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Tod eines Dirigenten (eBook)

Miss Fishers mysteriöse Mordfälle

(Autor)

eBook Download: EPUB
2022 | 1., Deutsche Erstausgabe
479 Seiten
Insel Verlag
978-3-458-77341-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Tod eines Dirigenten - Kerry Greenwood
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Wieder einmal ist Miss Fishers Spürsinn gefragt. Ein Orchesterdirigent, von niemandem besonders gemocht, wird tot aufgefunden: ermordet auf höchst extravagante Weise, in der Mendelssohns Elias eine zentrale Rolle spielt.

Während die clevere Detektivin entschlossen ist, das Rätsel um die ?Partitur des Todes? zu lösen, versucht sie zeitgleich, auf ihre einzigartige Weise, einem alten Freund zu helfen, der unglücklich in den genialen wie unsympathischen Mathematiker und Codeknacker Rubert Sheffield verliebt ist.

Glamourös, klug und unabhängig, eine moderne Frau und eine gewitzte Detektivin - das ist Miss Phryne Fisher. Die wohlhabende englische Aristokratin genießt ihr Leben im Melbourne der wilden Zwanziger in vollen Zügen - und löst nebenbei einen Mordfall nach dem anderen. Nicht immer zur Freude der örtlichen Polizei.



<p>Kerry Greenwood<strong>,</strong> geboren 1954 in Maribyrnong City, Australien, studierte Rechtswissenschaften und englische Literatur. Sie arbeitete als Rechtsberaterin f&uuml;r die Victoria Legal Aid und als Bew&auml;hrungshelferin. Aus Leidenschaft f&uuml;r Literatur begann sie zu schreiben. Sie verfasst historische, Fantasy- und Kriminalromane und wurde mehrfach ausgezeichnet, u. a. 2003 mit dem Ned Kelly Award f&uuml;r ihre Kriminalromane. Kerry Greenwood lebt in Melbourne.</p> <p>Die &uuml;beraus erfolgreiche Reihe um die lebenslustige Amateurdetektivin Phryne Fisher wurde f&uuml;r das australische Fernsehen in mehreren Staffeln verfilmt: <em>Miss Fishers kuriose Mordf&auml;lle</em> wurde weltweit ausgestrahlt, in Deutschland &uuml;ber netflix und ARD ONE.</p>

2


Alles hat einmal ein Ende,

nur die Musik währet ewig.

Darum lasst uns fröhlich singen,

denn die Jugend kehrt nie wieder.

Traditioneller Kanon

Weil Phryne die Treppe zum Gemeindesaal der Scots Church nur zu gut kannte, trug sie, da sie sich zwei Tage zuvor beim Charleston-Tanzen leicht den Knöchel verdreht hatte, heute flache Halbschuhe. Um den Chor mit ihrer Erscheinung nicht zu überwältigen, hatte sie sich für ein Jackenkleid in gedecktem Türkis und einen farblich darauf abgestimmten Hut entschieden, dazu eine große Handtasche. Eine speziell eingenähte Tasche im Unterrock enthielt ihre eiserne Notfallausrüstung: Ersatzfeuerzeug, etwas Geld, Zigarettenetui und die kleine Beretta mit dem Perlmuttgriff. Man konnte schließlich nicht wissen, auf welche Krisen man bei einer Chorprobe gefasst sein musste. Mr Butler chauffierte Miss Fisher und ihren Polizisten ruhig und würdevoll in die Stadt, setzte sie an der Ecke Collins und Russell Street ab und fuhr den Wagen anschließend in die Werkstatt, in der er gebaut worden war. Seine Anweisung lautete, erst um neun Uhr wieder vorzufahren. Phryne hatte beschlossen, sich den Lichtbildvortrag anzuhören. Womöglich war er wider Erwarten ja doch lehrreich.

Während sie vorsichtig die Treppe hinaufstieg, ließ sie Jack Robinson an ihren Überlegungen teilhaben. Oben wurden sie bereits von Hugh Collins erwartet.

»Jack, mein Guter, Sie müssen herausfinden, wer ihm das Essen gebracht hat, und ich würde vorschlagen, dass Sie mit Ihren Nachforschungen im Hotel gegenüber anfangen. Es war eine teure Mahlzeit und kam nicht aus einer billigen Suppenküche, wie Ruth so richtig festgestellt hat. Suchen Sie die Geliebte des Dirigenten.«

»Seine Geliebte?«

»Aber ja doch. Diese aphrodisischen Leckereien stellen in gewisser Weise eine Einladung dar. Außerdem müssen Sie die Notenwartin befragen.«

»Warum?«, fragte Jack.

Er hatte noch nicht ausgesprochen, als plötzlich ein Mann den Arm um Phryne schlang und sie an sich zog. Zu seinem Glück musste er nie erfahren, in welch unmittelbarer Gefahr er sich dabei befand, an einer empfindlichen Stelle seiner Anatomie mit ihrem Knie Bekanntschaft zu machen, denn Phryne hatte ihn sofort erkannt.

»John!«, rief sie und drückte ihn fest. »John Wilson, du hier? Wie kann das sein? Augenblick mal eben.« Sie drehte sich in seinen Armen um und sagte zu Jack Robinson: »Die Notenwartin hütet die durchnummerierten Noten des Chors. Sagen Sie ihr, sie soll sich alle zurückgeben lassen. Von irgendwoher müssen die Blätter schließlich gekommen sein. Ich bin gleich wieder bei Ihnen.«

Jack Robinson schüttelte den Kopf, sammelte seinen Sergeant ein und ging schon einmal mit ihm voraus in den Saal. John Wilson lachte leise.

»Phryne, wie sie leibt und lebt! Immer noch die alte?«, fragte er. »Ich nicht. Ich bin nämlich jetzt Dr. John.«

»Wunderbar. Dann hast du nach dem … nach dem Krieg noch zu Ende studiert?«

John Wilson war 1918 als blutjunger Assistenzarzt einberufen worden. Inmitten der Schlacht an der Somme hatte er an vorderster Front einen Verbandsplatz geleitet, bis über die Ellenbogen im Blut, der Tod sein ständiger Begleiter. Gerade zweiundzwanzig Jahre alt, vom Grauen des Krieges erschüttert und gezeichnet, lernte er Phryne kennen, die ihm die Verwundeten herankarrte. Unter Beschuss liegend, hatten sie sich in ihrem Sanitätswagen eines Tages gegenseitig die Kleider vom Leib gerissen und sich, taub vom Lärm der Geschosse, verzweifelt aneinandergeklammert, zwei warme, lebendige Körper, die blind nach einem Notanker tasteten, während die Welt um sie herum in Explosionen und Trümmern versank. Es war nicht das einzige Mal geblieben, dass Phryne ihn zu sich in den Sanitätswagen holte, und er war ihrer Einladung immer gern gefolgt. Aber sie war und blieb die einzige Frau auf der Welt, für die John Wilson sich erwärmen konnte, denn ansonsten schlug sein Herz für Männer. Phryne wirkte auf ihn, als gehörte sie einer ganz eigenen Kategorie an. Wie er es auch drehte und wendete: Sie war eine Ausnahmeerscheinung.

Im November, kurz vor Kriegsende, hatte sich ein Scharfschütze die Zeit damit vertrieben, das Rote Kreuz auf Johns Zelt ins Visier zu nehmen. Phryne hatte Vollgas gegeben und den Sanitätswagen mit einem halsbrecherischen Manöver zwischen das Zelt und den Angreifer gebracht, sodass John lediglich ein Projektil ins Bein abbekam, statt mehrere Kugeln in Kopf und Herz. Er hatte nämlich direkt hinter dem Roten Kreuz gestanden. Nachdem er von seinen eigenen Krankenträgern ins Feldlazarett gebracht worden war, hatte er Phryne nie mehr wiedergesehen.

Sie sah aus wie früher, höchstens ein klein wenig fülliger als das magere Hühnchen von damals, aber das schwarze Haar und die roten Lippen waren unverändert, genau wie die grünen Augen, die einem direkt in die Seele blickten. Der frische Duft eines Shampoos und des Parfüms Jicky von Guerlain umgab sie. Sie wartete noch immer auf seine Antwort.

»Es hatte ja bloß mein Bein erwischt, Liebes, und nicht meine Hände. Ich komme ganz gut zurecht. Wenn es dich nicht gegeben hätte …« Er drückte sie an sich. »… würde es mich gar nicht mehr geben.«

Phryne küsste ihn auf die Wange. Er roch noch genauso wie beim letzten Kuss. Nach Kaffee und Pfeifentabak, warm und erdig. Anscheinend war er nicht als Arzt tätig, denn sie erschnupperte nicht die leiseste Äthernote. Seine blauen Augen blickten freundlich wie eh und je in die Welt, seine Haut war wettergegerbt, sein militärischer Haarschnitt an den Schläfen grau meliert. Er war breitschultrig und muskulös, und sie hätte nichts dagegen gehabt, John Wilson auch diesmal wieder in ihren Sanitätswagen zu zerren, beziehungsweise in ihr schönes Haus und das bequeme Bett. Nicht gerade der moralische Leitsatz des Tages.

»Was treibst du hier, Liebster?«, fragte sie. »Können wir zusammen essen?«

Er schmunzelte, genau wie damals. Als amüsierte er sich über ihre Energie. Ein stiller, lieber Mensch, ein unerschütterlicher Trostspender, während ihm die jungen Soldaten unter den Händen wegstarben. Aneinandergeschmiegt hatten Phryne und er den Tod der Hoffnung und der Unschuld beweint, und ihre Küsse schmeckten nach dem Pulverdampf. Wie hatte sie ihren Felsen in der Brandung nur aus den Augen verlieren können? Er kehrte nach England an die Universität zurück, sie blieb in Paris. Später war ihr zu Ohren gekommen, dass er mit einem Mann zusammenlebte. Wie hieß er noch gleich? Galahad? Lancelot? Etwas in der Richtung. Und sie war davon ausgegangen, dass er sein Glück gefunden hatte, doch nach seinen dunklen Augenringen zu urteilen, schien es damit vorbei. Sie tätschelte ihm die Wange.

»Wie meinst du das?«, fragte er. »Was treibe ich in Australien? Oder hier auf der Treppe zum Gemeindesaal, wo wir uns gerade zum Gespött der Leute machen?«

»Was hast du doch für eine wunderschöne Stimme«, sagte sie. »So tief und angenehm. Den armen Jungs ging es gleich viel besser, wenn sie dich nur gehört haben. Was ich meine? Ich meine in Australien und hier.«

»Ich begleite den Mathematiker Rupert Sheffield, im Krieg Codeknacker in Griechenland. Alles streng geheim. Er ist ein lieber Kerl, bloß ein bisschen vom Pech verfolgt. Wir hatten kaum einen Fuß an Land gesetzt, da wären wir am Hafen um ein Haar von einem vollbeladenen Frachtnetz erschlagen worden. Aber wir sind mit einem blauen Auge davongekommen. Rupert ist in Melbourne, um die Volksbildung zu fördern und die Massen in den Genuss seiner mathematischen Weisheiten kommen zu lassen. Und auf dieser Treppe stehe ich, weil er hier heute Abend einen Vortrag hält und mich gebeten hat, die Laterna magica zu überprüfen. Gestern Abend hat sie zu stark geflackert.«

»Der Sheffield? Der über die Wissenschaft der Deduktion referiert? Verstehe. Und seid ihr zwei beide …?«

»Nein«, sagte er hastig. »Durchaus nicht.«

»Und Arthur?« Nun war ihr der ritterliche Name doch noch eingefallen.

»Arthur ist gestorben«, antwortete er gefasst. »Schon vor langer Zeit. Herzversagen. Er hat nicht geahnt, dass er nicht ganz gesund war, und ich habe es auch nicht erkannt.«

»Ach John, du Armer«, sagte...

Erscheint lt. Verlag 18.7.2022
Reihe/Serie Miss-Fisher-Krimis
Miss-Fisher-Krimis
Übersetzer Sabine Lohmann, Regina Rawlinson
Sprache deutsch
Original-Titel Angabe fehlt
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Krimi / Thriller / Horror Historische Kriminalromane
Schlagworte Australien • Cosy Crime • Cozy Crime • Elias-Oratorium • Frauenliteratur • Frauenroman • insel taschenbuch 4923 • IT 4923 • IT4923 • John Watson • Kultbuch • Literaturverfilmung • Melbourne • Mendelssohn-Bartholdy • Mord im Chor • Murder and Mendelssohn deutsch • Mystery • Ned Kelly Award 2003 • Netflix • Netflix-Krimi • neues Buch • Phryne Fisher • REBEKKA-Übersetzerpreis 2023 • Sherlock Holmes • Victoria • weibliche Ermittlerin
ISBN-10 3-458-77341-X / 345877341X
ISBN-13 978-3-458-77341-2 / 9783458773412
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