Die Jahreszeiten - in deutschen Jamben (The Seasons) (eBook)
240 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7562-8138-1 (ISBN)
Der Frühling.
Inhalt.
DER Stoff wird vorgelegt, und der Gräfin von Hetford zugeeignet. Die Jahreszeit wird geschildert, wie sie auf die verschiedenen Teile der Natur wirkt vom Niedern zum Höhern aufsteigend, mit Abschweifungen, vom Gegenstande veranlaßt – ihr Einfluß auf die unbelebte Materie auf die Pflanzenwelt auf die Tierschöpfung auf den Menschen – schließt mit einer Warnung vor der wilden regellosen Liebe, im Gegensatz mit der einer reinern und glücklichern Art. –
Der Frühling.
Komm, holder Frühling! Himmelsmilde, komm!
und sanft umtönt von jungen Melodien,
steig aus dem Busen jenes Taugewölks,
umschattet rings von Rosenblütenschauern,
auf unsre lächelnden Gefilde nieder!
O, edle Hetford! die du, gleich gewandt,
mit ungezierter Hold am Hofe schimmerst,
und in dem sanft verschwisterten Geleite
der Unschuld und der sinnenden Betrachtung
die Flur durchirrst o! lausche meinem Liede,
das deine Jahrszeit malt, wenn die Natur
so hold und blühend rings erscheint wie du!
Sieh! fern nach Norden zieht, mit finstrer Stirn,
der Winter ab, und ruft sein stürmend Heer!
Es kommt, verläßt die heulenden Gebirge,
das öde Tal, den trümmervollen Wald,
und weichet mildern Lüften; Sanft berührt
von ihrem Anhauch, fließt in trüben Strömen
der Schnee herab, und die Gebirge heben
ihr grünes Haupt nun wieder himmelan.
Noch unbefestigt schwankt das junge Jahr;
Oft schickt der Winter scharfen Abendhauch,
durchschauert den blassen Morgen, und entstellt,
mit seinem wilden treibenden Gestüber,
den trüben Tag, so daß der Sternenreiher18
die Zeit kaum weiß, das hallende Gesümpf
mit eingesenktem Schnabel durchzudröhnen,
noch auch der Kiebitz, wenn er vom Gestade
die Heide suchen, und sein wildes Lied
der lauschenden Einöde singen soll.
Die milde Sonn’ entrollet nun dem Widder,
der helle Stier empfängt sie; Kälte krampft
den weiten Luftraum länger nicht zusammen,
der Leben selbst, und Lebensodem strömend,
die lichten Wolken bis zum Äther hebt,
und an des Himmels Hochgewölbe sie
dünn, weiß und flockig auseinander treibt.
Leicht fliegen jetzt die lauen Lüftchen aus,
und grenzenlos und lieblich wallend streift
die rege Mild’ umher, und löst die Erde;
Der harrende Landmann fühlt entzückungsvoll
die lindere Natur, und treibet nun
die muntern Stier aus ihren Winterställen,
dorthin, wo noch der wohlgenutzte Pflug,
vom Frost entfesselt, in der Furche liegt;
Gutwillig leiht dem angeschirrten Joch
das Tier den Nacken und beginnt sein Werk,
beim Lerchenlied und ländlichen Gesang:
indes sich über die geschliffne Schar
der Treiber lehnt, die angehäuften Klöße
zerteilt, das Ganze lenkt, und seitwärts hin,
in langen Reih’n, die Schollen niederlegt.
Dort schreitet über nachbarliche Felder
der weiße Sämann mit gemess’nem Schritt,
und streut sein Samenkorn mit vollen Händen
in den getreuen Schoß der Erde hin;
Die rauhe Egge folgt, und schließt die Szene.
Nun deine Huld, o Himmel! Menschen haben
das ihrige getan; O! weht ihr Segenslüfte!
du sanfter Tau! ihr milden Regenschauer!
o sinkt erquickend auf die junge Flur!
und du, o Sonne, Weltbeleberin,
durchmildre alles zum vollendten Jahr!
Ihr überzärtlichen, in Pomp und Stolz
und Üppigkeit und weiche Ruh’ versunken –
glaubt diesen Stoff nicht unwert eures Ohrs!
Es war ein Stoff wie dieser, welchen einst
der ländliche Virgil19 dem edlen Rom,
der Weltbeherrscherin, zu singen wagte,
als hier, in griechischer Verfeinerung,
Geschmack und Kunst in voller Blüte stand.
Der heilige Pflug beschäftigte vor Zeiten
die Fürsten und der Menschheit hehre Väter;
Sie, neben denen ihr, Insektenschwärme,
nur Wesen eines Sommertages seid –
Sie, jeder weichlichen Verwöhnung gram,
oft legten sie die ungeschwächte Hand,
mit der sie einst des Reiches Waage hielten,
und Kriegesstürme lenkten an den Pflug,
und fühlten hier sich unabhängig groß!
Ihr edlen Briten! o verehrt den Pflug;
und möchte stets auf euern Wonnetälern,
und lichten Hügeln, weit und grenzenlos
Autumnus20 seine reichsten Segnungen,
dem Sonnenstrahl entfalten! Möchte so,
wie durch sein blaues stürmisches Gebiet
das Meer euch huldigt, und von tausend Küsten
des Lebens Pomp in eure Häfen wälzt –
dem reichen Boden Albions gelingen,
mit höh’rer Milde über jedes Land
die bessern Gaben der Natur zu schütten,
zu kleiden nackte Völker, und auf immer
der Kornbehälter einer Welt zu sein,
Nicht durch die lindern Lüfte atmet bloß
der holde Wechsel; Alldurchdringend schießt
der Sonne Strahl bis zu den dunkeln Tiefen
der Pflanzenbildung, und entfesselt jede
geheime Kraft, die reges Steigens nun
weit auf der Blütenflur in tausend Farben
hervorgeht, in die deinige vor allen,
o heitres Grün! du allgemeines Kleid
der lächelnden Natur, worauf das Auge
mit immer neuer Lust und Labung weilt.
Vom feuchten Wiesental zum dürren Hügel
läuft frisches Grün, vom sanften West genährt,
und schwellt und neigt sich dem entzückten Blick.
Der Hag’dorn weißt, der säftevolle Hain
treibt seine Knospen, und entfaltet sich
allmählich, bis der ganze Blätterwald
in schöner Fülle ausgebreitet steht:
wo raschelnd durch verschlungne Brombeerstauden
das Wild sich schmiegt, versteckte Vögel singen,
und Weste seufzen. Jetzt, auf einmal, glüht
von dir, o schnell und heimlich wirkende
Natur, geschmückt mit jeder zarten Farbe
des jugendlichen Jahrs, der Garten auf,
und füllt die mildre Luft mit reichen Düften,
Indes gar heimlich die verheißne Frucht
als kleiner Embryo21 in ihrer Purpurhülle gefaltet liegt –
Jetzt, da in Dampf und Schlaf
und Giftgedünst die Stadt begraben liegt,
jetzt laß von hier, im frischen Morgenhauch,
mich übers tauige Gefilde wandern,
und vom gebognen Busch die zitternden
Perltropfen schütteln, wenn mein rascher Gang
durchs volle Laub der wilden Hagbutthecke
sich windet, oder laß mich an dem Duft
der Senne22 mich erlaben, oder auch
von einem Hügel, auf Augustas23 Flächen,
die weit verstreute Landschaft überschaun:
Ein grenzenloses Glühen, ein Gemisch
von frischen Blüten, weiß und purpurfarb,
wo schnell der Blick von Wonn’ auf Wonne schwärmt,
und, unter’m schönen Überfluß versteckt,
den goldnen Herbst erspäht.
O! wenn nur nicht,
von Russiens Wüsteneien weggestäupt,
ein scharfer Windstoß seinem feuchten Flügel
den zähen Mehltau weit umher entschüttelt,
und, trocknen Odems, späte Fröste weht,
vor deren Hauch der aufgeblühte Lenz
durch all sein zartes Laub zusammenschaudert:
ein weit zerstörtes totes Trauerfeld –
Denn, ach! es wälzt, erzeugt in Nordens Nebeln,
Sich, in zehntausend Myriaden, oft
ein wimmelndes Insektenheer hervor,
und frißt verwüstungsvoll, vom Gifthauch angereizt,
durch Knosp’ und Rinde zum geschwärzten Kern
sich emsig seinen Pfad! Ein schwaches Volk,
doch nur zu oft die Heerschar des Verderbens!
Der Hungerwurm schleicht ihrem Zuge nach,
und jede Erntehoffnung stirbt dahin.
Dies Unheil zu verbannen, brennet oft
der kluge Pächter Spreu und lodernd Stroh
vor seinem Baumhof, bis der heimliche,
von dicken Wolken rings umqualmte Feind
aus jeder Spalte fülle; bestreut auch, wohl
mit Pfefferstaub die Blüten: tödlich Gift
dem frostigen Geschlecht; ersäuft sie auch,
sobald das angesteckte Blatt sich kräust,
in ihrem Nest, mit aufgespritztem Wasser,
und hütet sich, das kleine Streifgevögel,
das jene Plünderer mit flinkem Schnabel
so emsig aufpickt, unklug zu verscheuchen.
Nur Mut gefaßt, ihr Hirten! Jene Stürme,
so scheinbar grausam, toben nicht umsonst!
Fern drängen sie mit Riesenmacht von hier
die sinkende getürmte Wolkenmasse,
die flutenschwanger übers weite Meer
herbeigeführt, in grenzenlosen Zügen,
die Sommermild’ ersticken, und das rohe
noch ungereifte Jahr ersäufen...
Erscheint lt. Verlag | 19.5.2022 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Lyrik / Dramatik ► Lyrik / Gedichte |
Schlagworte | ann radcliffe • Castle of Indolence • Mary Shelley • Milton • Thompson |
ISBN-10 | 3-7562-8138-8 / 3756281388 |
ISBN-13 | 978-3-7562-8138-1 / 9783756281381 |
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