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Das alte Zinshaus -  Gabi Ebermann

Das alte Zinshaus (eBook)

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2022 | 1. Auflage
myMorawa von Dataform Media GmbH (Verlag)
978-3-99139-109-8 (ISBN)
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Dem ebenso schrulligen wie introvertierten Krimiautor Georg Bachmeier wird eine Leiche vor die Tür gelegt. Das abscheuliche Verbrechen ist einem seiner Krimis nachempfunden. Bachmeier ist überzeugt davon, dass ihm jemand den Mord anhängen will. Um jede Schuld von sich zu weisen, ermittelt er gemeinsam mit dem Hausmeister Josef Schmid auf eigene Faust. Der Hausmeister hat seinerseits triftige Gründe dafür, die Aufklärung nicht ausschließlich der Polizei zu überlassen. Das alte Zinshaus hält dabei so manche Überraschung für die beiden parat.

Gabi Ebermann wurde 1965 in Wien geboren. Sie wuchs als jüngstes von drei Kindern in Wien-Donaustadt auf. Nach wie vor lebt sie gemeinsam mit ihrem Mann in ihrer Lieblingsstadt Wien. Ihre Liebe zu Büchern hat sich schon in Kindertagen manifestiert. 2017 hat sie sich mit ihrem Debütroman 'Lottes Liste' den Traum vom eigenen Buch erfüllt. Begegnungen zweier ungleicher Menschen faszinieren sie, die Leser auf diese Reise mitzunehmen empfindet sie als inspirierend.

5

Knirsch betrat als erstes das kleine Geschäftslokal, das in dem Jahrhundertwendehaus untergebracht war. Es war winzig, aber hell und übersichtlich möbliert. Aus einem Hinterzimmer kam die Ladenbesitzerin Helga Rostik: »Grüß Gott!« Er zückte gleich seine Dienstmarke und stellte sich mit Hubert Knirsch, Kripo Wien, vor. Sein Gegenüber schien verwundert und stellte sich ebenfalls vor. Es entging ihm nicht, dass ihre Hände zitterten, sie wirkte nervös und strich sich fahrig das Haar aus der Stirn. Er kam gleich zur Sache.

»Haben Sie schon von der Toten gestern gehört?« Zur Untermauerung seiner Frage hielt er ihr das Bild der Frau mit ausgestrecktem Arm vors Gesicht. Ihr Blick streifte die Fotografie nur flüchtig, sie wirkte sichtlich angeekelt, versicherte aber im Eiltempo, die Frau noch nie zuvor gesehen zu haben. Knirsch steckte das Bild in die Brusttasche seines Sakkos zurück.

Die alteingesessenen Hausbewohner waren gestern noch in heller Aufregung zusammengelaufen und hatten sich angeregt über den Vorfall unterhalten. Bachmeier erzählte ihnen von den Parallelen zu seinem Buch und Frau Kaiser, die Haus- und Hoftratsche, beklagte sich, als sie endlich zu dem Rudel stieß, unaufhörlich darüber, gerade heute ihrer Tochter einen Besuch abgestattet zu haben. So eine schreckliche Geschichte erschütterte das Haus und sie musste alles aus zweiter Hand erfahren.

Normalerweise war sie die Erste, die über alles Bescheid wusste, denn sie lungerte entweder am Fenster herum oder stand bei jedem noch so kleinen Geräusch hinter dem Türspion. Sie patrouillierte in regelmäßigen Abständen durchs Haus und sah nach dem Rechten. Der Fall wäre in Windeseile geklärt gewesen. Hatte der Täter ihre Abwesenheit bewusst genutzt?

»Hier gibt es ja seit gestern kein anderes Gesprächsthema mehr«, erzählte Helga Rostik dem Kommissar schließlich.

»Haben Sie vielleicht in der Früh irgendetwas Ungewöhnliches beobachtet?« Knirsch deutete in Richtung Auslage, durch die man den gesamten Straßenbereich gut einsehen konnte.

Sie schüttelte den Kopf.

»Bis Ihre Kollegen und die Rettung hier auftauchten, hab ich gar nichts von dieser abscheulichen Sache mitbekommen. Auf der Straße war alles ruhig wie immer.«

»Wann haben Sie denn aufgesperrt?«

»Ich öffne immer um neun, war aber sicher schon gut eine halbe Stunde vorher da«, antwortete sie, ohne zu zögern.

»Gibt es hier noch einen weiteren Ausgang, oder haben Sie ein Lager im Haus?«

Helga führte ihn ins Hinterzimmer und zeigte ihm den Zugang zum Stiegenhaus sowie zu ihrem kleinen Magazin.

»Waren Sie den ganzen Vormittag allein im Laden?«

Sie schaute ihn irritiert an. Wie immer waren die Befragten verwundert, dass ihnen für die Tatzeit ein Alibi abverlangt wurde.

»Ja«, wisperte sie gedämpft, als sie sich wieder gefasst hatte.

Knirsch inspizierte den hinteren Ausgang und machte einen Blick in das winzige Lager. Alles wirkte fein säuberlich aufgeräumt, jeder Zentimeter des Raumes war mit Waren vollgestopft. Hier war definitiv kein Platz, um vorübergehend eine Leiche oder einen riesigen Perserteppich, geschweige denn beides, zu deponieren.

Er bedankte sich, hinterließ wie üblich seine Karte und verschaffte sich gleich über den Hinterausgang des Geschäftslokals Zutritt zum Stiegenhaus. Bachmeier wohnte im dritten Stock. Er entschied sich wie gestern für die Treppe und keuchte ein zweites Mal zum Ort des Geschehens hoch. Wenn er daran dachte, wie sehr es ihm selbst zu schaffen machte, seinen leicht aus den Fugen geratenen Körper die Stufen hochzuhieven, war er sich sicher, dass eine einzelne Person nicht dazu imstande gewesen wäre, die Tote samt dem schweren Teppich hier hochzubringen. Es sei denn, Bachmeier selbst hätte die Frau in seiner Wohnung ermordet und lediglich auf der Türschwelle abgelegt. Er sollte sich schleunigst einen Durchsuchungsbeschluss beschaffen.

Knirsch war oben angelangt, er schnaufte wie ein altes Walross und schwor sich, bald einmal mehr für seine Fitness zu tun. Als er wieder einigermaßen ruhig atmen konnte, läutete er an der Tür.

Bachmeier saß an seinem Schreibtisch und schreckte hoch, als es erneut an seiner Wohnungstür klingelte. Der Schock von gestern saß noch tief in seinen Knochen. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis seine zittrigen Beine ihm gehorchen wollten. Er stand schwerfällig auf und schleppte sich zur Tür, um durch den Spion zu blicken. Die Weitwinkellinse zeigte diesmal eine vergrößerte Version des untersetzten Inspektors von gestern. Bachmeier öffnete die Tür einen Spalt breit, bat den Kommissar jedoch nicht herein.

Knirsch hatte insgeheim gehofft, sich auch ohne Beschluss unauffällig umblicken zu können. Sollte er den Toilettentrick anwenden? Nein, er entschloss sich, vorerst einmal mit der Befragung zwischen Tür und Angel vorlieb zu nehmen.

»Guten Morgen, Herr Bachmeier, ich hätte da noch ein paar Fragen an Sie.« Die Hoffnung, vielleicht doch noch in die Wohnung gebeten zu werden, erfüllte sich nicht. Jetzt fragte Knirsch auch den Autor, ob er gestern den ganzen Vormittag allein zu Hause gewesen war.

»Das hab ich doch schon alles Ihrem Kollegen erzählt.« Der knorrige Alte war heute lange nicht so redselig wie gestern.

Als Knirsch ihn bat, ein wenig über die anderen Hausbewohner zu erzählen, verschloss er sich vollends.

»Ich kenne hier niemanden«, knurrte er.

»Wie lange wohnen Sie denn schon hier?«

»Mein ganzes Leben lang«, erwiderte er zugeknöpft.

»Und da wollen Sie mir allen Ernstes weismachen, dass Sie hier keine Sterbensseele kennen?« Kaum hatte Knirsch es ausgesprochen, fiel ihm selbst seine unsensible Wortwahl auf.

»Meine Bücher sind meine Freunde«, erwiderte Bachmeier patzig, »naja und mit dem Hausmeister, Josef Schmid, spiel ich manchmal Tarock«, räumte er schließlich ein.

Knirsch war kein begnadeter Kartenspieler, aber dass man Tarock nicht nur zu zweit spielte, das wusste sogar er. Er notierte sich den Namen des Hausmeisters, mehr war hier, zumindest ohne Zutritt, nicht zu holen. Knirsch verabschiedete sich, erklomm die letzten zwei Stockwerke und klingelte sich von oben nach unten durch. Den atemraubenden Aufstieg hätte er sich ersparen können, denn die erste Bewohnerin, die ihm tatsächlich die Tür öffnete, war Frau Schubert auf Etage zwei. Auch sie wirkte recht eigenwillig auf Knirsch. Langsam, aber sicher bekam er das Gefühl, dass hier irgendetwas faul war. Wien war kein Dorf, vielleicht war also die Tatsache, dass die Menschen hier so verschlossen wirkten und angaben, sich gegenseitig kaum zu kennen, nicht weiter verwunderlich. Die Großstadt hatte ihre eigenen Gesetze. Die Anonymität der Stadt erschreckte ihn beim Ermitteln jedes Mal aufs Neue. Laut Frau Rostik waren aber gestern doch alle zusammengelaufen, um sich über den Leichenfund auszutauschen. Seltsam, aber auch die Neugierde hatte ihre eigenen Gesetze. Nachdem auch Frau Schubert kein Alibi vorzuweisen hatte und ihn unverblümt und lautstark wissen ließ, was sie davon hielt, sich als unbescholtene Staatsbürgerin so einer Frage überhaupt stellen zu müssen, verließ er nahezu unverrichteter Dinge das Haus. Auch sie hatte die Tote noch nie zuvor gesehen. All die anderen Nachbarn schienen bei der Arbeit zu sein. Einige der Wohnungen waren offensichtlich unbewohnt, das ganze Haus wirkte sowieso ein wenig heruntergekommen. Knirsch hasste diese Befragungen, überhaupt wenn sie noch am Anfang ihrer Ermittlungen standen. Wie immer galt es, die Nadel im Heuhaufen zu finden.

Als er wieder ins Büro kam, war Monro nicht da. Er machte sich zum zweiten Mal an diesem Tag am Kaffeeautomaten zu schaffen und sichtete danach seine E-Mail-Eingänge. Der Vorbericht der Gerichtsmedizin zog seine Aufmerksamkeit auf sich.

Keinerlei sichtbare Verletzungen, kein augenscheinlicher Hinweis auf Fremdeinwirkung.

Na, die Tote wird sich ja wohl nicht selbst im Teppich verwickelt haben. Knirsch gähnte ausgiebig, der Schlaf der vergangenen Nacht fehlte ihm.

Winzige Einstichstellen und multiple Vernarbungen im Bereich der linken Armbeuge – las er weiter. Bachmeier hatte in seinem Roman das Rizin in einen Asthmaspray gemischt. Wurde der Toten das Gift injiziert? Knirsch wollte später bei der Gerichtsmedizin nachfragen, ob so etwas tatsächlich denkbar schien oder lediglich in der Vorstellungskraft eines Schriftstellers zum Tod führen konnte. Voraussetzung dazu wäre gewesen, dass die Tote überhaupt einer inhalativen Therapie bedurft hatte. Wie sonst sollte man jemanden dazu bringen, einen manipulierten Inhalator zu benutzen? Es war zumindest Mai, Allergiezeit. In diesem Augenblick sprang Knirsch wie von einer Tarantel gestochen auf, stürzte zu Monros Schreibtisch hinüber und langte hektisch nach Bachmeiers Krimi, den sein Kollege dort achtlos liegen gelassen...

Erscheint lt. Verlag 9.6.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
ISBN-10 3-99139-109-0 / 3991391090
ISBN-13 978-3-99139-109-8 / 9783991391098
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