The Grandmaster of Demonic Cultivation - Light Novel 03 (eBook)
450 Seiten
Tokyopop Verlag
978-3-8420-8015-7 (ISBN)
2
Das kleine Boot trieb stromabwärts.
Sie wussten nicht, wie viel Zeit vergangen war, als Zidian sich endlich löste. Die Peitsche verwandelte sich in einen silbernen Ring und legte sich um Jiang Chengs Finger.
Er und Wei Wuxian hatten den ganzen Weg über geschrien, sodass sich ihre Kehlen heiser anfühlten. Nun, da sie frei waren, fuhren sie wortlos zurück. Sie hatten keine Ruder, also benutzten sie ihre Hände zum Paddeln; gegen den Strom.
Frau Yu hatte behauptet, dass es einen Monat dauern würde, bis Wei Wuxian sich von den Peitschenhieben erholte, aber abgesehen von einem brennenden, stechenden Schmerz spürte er gerade kaum Einschränkungen in seiner Bewegungsfreiheit.
Sie ruderten, als ginge es um ihr Leben. Nach über zwei Stunden hatten sie es endlich geschafft: Sie hatten das Boot mit bloßen Händen zum Lotuspier zurückmanövriert.
Es war bereits tief in der Nacht.
Das Haupttor des Lotuspiers war fest verschlossen. Eine Laterne brannte vor dem Eingang. Das Mondlicht spiegelte sich auf der kristallklaren Wasseroberfläche. Dutzende große Laternen in der Form von neunblättrigen Lotusblumen trieben ruhig neben dem Kai.
Alles war wie immer.
Doch gerade das rief eine Unruhe in ihnen hervor, die fast schmerzte.
Sie ruderten bis zur Mitte des Sees, wo sie schließlich anhielten. Ihre Herzen pochten wie verrückt. Und doch wagten sie es nicht, sich dem Pier zu nähern, ans Ufer zu stürmen und sich ein Bild von der Lage zu verschaffen. Sie trauten sich einfach nicht, einen Blick hinter die Tore zu werfen.
Jiang Cheng stiegen heiße Tränen in die Augen. Seine Hände und Beine zitterten.
Nach einer Weile meinte Wei Wuxian schließlich: »Wir sollten nicht durch das Tor hineingehen.«
Geistesabwesend nickte Jiang Cheng.
Lautlos fuhren sie an eine andere Stelle des Sees. Am Ufer stand ein alter Weidenbaum. Er war tief in der Erde verwurzelt. Der dicke Baumstamm war schief gewachsen und hing schräg über der Wasseroberfläche. Seine Äste ragten ins kühle Nass.
Früher waren die Jugendlichen häufig den Stamm hinauf bis in die Baumkrone geklettert, hatten sich dort niedergelassen und ihre Angeln ausgeworfen.
Nachdem Wei Wuxian und Jiang Cheng das Boot hinter die herabhängenden Weidenzweige gelenkt hatten, gingen sie im Schutz der Dunkelheit an Land. Wei Wuxian, der des Öfteren über Mauern kletterte, hielt Jiang Cheng fest und flüsterte: »Hier lang.«
Jiang Cheng war sowohl bestürzt als auch verängstigt. Er hatte beinahe vollkommen die Orientierung verloren, also folgte er Wei Wuxian gehorsam. Sie bewegten sich dicht an der Außenmauer entlang. An einer bestimmten Stelle stoppten sie, hielten sich noch einen Moment versteckt und kletterten dann lautlos die Wand hoch.
Köpfe von Bestien verzierten diesen Mauerabschnitt, sodass er sich hervorragend zum Spionieren eignete. Sonst waren sie es immer gewesen, die auf diese Art von Fremden beobachtet worden waren. Nun jedoch waren sie selbst diejenigen, die heimlich nach innen spähten.
Wei Wuxian streckte seinen Kopf vor und schaute sich um. Augenblicklich rutschte ihm sein Herz in die Hose.
Der Übungsplatz des Lotuspiers war überfüllt von Menschen. Sie alle standen in Reih und Glied. Ihre Roben zierten an Kragen, Ärmeln und Oberteil gleißende Sonnen und lodernde Flammen. Das Blut gleichende Rot stach in den Augen.
Neben jenen Menschen, die standen, gab es auch welche, die auf dem Boden lagen. Sie alle waren in die nordwestliche Ecke des Übungsplatzes geschafft und kreuz und quer übereinandergestapelt worden. Vor dem Menschenhaufen stand eine Person mit dem Rücken zu ihnen gewandt. Ihr Kopf war gesenkt. Sie untersuchte den Berg, der aus Mitgliedern des Jiang-Clans bestand. Mitgliedern, von denen man nicht genau sagen konnte, ob sie bereits tot oder noch am Leben waren.
Jiang Cheng suchte fieberhaft nach Yu Ziyuan und Jiang Fengmian, während Wei Wuxians Augen augenblicklich heiß und feucht wurden. Unter den Liegenden erkannte er viele ihm vertraute Gestalten. Seine Kehle schmerzte vor Trockenheit. Ihm war, als würde man ihm mit einem Eisenhammer gegen die Schläfen hämmern, und sein ganzer Körper gefror. Er wagte es nicht, an Jiang Fengmian und Yu Ziyuan zu denken.
Um sich zu vergewissern, ob es sich bei dem dünnen Jungen ganz oben um den sechsten Shidi handelte, wollte er einen genaueren Blick auf den Haufen werfen. Da drehte sich plötzlich eine Person zu ihnen um. Sie schien etwas in ihrem Rücken gespürt zu haben.
Sofort drückte Wei Wuxian Jiang Chengs Kopf herunter.
Obwohl er sie beide schnell in Deckung gebracht hatte, hatte Wei Wuxian das Antlitz der Person klar erkennen können.
Ein Junge, kaum älter als sie selbst. Er war groß und dünn, hatte schöne Gesichtszüge und pechschwarze Pupillen sowie ein blasses Gesicht. Zwar trug er eine Sonnenrobe, wirkte aber überhaupt nicht Furcht einflößend – eher vornehm und sanft. Der Rangstufe der Sonnensymbole nach zu urteilen musste es sich bei ihm um einen jungen Herrn des Wen-Clans handeln.
Wei Wuxians Herz schlug wild in seiner Brust. Wurden wir entdeckt? Sollten wir sofort fliehen? Oder hat er uns nicht gesehen?
In diesem Moment ertönte innerhalb der Mauern ein schwaches Schluchzen. Dann folgten Schritte und sie hörten eine sanfte Männerstimme: »Weine nicht. Schau doch, was dann mit deinem Gesicht passiert.«
Diese Stimme kannten Wei Wuxian und Jiang Cheng nur allzu gut, es war die von Wen Chao!
Wang Lingjiao schluchzte: »So wie ich gerade aussehe, magst du mich nicht mehr, oder?«
»Wie wäre das möglich? Ich mag Jiaojiao, ganz gleich, wie sie aussieht«, widersprach Wen Chao.
Ergriffen meinte diese: »Ich hatte so große Angst, so große Angst … Heute wäre ich beinahe … Ich dachte wirklich, dass es diesem Miststück gelingen würde, mich zu töten, und ich dich nie mehr wiedersehen würde … Junger Herr Wen … ich …«
Wen Chao schien sie zu umarmen. »Sag nichts mehr, Jiaojiao. Es ist doch alles wieder gut. Zum Glück hat Wen Zhuliu dich beschützt«, tröstete er sie.
Wang Lingjiao war verärgert: »Dass du ihn noch erwähnst! Ich verabscheue diesen Wen Zhuliu. Hätte er früher eingegriffen, hätte ich das überhaupt nicht durchmachen müssen. Selbst jetzt noch schmerzt mein Gesicht. Es tut so weh, so sehr …«
Tatsache war: Sie hatte Wen Zhuliu fortgescheucht, da sie seinen Anblick nicht ertragen hatte, und sie hatte auch nur Schläge kassiert, die sie sich selbst zuzuschreiben hatte. Und doch verdrehte sie wieder einmal alles.
Wen Chao liebte dieses kokette Verhalten, wenn sie sich ungerecht behandelt fühlte. »Bald tut es nicht mehr weh. Komm, lass mich mal sehen … Es ist in Ordnung, wenn du ihn nicht leiden kannst, aber provoziere ihn nicht zu sehr. Dieser Mann hat außerordentlich nützliche Kultivierungsfertigkeiten. Mein Vater hat oft betont, was für ein Ausnahmetalent er ist. Ich möchte noch einige Jahre von ihm Gebrauch machen.«
Wang Lingjiao sah das nicht ein: »Ein Ausnahmetalent … Was ist so besonders daran, wenn er begabt ist? Oberhaupt Wen dienen viele berühmte Kultivierer, es sind Abertausende. Als ob es da etwas ausmachen würde, wenn er fehlt.«
Sie suggerierte Wen Chao damit, Wen Zhuliu zu bestrafen. Auf die Art wollte sie ihrem Ärger Luft machen, doch Wen Chao kicherte lediglich. Auch wenn er von Wang Lingjiao überaus angetan war, gefiel sie ihm nicht so sehr, dass er ihretwegen seinen persönlichen Schutzschild bestrafen würde. Immerhin hatte Wen Zhuliu unzählige Attentate auf ihn verhindert. Zudem war er überaus loyal, sodass Wen Chao sich seiner versiegelten Lippen sicher war. Niemals würde Wen Zhuliu seinen Vater verraten, was bedeutete, dass er auch Wen Chao niemals hintergehen würde. Eine so treue und dazu noch mächtige Leibwache fand man nicht überall.
Als Wang Lingjiao bemerkte, wie ungerührt er blieb, redete sie erneut auf ihn ein: »Schau ihn dir an. Offensichtlich ist er nichts weiter als eine unbedeutende Schachfigur, die dir dient, und doch ist er so überheblich. Als ich gerade dieses Weibsbild Frau Yu ohrfeigen wollte, hat er mich nicht gelassen. Sie ist doch bereits tot, es ist nur ihre Leiche! Wenn er so auf mich herabsieht, heißt das ja wohl, dass er auch auf dich herabsieht?!«
An dieser Stelle verlor Jiang Cheng plötzlich den Halt und glitt an der Mauer hinab. Flink packte Wei Wuxian ihn hinten am Kragen.
Dicke, heiße Tränen strömten ihnen beiden aus den Augen, tropften ihre Wangen hinab auf ihre Handrücken, bis sie schließlich auf dem Boden auftrafen.
Wei Wuxian dachte daran, wie Jiang Fengmian sich heute Morgen noch mit Frau Yu gestritten hatte, bevor er losgezogen war. Ihr letzter Wortwechsel war keinesfalls liebevoll oder nett gewesen. Er wusste nicht, ob sie sich vor ihrem Tod noch einmal gesehen hatten, und ob Jiang Fengmian noch die Gelegenheit gehabt hatte, sich von seiner Frau zu verabschieden.
Gleichgültig entgegnete Wen Chao: »So ist er eben. Er ist ganz schön eigen. Seiner Ansicht nach darf man einen stolzen Krieger zwar töten, aber nicht demütigen. Dabei ist er es doch gewesen, der sie umgebracht hat, sie ist längst tot, wozu spricht er also noch von solchen Dingen?!«
Wang Lingjiao pflichtete ihm bei: »Aber echt. Wie heuchlerisch!«
Wen Chao liebte es, wenn sie ihm zustimmte, und lachte daher. Wang Lingjiao hingegen empfand pure Schadenfreude. »Das hat sich diese Hexe Frau Yu aber selbst zuzuschreiben. Sie hat die Macht ihres Clans ausgenutzt und ihren Mann...
Erscheint lt. Verlag | 1.10.2022 |
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Reihe/Serie | The Grandmaster of Demonic Cultivation – Light Novel | The Grandmaster of Demonic Cultivation – Light Novel |
Verlagsort | Hamburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
Schlagworte | BL • Boys Love • China • Dämonen • danmei • Drama • Fantasy • Götter • Historical • Kämpfen • Magie • Martial Art • Mystery • Mystik • Romance • Supernatural • Taoismus • Wuxia • Xianxia |
ISBN-10 | 3-8420-8015-8 / 3842080158 |
ISBN-13 | 978-3-8420-8015-7 / 9783842080157 |
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