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Auf und Ab - Aus meinem bewegten Leben -  Johanna Hönigsberger

Auf und Ab - Aus meinem bewegten Leben (eBook)

Eine Lebensgeschichte aus der Zeit von 1933 bis in die Gegenwart
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2022 | 1. Auflage
myMorawa von Dataform Media GmbH (Verlag)
978-3-99129-894-6 (ISBN)
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Im ersten Teil ihres Buches, der die Zeit von 1933 bis zur Geburt ihrer Kinder umspannt, schreibt Johanna Hönigsberger über die Schwierigkeiten ihrer Eltern in den 1930er-Jahren, über die Naziherrschaft und den Krieg mit Fliegeralarm, Bunkersitzen, Rationierungen und Flucht sowie über das Kriegsende, Erlebnisse während der Besatzung und den Staatsvertrag. Diesen ersten Teil beschließt sie mit ihrer Heirat, dem Beginn ihres neuen Lebens als verheiratete Frau sowie der Geburt ihrer sechs Kinder. Es folgen einzelne Erinnerungen aus Kindheit und Jugend sowie aus der Kriegszeit und der Zeit danach. Hier geht es unter anderem um Bomben und Granaten, Scharpiezupfen, Vergewaltigungen, Hausdurchsuchung. Das Leben als verheiratete Frau ist das nächste große Thema. Sie schreibt über Erlebnisse in ihrer neuen Familie, über die Familienmitglieder, den Alltag und die Arbeit auf dem Bauernhof, aber auch über Reisen und Ausflüge. Der letzte Teil ihrer Erinnerungen beinhaltet Ereignisse aus verschiedenen Lebensbereichen, ihre Arbeit in der Politik und ihre langjährige Kurstätigkeit. Den Abschluss des Buches macht ein buntes Allerlei an Sprüchen, Zitaten, Wetterregeln und mundartlichen Ausdrücken, die heute schon verschwunden bzw. im Verschwinden begriffen sind. Zu einzelnen Kapiteln bzw. Texten gibt es als Ergänzung Videos mit Mundartgedichten und persönliche Videos, die im Rahmen von Familienfeiern und -treffen entstanden.

1933 geboren, wächst Johanna Hönigsberger, geb. Hauer, in Fahrafeld, NÖ, in der schwierigen Zeit der 1930er-Jahre auf und erlebt die Naziherrschaft sowie die Schrecken des Zweiten Weltkriegs. Gleich nach dem Ende des Krieges beginnt sie, in der Pfarre mitzuarbeiten. Sie wird Vorbeterin, hilft bei Seelsorgestunden, betreut bis zur Hochzeit die Jungscharmädchen und singt viele Jahre im Kirchenchor. Ihr Traum, nach dem Krieg weiter in die Hauptschule in Berndorf zu gehen und danach Lehrerin zu werden, zerschlägt sich. So geht sie nach dem Ende des Schuljahres 1946/47 bei ihrer Mutter in die Lehre und lernt alle Feinheiten der Hauswirtschaft. Später arbeitet sie als Näherin in der Tuchfabrik in Pottenstein. 1956 gibt sie ihre Arbeit als Näherin auf und wird durch ihre Heirat mit Johannes Hönigsberger Bäuerin in Pottenstein. In der Zeit von 1957 bis 1973 bekommen Johanna und Johann sechs Kinder, zwei Töchter und vier Söhne. Sie haben sieben Enkel- und fünf Urenkelkinder. Neben der Feldarbeit und dem großen Haushalt findet Johanna immer noch Zeit für ihren Blumengarten. Ihr großer Wunsch, Lehrerin zu werden, geht später doch noch in Erfüllung. In unzähligen Handarbeitskursen gibt sie jahrelang ihre Liebe zum Sticken und ihr umfangreiches Wissen an ihre Teilnehmerinnen weiter. Ein Kurs für Kurrentschrift rundet ihre Tätigkeit als Lehrerin ab.

1. KAPITEL – WIE ALLES BEGANN …

Meine Wurzeln

Nach längerer Überlegung habe ich mich entschlossen, doch etwas von meinem Leben zu erzählen.

Am 20. Juli 1931 wurde in Mariazell der Grundstein für mein Leben gelegt: Meine Eltern heirateten! Mein Vater, Johann Hauer, junger Witwer mit zwei Kindern: Hans, 5 Jahre, und Grete, 4 Jahre alt. Meine Mutter, Maria Dormayer, ledige Bauerntochter aus Wöllersdorf. Ich möchte gleich zu Beginn Folgendes festhalten: Meine Mutter war ein Engel! Wir Kinder merkten nie, dass wir „Halbgeschwister“ waren.

Maria Hauer, geb. Haiden 1869 -1919

Der Vater meines Vaters war Pecher und Kleinhäusler aus Piesting. Warum meine Großeltern nach Wöllersdorf zogen, weiß ich nicht. Die Eltern meiner Mutter waren ebenfalls Bauern in Wöllersdorf. Schon in der Türkenzeit wurde der Name erwähnt. Damals konnte eine Familie von so einer kleinen Landwirtschaft leben. Heute ist das leider unmöglich.

Mein Vater war das jüngste von sechs Kindern. Er hatte fünf Schwestern. Großvater sagte immer: „Der Hauername stirbt aus.“ Doch dann kam 1904 mein Vater zur Welt. Sehr lange konnte sich Großvater nicht an seinem Stammhalter erfreuen. 1916, bei einem plötzlichen Wirbelsturm, erschlug ein Baum meinen Großvater. Zweieinhalb Jahre später,1919, starb meine Großmutter, Maria Hauer. Ich habe nur ein Bild, eine Stickerei und eine feine Handarbeitsschere von ihr. Von Großvater habe ich gar nichts.

Fam. Dormayer, meine Mutter rechts hinten

Meine Mutter, Maria Dormayer, geb. 1906, hatte auch fünf Geschwister, zwei Schwestern und drei Brüder. Einer starb sehr früh. Der Ältere bekam als junger Mensch einen Verfolgungswahn. Mutter sprach sonst nichts von ihm. Sie erwähnte auch nie sein Grab. Ich glaube daher, dass die Nazis ihn umgebracht haben. Damals war er ja „lebensunwert“!

1912 kam ihre Schwester Johanna, meine Taufpatin, zur Welt und 1918 Resitante. Sie starb 24-jährig bei einem Verkehrsunfall. Sie wollte zur Post gehen und Feldpostpäckchen aufgeben. Ihr kleiner Sohn war noch keine zwei Jahre alt. Bei ihrer Hochzeit war ich auch eingeladen gewesen.

Ja, da war noch ihr jüngster Bruder, Leopold, der später den kleinen Bauernhof übernahm. Ihn und Resitante kannte ich sehr gut.

Vaters älteste Schwester hieß Maria. Sie heiratete nach Pottenbrunn bei St. Pölten. Stefan, Käthe und Ferdinand hießen ihre Kinder. Tante Julia, die zweite Schwester, heiratete nach Wiener Neustadt. Sie hatten einen Sohn, Franz, und ihre Tochter hieß Friedl. Tante Julia und Tante Mitzi habe ich nur zwei oder drei Mal gesehen. Früher war das mit Verwandtenbesuchen nicht so einfach. Franziska, die dritte Schwester, Fannytante, war meine Firmpatin. Sie lebte immer in Wöllersdorf. Ich besuchte sie oft, wenn ich die Ferien bei meinen Großeltern verbrachte. Ich liebte sie. Sie war immer lustig und freundlich zu mir. Franz und Walter waren ihre Söhne. Beide sind im Krieg gefallen. Sie hatten sich freiwillig gemeldet. Walter, der jüngere, wurde genommen. Er kam zur Marine. Das große Kriegsschiff „Scharnhorst“ war sein zukünftiges Zuhause. Er war Funker und ein ganz feiner Kerl. Aber da er so früh einrückte, kam ich nur selten mit ihm zusammen. Ein anderes großes Kriegsschiff musste auslaufen, doch der Funker war schwer erkrankt, Walter musste einspringen. Dieses Schiff wurde von einem Torpedo versenkt. Mit meinem Cousin Walter an Bord.

Franz war in seinem Betrieb unabkömmlich, und sein freiwilliges Melden wurde abgelehnt. Bestimmt zur Freude seiner Eltern. Franz lernte ein liebes Mädchen, Minnerl, kennen. Ich mochte sie sehr gerne. Sie heirateten und bekamen Peterl, ihr erstes Kind. Bei dem blieb es auch. Einige Jahre zuvor wollte Franz einrücken und wurde abgelehnt. Jetzt wollte er nicht mehr, musste aber. Er kam zur Luftwaffe nach Hannover. Dort musste er nach den furchtbaren Fliegerangriffen bei Aufräumungsarbeiten helfen. Dabei verletzte er sich leicht am Schienbein. Leider verpasste man ihm im Lazarett einen Gipsverband. Die Wunde entzündete sich, aber keiner glaubte ihm, dass er starke Schmerzen habe. Als seine Schmerzen unerträglich wurden, schnitt er sich selbst diesen Gipsverband auf und riss ihn herunter. Leider viel zu spät. Er hatte Blutvergiftung bekommen, und nichts half mehr. An den Folgen dieser Missachtung ist er gestorben.

Ich war gerade zu Besuch bei Fannytante, da kam das Telegramm: Franz ist tot. Den Heldentod gestorben! Minnerl hatte ihn besucht und war am Vortag nach Hause gekommen. Keiner konnte es glauben. Minnerl sagte: „Das muss ein Irrtum sein. Ich habe ihn doch gesehen und mit ihm gesprochen.“ Leider war es die Realität. Er war ca. 26 Jahre alt, sein Bruder Walter um einige Jahre jünger.

Die vierte im Bunde war Pepitante. Ob sie Josefa oder Josefine hieß, weiß ich nicht. Pepitante konnte wunderbar lustige Mundartgedichte vortragen. Ich habe das einmal erlebt! Sie hat mir in meiner Jugend ein dickes Heft mit lustigen Gedichten aufgeschrieben. Ich wüsste gern, ob diese Geschichten ihre eigene „Schöpfung“ waren. Viele dieser Gedichte habe ich schon frei vorgetragen und viele Menschen damit zum Lachen gebracht. Vielleicht habe ich einige Gene von ihr geerbt? Sie hatte eine Tochter, Maria. Pepitantes Ehemann war unser Pepionkel. Er hieß wirklich so. Er arbeitete in Neusiedl an der Zaya bei der Erdölförderung. Später bauten sie sich in Wöllersdorf ein Haus. Da konnte ich sie öfter sehen.

Anna, das jüngste der Mädchen, starb schon sehr früh. Vater erzählte einmal: Seine Mutter und Annerl arbeiteten in einer Munitionsfabrik in Feuerwerksanstalt. Eines Tages waren beide krank und konnten nicht zur Arbeit gehen. An diesem Tag gab es eine große Explosion in dieser Munitionsfabrik. Es gab viele Tote. Damit die Frauen zwischendurch die Werkstatt nicht verlassen konnten, war das Tor versperrt. Das war zwar verboten, aber es wurde trotzdem gemacht. Die Fenster waren aus Sicherheitsgründen vergittert. Als es zur Explosion kam, konnten diese Arbeiterinnen das Inferno nicht verlassen! Vater erzählte einmal, dass viele Frauen verkohlt an den Fenstergittern hingen. War die gute alte Zeit doch nicht so gut? Das war natürlich alles lange vor meiner Zeit.

Meine Zeit begann am Donnerstag, dem 26. Jänner 1933. Da erblickte ich in Wöllersdorf das Licht der Welt. Es war ein sehr kalter Winter, auch der 5. Februar machte keine Ausnahme, obwohl es einen Grund gegeben hätte: Ich wurde in der Pfarrkirche zu Wöllersdorf von Herrn Pfarrer Schwarz auf die Namen Johanna Maria Rosalia getauft. Vater fürchtete, dass ich erfriere, denn meine Taufpatin musste mich ja zu Fuß in die doch etwas entfernte Kirche tragen. Das kann sich heute keiner vorstellen. Da mein Lebenswille damals schon sehr stark war, konnte mir das eisige Winterwetter nichts anhaben.

Ich weiß das alles natürlich nur von Erzählungen. Ich war zwar damals dabei, kann mich aber wirklich nicht mehr an meine Taufe und das Winterwetter erinnern.

Die 1930er-Jahre

Vaters Probleme mit Arbeit

Vater war Dreher von Beruf. Er verlor, wie so viele andere auch, aber auf gemeine Weise, seine Arbeit. Ein Arbeiter hatte „rot“ zu sein! Einen „Schwarzen“ konnten sie damals nicht brauchen. Die „Arbeitervertreter“, die ja oft mitentscheiden mussten, wer seine Arbeit verliert, machten sich einen Jux und schickten Vater mit den Worten „Da werden sie dich nehmen.“ in ein entferntes Werk. Vater machte sich bei sehr stürmischem, kaltem Wetter, zu Fuß natürlich, auf den Weg. Inzwischen telefonierten sie mit ihren Verbündeten und sagten: „Wir haben gegen Hauer entschieden. Er ist jetzt auf dem Weg zu euch. Nehmt ihn nicht auf!“ Vater hat das alles später erfahren. Er hat es uns einmal erzählt. Ab da wusste ich, dass ich mit Leuten, die so gemein sind, nie etwas zu tun haben möchte.

In den 1930er-Jahren war es sehr schwer, Arbeit zu finden. Da wir ja ein eigenes Haus mit Garten hatten, Vaters Elternhaus, ließ sich Vater auf einen kleinen Legehühnerbetrieb ein. Er brauchte dazu etwas Kapital. Bei den Banken war das damals nicht so leicht wie heute, Geld zu borgen. Vater fiel auf einen privaten Geldverleiher hinein. Im ersten Jahr funktionierte es ganz gut. Leider hielt er die Legehennen ein zweites Jahr. (Viele Jahre später erging es Joschi und mir genauso, nur stand unsere Existenz nicht auf dem Spiel.) Die Hühner legten größere, aber weniger Eier. Dafür fraßen sie mehr Futter, aber der Eierpreis blieb damals gleich. Die Eier wurden nicht nach Größe sortiert. Das ging sich finanziell nicht mehr aus. Vater konnte das geborgte Geld nicht zurückzahlen. Er verlor das ganze Haus. Ich weiß nicht, wie das möglich war.

Jetzt hatten wir kein Zuhause und Vater keinen Verdienst. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie Vater gelitten hat. Da er schon einige Erfahrung mit Legehühnern hatte, fand er bald Arbeit in...

Erscheint lt. Verlag 9.5.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
ISBN-10 3-99129-894-5 / 3991298945
ISBN-13 978-3-99129-894-6 / 9783991298946
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