Nicht aus der Schweiz? Besuchen Sie lehmanns.de

Björnstadt (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
688 Seiten
Goldmann (Verlag)
978-3-641-29944-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Björnstadt -  Fredrik Backman
Systemvoraussetzungen
9,99 inkl. MwSt
(CHF 9,75)
Der eBook-Verkauf erfolgt durch die Lehmanns Media GmbH (Berlin) zum Preis in Euro inkl. MwSt.
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Björnstadt. Eine kleine schwedische Stadt mitten im Wald, fern von allem, was modern und bedeutsam ist. Das Leben hier ist nicht einfach, doch gerade deshalb halten die Menschen zusammen, und ihre Devise ist: hart arbeiten, nicht beschweren und dem Rest der Welt zeigen, woher wir kommen. Helfen soll dabei der von allen geliebte Björnstädter Eishockeyclub. Bisher nur mäßig erfolgreich, könnte der überragenden Jugendmannschaft in dieser Saison der große Durchbruch gelingen. Da geschieht in einer eiskalten Nacht etwas, das alle Hoffnungen auf Ruhm und Ehre zerstören könnte. Je nachdem, wem man glaubt. Und so muss jeder Einzelne sich entscheiden, auf wessen Seite er steht ... Vormals lieferbar unter »Stadt der großen Träume«

Fredrik Backman ist mit über 20 Millionen verkauften Büchern einer der erfolgreichsten Schriftsteller Schwedens. Sein erster Roman »Ein Mann namens Ove« wurde zu einem internationalen Phänomen; die Verfilmung mit Rolf Lassgård war für zwei Oscars nominiert, es gibt zudem ein Remake mit Tom Hanks. Auch Fredrik Backmans folgende Romane eroberten die obersten Ränge der Bestsellerlisten in Deutschland, Schweden, den USA und vielen anderen Ländern. Sein Werk wurde bisher in 46 Sprachen übersetzt und zu großen Teilen verfilmt. Der Autor lebt mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Solna bei Stockholm.

Kapitel 2


Klack-klack-klack-klack-klack.

Es ist gerade Anfang März, und noch ist in Björnstadt nichts passiert. Heute ist Freitag, und alle warten gebannt auf den morgigen Tag, an dem die Juniorenmannschaft von Björnstadt Eishockey im Halbfinale gegen die beste Mannschaft der Jugendliga Schwedens spielen wird. Wie wichtig mag das sein? Natürlich nicht besonders wichtig. Wenn das Spiel nicht ausgerechnet hier stattfinden würde.

Klack. Klack. Klack-klack-klack.

Die Stadt erwacht wie an jedem Wochentag schon früh, denn kleine Orte müssen sich einen gewissen Vorsprung sichern, um sich in der Welt behaupten zu können. Auf die Reihen der Pkws auf dem Parkplatz vor der Fabrik hat sich schon eine Schneeschicht gelegt, und die Beschäftigten stehen mit halbgeöffneten Augen und noch halbgeschlossenem Bewusstsein schweigend Schlange, um sich ihre Existenz mittels elektronischer Zugangskarten von der Stempeluhr bestätigen zu lassen. Dort stampfen sie sich in Erwartung eines ersten Kicks in Form von Koffein, Nikotin oder Zucker, der ihre Körper zumindest bis zur ersten Pause einigermaßen funktionstauglich machen soll, mit Autopilotblicken und Anrufbeantworterstimmen den Schneematsch von den Stiefeln.

Draußen auf der Landstraße verlassen die Pendler gerade in ihren Autos den Ort, um die größeren Städte hinterm Wald anzusteuern, wobei sie mit ihren Fausthandschuhen fluchend gegen das Gebläse hämmern, wie man es nur tut, wenn man betrunken ist, im Sterben liegt oder zu früh am Morgen in einem eiskalten Peugeot sitzt.

Wenn sie sich ganz still verhalten, können sie es selbst in ihren Autos hören: Klack-klack-klack. Klack. Klack.

Maya wacht in ihrem Zimmer auf, in dem die Wände zugepflastert sind mit Bleistiftzeichnungen und gesammelten Eintrittskarten von Konzerten, bei denen sie war, weit weg von Björnstadt. Es sind zwar nicht annähernd so viele, wie sie sich wünschen würde, aber bedeutend mehr, als ihre Eltern ihr eigentlich erlaubt haben. Sie bleibt im Bett liegen und spielt im Pyjama Gitarre. Sie liebt alles an diesem Instrument. Das Gewicht auf ihrem Körper, das Klingen des Holzes, wenn sie mit ihren Fingerspitzen dagegenklopft, und den festen Druck der Saiten auf ihrer Haut, noch bevor sie richtig wach ist. Für sie klingen die schlichten Töne und die sanften Riffs wie ein himmlisches Spiel. Sie ist fünfzehn und hat in ihrem Leben schon viele Leidenschaften entwickelt, doch die Gitarre wird immer ihre erste Liebe bleiben. Das Instrument hat ihr das Dasein in dieser Stadt erträglicher gemacht und geholfen, es als Tochter des Sportdirektors eines Eishockeyklubs mitten im Wald auszuhalten.

Sie hasst Eishockey, kann aber die Leidenschaft ihres Vaters nachvollziehen, denn der Sport ist nur ein anderes Instrument als ihres. Ihre Mutter flüstert ihr immer ins Ohr: »Trau keinem, der nichts im Leben uneingeschränkt liebt.« Ihre Mutter liebt einen Mann, der einen sportbegeisterten Ort liebt. Björnstadt ist eine Eishockeystadt, deren Einwohnern man vieles nachsagen kann, aber nicht, dass sie unzuverlässig wären. Wenn man hier wohnt, weiß man, was einen erwartet. Tagein, tagaus.

Klack.

Björnstadt, die Stadt der Bären, liegt völlig abseits im Nirgendwo, und selbst auf der Landkarte hat der Ort eine ziemlich unnatürliche Form. Er sieht aus »wie ein besoffener Riese, der versucht hat, seinen Namen in den Schnee zu pissen«, würden manche sagen. »Als hätten Mensch und Natur ein Tauziehen um den Lebensraum gegeneinander veranstaltet«, würden möglicherweise die etwas Gemäßigteren einwenden. Die Stadt verliert sukzessive in allem, jedenfalls ist es schon lange her, dass sie einmal irgendetwas gewonnen hat. Die Arbeitsplätze werden immer weniger, so dass die Einwohnerzahl jedes Jahr sinkt, und der Wald verleibt sich in jeder Saison ein oder zwei leerstehende Häuser ein. In ihrer Blütezeit hat die Gemeinde am Ortseingang ein Schild mit einem Slogan aufgestellt, wie es damals modern war: »Willkommen in Björnstadt – Wir wollen ein wenig mehr!« Doch die Worte »ein« und »mehr« sind innerhalb weniger Jahre dem Wind und Schnee zum Opfer gefallen und ausradiert worden. Manchmal hat man den Eindruck, der ganze Ort wäre ein philosophisches Experiment: Wenn eine Stadt dem Wald anheimfällt, aber niemand davon erfährt, spielt es dann noch irgendeine Rolle?

Um darauf antworten zu können, muss man ein paar hundert Meter bis zum See hinuntergehen. An seinem Ufer steht eine Eishalle, die nicht besonders viel hermacht. Sie wurde vor vier Generationen von Fabrikarbeitern errichtet, Männern, die sechs Tage in der Woche arbeiteten und am siebten etwas brauchten, worauf sie sich freuen konnten. All die Liebe, die diese Stadt aufzubringen vermag, scheint sie noch immer diesem Spiel zu widmen: dem Eis und der Bande, den roten und blauen Linien, den jungen Körpern mit den Schlägern in der Hand, die auf der Jagd nach dem Puck in voller Fahrt auf die Bande zustürmen, kraftstrotzend und entschlossen. Diese Liebe scheint erblich zu sein, denn die Tribüne ist jahrein, jahraus an jedem Wochenende bis auf den letzten Platz gefüllt, obwohl sich die Leistungen des Klubs im selben Takt verschlechtert haben wie die wirtschaftliche Lage der Stadt. Vielleicht auch gerade deswegen, weil alle hoffen, dass sich alles andere schon von allein erholen wird, wenn es mit dem Klub nur wieder bergauf geht.

Das ist der Grund dafür, dass Orte wie dieser ihre Hoffnungen auf die Jugend setzen müssen, denn die Jugendlichen sind die Einzigen, die keine Erinnerung daran haben, dass es früher einmal besser war. Manchmal kann das ein Segen sein. Und so haben sie ihre Juniorenmannschaft genauso aufgebaut wie die älteren Generationen ihre Gemeinschaft: hart arbeiten, Rückschläge einstecken, nicht beschweren, nicht aufbegehren – und den verdammten Großstädtern zeigen, woher wir kommen.

In der Gegend gibt es nicht viel Bemerkenswertes. Aber alle, die schon einmal hier waren, wissen, dass es sich um eine Eishockeystadt handelt.

Klack.

Amat wird bald sechzehn. Sein Zimmer ist so klein, dass es in einer größeren Wohnung in einem teuren Wohnviertel einer Großstadt noch nicht einmal als begehbarer Kleiderschrank durchgehen würde. Die Tapeten sind bis auf zwei Ausnahmen vollständig mit Postern von Spielern der National Hockey League zugepflastert. Das eine ist ein Foto von ihm selbst als Siebenjährigem mit zu großen Handschuhen und einem in die Stirn gerutschten Helm. Er ist der Kleinste von allen Jungs auf dem Eis. Das andere ist ein weißes Blatt Papier, auf das seine Mutter Teile eines Gebets geschrieben hat. Als Amat geboren wurde, lag sie mit ihm in einem engen Bett in einem kleinen Krankenhaus auf der anderen Seite der Erdhalbkugel, sie beide ganz allein auf der Welt. Eine Krankenschwester flüsterte ihr damals das Gebet ins Ohr, von dem es heißt, Mutter Teresa hätte es an die Wand über ihrer Schlafstätte geschrieben, und die Schwester hoffte, dass es der einsamen Frau Kraft und Hoffnung verleihen würde. Seit fast sechzehn Jahren hängt es nun an der Wand im Zimmer ihres Jungen. Die Worte sind zwar etwas durcheinandergeraten, aber sie hat alles so niedergeschrieben, wie sie es aus der Erinnerung wusste:

»Wenn du ehrlich und offen bist, kann es sein, dass andere dich übers Ohr hauen – sei dennoch ehrlich und offen.

Wenn du freundlich bist, kann es sein, dass andere dir eigennützige Motive und Hintergedanken vorwerfen – sei dennoch freundlich.

Das Gute, das du heute tust, werden die Menschen morgen oft schon wieder vergessen haben. Tu dennoch weiterhin Gutes.«

Amats Schlittschuhe stehen jede Nacht an seine Bettkante gelehnt. »Muss ja für deine Mutter ’ne schreckliche Geburt gewesen sein, wenn du schon mit den Dingern an den Füßen rausgekommen bist«, sagt der alte Hausmeister immer mit einem Grinsen im Gesicht. Er hat dem Jungen angeboten, sie in einem Schrank im Keller des Klubs zu verwahren, doch Amat trägt sie lieber bei sich, denn er möchte in ihrer Nähe sein.

Er ist schon immer in allen Mannschaften der Kleinste gewesen, hat nie so ausgeprägte Muskeln wie die anderen Spieler besessen und nie so hart geschlagen wie sie. Aber niemand in dieser Stadt holt ihn auf dem Eis ein. Keiner aus einer anderen Mannschaft, gegen die er gespielt hat, war je so schnell wie er. Er kann es sich nicht erklären, aber er vermutet, dass es ähnlich funktioniert wie beim Betrachten einer Geige. Manche sehen nur einen Haufen Holz und Schrauben, während andere Musik sehen. Die Schlittschuhe waren seinem Körper nie fremd, im Gegenteil, wenn er seine Füße in normale Schuhe steckt, kommt er sich vor wie ein Seemann an Land.

Die letzten Zeilen, die seine Mutter auf den Zettel an seiner Wand geschrieben hat, lauten:

»Was du jahrelang aufgebaut hast, kann ein anderer über Nacht zerstören – baue es dennoch wieder auf. Letztendlich ist alles eine Sache zwischen dir und Gott; es war ohnehin nie eine Sache zwischen dir und den anderen.«

Unmittelbar darunter steht mit rotem Wachsmalstift und mit der entschlossenen Handschrift eines Grundschulkindes geschrieben:

»SIE SAGEN, DAS ICH ZU KLEIN ZUM EISHOKYSPIELEN BIN. WERDE DENNOCH 1 GROSSER SPIELER!«

Klack.

Früher war die erste Mannschaft von Björnstadt Eishockey einmal die zweitbeste in der Schwedischen Eishockeyliga, doch das ist mehr als zwei Jahrzehnte und drei Divisionen her, aber morgen darf sich Björnstadt wieder mit den Besten messen. Wie wichtig kann also ein Spiel der Juniorenmannschaft sein? Wie sehr mag einer Stadt das Halbfinale seiner Jugendmannschaft mit ein paar Teenagern am...

Erscheint lt. Verlag 18.1.2023
Reihe/Serie Ein Björnstadt-Roman
Ein Björnstadt-Roman
Übersetzer Antje Rieck-Blankenburg
Sprache deutsch
Original-Titel Björnstad
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2023 • Anspruch und Humor • Bestseller aus Schweden • Bücher • eBooks • Ein Mann namens Otto • Jonas Jonasson • Neuerscheinung • Roman • Romane • Schweden • Tom Hanks
ISBN-10 3-641-29944-6 / 3641299446
ISBN-13 978-3-641-29944-6 / 9783641299446
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 8,3 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Roman

von T.C. Boyle

eBook Download (2023)
Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
CHF 20,50