blick über die Schulter. »Ich bin sicher, sie weiß genau, wie es dazu gekommen ist.«
Palladino drehte den Kopf. Die Contessa winkte ihm mit Unschuldsmiene zu. Ein Schauder lief ihm über den Rücken, als er ihr Lächeln sah. Hastig wandte er sich dem Autowrack zu.
Der Fahrer – ein Mann in einem teuren, dunkelblauen Anzug – war bei dem Aufprall halb über Steuer und Windschutzscheibe geschleudert worden. Blut lief aus seinem Halsstumpf über die Motorhaube.
Palladino beugte sich vor. Der Kopf schien sauber abgetrennt. »Wie zur Hölle …?«
Benedetto gab seinen Kollegen Anweisung, die Absperrung zu erweitern, denn inzwischen zog es Menschen aus dem ganzen Viertel zum Wrack. Als ein junger Polizist vorbeieilte, packte er ihn am Arm. »Was wissen wir bisher?«
»Sieht nach Selbstmord aus«, sagte der Mann.
»Die Fakten.«
»Natürlich, Commissario.« Er nickte eifrig. »Offenbar hat er sich das Ende eines Seils um den Hals gebunden, hat das andere an den Baum da hinten geknotet, ist in sein Auto gestiegen und hat dann kräftig Gas gegeben. Bei der Beschleunigung hat’s ihm den Kopf sauber runtergerissen.«
Palladino seufzte und wandte sich von der Leiche ab. »Wer macht so ’ne Scheiße?«
»Und Sie sind?«, fragte der junge Polizist.
»Palladino. Ich war mal bei eurem Verein.«
Benedetto rieb sich die Augenlider und schüttelte langsam den Kopf. »Er hat recht, Gennaro. Du hast hier nichts zu suchen. Geh zurück zu deinem Frauchen und wedel artig mit dem Schwanz.«
Bevor er etwas entgegnen konnte, lenkte ein Mann mit schütterem Haar Benedettos Aufmerksamkeit auf sich. »Entschuldigung?« Mit einer Hand winkte er, mit der anderen hielt er seinen braunen Morgenmantel zusammen. »Das im Auto, das ist der Fernsehdirektor. Signor Bonelli. Er wohnt da drüben, die Straße runter. Der Wagen steht manchmal vor seiner Tür.«
Als Benedetto nachhakte, ließ eine plötzliche Unruhe in der Menge Palladino herumfahren. Hinter der Contessa bahnte sich ein Kleinbus den Weg durch die Schaulustigen. Noch bevor er anhielt, stieß jemand von innen die Schiebetür auf. Drei Männer sprangen heraus. Der erste, spitzes Kinn und schmale Statur, sondierte die Lage in einer pragmatischen Manier, die auf Erfahrung schließen ließ. Der nächste Mann trug eine klobige Kamera, der letzte den grauen Kasten eines Tonbandgeräts.
»Wenn man vom Teufel spricht«, sagte Palladino. »Da sind schon seine lieben Kollegen vom Fernsehen.«
»Ercolani.« Benedetto gab ein Ächzen von sich, als sein Blick die drei Männer verfolgte. »Wieso weiß der Wichser schon Bescheid?«
Wieder sah Palladino die Contessa verstohlen lächeln. Sie hatte sich nicht von der Stelle bewegt, stand in ihrem langen Mantel auf dem Bürgersteig und beobachtete die Ereignisse mit ungebrochener Faszination.
»Irgendwer sollte den Kopf zudecken, oder?«
»Herrgott, Gennaro, verpiss dich jetzt, ja?«
»Alles klar.« Palladino hob die Hände und wich einen Schritt zurück. »Ist dein Job. Mach’s gut.«
Benedetto drehte sich um und brüllte einen Polizisten an, der sich mit dem Absperrband abmühte. »Nun decken Sie schon den Kopf zu!«
Palladino eilte zurück zur Contessa.
Trotzdem erreichten die drei Journalisten sie zuerst.
»Contessa Amarante?« Vittorio Ercolani baute sich vor ihr auf, während seine Kollegen ihn mit Kamera und Mikrofon flankierten. »Darf ich Ihnen ein paar Fragen stellen?«
Die Contessa schenkte ihm ein ungewohnt freundliches Lächeln. »Signor Ercolani! Wie schön. Ich bin ein großer Bewunderer Ihrer Sendung.«
»Haben Sie den Fahrer gekannt?«
»Nicht so gut wie Sie.«
»Was?« Palladino konnte Ercolanis Gesicht nicht sehen, aber sein Tonfall klang irritiert.
Die Contessa beugte sich vor. »Das dürfte Ihr Boss sein. Fernsehdirektor Bonelli.«
»Ach, scheiße.« Ercolani fuhr herum und fuchtelte in Richtung seines Kollegen. »Mach die Kamera aus! Die Kamera aus!«
»Ercolani.« Palladino schob sich zwischen ihn und die Contessa. »Verziehen Sie sich! Lassen Sie die Contessa in Frieden.«
Doch Ercolani interessierte sich schon nicht mehr für Silvia Amarante. »Ist das wirklich Bonelli?«
»Sein Kopf liegt da hinten im Rinnstein«, sagte Palladino. »Schau’n Sie nach.«
Die Contessa blickte den Männern versonnen hinterher, als sie sich einen Weg zum abgetrennten Kopf bahnten.
»Sie haben hier wirklich einen Heidenspaß, oder?«, fragte Palladino.
»So was bekommt man nicht jeden Tag geboten«, sagte sie. »Brot und Spiele sind nichts dagegen.«
»Wir sollten jetzt gehen.« Er nahm ihren Arm, ein bisschen grober als nötig, und zog sie mit sich.
»Hey! Lassen Sie das!«
»Nach all diesen Selbstmorden von einflussreichen Leuten in den letzten Wochen … Sie haben gewusst, dass das hier passieren würde, oder? Deshalb der nächtliche Spaziergang. Sie wollten zusehen!«
Gelassen, aber bestimmt löste sie seine Finger von ihrem Ärmel. »War es nun ein netter Spaziergang oder nicht?«
»Wie konnten Sie das wissen?«
»Ich hab den Strick nicht an den Baum gebunden, falls Sie das meinen.«
»Sie haben diesen Bonelli erpresst. Mit den Akten.«
Sie strich sich elegant eine Strähne aus dem Gesicht, die sich aus ihrer Hochsteckfrisur gewunden hatte. »Sagen wir: Man hat ihm nahegelegt, wenn er das hier tut, um diese Uhrzeit und auf diese Weise, dann würden seine Familie und die Presse niemals die Wahrheit erfahren über all seine kleinen Schwächen. Für sehr kleine Mädchen.«
Palladino starrte sie an, war zu gleichen Teilen abgestoßen und fasziniert von ihren Machenschaften. Sie spielte mit den...
Erscheint lt. Verlag | 3.7.2023 |
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Reihe/Serie | Imperator | Imperator |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
Schlagworte | 1960er • 60er Jahre • actionreiches Fantasyabenteuer • Audible • Barbelo • Caesars Rückkehr • CIA • Cinecitta • Dark Fantasy • dark rome • düstere Fantasy Bücher • Fantasy Abenteuer • Fantasy-Bestsellerautor • Fantasy Bücher Erwachsene • fantasy götter • Fantasy Reihe • fantasy romane für erwachsene • Fantasy Serie • Fantasy Thriller • Faschismus in Italien • Filmstars • Geheimdienst • Geheimloge • Geheimorganisation • Gennaro Palladino • historische Fantasy Romane • historische Phantastik • Imperator • Imperator band 3 • Imperator buch • Imperatoren • italien roman • Julius Cäsar • Kai Meyer • Kai Meyer Bücher • Kai Meyer Reihenfolge • Künstler • Machtkampf • Mafia • Magie • Messalina • Messalinas Feuer • Mord • Mörder • Nero • okkulter Geheimbund • Paparazzi • politische Intrigen • Privatdetektiv • Rom • romane 60er jahre • Rom brennt • Rom in den 1960er Jahren • Römische Kaiser • Roms Untergang • Rückkehr Kaiser • Studentin • Untergang Rom • Urban Fantasy • Verschwörung • Via Veneto |
ISBN-10 | 3-426-46382-2 / 3426463822 |
ISBN-13 | 978-3-426-46382-6 / 9783426463826 |
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