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Der Freiheit entgegen (eBook)

Roman | Die Pille, Kennedy und die Suche nach Freiheit - Lieblingsautorin Theresia Graw erzählt vom Aufbruch in eine neue Zeit

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eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
608 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-2912-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Freiheit entgegen -  Theresia Graw
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Wenn die Zeiten stürmisch sind, darfst du deinen inneren Kompass nicht verlieren!  1962: Raus in die große Welt, das ist Claras Ziel. Nachdem die junge Fotografin während der Unruhen in Schwabing mit der Polizei aneinandergeraten ist, kehrt sie München den Rücken und macht sich gemeinsam mit ihrer Freundin Sanni auf nach Hamburg. Dort gelingt ihr der Sprung in die Redaktion einer angesehenen Zeitung. Aber nicht jedem ist recht, dass eine Frau hier Karriere macht, und nach einem Artikel über den Umgang mit der Nazivergangenheit kommt es zum Eklat. Immer an ihrer Seite stehen ihr Sanni, die als Mannequin die Laufstege der Welt erobert, und Maria, die ihren Verlobten in Neapel zurückgelassen hat, und sich den Traum von einem eigenen Café erfüllt. Die Freundinnen lassen sich nicht unterkriegen und suchen neue Wege, um für Gerechtigkeit und ihren Traum vom Glück zu kämpfen.  Von Ostpreußen über München nach Hamburg: Theresia Graws große Saga um die Familie Twardy geht weiter 

Theresia Graw wurde 1964 in Oberhausen geboren. Nach ihrem Studium der Germanistik und Kommunikationswissenschaft war sie als Reporterin und Moderatorin für verschiedene Privatsender tätig, bevor sie zum Bayerischen Rundfunk wechselte. Neben ihrer Tätigkeit als Journalistin schreibt sie Romane. »So weit die Störche ziehen« ist ihr persönlichstes Buch, in dem sie die Geschichte ihrer aus Ostpreußen stammenden Familie mit einer fiktiven Handlung verwebt. Theresia Graw hat zwei erwachsene Kinder und lebt in München.

Theresia Graw wurde 1964 in Oberhausen geboren. Nach ihrem Studium der Germanistik und Kommunikationswissenschaft war sie als Reporterin und Moderatorin für verschiedene Privatsender tätig, bevor sie zum Bayerischen Rundfunk wechselte. Neben ihrer Tätigkeit als Journalistin schreibt sie Romane. »So weit die Störche ziehen« ist ihr persönlichstes Buch, in dem sie die Geschichte ihrer aus Ostpreußen stammenden Familie mit einer fiktiven Handlung verwebt. Theresia Graw hat zwei erwachsene Kinder und lebt in München.

1.


Durch die großen quadratischen Fenster fiel helles Vormittagslicht in den Hörsaal der Bayerischen Staatslehranstalt für Photographie an der Clemensstaße in München-Schwabing, wo die zwanzig eng gestellten Stuhlreihen bis auf den letzten Platz besetzt waren. In der fünften Reihe saß Clara von Thorau in ihrem neuen smaragdgrünen Samtkleid mit der breiten schwarzen Schleife um die Taille, die karamellblonden Locken zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, und lauschte mit klopfendem Herzen den Worten des Professors, der vorne an seinem Pult stand und die angehenden Fotografen und Fotografinnen begrüßte.

»Im Namen der Institutsleitung heiße ich Sie herzlich willkommen im Sommersemester 1962 und wünsche Ihnen einen guten Start in die Ausbildung!«

Es war Claras erster Tag an der Akademie, und sie war überglücklich, dass sie es geschafft hatte, den Eignungstest zu bestehen und dazuzugehören. Neugierig sah sie sich um und stellte fest, dass sie eine der wenigen jungen Frauen im Raum war. Ganze zehn Studentinnen zählte sie unter den rund zweihundert Zuhörern.

»Neben der technischen Grundausbildung werden Sie sich mit theoretischen Aspekten sowie der Geschichte der Fotografie auseinandersetzen, bevor Sie sich mit Gestaltungstechniken, Komposition und Inszenierung beschäftigen werden …«

Während Professor Roth detailreich die Abläufe der Ausbildung schilderte, kribbelte es Clara vor Aufregung in den Fingern. Sie wollte nichts von der Geschichte der Fotografie hören oder sonstigen theoretischen Kram. Sie wollte fotografieren! Sie wollte ihre Kamera in die Hand nehmen und Bilder machen. Und zwar jetzt gleich. So lange hatte sie auf diesen Tag gewartet, seit sie im Sommer die Schule beendet hatte. Weil sie im Herbst noch keine achtzehn Jahre alt gewesen war, hatte sie nicht gleich zum Wintersemester anfangen können. So hatte sie die vergangenen Monate damit zugebracht, ihren Vater, den Fotografen Curt von Thorau, bei der Arbeit zu begleiten oder ihrer Mutter Dora in der Tierarztpraxis auszuhelfen. Sie hatte einen Schreibmaschinenkurs belegt und auch etwas Stenografie gelernt, um die Zeit sinnvoll zu verbringen, wie ihre Eltern gemeint hatten. Jetzt aber war es endlich so weit, und sie konnte ihre Ausbildung zur Fotografin beginnen, der sie so lange entgegengefiebert hatte.

»Ich verstehe ja, dass Sie ungeduldig sind und am liebsten sofort loslegen würden.« Professor Roth schien ihre Gedanken lesen zu können. »Sie alle fotografieren leidenschaftlich gern. Ständig sind Sie auf der Suche nach dem nächsten Klick, nach dem noch stärkeren Motiv, drücken auf den Auslöser, um ein noch besseres Bild einzufangen. Und Sie sind gut darin. Sonst wären Sie nicht hier. Aber Herzblut und Leidenschaft allein reichen nicht aus, meine Damen und Herren, um das perfekte Foto zu machen. Ohne Fachkenntnis, etwa über Belichtungszeiten, Bildentwicklung oder die Wartung von technischen Geräten wird aus Ihnen niemals ein echter Profi.«

Clara nickte mit glühenden Wangen. Im Alter von zwölf Jahren hatte sie den Spaß am Fotografieren entdeckt und immer öfter mit einer alten Kamera ihres Vaters herumgeknipst. Wie fasziniert sie gewesen war, als sie in der Dunkelkammer zum ersten Mal die entwickelten Bilder vor sich gesehen hatte. Damit hatte sie einen Augenblick ihres Lebens eingefangen, etwas Vergangenes für immer festgehalten, das war wie ein kleines Wunder. Mit der Zeit waren ihre Bilder besser geworden, und jetzt wollte sie das Fotografieren von Grund auf lernen und einen Beruf daraus machen. Sie würde in die Fußstapfen ihres Vaters treten, dessen Bilder regelmäßig die wichtigsten Magazine Deutschlands schmückten. Clara war dankbar, dass ihre Eltern sie bei ihrer Entscheidung unterstützten. Dabei wusste sie nur zu gut, dass es keine Selbstverständlichkeit war, als Frau eine Ausbildung zu machen und einem Beruf nachzugehen. In ihrer Klasse hatte sie mit ihren Zukunftsplänen beinahe als Exotin gegolten. Die meisten ihrer Mitschülerinnen sahen ihr Lebensziel darin, treusorgende Ehefrauen und Mütter zu werden, und mit ihrer Berufstätigkeit wollten sie lediglich die Zeit bis dahin überbrücken. Clara hatte zwar nichts dagegen, auch irgendwann einmal eine eigene Familie zu haben, aber im Moment war das nicht das Wichtigste.

Professor Roth sprach noch immer. Trotz der gekippten Fenster war es warm und stickig im Saal. Clara war nicht die Einzige, die ungeduldig mit den Füßen scharrte. Sie betrachtete den Fotoapparat, der an einem Gurt um ihren Hals hing, und drehte gedankenverloren am Objektiv. Noch fotografierte sie mit einer alten Kamera ihres Vaters, die er ihr vor einiger Zeit überlassen hatte. Damit machte sie gute Bilder, aber jetzt, als angehende Fotografin, hätte sie gerne einen eigenen Apparat gehabt. Clara lächelte in Gedanken an das, was sie später zu Hause erwartete. Mit vielsagendem Blick hatte ihr Vater heute Morgen ein Geschenk auf die Anrichte im Wohnzimmer gelegt.

»Das bekommst du heute Nachmittag, wenn du deinen ersten Tag an der Photoakademie hinter dir hast«, hatte er augenzwinkernd gesagt. Sie war sich sicher, dass es der Fotoapparat war, den sie sich schon so lange wünschte, und sie brannte darauf, ihn endlich in Händen zu halten.

Als der Vortrag des Professors zu Ende war, schob Clara beschwingt Stift und Notizblock zurück in ihre Tasche und stand auf, um sich auf den Weg zu ihrem ersten praktischen Kurs zu machen. Bald war der Hörsaal erfüllt vom aufgeregten Getuschel und Gemurmel der vielen Menschen, die nun auf den Ausgang zu drängten. Zwei junge Männer, die direkt vor Clara hergingen, unterhielten sich besonders laut.

»Hast du gesehen? Da sind ja ein paar hübsche Mädchen in unserem Semester«, sagte der eine von ihnen, ein schlaksiger Rotschopf. »Das könnte ganz lustig werden …«

Der andere, ein kleiner stämmiger Typ mit kurz geschorenen blonden Haaren, zuckte mit den Schultern. »Ich bin nicht hier, um Mädchen kennenzulernen. Da quatsche ich besser eine im Tanzschuppen an. Ich frage mich ehrlich, was die hier machen. Denkst du wirklich, Frauen haben das Zeug zu einer richtigen Fotografin? Frauen und Technik – ich weiß nicht, so was langweilt die doch bloß.«

»Vielleicht sind sie auch hier, um ihren zukünftigen Ehemann kennenzulernen.« Der Rotschopf lachte. »Die Auswahl ist jedenfalls groß. Und ein Fotograf als Ehemann, das klingt doch ganz schick!«

Clara hatte der Unterhaltung der beiden notgedrungen zugehört, während sie hinter ihnen durch den Flur ging. »Moment mal«, sagte sie laut. »In welchem Jahrhundert lebt ihr eigentlich? Denkt ihr etwa allen Ernstes, dass Frauen keinen anspruchsvollen Beruf erlernen sollten?«

Die beiden drehten sich zu ihr um. Der Rotschopf grinste sie an, ein wenig verlegen, der andere betrachtete Clara herablassend.

»Jedenfalls keinen, für den Männer besser geeignet sind. Verkäuferin oder Stenotypistin, das lasse ich ja noch gelten. Aber um irgendwann mal niedliche Bilder fürs Familienalbum zu knipsen, braucht ihr hier nicht so eine aufwendige Ausbildung zu machen.«

Clara schnappte empört nach Atem, doch sie kam nicht mehr dazu, etwas zu antworten, denn sie hatten den Seminarraum erreicht, und die Türen schlossen sich hinter ihnen. »Und jetzt wird es Zeit für Ihre erste praktische Aufgabe, liebe Studentinnen und Studenten. Das Thema unserer Übung heißt ›Menschen in der Stadt‹ …«

Augenblicklich waren Clara die beiden jungen Männer egal.

Müde, aber glücklich kam Clara am späten Nachmittag nach Hause. Noch schwirrte ihr der Kopf von den vielen neuen Eindrücken an der Photoakademie, doch sie freute sich schon auf den nächsten Tag.

»Wie ist es dir ergangen?«, erkundigte sich Claras Vater, als er ihr die Tür öffnete.

Clara fiel ihm begeistert um den Hals. »Es war ganz großartig, Papa. Wir haben schon unsere ersten Bilder gemacht, bei einem Streifzug durch Schwabing. Und im Praxiskurs hat mich der Professor zweimal für meine Antworten gelobt.«

»Ich habe nichts anderes erwartet, mein Mädchen.« Curt von Thorau strich seiner Tochter sichtlich stolz über den Kopf.

Im Wohnzimmer war der große Tisch mit Kuchen und Kaffeegeschirr für fünf Personen gedeckt. In der Mitte lag das Geschenk. Es hatte etwa das Format eines Schuhkartons, war in buntes Blümchenpapier gewickelt und mit einer dicken roten Schleife versehen. Clara konnte ihren Blick kaum davon lösen. Der ganze Raum duftete nach frisch Gebackenem, und in einer Vase auf der Fensterbank stand ein Blumenstrauß, die ersten Tulpen des Jahres aus dem Garten, beschienen von milder Frühlingssonne.

»Was ist denn hier los? Ich habe doch gar nicht Geburtstag heute!«, rief Clara vergnügt.

»Aber wir haben etwas zu feiern!«

Clara fuhr herum, als sie hinter sich die vertraute Stimme ihrer besten Freundin hörte. Sie und Claras Mutter kamen gerade aus der Küche, die dampfende Kaffeekanne und einen Marmorkuchen in den Händen.

»Sanni!«, rief Clara verblüfft. »Was tust du denn hier?«

»Überraschung!« Sanni stellte die Platte auf dem Tisch ab und klatschte begeistert in die...

Erscheint lt. Verlag 1.6.2023
Reihe/Serie Die Gutsherrin-Saga
Die Gutsherrin-Saga
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 60er Jahre • Adenauer-Besuch • Beatles • Deutsche Geschichte • Emanzipation • Frauenunterhaltung • Freundinnen • Gerechtigkeit • Hamburg • historisch • Journalistin • Liebesroman • Lieblingsautorin • Model • Neue Zeit • Pille • Redaktion • Saga • starke Heldin • Swinging Sixties • Zeitgeschichte • Zusammenhalt
ISBN-10 3-8437-2912-3 / 3843729123
ISBN-13 978-3-8437-2912-3 / 9783843729123
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