Nicht aus der Schweiz? Besuchen Sie lehmanns.de

Das Opernhaus: Goldhell die Melodie (eBook)

Spiegel-Bestseller
Ausgezeichnet mit dem DELIA-Literaturpreis 2024

***

(Autor)

eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
384 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-01534-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Opernhaus: Goldhell die Melodie -  Anne Stern
Systemvoraussetzungen
9,99 inkl. MwSt
(CHF 9,75)
Der eBook-Verkauf erfolgt durch die Lehmanns Media GmbH (Berlin) zum Preis in Euro inkl. MwSt.
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Eine weltberühmte Stadt. Ein neues Opernhaus. Eine Liebe, die nicht sein darf. Und der Klang unsterblicher Musik. Dresden 1841: Das feierlich eröffnete königliche Hoftheater wirkt in seiner Pracht wie ein Palast für die Musik. Doch hinter den Kulissen geht es nicht weniger dramatisch zu als auf der Bühne: Die Primaballerina hütet ein tragisches Geheimnis, die Requisiteurin will ihrer Vergangenheit entfliehen, und die Kostümschneiderin hat den Glauben an wahre Leidenschaft verloren. Dennoch ist das Opernhaus für sie alle ein magischer Ort. Auch die junge Elise Spielmann ist bei ihrem ersten Besuch verzaubert. Sie entstammt einer Musikerdynastie und träumt davon, eine gefeierte Violinistin zu werden. Als sie dem talentierten Malergehilfen Christian Hildebrand begegnet, entspinnt sich eine zarte Bindung zwischen ihnen - in größter Heimlichkeit und gegen alle Konventionen. Währenddessen ziehen sich im ganzen Land revolutionäre Kräfte zusammen. Doch vor dem sich verdunkelnden Himmel strahlen die Liebe und die Musik umso heller. Das groß angelegte Epos der Bestsellerautorin Anne Stern zur wechselvollen Geschichte der Semperoper: berührende Schicksale vor und hinter den Kulissen, ein Fest der Sinne.

Anne Stern ist promovierte Germanistin und Historikerin und lebt in Berlin. Ihre Reihe um die Berliner Hebamme «Fräulein Gold» ist ein großer Erfolg, jeder Band ein Spiegel-Bestseller.

Anne Stern ist promovierte Germanistin und Historikerin und lebt in Berlin. Ihre Reihe um die Berliner Hebamme «Fräulein Gold» ist ein großer Erfolg, jeder Band ein Spiegel-Bestseller.

Prolog


Dresden, Dezember 1820

Die Glocken der Kirche Unserer Lieben Frau klangen zart, beinahe schüchtern vom Neumarkt herüber. Obwohl es erst vier Uhr nachmittags war, lag der sternlose Himmel wie ein schwarzblaues Kleid über den weihnachtlich geschmückten Ständen und den dreistöckigen Häusern, die den großen Altmarkt säumten. Das Jahr neigte sich merklich dem Ende zu, die Tageslichtstunden schrumpften immer mehr zusammen. Doch zwei Wochen waren es noch bis zum Weihnachtsfest, wenn die Tage wieder heller würden.

Das Geläut trieb Georg Spielmann, der beim Anblick der dampfenden Maronen an einer Bude einen Moment stehen geblieben war, weiter über den Striezelmarkt. Im Gehen schlug er den hohen Kragen seines Samtmantels bis zu den Ohren und vergrub die Hände tief in den Taschen, um sich vor der grimmigen Kälte zu schützen. Unter seinen Stiefeln knirschte Schnee. Der Atem stand ihm wie eine weiße Wolke vor dem Mund. Einen Moment blickte er nach oben in den schwarzen Winterhimmel, aus dem ein paar eisige Schneegraupelflocken auf ihn niedertanzten, und suchte mit den Augen den barocken Turm der Kirche über den Häusern, deren schlanke Silhouette er so liebte. Dort, vom Norden der Innenstadt, ragte er hervor und schien Georg tröstend zuzunicken.

Er fröstelte, als der schneidende Ostwind ihm unter den Mantel fuhr und seine Rockschöße flattern ließ. Es war höchste Zeit, dass er weiterkam – nach Hause, in die heimelige, aber kostspielige Wohnung in der Großen Frauengasse, wo Amalie Friederike seit letzter Nacht in den Wehen lag. Es war das erste Kind der Spielmanns, und sie hatten mehrere Jahre darauf warten müssen. Doch hätte Georg gewusst, wie es sich anhörte, wenn die eigene Gemahlin mit einem Kind niederkam, wäre es ihm durchaus recht gewesen, es sogar noch länger hinauszuzögern. Dabei wünschte er sich mehr als alles einen Sohn, den er an der Geige und am Klavier ausbilden konnte, wie sein Vater es einst mit ihm getan hatte. Aber die Schmerzen, die Amalie sichtlich litt, mit denen hatte er nicht gerechnet, obwohl er sehr gut wusste, was Schmerzen waren. Schließlich hatte er als Student in Lützows Freikorps gegen Napoleons Truppen gekämpft, damals im Sommer anno 1813. Und auch er war, wie unzählige andere Männer, verwundet worden. Die ganze Stadt wirkte wochenlang wie ein einziges Lazarett, voller stöhnender, schreiender, an ihren Wunden oder dem Hunger sterbender Menschen – doch die Pein in Amalies Stimme, wenn sie bei jeder neuen Wehe wieder flehte, es möge aufhören, die konnte Georg trotzdem nicht ertragen. Sie ging ihm näher als alles andere, was er je gehört hatte.

Heute gegen Mittag hatte er es endgültig nicht mehr ausgehalten und war vor den klagenden, jammervollen Lauten aus dem Schlafgemach geflohen. Amalie befand sich in den Händen der Hebamme, so beruhigte er sich, und nicht zuletzt in denen Gottes. Außerdem konnte ein Ehemann nun einmal nichts ausrichten, wenn es um das uralte und ohnehin etwas unheimliche Frauenhandwerk der Geburt ging.

Ziellos war er durch die winterliche Stadt gewandert, hatte in der Kurfürstenschänke einen Sauerbraten gegessen – oder vielmehr darin herumgestochert, obwohl dies sonst sein Leibgericht war – und sich dann über den Christmarkt treiben lassen, bis die Dämmerung herankam. Der Striezelmarkt war weit über die Grenzen des Königreichs Sachsen hinaus berühmt. Und der weitläufige Altmarkt zwischen dem Rathaus und solch imposanten Gebäuden wie der Arnoldischen Buchhandlung, der Marienapotheke und dem Gotischen Haus verwandelte sich um diese Zeit wochenlang in ein einziges Gewimmel aus Buden und Ständen, aus kleinen Glanzpunkten im Zwielicht, wenn die Händler ihre Petroleumlämpchen entzündeten und ihre Ware feilboten. Man bekam hier hübsches Spielzeug aus dem Erzgebirge, fein gedrechselte Holzware, seidene Bänder und die berühmten Pflaumentoffeln, auch Striezelkinder genannt – kleine, aus getrockneten Pflaumen gefertigte Figuren, die aussahen wie Schornsteinfeger. Und es duftete an jeder Ecke so himmlisch, dass Georg trotz seiner Nervosität erneut innehielt und schnupperte. Nach Stollen duftete es, nach Quarkkäulchen, Anisbrot und Meißner Fummel.

Er trat an einen Stand, an dem die gelbe Petroleumlaterne im Wind schwankte wie ein Irrlicht, das ihn anzog.

«Ein paar Pfefferkuchen, der werte Herr?»

«Ein Pfund», verlangte Georg und sah zu, wie die alte Frau ihm die herrlichen Küchlein in eine Papiertüte schaufelte. «Sie sind für meine Gattin», fügte er leise hinzu, als müsste er sich entschuldigen, hier noch herumzustehen, während Amalie zu Hause Höllenqualen durchlitt.

«Noch etwas?» Die Alte sah ihn ungeduldig aus kleinen Äuglein an. In seinem Rücken hatte sich eine kleine Schlange in der Dunkelheit gebildet.

Hastig winkte Georg ab und lächelte entschuldigend, während er bezahlte.

«Unsere Empfehlung an die Frau Gemahlin», sagte die Frau und wandte sich schon dem nächsten Kunden zu.

Georg eilte weiter durch die Menge, bis der Lärm der fliegenden Händler, der schnatternden Verkäuferinnen und rumpelnden Karren hinter ihm zurückblieb. Schließlich tauchte er in eine düstere Gasse ein, die vom Altmarkt weg in Richtung Norden führte. Ein Nachtwächter im langen Mantel und mit einem Spieß ausgestattet kam ihm entgegen. Er trug ein schwankendes Talglicht in der anderen Hand und grüßte einsilbig, ehe er weiterschlurfte.

Von hier waren es nur noch fünf Minuten zu Fuß in die Wohnung der Spielmanns, und jetzt spürte Georg eine wachsende Ungeduld, nach Hause zurückzukehren. Was, wenn die Geburt plötzlich schneller vorangeschritten wäre? Was, wenn Amalie ihn brauchte? Schon fiel er in einen raschen Trab und versuchte abermals, in seinem hochstehenden Kragen dem schneidenden Wind zu trotzen, der ihm um die Ohren und den Bart pfiff.

Da bemerkte er, dass in einer Ecke der Gasse, unter einem finsteren Torbogen, zwei Gestalten vor einem winzigen flackernden Lichtlein hockten. Im Näherkommen sah er, dass es Kinder waren. Sie hatten selbst gebastelte Laternen vor sich abgestellt und blickten ihm erwartungsvoll entgegen. Das Mädchen, das vielleicht sieben Jahre alt war, trug einen zerschlissenen Umhang und war – Georg schluckte bei dem Anblick – trotz der Eiseskälte barfuß. Der Junge, wahrscheinlich ihr jüngerer Bruder, hatte große Augen in einem bleichen Gesicht, das nur von der Papierlaterne zu seinen Füßen beschienen wurde.

Die armen Kinder Dresdens hatten die Erlaubnis, in den Gassen rund um den Striezelmarkt kleine Handwaren feilzubieten, was immerhin besser war als die Bettelei, die das restliche Jahr ihr Haupterwerb war.

«Guter Herr», sagte das Mädchen zaghaft im Schutz der Dunkelheit, «möchten Sie eine Laterne kaufen?»

Georg blieb stehen. Die Papierdinger waren sehr schlicht, und doch gefielen sie ihm auf eine schwer erklärliche Weise. Er beugte sich hinunter und betrachtete sie. Auf der des Jungen sah er zwei Figuren, die ihm bekannt vorkamen. Trotz der unbeholfen aufgeklebten Papierschnitzel erkannte er eine Frau und einen Mann – die Frau trug ein Kleid aus rotem Papier, und es schien, als nehme sie dem Mann Fesseln ab.

«Sind das …?», fragte er ungläubig.

Der Junge, der ihn nicht aus den Augen gelassen hatte, nickte. «Leonore und Florestan», sagte er heiser. «Aus Fidelio

«Wie solltet ihr eine solch exquisite Oper kennen?» Georg ging in die Knie. Auf der Laterne des Mädchens sah er jetzt einen Mann, der mit einem Dolch auf eine zweite Figur einzustechen drohte.

Diesmal war es das Mädchen, das antwortete. «Unser Vater war Theaterdiener drüben im Morettischen Haus», sagte sie leise. «Er hat uns von den Geschichten der Oper erzählt.»

«War? Und wo ist er nun?»

Plötzlich wehte der Wind ein paar Fetzen Musik herüber – jemand sang am anderen Ende der Gasse.

Georg richtete sich auf. Das Schweigen der Kinder war ihm Antwort genug. Immer wieder wüteten Typhus-Epidemien in Dresden. Diese beiden Sprösslinge hier waren nicht die Einzigen in den ärmeren Gassen rund um den Altmarkt, die der plötzliche Tod des Familienernährers in Hunger und Elend gestoßen hatte.

«Ich kaufe euch die eine hier ab», sagte er und deutete auf die Laterne mit dem Liebespaar. Eilig kramte er einen Taler hervor und reichte ihn dem Jungen. Die schmutzige kleine Hand war kalt wie die eines Toten.

Georg fröstelte erneut. Er sah auf die Tüte mit den Pfefferkuchen, die er noch immer im Arm hielt und von der ein herrlicher Duft nach Zimt und Nelken aufstieg, und kurz entschlossen reichte er sie auch noch hinüber.

«Eine frohe Adventszeit», sagte er.

Die Kinder sahen einander an, ein ungläubiges Lächeln umspielte die Lippen des Mädchens.

«Vergelt es Ihnen Gott», stammelte es.

Der Junge griff nach der Tüte und umklammerte sie so fest, als enthielte sie statt Gebäck pures Gold. Er deutete eine Verbeugung an, was bei seiner kleinen, ausgemergelten Gestalt erbärmlich wirkte.

Georg nahm die Papierlaterne mit dem brennenden Talgstummel auf und entfernte sich rasch. Das winzige Licht beschien nur ungenügend die finstere Gasse, deren sonst sandiger und schlammiger Grund im grimmigen Frost der vergangenen Wochen wie zu Stein gefroren war.

Wieder klang der Gesang zu ihm herüber, er vernahm nun ganz deutlich liebliche Kinderstimmen. An der nächsten Ecke, an der Georg abbiegen musste, stand eine Gruppe älterer Mädchen – Gott sei Dank mit Schuhen und einigermaßen warmen Mänteln bekleidet. Sie sangen...

Erscheint lt. Verlag 16.5.2023
Reihe/Serie Die Dresden-Reihe
Die Dresden-Reihe
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Bestseller 2023 • Bestseller-Autorin • bestsellerliste spiegel aktuell • Carmen Korn • DeLiA-Literaturpreis • DELIA-Literaturpreis 2024 • Drama • Elbflorenz • Familie • Familienroman • Familiensaga • Frauenroman • Frauenschicksal • Fräulein Gold • Geschenk für die beste Freundin • Geschichte • Gottfried Semper • Hanni Münzer • Historischer Liebesroman • Historischer Roman • Karlsplatzreihe • Liebe • Liebesgeschichte • Liebesroman • Märzrevolution • Miriam Georg • Opernhaus • Preußen • Reichsgründung • Revolution • Richard Wagner • Roman für Frauen • Roman für Mutter • Sachsen • Saga • Schauspiel • Schicksal • Semperoper • spiegel bestseller • Spiegel Bestsellerliste aktuell • Starke Frau • Starke Frauen • Theater • Violinistin
ISBN-10 3-644-01534-1 / 3644015341
ISBN-13 978-3-644-01534-0 / 9783644015340
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 10,8 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Die Geschichte eines Weltzentrums der Medizin von 1710 bis zur …

von Gerhard Jaeckel; Günter Grau

eBook Download (2021)
Lehmanns (Verlag)
CHF 14,65