Der Tote in der Seemannskiste. Ostfrieslandkrimi (eBook)
200 Seiten
Klarant (Verlag)
978-3-96586-612-6 (ISBN)
Zwei Fälle für die Emder Kripo am selben Morgen! Kommissar Steen genießt gerade sein Frühstück in einem ostfriesischen Café, als plötzlich ein Mann um sich schießt. Im letzten Moment versucht der Kommissar, Schlimmeres zu verhindern. Fast zeitgleich wird Undine Kilians in ihrer Villa am Stadtgraben in Emden ermordet aufgefunden. Die ältere Dame war in ihrer Nachbarschaft als Hokuspokus-Tante verschrien. Als angebliches spirituelles Medium versprach sie ihren zahlungskräftigen Kunden, mit verstorbenen Angehörigen zu kommunizieren. Vermittelt wurde der Kontakt zu den Toten durch eine Mumie in einer alten Seemannskiste … Aber hängen die beiden Fälle in Wirklichkeit sogar zusammen? Bei dem schießwütigen Mann im Café handelt es sich nämlich ausgerechnet um den Stiefsohn des Mordopfers! Ist an seinem wirr erscheinenden Gerede von der „Mumien-Mafia“ womöglich etwas dran? Und wer oder was befindet sich tatsächlich in der alten Seemannskiste? Diese und weitere Fragen müssen die Emder Ermittler beantworten, um dem Mörder von Undine Kilians auf die Spur zu kommen …
Alfred Bekker ist ein bekannter Autor von Krimis, Fantasy-Romanen und Jugendbüchern. Seine Romane erreichten eine Gesamtauflage von über 3 Millionen Exemplaren und wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt. Väterlicherseits stammt seine Familie aus Ostfriesland. Sein Großvater war jahrzehntelang Bürgermeister von Twixlum, die dortige Thedastraße ist nach seiner Großmutter benannt. Er selbst lernte als Zehnjähriger auf dem Großen Meer das Segeln und kehrte auch später mit der eigenen Familie immer wieder im Urlaub dorthin zurück. So lag es für ihn nahe, diese Gegend wie auch die Insel Norderney zum Schauplatz seiner Ostfrieslandkrimis zu machen.
Kapitel 2
Kriminalhauptkommissar Ebbo Steen genoss sein Frühstück im Café am Stadtgarten. Steen saß an einem der vorderen Plätze, nahe der Fensterfront. Von dort aus hatte man einen freien Blick auf den Ratsdelft, jenen bis ins Stadtzentrum von Emden reichenden Wasserarm, der um das Jahr 1600 mal der größte Hafen Europas gewesen war. Während des achtzigjährigen Krieges um die Unabhängigkeit der Niederlande von Spanien hatten reiche holländische Handelsherren ihre Handelshäuser nach Emden verlegt und der Stadt zu ihrer größten Blüte verholfen. Über 400 Schiffe hatten damals im Emder Hafen gelegen und selbst Shakespeare hatte Emden als Sinnbild für Pracht und Reichtum in seinem Werk verewigt.
Von dieser Pracht war nicht sehr viel geblieben.
Zwar gab es immer noch einen bedeutenden Seehafen, aber am Ratsdelft lagen jetzt nur noch einige Museums- und Restaurantschiffe, die zum Teil gar nicht mehr wirklich seetüchtig waren. Pittoreske Attraktionen für Touristen, die sie als beliebte Fotomotive nutzen konnten.
Steen hatte gerade zu Ende gegessen und trank nun die letzte Tasse Tee, bevor er sich zu seiner Dienststelle begeben würde.
Und dabei ließ er sich Zeit.
Der Klang der knisternden Kluntjes mischte sich mit dem Stimmengewirr im Café.
Dann drang urplötzlich das Geräusch eines Schusses in diese friedliche Geräuschkulisse. Etwas splitterte.
Steen drehte sich um.
»Gehen Sie weg!«, rief ein Mann, der einen kurzläufigen Revolver mit beiden Händen hielt. Offenbar hatte er eine von der Decke hängende Lampe zerschossen, die jetzt heftig hin und her schwang.
Eine ziemlich erschrockene Kellnerin stand da und schien nicht so recht zu wissen, was sie in dieser Situation tun sollte.
»Ich wollte doch nur kassieren«, meinte sie.
»Kommen Sie nicht näher!«
»Aber …«
»Nicht näher!«
Die Kellnerin war keineswegs nähergekommen. Genau genommen war sie nahezu starr vor Schreck gewesen und hatte sich überhaupt nicht bewegt.
Steen griff nach seinem Handy.
Seine Finger glitten über das Display.
Der Mann mit dem Revolver drehte sich ruckartig herum.
Die Waffe zielte auf Steen. Er schoss. Das original ostfriesische Teeservice ging entzwei. Die Kugel blieb dann in der Außenwand stecken.
»Das Handy weg! Sofort!«, rief der Mann mit dem Revolver.
Der Rest vom Tee lief über den Tisch und tröpfelte auf den Boden.
Steen hob das Handy.
»Erstmal moin«, sagte Steen. »Wo soll ich das Handy denn jetzt hintun?« Er stand auf, da ihm sonst der Tee über die Hose gelaufen wäre.
»Keine Bewegung!«, rief der Mann. »Wenn Sie mich angreifen, schieße ich.«
»Ich greife Sie nicht an«, sagte Steen. »Ehrenwort. Wie sollte ich das auch? Sie haben einen Revolver in der Hand. Ich nicht.«
»Sie können mich nicht täuschen!«
»Täuschen?«
»Sie sind auch einer von denen!«
»Von denen?«
»So wie die da!« Er schwenkte mit dem Lauf des Revolvers wieder herum. Jetzt zeigte er erneut auf die Kellnerin, die noch immer in einer Art Schockstarre verharrte. Irgendwo im Raum gab es ein schabendes Geräusch, so als ob jemand einen Stuhl wegschob. Ansonsten herrschte inzwischen Totenstille im Café.
Der Mann bewegte den Revolver in Richtung des Geräusches. »Niemand rührt sich, sonst schieße ich!«, brüllte er.
»Es tut Ihnen hier niemand etwas«, stellte Steen klar, der noch immer das Handy hochhielt, wie der Mann ihm gesagt hatte.
»Ich lasse mich nicht täuschen! Die Mafia kriegt mich nicht!«
»Jetzt mal ganz ruhig und der Reihe nach«, sagte Steen. »Für Mafia bin ich Fachmann. Da kann ich Ihnen vielleicht helfen.«
Der Mann stierte Steen an und dabei gefror sein Gesicht zu einer Maske.
»Sie?«, echote er.
Steen suchte in seinem Jackett kurz nach seiner Polizeimarke und warf einen Blick auf den zweiten Stuhl an seinem Tisch. Dort hatte er seinen ausgebleichten Bundeswehr-Parka abgelegt. Die Prinz-Heinrich-Mütze hatte er auf dem Kopf. Im vorderen Bereich des Cafés zog es nämlich manchmal etwas.
Dann fand er die Polizeimarke in der linken Außentasche seines Jacketts.
»Kriminalpolizei«, sagte er laut und vernehmlich, während er die Marke hochhielt. »Die Waffe runter! Sofort! Und danach kommen Sie hier zu mir an den Tisch und erklären mir das Problem, das Sie mit der Mafia haben …«
Die Augen des Mannes mit dem Revolver flackerten.
»Sie wollen mich doch nur reinlegen«, meinte er.
»Nein. Die Polizeimarke ist echt«, sagte Steen.
»Dann legen Sie Ihre Dienstwaffe ab.«
»Ich habe keine Dienstwaffe dabei. Eigentlich wollte ich nämlich vor Dienstantritt hier friedlich frühstücken, bevor Sie mir das Tee-Stövchen zerschossen haben.«
»Das sagen Sie doch jetzt nur!«
»Nein, das ist die Wahrheit. Meine Waffe ist auf der Dienststelle im Waffenschrank, wie sich das gehört. Und ich habe auch keine Handschellen dabei. Die liegen nämlich auch in meinem Büro.«
»Das glaube ich nicht!«
»Können Sie fangen?«
»Wieso?«
Steen warf dem Mann die Dienstmarke zu. Er konnte nicht fangen. Sie fiel auf den Boden vor seine Füße, nachdem er einen Schritt zurückgewichen war. »Sehen Sie sich die Marke an. Die ist echt. Und da ich annehme, dass Sie schon mal mit der Polizei in irgendeiner Form zu tun hatten, werden Sie das auch beurteilen können!«
Der Mann bückte sich zögernd, richtete dabei den Lauf des Revolvers immer noch auf Steen und hob die Marke dann etwas unbeholfen auf. Er sah sie sich kurz an.
Steen streckte die Hand aus und sagte: »Den Revolver geben Sie am besten jetzt mir … Und zwar sofort!«
»Nein!«
»Noch ist nichts wirklich Schlimmes passiert! Sehen Sie zu, dass es so bleibt! Also her mit der Pistole und dann verspreche ich Ihnen, helfe ich Ihnen gegen die Mafia. Davon verstehe ich nun wirklich etwas. Kommen Sie her und geben Sie mir die Waffe! Sofort.«
Steen kam noch einen Schritt auf den Mann zu und streckte die Hand aus.
Der Mann schien verunsichert.
»Und dann?«
»Dann setzen wir uns da hin und Sie erzählen, was die Mafia von Ihnen will. Und sollte hier irgendwo ein Mafia-Killer lauern, ist es sowieso besser, wenn ich die Waffe habe …«
»Aber …«
»Ich kann nämlich damit umgehen.«
Steen war dann noch einen Schritt näher und hatte die Waffe im nächsten Moment in der Hand. Dann deutete er auf den Tisch, der sich neben jenem befand, an dem Steen bisher gesessen hatte. »Wir setzen uns dorthin«, bestimmte er. »Da, wo Sie das Stövchen zerschossen haben, muss ja erst aufgeräumt werden.«
Der Mann sagte nichts.
Er wirkte wie erstarrt.
»Na los!«, sagte Steen. »Oder war das mit der Mafia gar nicht ernst gemeint?«
»Doch.«
»Dann kommen Sie!«
Er folgte Steen zögernd. Bevor Sie sich an den Tisch setzten, wandte sich Steen noch an die Kellnerin, die der Mann mit dem Revolver zuvor noch bedroht hatte. »Bringen Sie mir noch einmal Tee?«
»Jetzt?«, fragte sie.
Steen nickte und deutete auf das zerschossene Stövchen. »Den da kann ich ja nicht mehr trinken.«
»Ja, natürlich.«
Steen wandte sich noch kurz an die anderen Leute im Café, die nach wie vor gebannt in Richtung des Mannes starrten, dem Steen den Revolver abgenommen hatte.
»Die Lage ist im Griff! Es kann jeder wieder seinen Dingen nachgehen und sich um seine eigenen Sachen kümmern. Ich danke allen Anwesenden für die Besonnenheit, mit der Sie reagiert haben. Danke für Ihre Aufmerksamkeit.«
Steen nahm noch seinen Bundeswehrparka und die Prinz-Heinrich-Mütze von dem Stuhl, wo er beides abgelegt hatte. Etwas Tee war auf den Parka gekommen. »Ist eine Sauerei, was Sie da veranstaltet haben«, sagte der Kommissar. »Das ist zwar nicht mehr die allerneueste Mode, aber ich hänge an dem Stück. Ich hoffe, die Flecken gehen wieder raus.« Er legte die Sachen auf einen anderen Stuhl und setzte sich dann schließlich zu dem Mann.
Den Revolver hielt er noch in der Hand. Er überprüfte die Ladung. Drei Patronen steckten noch in der Trommel. Steen ließ sie aus der Trommel in seine Handfläche gleiten und steckte sie in die Seitentasche seines Jacketts. Den Revolver selbst ließ er in der anderen Jacketttasche verschwinden. »Und nun zur Mafia. Wer verfolgt Sie?«
»Die Mumien-Mafia!«
»Habe ich das richtig verstanden? Mumien?«
»Ja.«
»So wie in Ägypten?«
»Genau. Die dürfen natürlich...
Erscheint lt. Verlag | 5.7.2022 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
Sozialwissenschaften ► Politik / Verwaltung | |
ISBN-10 | 3-96586-612-5 / 3965866125 |
ISBN-13 | 978-3-96586-612-6 / 9783965866126 |
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