Bergfreundinnen (eBook)
320 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-2897-3 (ISBN)
Antonia Schlosser, geboren und aufgewachsen im Allgäu, hatte schon immer die Berge vor ihrer Nase und in ihrem Herzen. Der Weg zu den Alpen ist für sie von München aus jetzt zwar länger, aber ihre Freude umso größer, auch in ihrem Beruf als Journalistin ihre Bergliebe ausleben zu können. Nicht nur bei den Bergfreundinnen, sondern auch als Moderatorin des Rucksackradios in Bayern 2.
Antonia Schlosser, geboren und aufgewachsen im Allgäu, hat schon immer die Berge vor ihrer Nase und in ihrem Herzen gehabt. Der Weg zu den Alpen ist für sie von München aus jetzt zwar länger, aber ihre Freude umso größer, auch in ihrem Beruf als Journalistin ihre Bergliebe ausleben zu können.
ANFANGEN
DAS ENTDECKEN DER BERGE
Die Berge sind facettenreich! Das ist auch einer der Gründe, warum wir Bergfreundinnen sie so lieben. Denn egal, wo wir unterwegs sind – ob in Deutschland, Österreich oder in der Schweiz, ob in anderen Ländern Europas oder Asiens –, überall gibt es Berge. Und Menschen, mit denen wir durch unsere Bergliebe verbunden sind. Wir können in den Bergen wandern, auf sie draufklettern, über sie mit dem Gleitschirm fliegen und auf unserem Weg junge, alte, zweiradverliebte oder laufverrückte Menschen treffen. Wir alle können dort das Hobby finden, das Freude macht und uns eine kleine Auszeit vom Alltag bietet. Die Vielfalt ist riesig und macht immer wieder Lust auf Neues. Oder träumst du nicht davon, mal wieder eine neue Bergsportart auszuprobieren? Vielleicht startest du gerade auch komplett neu in die Berge.
Deshalb möchten wir unser erstes Kapitel in diesem Buch auch dem Anfangen widmen und dir damit dein ganz persönliches Entdecken der Berge leichter machen. Kaddi schildert die inspirierende Geschichte von der Kletterin Jacqueline Fritz, die über ihren Neuanfang in den Bergen nach der Amputation ihres rechten Beines berichtet. Und mit dem kleinen Abc des Anfangens erklärt dir Katharina die wichtigsten Berg-Basics kurz und knapp. Aber zuerst nimmt dich Bergfreundin Toni mit in ein für sie unbekanntes Terrain: Mountainbike-Trails. Die Lust des Neuanfangens hat sie gepackt – mit dem ambitionierten Ziel, in nur zwei Wochen ein neues Berghobby für sich zu entdecken. Und sie hätte nie im Leben damit gerechnet, dass ein Neubeginn so schrecklich anstrengend und schrecklich schön zugleich sein kann.
Tränen, Verzweiflung, Glücksgefühle – Toni lernt Mountainbiken
von Antonia Schlosser
Das erste Mal im Sattel Richtung Gipfel strampeln. Das erste Mal mit pochendem Herzen und freudiger Aufregung in einen richtigen Natur-Trail fahren. Das erste Mal jede Wurzel und jeden Stein durch die Reifen im eigenen Körper und den Fahrtwind im Gesicht spüren. Davon träume ich schon lange. Ich, Toni, will Mountainbiken lernen. Was für eine absurde Gefühlsachterbahn voller Tränen, Ängste und Glücksmomente mein Plan für mich wird, ahne ich noch nicht, als ich auf meinem kleinen grauen Ecksofa sitze und ungeduldig auf die Uhr schiele. »Sonst war er doch jetzt auch schon da!«, murmele ich genervt. Er, das ist der Mann, der mich das erste Stückchen näher an meinen Neuanfang bringt: der DHL-Bote, der mir hoffentlich bald mein Leihmountainbike liefert.
Ich fahre gerne Rad. Richtig bewusst wurde mir das aber erst im Studium, als ich durch meinen Umzug nach Bamberg nicht mehr das Auto der Eltern nutzen konnte. Ich komme aus einer kleineren Stadt im Allgäu. Alle meine Freundinnen und Freunde dort lebten auf dem Land. Die Öffi-Anbindung ist eine Katastrophe. Für mich war es deshalb von meiner Volljährigkeit an normal, ins Auto zu springen und loszufahren. Das hat sich geändert: Denn in meinem jetzigen Zuhause, München, ist das Rad oft die schnellste und flexibelste Möglichkeit, um von A nach B zu kommen. In meiner Hochphase bin ich täglich bis zu dreißig Kilometer mit meinem achtgängigen Stadtrad durch die bayerische Landeshauptstadt geradelt. Ich bin fit. Und ich glaub, ich mag Neuanfänge.
Aber warum eigentlich? Genau diese Frage stellt mir meine gute Freundin Anna in einem Gespräch wenige Tage vor meinem Selbstversuch. Und ich stocke. So richtig kann ich ihr das nicht beantworten. »Es ist mehr so ein Gefühl«, überlege ich laut. »Ich will mal wieder raus aus meiner Komfortzone. Mich ein bisschen selbst testen, ob ich so eine komplett neue Sportart noch lernen kann.« Anna nickt und bringt mein Gefühl dann auf den Punkt: »Ich glaub, du weißt einfach, dass du auf jeden Fall was lernen wirst. Wenn man von null startet, dann geht’s halt nicht zurück, sondern immer nach vorne. Neuanfänge sind immer ein Plus – ein Gewinn in jeder Hinsicht.« Wenn Anna so darüber spricht, bekomme ich direkt Bock, loszulegen.
Bei Neuanfängen geht man aber auch ein Risiko ein.
Ich habe schon Jahre, vielleicht sogar Jahrzehnte, keine neue Sportart mehr angefangen. Ich gehe wandern, joggen, habe einen Hund, mit dem ich jeden Tag mehrere Kilometer laufe – all das sind Dinge, die mich mental und technisch nicht wirklich fordern. Ehrlicherweise habe ich überhaupt keine Ahnung, wie ich mich anstelle, wenn ich nicht nur mein Lungenvolumen, sondern auch meinen Kopf und meine Nervenstärke brauche. Zu meiner Vorfreude gesellt sich plötzlich ein unangenehmes Gefühl: die ersten Zweifel. Und als ich mich von Anna verabschiede, kreisen meine Gedanken nur noch um die Frage: Hab ich mir vielleicht zu viel vorgenommen?
Mein Plan ist es, schon in zwei Wochen meinen ersten richtigen Natur-Trail zu fahren. Ein Ziel, das ich mir ganz bewusst gesetzt und überall herumerzählt habe. Weil ich mich kenne und weiß, dass ich mich gerne mal in faulen Ausreden verliere. Und weil ich nicht möchte, dass das alles ein riesiger peinlicher Reinfall wird, brauch ich einen Joker: meine Bergfreundin Kaddi, die selbst seit vielen Jahren Mountainbike fährt. Sie kennt mich gut. Und mit ihr an meiner Seite fühle ich mich sicher.
Neuanfänge sind leichter, wenn jemand dabei ist, dem man vertraut.
Von ihr bekomme ich direkt einen wichtigen Tipp: »Mach auf jeden Fall ein Fahrtechniktraining! Und am besten bleibst du gleich ein ganzes Wochenende in einem Bikepark, damit du ein bisschen fährst und dich ausprobieren kannst.« Gesagt, getan. Ich habe mir ein Wochenende Fahrtraining im Bikepark Geisskopf im Bayerischen Wald gebucht, bei dem ich die Basics lernen möchte. Kaddi wird mitkommen. Meine Mountainbike-Lehrerin ist aber die Fahrtechniktrainerin und Sportwissenschaftlerin Claudia Wolf. Sie hat zusammen mit ihrem Partner Roman »Bucketride« gegründet, ein Mountainbike-Reiseunternehmen, das auch mehrtägige Bike-Camps mit Fahrtechniktraining anbietet – für Fortgeschrittene, aber auch absolute Newbies wie mich.
Neuanfänge sind einfacher, wenn ein Profi dabei ist, der dir von Anfang an zeigt, wie es richtig geht.
Ich glaube, das kann man pauschal sagen – egal, ob beim Klettern, Langlaufen oder eben Mountainbiken.
Ich fühle mich bereit. Der DHL-Mann hat bei mir, nachdem ich zwei Tage ungeduldig auf ihn gewartet habe, endlich geklingelt. Ich habe mein Bike, eine Fahrtrainerin – und Kaddi als meinen mentalen Support. Von ihr habe ich mir auch Ellbogen-sowie Knieschoner geliehen, und als Helm tut es erst einmal der, den ich eh fürs Radeln in der Stadt nehme. Auch die Zweifel in meinem Kopf sind durch meine Vorbereitungen leiser geworden. Eigentlich kann jetzt nichts mehr schiefgehen. Denke ich.
Nur ein paar Tage bevor ich mit Kaddi zum Bike-Camp aufbrechen möchte, bekomme ich von ihr eine Sprachnachricht, die meinen ganzen Plan durcheinanderbringt: »Hey, Toni, mir ist heute was ziemlich Dummes passiert. Ich bin beim Mountainbiken richtig blöd gestürzt. Eigentlich will ich dir das auch gar nicht erzählen, weil ich nicht möchte, dass du Angst bekommst.« Ich registriere den Ernst in ihrer Stimme, der mir sofort klarmacht, dass sie sich beim Sturz nicht nur ein Knie aufgeschürft hat. Ich kenne Kaddi, und das hört sich nach etwas Schlimmerem an. Und sie kennt mich, denn ich bekomme natürlich direkt Angst.
Am nächsten Tag treffen wir uns. Ihr rechtes Auge ist dick geschwollen und lila-blau umrandet. Es sieht aus, als hätte sich in ihrem Gesicht eine kleine Galaxie gebildet, in der ihre braune Iris als einziger Planet kreist. Ich konzentriere mich auf meine Mimik, damit mir bei unserer Begrüßung nicht vor Entsetzen mein komplettes Gesicht entgleist. Nach einer vorsichtigen Umarmung frage ich sie, was passiert ist. Kaddi ist auf einem Trail über den Lenker von ihrem Mountainbike gestürzt, auf dem Gesicht aufgekommen und hat sich dabei einen Teil vom Oberkiefer und die Augenhöhle gebrochen. Sie grinst, als sie mir vom genauen Unfallhergang erzählt. Mir dagegen ist nicht zum Lächeln zumute. Wie konnte ich bis jetzt ausblenden, dass Mountainbiken eine Risikosportart ist? Eigentlich ist mir schon klar, was Kaddis Unfall jetzt für unser gemeinsames Wochenende im Bikepark bedeutet. Trotzdem frage ich mit heimlicher Hoffnung noch mal nach. Und fühle mich direkt unsensibel und doof. »Ich darf laut Arzt gerade eigentlich nur nicht schnäuzen, ansonsten alles«, antwortet sie mir. »Aber ich will jetzt trotzdem erst mal nicht mountainbiken, weil ein weiterer Sturz in diesem Zustand echt blöd wäre. Wie es in zwei Wochen aussieht, wenn wir den Trail fahren wollen, kann ich dir noch nicht sagen. Aber zum Fahrtraining würde ich nicht mitkommen. Außer, dir ist es total wichtig?« Ich schüttele den Kopf. »Nein, nein, alles gut. Ich schaff das schon alleine.« Wir beide wissen, dass ich lüge.
Denn natürlich wäre es mir lieber, wenn Kaddi dabei wäre – auch wenn ich zu hundert Prozent verstehe, warum das in ihrem Zustand absoluter Quatsch ist. Ich hätte mit ihr einen Buddy gehabt, der mir inmitten dieser fremden Mountainbike-Welt Sicherheit gegeben hätte. Denn ich bin die einzige blutige Anfängerin unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Bike-Camps. Und obwohl es zu meinem Job als Journalistin gehört, immer wieder auf neue Menschen zuzugehen, ist das auch für mich eine Herausforderung. Was, wenn ich völlig untalentiert bin? Und damit die ganze Gruppe aufhalte? Oder auch so schlimm wie Kaddi stürze? Die Zweifel in meinem Kopf werden wieder...
Erscheint lt. Verlag | 27.4.2023 |
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Verlagsort | Berlin |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Biografien / Erfahrungsberichte |
Schlagworte | Abenteuer • Alpen • Alpinismus • Berge • Bergsteigen • in der natur unterwegs • Mountainbiking • Naturerlebnis • Outdoor • Wandern |
ISBN-10 | 3-8437-2897-6 / 3843728976 |
ISBN-13 | 978-3-8437-2897-3 / 9783843728973 |
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