Drei fast geniale Freunde auf dem Weg zum Ende der Welt (eBook)
448 Seiten
C. Bertelsmann (Verlag)
978-3-641-29545-5 (ISBN)
Der neue geniale Roman von Kultautor Jonas Jonasson!
Drei charmante Außenseiter, von einem kuriosen Zufall zusammengeführt, brechen mit einem bunt angestrichenen Wohnmobil auf, um die Welt ein bisschen gerechter zu machen. Dabei lassen sie sich weder vor arroganten Diplomaten-Brüdern noch von einem eigenwilligen Herrscher auf einer Insel im Indischen Ozean aufhalten. Mit Witz und Phantasie verwandeln sie ihr Wohnmobil in ein Gourmet-Restaurant und schlagen sogar aus dem vermeintlichen Ende der Welt noch ein bisschen Glück für sich heraus. Ein echter Jonasson mit einem Feuerwerk an genialen Pointen, rasantem Erzähltempo und einzigartigen Wendungen.
»Jonas Jonasson schreibt Entgiftungsbücher für die Seele.« Volker Weidermann auf SPIEGEL Plus
Jonas Jonasson, geboren 1961 im schwedischen Växjö, arbeitete nach seinem Studium in Göteborg als Journalist unter anderem für die Zeitungen »Smålandsposten« und »Expressen«. Später gründete er eine eigene Medien-Consulting-Firma. Doch nach 20 Jahren in der Medienwelt verkaufte er seine Firma und schrieb den Roman, über den er schon jahrelang nachgedacht hatte: »Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand«. Das Buch wurde weltweit zu einem Bestseller und auch höchst erfolgreich verfilmt. Seitdem beglückt Jonas Jonasson seine Fans immer wieder mit turbulent witzigen Romanen, jeder ein wahres Feuerwerk an genialen Einfällen und jeder ein gefeierter Bestseller.
- Spiegel Bestseller: Belletristik / Taschenbuch (Nr. 18/2024) — Platz 19
- Spiegel Bestseller: Belletristik / Taschenbuch (Nr. 16/2024) — Platz 18
- Spiegel Bestseller: Belletristik / Taschenbuch (Nr. 15/2024) — Platz 5
- Spiegel Bestseller: Belletristik / Hardcover (Nr. 09/2023) — Platz 17
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- Spiegel Bestseller: Belletristik / Hardcover (Nr. 01/2023) — Platz 8
2. KAPITEL
Freitag, 26. August 2011
Noch zwölf Tage
Die Weltuntergangsprophetin befestigte einen Haken an der Decke. Finster im Gemüt, hatte sie sich ein Seil fest um Hals und Nacken geschlungen.
Als Letztes blieb nur noch, den Hocker wegzuschubsen. Es hörte ja doch niemand auf sie, und es waren jetzt nur noch zwölf Tage bis zum Weltuntergang. Auf die paar Tage konnte sie herzlich gern verzichten.
Sie hatte es immer und immer wieder berechnet. Und dann noch einmal. Neben ihren Astrophysikforschungen war sie im Brotberuf Oberschullehrerin, damit sie Essen und Miete bezahlen konnte. Die Schülerinnen und Schüler, die zum Job gehörten, waren ein notwendiges Übel. Als sie mit ihren Weltuntergangsberechnungen fertig war, wandte sie sich an die Königlich Schwedische Akademie der Wissenschaften. Sie hatte neun Jahre lang an der vierundsechzig Schritte langen Gleichung gearbeitet und wollte ihre Kalkulationen bestätigt bekommen. Nicht, dass es nötig gewesen wäre, und noch viel weniger hätte es das Ergebnis beeinflusst. Doch sie verlangte nach Anerkennung.
Die Akademie antwortete nicht auf ihre E-Mails. Auch nicht auf die postalischen Briefe. Wenn sie anrief, wurde sie so lange weiterverbunden, bis sie schließlich wieder da ankam, wo sie angefangen hatte. Als letztes Mittel fiel ihr nur noch ein, unangemeldet in der Akademie aufzutauchen und auf einer Unterredung mit dem Präsidenten zu bestehen. Oder mit einem Referenten. Oder mit sonst irgendwem außer dem Pförtner. Der daraufhin die Polizei verständigte, die keine Zeit hatte, vorbeizukommen. Also nahm sich der Pförtner selbst der Sache an und führte sie hinaus und die lange Treppe hinunter, auf der bestimmt zwanzig Studierende herumhingen. Ein paar schauten verschreckt, als der Pförtner vorbeikam, den Eindringling fest am Arm gepackt. Andere waren verwundert. Vor allem aber erinnerte sie sich an das allgemein nachsichtige Lächeln. Und das auf Gesichtern von Studierenden, die allesamt demnächst sterben würden.
Schließlich würden ja alle sterben! Ohne dass auch nur eine Menschenseele erfuhr, was sie bereits wusste.
Was hatte dann überhaupt noch einen Sinn? Wo doch auch so schon alles keinen Sinn hatte?
Die Prophetin rechnete nach, wie viele Tage sie nun schon auf der Welt war. Bis dato elftausendzweiundfünfzig. Jeder einzelne hatte aus nichts als Elend bestanden, soweit sie zurückdenken konnte. Niemand hatte sie jemals verstanden, niemand sie je geliebt. Hatte sie selbst je jemanden geliebt, außer Malte Magnusson in der Oberstufe? Der so ein süßes Lächeln und so ein sanftes Wesen gehabt hatte.
Ein süßes Lächeln. Das war auch so ziemlich alles, was sie von ihm bekommen hatte. Und das vage Gefühl, dass er vielleicht mehr wollte, sich aber nicht traute.
Als Liebesgeschichte machte das nicht viel her.
Dann waren sechs Jahre vergangen. Und dann noch mal neun mit Berechnungen, die jetzt abgeschlossen waren. Am Ergebnis war nicht zu rütteln. Die Prophetin konnte nahezu auf die Minute genau vorhersagen, wann die Atmosphäre kollabieren würde. Die Kündigung konnte sie sich sparen. Sie ging einfach nicht mehr hin, dachte, dass es den Schülerinnen und Schülern ganz recht war.
Sie zahlte auch keine Miete mehr. Nicht, weil sie das Geld sparen wollte, was sollte sie damit, wenn alles zu Eis gefror? Es war einfach nur sinnlos.
Aber sie wurde früher auf die Straße gesetzt, als sie gedacht hätte, und ohne Wohnung war es kalt draußen, besonders nachts. Den Wohnwagen fand sie über eine Anzeige. Sie kaufte ihn auf dem Stellplatz, er musste erst geprüft werden, bevor er für den Straßenverkehr zugelassen wurde.
Geprüft?, dachte sie. Wenn man an das große Ganze dachte, kam einem jedes Detail so lächerlich vor.
Ihr Entschluss reifte heran. Noch zwanzig Tage. Elender Tag. Noch neunzehn Tage. Elender Tag. Noch achtzehn Tage …
Warum den Rest ihres Daseins mit noch mehr Tagen verplempern? Wenn sie sich stattdessen das Leben nahm, ging sie dann nicht als sichere Siegerin hervor, auf ihre bescheidene Weise zumindest? Überlistete sie nicht das Weltall und ersparte sich damit das letzte Quäntchen Mist?
Der Gedanke setzte sich fest und verhalf ihr zu innerer Ruhe. Sie kaufte Haken, Seil und Hocker. Es war nur noch eine Frage von Sekunden, dann würde sie zwölf Tage vor allen anderen das Zeitliche segnen.
Plötzlich wackelte der Wohnwagen.
Eine erste entsetzliche Frage fegte ihr durchs Hirn: Hatte sie sich um zwölf Tage verrechnet? Unmöglich!
Der Haken löste sich von der Decke und kullerte unter die Spüle. Der Wohnwagen kam ins Rollen.
Nein, das hier war etwas anderes.
Die Prophetin verlor das Gleichgewicht, fiel vom Selbstmordhocker und landete weich auf ihrem Sofa.
Die Fahrt ging noch ein wenig weiter, bis ein Baum ihr ein Ende machte.
Sie kam auf die Füße und torkelte durch die Wohnwagentür, die schief in den Angeln hing, ins Freie, das Seil noch um den Hals.
Da, wo eben noch der Wohnwagen gestanden hatte, stand jetzt ein Mann in ihrem Alter, hinter ihm ein Wohnmobil.
»Was ist denn hier los?«, sagte sie. »Kann man sich nicht mal in Ruhe aufhängen?«
Johan bat um Entschuldigung. Es war wirklich nicht seine Absicht gewesen, ihr Ärger zu machen. Gaspedal und Bremse waren bloß so schwer auseinanderzuhalten. Die Pedale lagen ja ziemlich nah beieinander, sahen gleich aus und hatten dieselbe Farbe.
»Dieselbe Farbe?«, sagte die Frau vor dem Wohnwagen.
Ihr war noch nie in den Sinn gekommen, dass ein Gaspedal überhaupt eine Farbe hatte.
»Dich aufhängen?«, sagte Johan, als ihm aufging, was er da eben gehört hatte.
Die Prophetin sagte, das gehe einen, der nicht Autofahren könne, nichts an.
»Du musst den Wohnwagen mit dem Wohnmobil raufziehen, damit ich weitermachen kann. Wir brauchen ein Seil.«
Johan zeigte unsicher auf ihren Hals.
»Ein längeres Seil, du Idiot.«
Der Mann, der nicht Autofahren konnte, hatte kein Problem damit, so genannt zu werden wie eben. Er war Zeit seines Lebens »der Idiot« gewesen. Vielleicht hatte der geliebte große Bruder als Erster damit angefangen. Vielleicht war es im Kindergarten gewesen. Vielleicht auch beides. Fredrik war zwei Klassen über ihm. In der Position hatte er quasi den Boden bereitet, allen erzählt, wie beschränkt der kleine Bruder war. Der nicht mal das richtige Klassenzimmer fand. Oder die Uhr lesen konnte.
Wie alles andere war auch Johans Versuch, den Wohnwagen der Todessehnsüchtigen auf ebenen Boden zu ziehen, zum Scheitern verurteilt. Das Abschleppseil war zwar gut befestigt, aber wenn man Gaspedal und Bremse nun mal nicht so gut auseinanderhalten kann, dann kommt es eben, wie es kommen muss.
Die Frau stellte sich daneben und versuchte, ihn zu lotsen.
»Ganz vorsichtig. Jetzt Gas geben. Nein, warte. Langsamer. Sachte voran.«
Da prallten zu viele Anweisungen auf eine zu kleine Fläche. Johan trat fest auf eins der beiden Pedale, welches auch immer. Und noch etwas fester auf das andere, zum Ausgleich.
Das Seil löste sich. Der Wohnwagen, der schon fast oben war, rutschte wieder ab. Diesmal ohne vom armen kleinen Baum gestoppt zu werden. Die Fahrt endete erst nach weiteren achtzig Metern an einer Felswand, die sich dadurch von ihrer Umgebung abhob, dass sie sich vor fünftausend Jahren erfolgreich einer kilometerdicken Eisschicht widersetzt hatte. Jahrtausendelang hatte sie dort unnütz herumgestanden. Bis sie jetzt einen ohnehin schon maroden Wohnwagen in seine Einzelteile zerlegte.
»Autsch«, sagte Johan.
Was gab es sonst schon zu sagen?
Die Prophetin blickte ihrer letzten Bleibe hinterher, oder dem, was davon übrig war.
»Das war mein Zuhause!«
Johan sah aber doch auch das Gute in dem, was passiert war.
»In dem du dich aufhängen wolltest.«
»Was hat das damit zu tun? Bei mir zu Hause kann ich machen, was ich will.«
Der Versager spähte den Abhang hinunter. Was eben noch ein Wohnwagen gewesen war, ähnelte jetzt eher einem Haufen Schrott.
»Kann ich dir beim Aufräumen helfen?«
Wenigstens etwas, womit er sich seiner eigenen Einschätzung nach auskannte.
»Hast du keine Augen im Kopf? Mein Wohnwagen braucht keine Aufräumhilfe, sondern einen Schrotthändler. Oder einen Bestattungsunternehmer!«
Das erinnerte sie daran, wobei sie unterbrochen worden war.
»Hast du einen Haken in deinem Wohnmobil, den ich mir leihen kann?«
Johan redete meist schneller, als er dachte.
»Ja, das ist ja wohl das Mindeste, was ich beisteuern …«
Da fiel der halbe Groschen.
»Was willst du damit?«
»Was denkst du wohl?«
Die andere Groschenhälfte folgte.
»Genau genommen fällt mir da ein, dass meine Haken alle aufgebraucht sind. Kann ich dir nicht stattdessen was zu trinken anbieten?«
Die Prophetin gab es auf.
»Dann aber was Starkes.«
»Einen Domaine Billaud-Simon Chablis Tête d’Or? Spitzenjahrgang.«
»Was Starkes, hab ich gesagt.«
***
So zäh für Johan oft das Ordnen seiner Gedanken war, so flink konnte er mit den Händen umgehen. Noch ehe die Unbekannte in ihre finsterste Gemütsverfassung zurückfallen konnte, hatte er...
Erscheint lt. Verlag | 2.11.2022 |
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Übersetzer | Astrid Arz |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | Profeten och Idioten |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | 2022 • Afrika • barack obama • Bestseller • Bestsellerautor • Bestsellerliste • Bestseller Romane 2022 • Der Hundertjährige • Don't look up • eBooks • Feel-Good-Roman • Geschenkempfehlung • Humor • humorvolle bücher bestseller • humorvolle Bücher für Frauen • humorvolle bücher für männer • lustig • lustige • Neuerscheinung • Neuheiten 2022 • Roman • Romane • Schweden • schwedischer Bestseller • spiegel bestseller • Spiegelbestseller • SPIEGEL-Bestseller • Spiegel Bestseller Autor • Spiegel Bestsellerliste aktuell • Weihnachten Buchtipp • Weltbestseller • Weltuntergang |
ISBN-10 | 3-641-29545-9 / 3641295459 |
ISBN-13 | 978-3-641-29545-5 / 9783641295455 |
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