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all to no avail -  Ira Janssen

all to no avail (eBook)

torn

(Autor)

eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
304 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7562-2298-8 (ISBN)
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Schneller als erwartet erhielt Theia eine Antwort auf die Frage, ob zuerst ihre Fassade oder sie bricht. Sie überlebt Vestos Angriff, doch der Kampf ist nicht vorbei. Nur durch die Offenbarung ihres bestgehüteten Geheimnisses kann sie die Folgen ihrer eigenen Fehler abwenden. Allerdings hat diese Enthüllung weitreichende Konsequenzen, denen sie auch durch einen Umzug auf das Bruchstück Apaiha nicht entkommen kann. Denn ein kleiner Gefallen reicht aus, um ihre und Antares' Vergangenheit zu vermischen. Ohne es zu wollen, wird Theia dadurch eine Spielfigur im herannahenden 6. Mittal-Konflikt. All to no avail - torn ist der zweite Teil der Social-Fantasy-Reihe und führt die Lesenden tiefer in die Welt der Geeinten Bruchstücke mit ihren Problemen und Möglichkeiten.

Mit Power Metal im Ohr und starken Frauen aus Serien und Filmen im Kopf hat Ira Janssen die "Bruchstückreihe" erdacht. Inspiriert wird sie dabei von der Astronomie und dem Universum mit seinen unendlichen Möglichkeiten. Zusammen mit ihren drei Katzen, die sie beim Schreiben regelmäßig in den Wahnsinn treiben, hat sie sich neben ihrem Beruf Nacht für Nacht auf ein Bruchstück begeben. Diese Welten begleiten sie seit ihrer Jugend und sie wachsen nun mit jedem Buch weiter.

»Das wird nicht ausreichen.«


- unbekannt

 


 »Ist die ganze Welt dunkel und menschenleer?«, fragte das kleine Mädchen mit riesigen Augen.

Riesig war noch untertrieben. Die perfekten Kreise nahmen das halbe Gesicht ein. Nichts an ihnen war normal. Weder die Form noch die Farbe. Ein beißendes Gelb, strahlender als die Sonne. In ihrer Mitte eine winzige, schwarze Pupille. Die Augen glänzten, das Mädchen war den Tränen nahe. Hilfesuchend sah es zu mir hoch. Die hellbraunen Haare klebten strähnig an ihrem Schädel. Lumpige Kleidung, Dreck auf der Haut.

Nichts davon erweckte mein Mitleid. Ganz im Gegenteil, es schreckte mich ab. Alles an diesem Mädchen erregte meine Abneigung. Ihre heruntergekommene Erscheinung war darauf ausgelegt, mich zu täuschen. Ich spürte, wie falsch ihre Angst war. Die Welt war ihr egal. Sie wollte nur meine Aufmerksamkeit. Ihr diese zu geben, kam nicht in Frage.

Ohne eine Antwort drehte ich mich von ihr weg, ging in die Dunkelheit hinein. Alles war schwarz. Die strahlenden Augen des Mädchens hatten mich an diesen Punkt geführt, sie waren das einzige Licht in der endlosen Düsternis. Noch einmal fiel ich nicht darauf hinein.

Ich wechselte die Richtung, als vor mir erneut zwei helle Punkte erschienen. Mit meiner peripheren Sicht nahm ich sie weiterhin wahr. Sie blieben nicht regungslos stehen wie die Augen der lumpigen Göre. Die Bewegungen machten mich neugierig. Ich gab meinen Widerstand auf und drehte mich wieder zum Licht.

Zwei leuchtende Kugeln spielten miteinander. In atemberaubender Geschwindigkeit kreisten sie umeinander, dann jagte eine die andere, kurz darauf wechselten sie. Sie erinnerten mich an tollende Katzen. Ihr Licht zeichnete Streifen in die Dunkelheit, sie brannten sich in meine Netzhaut. Hypnotisierten mich.

Ganze Zeitalter verharrte ich beim Beobachten der Lichterscheinungen. Meine Iriden folgten jeder Bewegung, suchten ein Muster in der Abfolge. Ich hatte keinen Erfolg; jedenfalls nicht, solange ich hier verweilte.

Kaum war mein Entschluss, sich ihnen anzuschließen, gefasst, erhob sich mein Körper in die Luft. Schwebte zu den Leuchtpunkten hinüber. Ich wurde einer von ihnen. Befreit vom Leib war es ein Leichtes, sie zu verstehen. Zusammen führten wir das Spiel fort, flogen schwerelos durch die Finsternis, jagten einander.

Plötzlich nahmen meine neuen Freunde an Geschwindigkeit auf, sie entfernten sich von mir. Egal, wie sehr ich mich anstrengte, es war unmöglich, sie einzuholen.

Als sie kaum mehr zu sehen waren, fiel ich. Mit dem Gesicht landete ich direkt auf etwas Hartem. Ein Knacken durchbrach die Stille. Mühselig stützte ich mich mit den Armen vom Boden ab. Er war nicht mehr pechschwarz. Deutlich sah ich das Rot meines Blutes auf dem grauen Untergrund. Die Dunkelheit war verschwunden. Dafür war alles grau. Gut, abgesehen vom Blut, was dadurch nur noch mehr auffiel.

Ich setzte mich im Schneidersitz vor den Blutfleck, fuhr mit einer Hand darüber, verwischte das Rot. Skeptisch betrachtete ich die Flüssigkeit auf den Fingerkuppen. Meine Nase sollte schmerzen, immerhin fiel ich direkt auf sie. Mittlerweile war mir bekannt, wie es sich anfühlte, wenn das passierte. Trotzdem wunderte ich mich nicht allzu sehr über den fehlenden Schmerz.

Bevor das Blut trocknete, tupfte ich meine Finger zweimal über den verwischten Fleck. Jetzt war es ein Gesicht. Es schaute mich traurig an. Das musste ich korrigieren.

»Ihr seid alle gleich, wenn die Auslöschung droht«, sprach das gezeichnete Antlitz aus Blut überraschend. Ich hielt abrupt inne.

Die roten Tupfer wurden zu großen Augen wie die vom Mädchen. Der Strich öffnete und schloss sich passend zur Intonation.

»Wir sind diejenigen, die die Welt verändern werden«, antwortete ich ruhig, legte den Kopf schief, um meinen neuen Freund genauer zu betrachten.

Ein Blutstropfen rann an einer Seite seines Mundes herunter. Das war merkwürdig, immerhin gab es kein Gefälle auf der horizontalen Fläche, auf der das Gesicht gemalt wurde. Es war also nur künstlerische Freiheit. Ein Ausdruck der Persönlichkeit. Was auch immer eine Fratze, gezeichnet aus meinem Blut, für eine Persönlichkeit besaß. Offensichtlich eine ziemlich Negative, so viel stand fest.

Ein spöttisches Grinsen bildete sich auf dem Blutmund. Seine Augen fixierten mich. Ohne Gegenwehr drang er tief in mein Innerstes ein. Was er auch immer zu finden gedachte, mir war es egal.

»Ihr habt die Lügen geschluckt und nun wird jeder sterben«, frohlockte Herr Blutgesicht.

»Du wirst mich vermissen, wenn ich gegangen bin.«

Um meine Worte zu untermauern, erhob ich mich. Kaum stand ich aufrecht, blendete mich ein grelles Licht. Hastig hielt ich den Arm vor die Augen, doch es war zu spät. Ein dunkler Fleck prangte nun in der Mitte meines Sichtfeldes. Ich blinzelte einige Male, bis ich mich an die Helligkeit gewöhnt hatte. Tränen liefen meine Wangen herunter. Nach der langen Dunkelheit war das Licht eine Qual.

Ich dachte, wieder ordentlich sehen zu können, als ich losging. Dem war scheinbar nicht so, denn ich stieß gegen einen Körper. Verwundert blickte ich nach oben in das Gesicht einer Frau. Sie war gigantisch. Ich reichte ihr bis zu den Knien.

Auch sie war überrascht. Mit leicht nach vorn gebeugtem Oberkörper sah sie auf mich herab; der Schatten, den sie erzeugte, kam mir gelegen. Ihre raspelkurzen Haare waren pechschwarz, ihre Haut fahl. Noch immer war alles bis auf das Blut in Grau gehalten.

»Pass auf! Seine Fliege ist eine Kamera«, riet die Riesin, ihre Stimme tönte laut durch die Ewigkeit.

Sie wirkte verängstigt. Im Gegensatz zum Mädchen nahm ich ihr diesen Gemütszustand ab. Nur wer war die Person mit der Fliege? Und warum versteckte er eine Kamera?

»Welchen Weg soll ich nehmen? Links oder rechts?«, fragte ich sie.

Wenn sie wusste, wo der Mann war, half mir vielleicht eine Wegbeschreibung, ihm aus dem Weg zu gehen. Dass sich eine so gewaltige Frau vor ihm fürchtete, machte auch mir Angst.

»Geweitete Augen, trotzdem zu blind zum Sehen.«

Sie schüttelte den Kopf, richtete sich auf und ging, ohne weiter auf mich zu achten. Wieder war ich alleine im grauen Nichts. Keine der Begegnungen hatte mir geholfen, hier herauszukommen. Ich war nach wie vor eine Gefangene in dieser Einöde.

»Willkommen in meiner Hölle ...«, murmelte ich.

»Das ist nicht die Hölle. Das ist die Stille des Nichts.« Kein Mädchen, kein Blutgesicht und keine Riesin. Die Stimme kam von keiner Personifikation. Sie war einfach da. »Die ewige Stille verlangt nach Gerechtigkeit.«

Gerechtigkeit ...

War es gerecht, dass ich hier war? Ich bezweifelte es, wusste aber nicht warum. Den Grund für meine Anwesenheit in dieser sogenannten ewigen Stille kannte ich nicht. Womöglich war es ja gerecht und dies meine Strafe.

Darüber nachzudenken, brachte nichts, also ging ich weiter. Setzte einen Fuß vor den anderen, ohne Ziel vor Augen. Es gab nur grau und noch mehr grau. Trostlosigkeit ohne Ende. Ob ich wanderte oder stehen blieb, es machte keinen Unterschied. Dennoch hatte ich dieses Verlangen, weiterzugehen. Irgendwann musste ich doch ankommen.

Vielleicht war es schon so weit, als ein Rauschen erklang. Es war links von mir. Eigentlich sollte dort das gleiche Grau wie überall vorherrschen, allerdings war dem nicht so. Ein wunderschöner Wasserfall durchbrach die Ödnis. Seine Farben stachen mir ins Auge. Ein kräftiges Blau, weiße Gischt. Grünes Moos auf den steinernen Abhängen. Das Wasser kam aus dem Nichts und endete im Nichts. Keine Pfütze bildete sich. Als ob der Wasserfall ein ewiger Kreislauf war.

Fasziniert von diesem Anblick hastete ich darauf zu. Ich wollte das Wasser spüren, das Moos berühren. Wollte endlich etwas fühlen. Schneller als gedacht stand ich vor dem Gebilde. Vom Nahen sah es surreal aus. Dies war kein natürlicher Wasserfall. Er sah gezeichnet aus, ich erkannte die Pinselstriche. Hielt mich nicht davon ab, meine Hand auszustrecken, direkt in das herabfallende Nass.

Kein Tropfen berührte meine Haut. Ich erkannte, wie sich das Wasser spaltete, sobald es den Arm traf. Trotzdem fühlte ich nichts. Um sicherzugehen, dass es nicht an meinem Arm lag, machte ich einen Schritt nach vorn. Trat in die herabstürzenden Kaskaden. Ich schloss die Augen. Noch immer traf mich das kühle Nass nicht. Verwundert öffnete ich die Lider.

Ich war nicht mehr in der grauen Wüste. Der Wasserfall führte mich in einen weitläufigen Saal. Hunderte Menschen wandelten aufgescheucht herum. Sobald sie eine Wand erreichten, drehten sie sich um und gingen weiter. Ihre Stimmen verschmolzen zu einem Chor.

Ohne zu überlegen, mischte ich mich unter die Leute, wurde Teil dieses Chaos. Keiner beachtete mich, sie wichen mir aus, sobald ich ihren Weg kreuzte. Ich verstand nun besser, was sie sagten.

»Nimm mich!« »Heile mich!« »Töte mich!«

Monoton rasselten sie ihr Repertoire herunter, ignorierten weiterhin alles um sie herum. Keiner kam auf die Idee, durch die Flügeltüren zu gehen, die man an jeder Wand fand. Stattdessen kehrten sie immer wieder um, sobald sie ein Hindernis trafen.

Es gab sechs Türen, doch nur eine davon erregte meine Aufmerksamkeit. Sie sah aus wie alle anderen, trotzdem zog es mich zu dieser. Im Slalom bahnte ich mir den Weg durch die aufgescheuchte Menschenmasse, bis ich vor dem weißen Portal stand.

Zaghaft ergriff ich die Klinke. Eine Hand legte sich sofort danach auf meine. Überrascht sah ich zur Seite. Ein Mann mit Fliege starrte mich unerbittlich an. Ich musterte das orange Kleidungsstück intensiv, doch nichts daran erinnerte an eine Kamera. Die große Frau...

Erscheint lt. Verlag 21.7.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
ISBN-10 3-7562-2298-5 / 3756222985
ISBN-13 978-3-7562-2298-8 / 9783756222988
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