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Hündische Weihnachtsvideo-Konferenz -  Noiram Etolsch

Hündische Weihnachtsvideo-Konferenz (eBook)

24 hündische Weihnachtsgeschichten
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
160 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7568-0516-7 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
4,99 inkl. MwSt
(CHF 4,85)
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24 Hunde, gleich welcher Rasse, Geschlecht, Alter oder Herkunft nehmen erlebte Geschichten zum Anlass, ihre Erlebnisse aus der Vorweihnachtszeit gemäß einer aufgerufenen hündischen Video-Konferenz zum Besten zu geben. Wie unterhaltsam alles in allem geworden ist, beschreiben die mit Tiefgang locker geschilderten Situationen in diesem Buch. Deshalb, liebe Leser, raten alle Hunde, sich für diese Schilderungen von Tag zu Tag in der Adventszeit ein paar Leseminuten einzurichten, um heiter und besinnlich für das bevorstehende Weihnachtsfest eingestimmt zu sein.

I


Angel


»Ist denn schon wieder Weihnachten?«

Niemals könnte ich dieses Fest vergessen, was eine so enorme Wende in mein Leben brachte. Soll ich ehrlich sein? Okay! So ein bisschen schäme ich mich sogar dafür, davon zu berichten. Leider entspricht es den Tatsachen, dass ich im wahrsten Sinne des Geschehens aus der Gosse stamme. Also ist meine Herkunft nicht die Beste. Ich wurde von herumlaufenden Straßenkötern gezeugt. Meine Hundemama war da nicht besonders wählerisch. So geschah es, dass der notwendige Zeugungsakt auf der Straße zwischen Ecke Elbestraße/Schillerstraße in der Stadt Mettmann vollzogen wurde. Wer sich von den zahlreichen Liebhabern als mein Hundevater durchgesetzt hat, zeigte ich zusehends im laufenden Entwicklungsstadium nach den ersten Wochen meiner Geburt. Von Anfang an war ich mit rotbraunem Fell gesegnet, kurzhaarig dazu, etwas dekordiniert proportioniert und irgendwie ulkig im gesamten Erscheinungsbild. Leichte Spuren von einer speziellen Rasse verblassten bei genauerem Hinschauen. Ich konnte alles sein, also ein Sammelsurium verschiedener Rassen. So wuchs ich über ein gesundes Mittelmaß zu einem Bracke-Verschnitt oder Schäferhund oder, oder, oder … hinaus, blieb schlank und drahtig. Trotz meiner undefinierbaren Herkunft meinte es die Natur gut mit mir. Irgendwie sah ich sogar hübsch aus. Meine Schlappohren mit auffälliger Spitze könnten wirklich von einem Schäferhund sein. Wer auch immer vergaß, mir während meines Wachstums die Ohren zu verkleben oder durch Pflaster zu stabilisieren, sodass diese die Möglichkeit gehabt hätten, kerzengerade senkrecht zum Himmel wachsen zu können, war in keiner Weise nachvollziehbar. Leider, leider und noch mal leider weit gefehlt! So regelte das die Natur auf ihre Weise. Mein rechtes Ohr stand aufrecht. Dagegen suchte mein linkes Ohr abgeknickt durch Herabhängen den Boden. Und siehe da, gerade diese kleine Unregelmäßigkeit verlieh mir das betörende Etwas, um der Welt Paroli zu bieten. Trotz dieses kleinen Schönheitsfehlers wurde ich besonders geliebt. Na ehrlich! Wer ist schon perfekt?

Wie es dazu kam, weiß ich bis heute nicht. Mein erstes Herrchen war ein Obdachloser. Schicksalhafte Situationen steuerten ihn ins Abseits der Gesellschaft. Trotzdem sorgte er für mich, so gut er vermochte. Eine Wohnung hatten wir nicht. Nur eine Bleibe, die örtlich hier und da unterschiedlicher hätte nicht sein können. Wir waren arm, litten manchmal an großer Not, lebten meistens unter einer Brücke. Das Quartier bot uns ein wenig Schutz vor Wind und durch den Regen bedingte Nässe. Wo wir auch immer waren, teilten wir uns eine Matratze, auf der unser gesamtes Leben stattfand. Aneinander gekuschelt wärmten wir uns gegenseitig und freuten uns täglich darüber, den nächsten Morgen zusammen gemeinsam erleben zu dürfen. Für Wasser war reichlich gesorgt, da die Brücke an einem Fluss stand. Mit dem Fressen sah es manchmal ganz schön mau aus. Wir lebten von der Hand in den Mund. Mal erbettelten wir eine gute Ausbeute, ein anderes Mal musste ich in Kauf nehmen, dass nicht nur sein Magen, sondern auch mein Magen ordentlich vor Hunger knurrte. Das war nicht immer einfach zu ertragen. Dennoch hielten wir wie Pech und Schwefel zusammen. Was blieb uns beiden auch sonst anderes übrig.

Die Tage verflogen wie im Wind. Ich wuchs zu einer sehenswerten Hündin heran, obwohl die Umstände mehr oder weniger nicht so ideal waren. Jedoch der Gesundheitszustand von meinem mittlerweile lieb gewonnenen Penner verschlechterte sich zusehends. Und was war das Ende von Lied? Er starb. Einfach so. Plötzlich bewegte er sich nicht mehr. Statt verzweifelt zu sein, zu heulen, zu jammern oder Trübsal zu blasen, erfasste ich die Chance, mein Leben kurz entschlossen selbst in die Pfoten zu nehmen. Von der einen auf die andere Minute verließ ich diesen Behelf von Heimat und rannte in eine mir unbekannte Welt. Leid und Schmerz ließ ich hinter mir. Ich schaute vorwärts. Die Hoffnung in mir siegte. Hilfesuchend blickte ich in die Ferne, in den Himmel …

Müde gelaufen lehnte ich mich an einen Baumstamm ab und schlief fest ein. Mit halbgeöffneten Augen hatte ich eine Wahrnehmung. Total unverhofft neigte sich ein weiblicher Menschenkopf mit langen gewellten Haaren zu mir hinunter. Nicht nur das! Gleichmäßige Streichelzüge in Begleitung wohlig anmutig klingender Worte erfrischten meine leidliche Situation. Hatte ich Glück, entdeckt zu werden? Oder hatte ich unbeabsichtigt dem Zufall eine Chance gegeben? Ehe ich mich versah, wurde ich hochgehoben und in ein Körbchen gepfercht, das am Lenker eines Fahrrades befestigt war. Ab diesem Moment ahnte ich, dass mir eine bessere Zukunft bevorstand. Egal, was mit mir geschehen würde, ich wäre auf alles bedingungslos eingegangen. Geduldig wartete ich orientierungslos ab. Hilfe! Was war das spannend! Deshalb ließ ich die Dinge ohne Widerstand ihren Gang nehmen.

Nun sah mein Zuhause ganz manierlich aus. Ein Häuschen! Ein Garten! Ein Fressnapf! Ein Wassernapf! Und, ich bekam sogar ein Halsband mit Leine! Welch ein Luxus! Ich konnte mein Glück kaum fassen. Nun lag es an mir, mich ordentlich zu benehmen. Aber das war so eine Sache. Vor lauter Dankbarkeit und Freude sowie Übermut gelang es mir nicht, den Urin zu halten. Ich pinkelte und pinkelte, was das Zeug hielt, den schönen, sauberen Boden voll. Besorgniserregend blickte ich auf meine Retterin. Oh Schreck, lass nach! Es war unüberlegt und unbeabsichtigt einfach so über mich gekommen. Das wollte ich doch auf gar keinen Fall. Ich merkte, wie es mir gelungen war, mich ohne Erziehungswerte hündisch völlig daneben benommen zu haben. Und jetzt? Was nun? Ich wagte nicht daran zu denken, wahrscheinlich meine einzige Chance unbekümmert verspielt zu haben. Mit eingezogenem Schwanz, traurige Blicke von mir abgebend, dazu äußerst reumütig, schaute ich auf, als wäre ich aus meinem Versteck entdeckt worden. Ich wartete ab. Was würde nun geschehen?

Aber, meistens kommt es anders, als man denkt. Nicht, dass ich für mein Fehlverhalten und die damit verbundene Sauerei gelobt wurde, aber die nette Frau hielt sich mit jeglichen Schimpftiraden zurück. Ich dankte! Ich betete zu Gott! Ich riss mich zusammen, um nicht noch schlimmeres Verhalten an den Tag zu legen. Ab sofort wollte ich ein Engel auf Erden sein. Als hätte mein Flehen und Bitten das Universum durchquert, wurden meine Gedanken umgewandelt. Ich glaubte es nicht. Was nun geschah, glich beinahe einer telepathischen Fügung. In meinen Ohren zwirbelte der Name »Angel«. Hurra! Hurra! War ich nun wirklich der Engel auf Erden? Vor Freude warf ich mich mit dem Rücken auf den Boden und schubberte mein Fell. Meine abgeknickten Pfoten nahmen Fahrt auf. Ich jauchzte vor Vergnügen. Könnte es mir irgendwo auf dieser Welt besser gehen? Ich wagte es kaum, alles infrage zu stellen. Ich genoss es einfach.

Noch am gleichen Tag bekam ich ein Bad im Badezimmer eingelassen. Es plätscherte und plätscherte, bis die Badewanne halbgefüllt mit warmem Wasser war. Willkürlich ließ ich alles geschehen. Und ehe ich mich versah, umrundete meinen Körper lauwarmes Wasser. Shampooniert und ausgespült, trockengerubbelt, gebürstet und gekämmt, wurde mir dann das lederne Halsband angelegt. Mir fehlten eigentlich nur noch die Flügel, um ein wirklicher Engel zu sein. Potztausend, was Pflege ausmacht! Ich strahlte über beide Ohren. Ich dankte in gestreckter Haltung und lautem freudigen Gebell und war so was von den Socken, aber hallo. Und siehe da, das war noch längst nicht alles. Bald darauf erlebte ich die erste Autofahrt meines Lebens. Das Ziel war ein Fotoshooting. Oh, mein Gott! Was war das denn? Schon wieder eine neue Umgebung, wieder neue Stimmen, vermehrte unbekannte Geräusche und wieder fremde Menschen um mich herum. Ich verstand gar nichts mehr! Langsam merkte ich, wie ich stetig aufgeregter wurde. Beinahe wäre ich in dem Aufnahmestudio wieder mit meinem Pipimachen rückfällig geworden. Es gelang mir unter allerhöchster Konzentration tatsächlich, nur ein paar winzige Tröpfchen unbemerkt aus meiner Blase herausrutschen zu lassen. Schnell setzte ich mich darauf. So hütete ich mit List und Tücke mein Geheimnis.

Dann ging es los. Die Show must go on. Alles schien perfekt vorbereitet. Gemütlich saß ich frei und unangebunden auf einer flauschigen Decke. Bis dahin war alles okay. Aber dann schnappte ich ein grobes Klacken auf. Ich erschrak fast zu Tode. Außerdem erfasste mich Angst und Bange, als die Scheinwerfer ein konzentriertes Licht auf mich warfen. Panik ergriff mich. Wie konnte man mir das antun? Raketenmäßig ungestüm sprang ich auf. Dann rastete ich total aus. Ich benahm mich wie ein in Panik geratenes angeschossenes Wildtier und sorgte in dem Studio dafür, dass alles in wenigen Minuten kreuz und quer stand. Die Helferinnen und selbst der Fotograf liefen konfus hinter mir her. Auch meinem Frauchen gelang es nicht, mich zu erwischen. Dagegen reagierte sie trotzdem blitzschnell, um gerade noch im rechten Augenblick den ins Schwanken geratenen Scheinwerfer mit 1000 Watt aufzufangen. Zu allem Überfluss verbrannte sie sich bei dieser Aktion an dem Stativ der Standsäule auch noch ihre zarten Hände. Dennoch...

Erscheint lt. Verlag 27.10.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
ISBN-10 3-7568-0516-6 / 3756805166
ISBN-13 978-3-7568-0516-7 / 9783756805167
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