Eorin die Magierin 8: Im Bann des dunklen Zauberers (eBook)
150 Seiten
Uksak E-Books (Verlag)
978-3-7389-6452-3 (ISBN)
*
Alina hatte uns verlassen. Als wir morgens erwachten, war sie fort, und mit ihr ein großer Teil der Frauen. Ich hatte so etwas schon fast erwartet, denn sie würde sich nicht mehr auf eine Diskussion mit uns einlassen.
Darras war ausgesprochen zornig, das sah ich, aber sein Zorn fand zunächst kein Ventil. Er war nicht einverstanden mit Alinas Entscheidung, und ganz sicher würde er nach Möglichkeiten suchen, ihr Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Doch jetzt und hier war das nicht möglich, jetzt und hier hatten wir andere Aufgaben.
Die Frauen, die nicht mit Alina gegangen waren, taten das Nötige, um ein provisorisches Frühstück zu bereiten. Wir aßen eine Kleinigkeit und berieten unser weiteres Vorgehen. Ich war dafür, Mortuin aufzusuchen und ihr das Handwerk zu legen, doch Darras war dagegen.
„ Das schaffen wir nicht“, hielt er mir vor.
„ Aber unsere gemeinsamen Kräfte…“, begann ich.
„ Nein“, kam die kalte Unterbrechung.
„ Und was hast du stattdessen vor?“, fragte ich zornig.
„ Wir kehren zurück in den Hellen Tempel.“
„ Und dann? Willst du einfach zurückkehren in die Gemeinschaft und abwarten, was Mortuin als Nächstes einfällt? Wir müssen angreifen, sonst ist sie auf jeden Fall im Vorteil.“
„ Wir können nicht angreifen“, presste er zwischen den Zähnen hervor.
„ Warum nicht?“ Fast verzweifelt sah ich ihn an, suchte nach einer Antwort auf diese so wichtige Frage.
„ Weil ich zur Zeit keine Kraft habe“, brach es aus ihm heraus.
Ich verstand. Er hatte sich in diesem Kampf völlig verausgabt. Nun war es nicht abzusehen, wie lange es dauern würde, bis er seine Kräfte wieder zurück haben würde. Er hatte recht, wir mussten zurück in den Hellen Tempel, nur dort gab es Möglichkeiten, ihn schnellstens wieder in den alten Stand zu versetzen.
Ein wenig überstürzt verabschiedeten wir uns von den Frauen, die vorhatten, ins nächste Dorf zu gehen und dort um Aufnahme zu bitten.
Wir schlugen ein rasches Tempo an, um möglichst schnell unser Ziel zu erreichen. Körperlich schien Darras in Ordnung zu sein, aber ich bemerkte, dass seine Gesichtszüge stark angespannt waren und seine Augen verzweifelt und unstet umherirrten. Ich glaube, er war noch nie in einer solchen Ausnahmesituation, und wahrscheinlich fiel es ihm schwer, diese Tatsache zu akzeptieren. Gerne hätte ich ihm geholfen, ihm meine Kräfte, oder zumindest einen Teil davon zur Verfügung gestellt. Doch das würde nichts nützen, das wusste ich. Er selbst musste seine Kräfte wiederfinden, nein, langsam wieder aufbauen.
Nach einem Gewaltmarsch kamen wir im Hellen Tempel an, wo uns eine Hiobsbotschaft erwartete. Von Mortuin war eine Botschaft angekommen. Sie verlangte mein sofortiges Erscheinen, andernfalls würde Alina sterben.
*
Anderswo
Noch vor dem Morgengrauen hatte Alina sich erhoben. Die Frauen, die bereits am Abend vorher ihr Einverständnis bekundet hatten, mit ihr zusammen die Gilde zu gründen, standen ebenfalls lautlos auf, um diejenigen nicht zu wecken und zu stören, die nicht mitwollten, und vor allem, um Darras und Eorin nicht aufmerksam zu machen, die vermutlich noch einmal versucht hätten, Alina umzustimmen und zu beeinflussen. Wie Schatten huschten sie davon, verschwanden spurlos in der beginnenden Dämmerung des beginnenden Tages.
Alina hatte noch keinen genauen Plan, wo sie nun ihre Gilde gründen wollte. Doch sie dachte, es sollte schon in einer Stadt sein, in der es einen Landlord gab, den sie dahingehend beeinflussen konnte, ihr vielleicht ein Haus und ein Grundstück zu überlassen. Das würde wahrscheinlich schwer werden, und wahrscheinlich würde es auch nicht gleich in der ersten Stadt klappen. Gleichzeitig überlegte sie aber auch, irgendwo im Niemandsland ein Haus zu bauen, nur mit Hilfe der Frauen, die bei ihr waren. Das würde sie auf jeden Fall unabhängig machen, und garantieren, dass niemand in ihre Gilde hineinreden konnte. Das war überhaupt die beste aller Möglichkeiten, wie sie sich eingestand.
Gegen Mittag hielten sie an und machten eine Rast. Und dabei suchte Alina zwei Frauen aus, die sie zu ihrer Stellvertreterinnen machen wollte. Erkina und Fedara hießen die beiden, auf die Alina ein Auge geworfen hatte. Mit ihnen zusammen setzte sich Alina ein wenig abseits.
„ Ich habe überlegt“, begann sie. „Zuerst hatte ich vor, uns der Gnade eines Landlords zu versichern, doch ich halte es für besser, wenn wir unabhängig bleiben. Wir werden also draußen am Waldrand auf unbebautem Land, das niemandem gehört, ein eigenes Haus bauen. Das bedeutet für uns alle sehr viel Arbeit und ganz sicher auch viel Improvisation, denn welche von uns hat schon mal einen Kamin gebaut oder auch ein Dach gedeckt, und was der Dinge mehr sind? Aber wenn wir unabhängig sein wollen, dann in allen Dingen. Wir müssen eben unsere Erfahrungen machen und aus den Fehlern lernen.“
„ Wir haben drei Frauen, die bald ein Kind erwarten“, warf Fedara ein. „Was machen wir mit männlichen Kindern, wenn wir eine reine Frauengilde sein wollen?“
Daran hatte Alina noch gar nicht gedacht. Es würde noch viele Probleme geben, denen sie sich stellen musste.
„ Das entscheiden wir, wenn es soweit ist“, schob sie die Frage zunächst beiseite.
Erkina hob den Kopf, ihr war etwas eingefallen.
„ Ich kenne den richtigen Ort für unser Haus“, sagte sie bestimmt. „Etwa zehn Meilen von hier entfernt gibt es einen Haselwald, durch den ein Bach fließt. Auch einige Eichen stehen dort, außerdem ist der Boden gut und fruchtbar. Dort wäre der ideale Platz.“
„ Das klingt gut“, bemerkte Alina. „Führe uns hin. Wem untersteht das Land?“
„ Lorvin von Ravens.“
„ Eorin kennt ihn, vielleicht können wir uns auf sie berufen.“
„ Auf eine Magiepriesterin, die uns entgegensteht?“, fragte Fedara erstaunt.
Alina lächelte. „Eorin steht uns nicht entgegen, nur Darras. Aber er wird damit leben müssen.“
Die Frauen setzten sich wieder in Marsch, diesmal mit einem eindeutigen Ziel vor Augen, das ihre Schritte regelrecht beflügelte. Gegen Abend legte sie eine Rast zum schlafen ein. Sie entzündeten ein großes Feuer, zum einen, um sich zu wärmen, zum anderen hielten sie damit umherstreifende Tiere fern.
In dieser Nacht fand Alina keinen Schlaf. Ruhelos wanderte sie hin und her, immer wieder ging ihr durch den Kopf, was sie gerade im Begriff war zu tun. Plötzlich aber wurde sie wie von unsichtbaren Fäden in den Bann gezogen. Ruckartig blieb sie stehen, ihre Augen waren plötzlich leer, ihre Bewegungen eckig, und ihr Mund formte lautlose Worte. Wer sie gesehen hätte, wäre erschrocken gewesen, aber die anderen schliefen alle.
Alina schritt wie eine Schlafwandlerin, aber dennoch ziellos durch das Lager, wandte sich dann aber dem von Karren und Fuhrwerken ausgefahrenen Weg zu und ging mit immer noch eckigen Bewegungen davon. Sie wusste gar nicht, was sie tat, ihre Gedanken waren regelrecht ausgeschaltet, und niemand hätte sie in ihrem augenblicklichen Zustand aus der Versunkenheit wecken können. Niemand, nur die Person, die diesen Zustand hervorgerufen hatte. Alina war unfähig einen eigenen Gedanken zu fassen, unfähig irgendetwas noch selbst zu bestimmen. Alina war eine willenlose Marionette geworden, biegsam wie Wachs, fügsam wie ein Schaf.
Sie würde die gefährlichste Waffe werden über die Mortuin, die Dunkle Herrin, zur Zeit verfügte.
*
Francis wusste nicht, wie lange er schon in seiner Haltung verharrte, er hatte es aufgegeben, Stunden und Tage zu zählen. Seinen Körper fühlte er nicht mehr, nur seine Gedanken rasten von Zeit zu Zeit wild durcheinander, ohne dass er eine Lösung für sein Problem gefunden hätte. Tausende Male hatte er...
Erscheint lt. Verlag | 29.9.2022 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
ISBN-10 | 3-7389-6452-5 / 3738964525 |
ISBN-13 | 978-3-7389-6452-3 / 9783738964523 |
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