Nicht aus der Schweiz? Besuchen Sie lehmanns.de
Rules of Vicinity - Neun Seelen -  Kerstin Ruhkieck

Rules of Vicinity - Neun Seelen (eBook)

eBook Download: EPUB
2022 | 2. Auflage
452 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7562-7098-9 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
9,99 inkl. MwSt
(CHF 9,75)
Der eBook-Verkauf erfolgt durch die Lehmanns Media GmbH (Berlin) zum Preis in Euro inkl. MwSt.
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Das schockierende Finale einer außergewöhnlichen Trilogie. Nach dem verheerenden Zwischenfall am Tunnel trennen sich die Wege der Verbündeten, die in persönlichen Missionen den grausamen Machenschaften der Obrigkeiten AurA Eupas ein Ende setzen wollen. Leilani ist eine von ihnen, denn trotz der Ereignisse glaubt sie noch immer fest an die Gleichheit aller Menschen. Auch deshalb schließt sie sich Camp van Pinz an, der es sich, getrieben von Rache und Zorn, zur Aufgabe gemacht hat, Bradian Muerfie und sein Regiment ein für alle Mal zu zerstören. Doch der finale Widerstand bringt für alle Beteiligten Wahrheiten ans Licht, auf die keiner von ihnen vorbereitet ist, und für einen Sieg der Menschlichkeit müssen unmenschliche Entscheidungen getroffen werden, die nicht alle der neun Seelen überleben werden... Inklusive der Bonus-Geschichte »Sechs Minuten«, einem Prequel aus dem Rules of Vicinity Universum.

Kerstin Ruhkieck schreibt Geschichten, seit sie einen Stift halten kann. Sie machte ihr Abitur auf dem zweiten Bildungsweg und studierte Deutsche Sprache und Literatur in Hamburg. Kerstin Ruhkieck hat zwei Söhne.

03


NOVALEE LEVI

Ihre Rückkehr entwickelte sich immer mehr zum reinsten Chaos. Schutt und Staub von der Explosion hing an ihren Kleidern, in ihrem Haar, und noch immer konnte sie den Anblick des toten Körpers neben Crish nicht vergessen. Das viele Blut, die starren Augen. Ihr Cousin tat ihr leid, doch sie beneidete ihn auch um seine Ohnmacht.

Als der abgedunkelte Transporter kam, um sie zu holen, ein Bus, in dem sonst Waehrners befördert wurden, hatten sie keine andere Wahl gehabt, als Crish zu packen und die Leiche liegen zu lassen. Alles war so schnell gegangen, sie hatten nicht gewusst, ob noch weitere Bomben am Ausgang positioniert worden oder Exekutive auf dem Weg zu ihnen waren.

Der Bus kurvte eine Weile durch Liga 2, bis er irgendwann die Grenze zu Liga 1 überquerte. Novalee tauschte einen nervösen Blick mit Derron, der gerade zufällig neben ihr an einem der hohen Fensterschlitze stand und die vorbeiziehende Umgebung betrachtete. Stacheldraht war an den Grenzen zwischen den Ligen gezogen worden. An gesonderten Übergängen standen Hummels und überprüften die ID-Chips. Noch nie hatte es in AurA Eupa Grenzkontrollen gegeben! Ihr Herz raste, als sie der Grenzkontrolle näher kamen, doch sie wurden sofort durchgewunken. Wie es aussah, galten die neuen Regeln nicht für Fahrzeuge der Regierung.

»Hier hat sich einiges geändert, seit ihr weg seid«, sagte Camp, der plötzlich neben Novalee auftauchte.

»Du wusstest davon?«, fragte sie und kam sich in seiner Gegenwart schrecklich naiv vor.

»Natürlich! Das ist schließlich mein verdammter Job!«

Novalee wandte sich von Camp ab und setzte sich auf die Bank unter dem Fenster. Der Wagen schaukelte unaufhörlich, und ihr Magen zog sich zusammen. Angespannt sah sie sich im Bus um. Einige hatten sich auf dem Boden oder den Sitzgelegenheiten ausgestreckt und versuchten, nach der Explosion und dem Schock etwas Ruhe zu finden. Ein gespenstisches Schweigen hüllte sie ein und niemand wagte es, diese andächtige Stille zu durchbrechen. Die Luft war abgestanden und schwer, sie selbst hatten den Gestank nach Qualm und Zerstörung in das Fahrzeug getragen.

Plötzlich traf ihr Blick den von Graey. Bei dem Gedanken an die letzten Stunden vor ihrem Aufbruch spürte sie die Verzweiflung in ihrem Bauch rumoren. Sie waren verliebt, das stand außer Frage und erfüllte Novalee mit Dankbarkeit. Doch in der letzten Nacht waren so viele verwirrende Dinge geschehen, die ihr das Herz schwer machten. Was gäbe sie darum, einfach aufstehen, den Bus durchqueren und Graey in ihre Arme nehmen zu können. Doch die verstörende Spannung zwischen ihnen lähmte sie, raubte ihren gerade erst so hart erkämpften Mut. Graeys Blick heftete sich auf sie, und doch wirkte er abwesend, als würde er noch einmal die gemeinsamen Momente der vergangenen Nacht durchleben, und er lächelte nicht. Natürlich nicht. Es brach Novalee beinahe das Herz.

Sie war es schließlich, die als Erstes wegsah, und zufällig bemerkte sie, dass Leilani sie beobachtete. Als fühle sie sich ertappt, grinste Leilani aufgesetzt. Doch der bekümmerte Ausdruck in ihrem Blick blieb.

Als Leilani die Augen schloss, um ein wenig zu schlafen, tat Novalee es ihr gleich.

***

Jemand rüttelte sanft an ihrer Schulter. Verwirrt schlug sie die Augen auf.

»Wir sind da«, flüsterte Leilani gehetzt und hielt ihr eine Hand entgegen. Novalee fiel es schwer, ihre Schläfrigkeit abzuschütteln. Niemand war im Transporter, selbst Crish mussten sie bereits rausgetragen haben. Sie ließ sich von Leilani auf die Füße helfen.

»Los jetzt, komm mit.« Sie zog Novalee am Arm durch den Bus, hin zum Ausgang neben dem Fahrersitz, wo Camp sich angespannt mit dem Fahrer unterhielt.

Die offene Tür stand direkt vor einem Eingang, von dem eine Treppe nach unten führte. Kühle Feuchtigkeit und der Geruch nach Keller stiegen zu Novalee empor, und etwas in ihr sträubte sich dagegen, hinabzusteigen. Der Transportbus parkte zu dicht an der Hauswand, um zu erkennen, um was für ein Gebäude es sich handelte. Immerhin blieben sie so ungesehen. Mit unruhigem Magen gab sie schließlich ihren Widerstand auf und stieg die spärlich beleuchtete Treppe hinunter, spürte Leilani in ihrem Rücken und zwang sich zu etwas mehr Vertrauen.

Unten angekommen erwartete sie eine fensterlose Wohnung. Mehrere kleine möblierte Zimmer, wie Relikte aus der Zeit lange vor den Bomben. Der Geruch nach Feuchtigkeit kroch ihr auch hier in die Nase. Neugierig blickte Novalee sich um. Sie hatten Crish auf ein dunkelbraunes Sofa gelegt und ein großer Mann mit breiten Schultern und seitengescheitelten blonden Haaren beugte sich über ihn.

»Wer ist das?«, wisperte sie Leilani zu.

Leilani schmunzelte kurz und deutete dann ernst mit dem Kinn auf den Mann, der sich in diesem Moment aufrichtete und sich ihnen zuwandte. »Keine Panik, Novalee, er gehört zu uns. Ein Verbündeter – und Arzt.«

Der Anblick des jungen Mannes erinnerte sie in aller Deutlichkeit daran, dass sie sich in Liga 1 befanden. Er kam auf sie zu und streckte wie selbstverständlich die Hand aus. »Dr. Angus van der Meide«, stellte er sich vor.

Unschlüssig betrachtete sie seine Hand. Offenbar wusste er, dass ihre Chips nicht mehr aktiv waren. Novalee verwarf ihre letzten Zweifel und nahm seine Geste an. Obwohl sie seine ebenmäßigen Gesichtszüge ausgesprochen attraktiv fand, senkte sie nicht verlegen den Blick und selbst das Zählen in ihrem Hinterkopf war nur ganz leise. Als sich ihre Hände wieder lösten, fühlte sie sich seltsam befreit. Weil sie noch ein Stück mehr der alten Novalee, die ihr immer mehr zuwider geworden war, abgelegt hatte. Unwillkürlich suchten ihre Augen den nur spärlich beleuchteten Raum ab. Sie hatte das Bedürfnis, Graey davon zu erzählen. Ihm zu zeigen, dass sie kämpfte. Doch er war nicht zu sehen.

Als sie sich wieder dem Arzt zuwandte, schüttelte er gerade Leilani die Hand und sie lächelte ihn unverbindlich an.

Camp tauchte hinter ihnen auf und auf seinem von Narben verzogenen Gesicht meinte Novalee einen missbilligenden Ausdruck zu erkennen.

»Ihr habt euch schon bekannt gemacht, wie ich sehe?« Mit seiner kratzigen Stimme klang selbst diese einfache Feststellung bedrohlich.

»Komm runter, Camp«, maulte Leilani.

Er schnaubte verächtlich und ballte seine Hand zu einer Faust. Angus lachte und tat es ihm gleich, dann schlugen sie mit den Fäusten aneinander. Diese Form der Begrüßung hatte Novalee noch nie gesehen. Musste wohl so ein Liga-1-Ding sein.

»Ihr kennt euch gut?«, fragte Leilani ein wenig schnippisch.

»Wir sind damals im InsE in einem Zimmer gewesen. Seitdem haben wir einander irgendwie ständig an der Backe«, erklärte Angus.

»Ihm habe ich mein Gesicht zu verdanken«, meinte Camp griesgrämig und zog eine Grimasse.

Gespielt empört griente Angus. »Es sah vorher deutlich schlimmer aus.«

»Nicht vor dem Feuer, versteht sich«, ergänzte Camp an Leilani gerichtet.

Angus nickte fachmännisch. »Ich habe einfach etwas Haut von seinem Hintern …«

»Hey!«, unterbrach Camp ihn. »Zu viel Information, Angus.«

Verstört wechselte Novalee einen Blick mit Leilani.

Ein Stöhnen drang von der Couch zu ihnen, auf der Crish lag.

»Was ist mit ihm?«

Angus sah Novalee ernst an, der alberne Kumpel von Camp schien verschwunden. »Schwer zu sagen. Solange er nicht bei Bewusstsein ist, kann ich ihn nicht ausreichend untersuchen.« Er sah zu Crish hinüber. »Ich gehe davon aus, dass ein paar Rippen angeknackst sind, vielleicht sogar gebrochen. Hat er sich übergeben?«

Novalee nickte.

»Dann hat er vermutlich auch eine Gehirnerschütterung. Aber wie gesagt …« Er zuckte entschuldigend mit den Achseln. »Sicher kann ich das ohne Untersuchung nicht sagen.«

Es tat ihr leid, was Crish durchgemacht hatte und sie bezweifelte, dass er nun noch in der Lage war, irgendwelche Nachforschungen über seinen Vater anzustellen.

»Wie lange wollt ihr hierbleiben?«, fragte Angus an Camp gewandt.

»In zwei Stunden kommt der Bus, um uns abzuholen.«

Novalee wurde mulmig zu Mute. Wie es aussah, hatten sich Camps eigene Pläne aufgrund von Crishs Gesundheitszustand nicht geändert.

Ohne ein weiteres Wort eilte sie davon. Das Nebenzimmer war leer, auch hier sahen die Möbel aus wie aus einer anderen Zeit. Ein muffiger Geruch ging von den Sitzmöbeln aus, also zog sie es vor, sich auf den Boden an eine Wand gelehnt zu setzen, anstatt womöglich in einer Staubwolke zu verschwinden.

Völlig erschöpft legte sie ihren Kopf auf die Knie und schloss die Augen. Im Nebenzimmer führten Leilani, Camp und der hübsche Dr. Angus ihr Gespräch fort, doch sie hörte ihnen nicht zu. Sie wusste auch so, dass Angus nicht zaubern konnte. Dass er Crish nicht schnell heil machen konnte, als wäre er ein zerrissenes Kleidungsstück.

Eine bleierne Schwere legte sich auf...

Erscheint lt. Verlag 28.7.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
ISBN-10 3-7562-7098-X / 375627098X
ISBN-13 978-3-7562-7098-9 / 9783756270989
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 2,5 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich

von Jo Koren

eBook Download (2024)
Lehmanns Media (Verlag)
CHF 9,75

von Jo Koren

eBook Download (2024)
Lehmanns Media (Verlag)
CHF 9,75