California Drive - Verreisen ohne Plan (eBook)
264 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-98921-3 (ISBN)
In der Grundschule hatte Sandra Schipper zwei Berufswünsche: Tierärztin oder Autorin. Ersteres hatte sich erledigt, nachdem sie erfuhr, dass die Tätigkeit viel Blut und noch mehr Spritzen beinhaltet. Den Plan B verfolgte sie mit mehr Enthusiasmus. Nach Ausflügen zu Lokalzeitungen, Online-Magazinen und als selbstständige PR-Texterin, veröffentlicht sie nun ihren Debütroman.
In der Grundschule hatte Sandra Schipper zwei Berufswünsche: Tierärztin oder Autorin. Ersteres hatte sich erledigt, nachdem sie erfuhr, dass die Tätigkeit viel Blut und noch mehr Spritzen beinhaltet. Den Plan B verfolgte sie mit mehr Enthusiasmus. Nach Ausflügen zu Lokalzeitungen, Online-Magazinen und als selbstständige PR-Texterin, veröffentlicht sie nun ihren Debütroman.
1
Ein lautes, unangenehmes Schrillen bohrte sich tief in Louises Gehörgang. Verwirrt sah sie sich um. Es passte nicht zu der Umgebung, in der sie sich befand. Neben ihr donnerte der Ozean die schaumigen Wellen an den weißgelbsandigen Küstenstrand. Ihr Blick schweifte über den Horizont und blieb an dem oberkörperfreien Mann mit dem Lächeln hängen, das sie dahinschmelzen ließ.
Wieder schrillte es um sie herum auf. Laut. Kreischend.
»Was ist das?« Fragend wandte sie sich an den lächelnden Traummann.
»Was ist was?« Seine Worte waren warm und angenehm, wie heiße Milch mit Honig an einem eiskalten Wintertag.
Louise drückte sich das Ohr zu, doch der grelle Ton verschwand nicht. Im Gegenteil, er wurde lauter und aggressiver.
»Dieses Geräusch«, fuhr sie fort, »was ist das für ein schreckliches Geräusch?«
Er sagte nichts. Er lächelte.
Louise runzelte die Stirn. Langsam kroch in ihr die Erkenntnis hoch, dass etwas um sie herum nicht stimmte. Das Lächeln des heißen Typen vor ihr veränderte sich nicht. Sie hatte es für sexy und charmant gehalten, doch je länger sie hinsah, desto mehr erschien es ihr stupide und nichtssagend.
In ihrer Hand hielt sie den Cocktail fest umklammert, doch bei genauerem Hinsehen bemerkte sie, dass das kein Glas war, sondern ein Plüschkoala.
Erschrocken hob sie den Kopf.
Mit jedem lauten Kreischen verschwamm er vor ihren Augen. Sie streckte die Arme aus, wollte ihn festhalten, doch nichts half. Kurz bevor er sich komplett in Luft auflöste, wachte Louise auf.
Sie knurrte und schlug mit der Handfläche auf den tellergroßen Radiowecker, der immer noch unerbittlich nach Aufmerksamkeit schrie.
Die Stille, die eintrat, füllte den gesamten Raum aus. Louise hatte Mühe, nicht wieder gleich einzuschlummern. Sie fühlte neben sich, ob Frank schlief, doch er war nicht da. Seine Seite war kalt, er hatte das gemeinsame Bett schon verlassen.
Louise schmollte.
»Hättest mir wenigstens einen Kaffee ans Bett stellen können«, brummelte sie und schlug die Bettdecke auf. Peanut, ihre Katze, die sich auf dem Oberbett gemütlich lang hingelegt hatte, fauchte genervt.
»Ja, ich will auch nicht raus, aber was soll ich machen?« Gähnend kraulte Louise das Köpfchen des Tieres, das genüsslich schnurrte. Doch es nutzte ja alles nichts, sie musste aufstehen. Die Arbeit in der Redaktion wartete auf sie. Bei dem Gedanken daran, dass sie den ganzen Tag im Internet nach merkwürdigen Star-Gerüchten Ausschau halten würde, rollte sie mit den Augen.
Sie schob die Katze zur Seite, die missmutig fauchte, und schwang ihre langen Beine aus dem Bett.
Lustlos schlurfte sie ins Badezimmer und scheuchte dabei Butter, ihre andere Katze, auf, die verschreckt in die Küche flüchtete.
»Entschuldigung, Schatz«, murmelte sie und kratzte sich gähnend hinterm Ohr. Sie betrat das stockdunkle Bad. Mit der Hand tastete sie an der Wand nach dem Lichtschalter.
Das Licht flackerte mehrfach schwerfällig auf. Einmal. Pause. Zweimal. Pause. Dreimal. Viermal. Bis es endgültig den kleinen Raum in einen kalten, weißen Schein tauchte.
Argwöhnisch ließ Louise den Blick durch das Zimmer schweifen. Da waren die Handtücher über dem Heizgitter, das sie im Winter so gerne anmachte. Sie mochte es, wenn sie aus der Dusche stieg, den nassen Körper, der sich rasch abkühlte, in das warme, flauschige Frottee zu wickeln. Sie entdeckte die Zahnbürste im Glas vor dem mit Zahnpastaflecken besprenkelten Spiegel. Wie Frank das schaffte, würde für immer ein Rätsel für sie bleiben. Warum er zu faul war, die Flecken hinterher wegzumachen, ein noch viel Größeres.
Franks Seite des Badezimmerschränkchens stand einen Spalt offen. Seufzend schloss sie das Türchen und griff zur Zahnbürste.
Das merkwürdige Gefühl, dass hier etwas nicht stimmte, wurde sie nicht los.
Eine Dusche später fühlte sie sich wacher und frischer. Sie zog ihre Lieblingsjeans aus dem Schrank. Obwohl sie eigentlich in einer WG im Zentrum wohnte, hatte sie sich in den letzten Monaten immer mehr hier ausgebreitet. Frank hatte nichts dagegen, und falls doch, konnte er es prima verbergen.
Seine Seite war akkurat aufgeräumt, stellte sie fest, während sie in den hellen Zopfmusterpullover schlüpfte. Das war etwas, was äußerst selten vorkam. Normalerweise türmten sich seine getragenen Pullover und Hemden auf dem Stuhl in der Ecke.
Sie schaute hoch über die Tür auf das große digitale Display. Die Zeit verriet ihr, dass sie gnadenlos zu spät dran war.
»Verdammt!«
Wenn sie den Zug ins Zentrum rechtzeitig erreichen wollte, musste sie sich jetzt sputen.
Louise schnappte sich ihre Tasche und hastete aus der Wohnung. Es fehlte nicht viel und sie wäre im Flur mit einer der Nachbarinnen zusammengestoßen. Den Namen der Frau kannte sie nicht.
»Guten Morgen«, sagte sie freundlich lächelnd, doch sie erntete nur ein abfälliges Schnaufen und ein Husten, das wie »Schlampe« klang.
Louise achtete nicht weiter auf die Unhöflichkeit und eilte auf die Straße. Der Wind war kühl und schneidend. Fröstelnd zog sie die Jacke fester um ihren Körper. Keine Frage, der Winter war auf dem Vormarsch.
Laut machte sich ihr Magen bemerkbar. Louise warf einen Blick auf die Uhr. Beim Bäcker eben eine Kleinigkeit zu holen, war zeitlich möglich.
Bevor sie den Laden betrat, zückte sie ihre Kreditkarte.
»Zwei Scones, bitte«, wünschte sie sich von der Verkäuferin und hielt ihr die Karte hin.
Die Frau nahm sie und steckte sie in das Gerät.
Ein schriller Ton wies darauf hin, dass etwas nicht stimmte.
»Die Karte funktioniert nicht«, erklärte die Verkäuferin mit gelangweilter Miene.
Das Blut schoss Louise ins Gesicht.
»Ähm, da ist aber genug Geld drauf«, versicherte sie, »bitte versuchen Sie es noch einmal.«
Ein weiteres Mal steckte die Frau hinter dem Tresen die Karte in das EC-Gerät.
Wieder piepte es unangenehm in Louises Ohren.
»Die Karte funktioniert nicht.« Sie hielt ihr das Stückchen buntes Plastik vor die Nase. »Haben Sie eine andere? Oder Bargeld?«
»Ich habe nichts klein«, Louise schüttelte den Kopf, »versuchen Sie es bitte noch mal?«
»Die Karte funktioniert nicht«, wiederholte die Verkäuferin ungeduldig.
»Aber …«
»Hören Sie, meine Liebe, die Karte. Funktioniert nicht.«
Louise steckte die Karte ein und schluckte, als sie bemerkte, wie alle in der Reihe sie unverhohlen anstarrten.
»Da ist Geld auf dem Konto, ganz bestimmt«, murmelte sie und huschte mit gesenktem Kopf zur Tür hinaus.
Ohne sich umzudrehen, eilte sie weiter zum Bahnhof.
Die Tube in Richtung Elephant & Castle war brechend voll, wie immer um diese Uhrzeit. Alle waren in ihre Zeitungen, Bücher und Smartphones vertieft. Niemand schaute den anderen an.
Louise liebte diese Anonymität in der Bahn. Sie schloss die Augen. Von ihrem Magen aus hatte eine Armee kleiner Ameisen den Weg hoch in ihren Brustkorb erklommen.
Da war es wieder, das Gefühl, dass sie seit dem Aufstehen heute Morgen begleitete. Etwas stimmte nicht. »Alles ist in Ordnung«, versuchte sie sich zu beruhigen und klopfte leicht auf den Brustknochen.
Quälend langsam verging die Fahrt. Nie zuvor war ihr aufgefallen, wie lang sich acht Stationen hinziehen konnten.
Kurz bevor sie ausstieg, zückte sie ihr Telefon und schrieb Frank eine Nachricht.
Guten Morgen, wohin bist du denn so früh schon verschwunden? Ruf mich an! I <3 U! /L.
Eine Weile schaute sie auf die Nachricht. Dass nur ein gräulicher Haken erschien, störte sie nicht weiter. Der Empfang hier unten war grauenhaft, da konnte selbst der neue Bürgermeister nichts gegen ausrichten.
Fast verpasste sie dadurch den Ausstieg, und sie sprang durch die sich eben schließenden Türen. Ein Passant, den sie mit dieser Einlage anrempelte, schüttelte nur abschätzig den Kopf.
...Erscheint lt. Verlag | 30.6.2022 |
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Reihe/Serie | Louise Moore |
Louise Moore | Louise Moore |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | Ärmelkanal • Buch für den Urlaub • Chick-Lit • Chick-Lit lustig • Erbschaft • Frauenliteratur romantisch • humorvoller Roman • Las Vegas • lustiges Buch • Millionär • reisen mit Hindernissen • Roadtrip • Roman für den Urlaub • Romantic Comedy Roman • romantische komödie buch • Ungleiche Paare • Unterhaltungsromane |
ISBN-10 | 3-492-98921-7 / 3492989217 |
ISBN-13 | 978-3-492-98921-3 / 9783492989213 |
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