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Die rätselhaften Honjin-Morde (eBook)

Kriminalroman

****

(Autor)

eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
224 Seiten
Aufbau digital (Verlag)
978-3-8412-3052-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die rätselhaften Honjin-Morde - Seishi Yokomizo
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»Japans Antwort auf Agatha Christie« The Guardian.

Es ist der Winter 1937, und der Ort Okamura befindet sich in heller Aufruhr: schon bald wird die renommierte Ichiyanagi-Famile ihren Sohn vermählen. Aber unter den Tratsch über das anstehende Fest mischt sich ein besorgniserregendes Gerücht: ein maskierter Mann streift durch das Städtchen und fragt die Leute zu den Ichiyanagis aus. In der Hochzeitsnacht dann erwacht die Familie durch einen furchtbaren Schrei, auf den eine unheimliche Melodie folgt. Ja, der Tod ist nach Okamura gekommen und hat keine weitere Spur als ein blutiges Samurai-Schwert hinterlassen, das im reinen Schnee im Hof des Hauses steckt. Der Mord am frisch vermählten Paar gibt Rätsel auf, war doch das Schlafzimmer von innen verschlossen. Doch der private Ermittler Kosuke Kindaichi will den Fall unbedingt lösen ...

  • Ausgezeichnet mit Japans wichtigstem Preis für Kriminalliteratur.
  • Für alle, die es lieben, beim Lesen mitzuraten: ein klassischer Locked Room Mystery (Geheimnis des verschlossenen Raums).
  • »Ein Kriminalfall klassischer Güte. Vergleiche mit Sherlock Holmes sind absolut gerechtfertigt: Verwirrungen, falsche Fährten und ein faszinierender Einblick in die japanische Gesellschaft.« Japan Times.


Seishi Yokomizo, 1902-1981, ist einer der berühmtesten und beliebtesten japanischen Autoren von Kriminalromanen. Er wurde in Kobe geboren und las als Junge unzählige Detektivgeschichten, bevor er selbst mit dem Schreiben begann. Allein seine Serie um Kosuke Kindaichi besteht aus 77 Büchern. »Die rätselhaften Honjin-Morde« ist der erste Band dieser Reihe und gewann sogleich den ersten Preis für Kriminalautoren Japans.  

1 Der Mann mit den drei Fingern


Bevor ich mit der Niederschrift dieser seltsamen Geschichte begann, wollte ich mir zunächst einen Überblick über den Schauplatz des grausigen Verbrechens verschaffen, weshalb ich mich eines Nachmittags im Vorfrühling mit meinem Spazierstock in der Hand auf den Weg zu dem berüchtigten Anwesen machte.

Seit ich im Mai des vergangenen Jahres, als die Bombenangriffe ihren Höhepunkt erreichten, in dieses Dorf in der Präfektur Okayama evakuiert worden war, hatte jeder, dem ich dort begegnete, mir mindestens einmal von den »Koto-« oder »Honjin-Morden«, wie manche sagten, im Haus der Familie Ichiyanagi erzählt.

Sobald die Leute hören, dass ich Kriminalromane schreibe, fühlen sie sich im Allgemeinen bemüßigt, mir von jedem Mordfall zu berichten, von dem sie einmal Kenntnis erlangt haben.

Offenkundig war den Dorfbewohnern meine berufliche Tätigkeit zu Ohren gekommen, so dass mir nun jeder von diesen Morden erzählte. Für sie konnte es natürlich kaum einen denkwürdigeren Fall geben, und doch waren sich die meisten der grausamen Ausmaße dieses Verbrechens nicht bewusst.

Solche kolportierten Geschichten sind normalerweise für mich nie so interessant wie für den Erzähler, geschweige denn, dass sie sich als Vorlage für ein Buch eignen würden. Das war bisher noch nie vorgekommen. Doch dieser Fall war anders. Als ich zum ersten Mal davon munkeln hörte, war ich sofort fasziniert. Der Bericht, den ich schließlich von Dr. F. erhielt, dem Arzt, der unmittelbar mit dem Fall zu tun gehabt hatte, versetzte mich in höchste Aufregung. Dies war kein gewöhnlicher Mord. Der Täter hatte seine grässliche Tat bis in jede Einzelheit geplant. Mehr noch, sie war würdig, das Etikett Locked Room Murder Mystery zu tragen – ein Genre, an dem sich jeder anständige Kriminalautor irgendwann in seiner Laufbahn versucht.

Der Mord hatte in einem Raum stattgefunden, den der Mörder weder betreten noch verlassen haben konnte. Die Rekonstruktion der Abläufe bedeutete eine reizvolle Herausforderung für mich als Schriftsteller. Meinem geschätzten Freund Eizo Inoue zufolge sind sämtliche Werke des großen John Dickson Carr Varianten der sogenannten Locked Room Murder Mystery, des »Mordes im verschlossenen Raum«. Von Berufs wegen hegte ich seit Langem die Absicht, mich eines Tages an diesem Genre zu versuchen, und nun fiel mir ein solcher Fall unerwartet in den Schoß. Es mag makaber klingen, aber eigentlich schulde ich dem Mörder Dank für die derart teuflische und perfide Methode, mit der er brutal einen Mann und eine Frau erstach.

Als ich die Geschichte hörte, durchforstete ich sofort mein Gedächtnis, welche mir bekannte Romane ähnliche Fälle behandelten. Das Geheimnis des gelben Zimmers von Gaston Leroux und Arsène Lupin – Der Zahn des Tigers von Maurice Leblanc kamen mir als erste in den Sinn, dann Der Mordfall Canary und Der Mordfall Terrier, beide von S. S. Van Dine, und schließlich The Plague Court Murders von Carr. Sogar in Murder Among the Angells von Roger Scarlett glaubte ich, eine Variante zu erkennen. Allerdings unterschied sich der Honjin-Mordfall, dem ja eine wahre Geschichte zugrunde lag, deutlich von den genannten. Vielleicht hatte der Mörder einfach eine Auswahl solcher Romane gelesen, die einzelnen Finten genau unter die Lupe genommen und sich passende Versatzstücke für seinen eigenen Entwurf herausgesucht. Das wäre zumindest eine Theorie.

Das Geheimnis des gelben Zimmers verfügt über die größte Ähnlichkeit mit dem Fall, allerdings weniger die Fakten als Schauplatz und Atmosphäre betreffend. Hier ist der Tatort ein Zimmer mit gelber Tapete, im Honjin-Mordfall sind Pfeiler, Balken, Decke und Läden ockerrot gestrichen. Ocker war kein ungewöhnlicher Farbton für Innenräume in dieser Region, auch das Haus, in dem ich wohnte, war in dieser Farbe gestrichen, nur dass das leuchtende Rot mit den Jahren einem dunklen bräunlichen Schimmer gewichen war. Im Gegensatz dazu war der Raum, in dem der Mord geschah, vor Kurzem gestrichen worden und erstrahlte vermutlich in frischem Rot. Die Tatami waren ebenfalls ganz neu sowie auch die Fusuma, die die beiden Haupträume trennten. Zudem stand in dem größeren von beiden ein mit Blattgold überzogener Wandschirm. Das einzige Unschöne darin war wohl das in seinem eigenen karmesinroten Blut liegende Brautpaar.

Eine Seite an diesem Fall faszinierte mich besonders, nämlich die zentrale Rolle, die das traditionelle japanische Saiteninstrument, die Koto, darin spielte. Sobald ein kritischer Moment erreicht war, ertönte auf geheimnisvolle Weise die Koto. Dies übte auf mich, einen hoffnungslosen Romantiker, einen ungeheuer starken Reiz aus. Ein Mord in einem verschlossenen ockerroten Raum und der Klang einer Koto – auf mich als Schriftsteller wirkten diese Motive unwiderstehlich wie eine köstliche Droge, und ich fürchtete, ihre Wirkung würde nachlassen, wenn ich mich mit dem Schreiben nicht beeilte.

Aber ich will nicht vorgreifen. Von meinem Haus bis zum Anwesen der Familie Ichiyanagi waren es ungefähr fünfzehn Minuten zu Fuß. Es liegt in einem Weiler namens Yamanoya, etwas außerhalb des Dorfes O. Nördlich von Yamanoya befindet sich eine kleine Hügelkette mit drei sanften Erhebungen, die mich irgendwie an die Arme eines Seesterns erinnerten. Unterhalb eines dieser Arme erstreckt sich das Anwesen der Familie Ichiyanagi.

An der Westseite des Seesternhügels fließt ein Bach, und auf der Ostseite führt ein Weg am Anwesen vorbei ins Dorf H. Bach und Weg treffen unterhalb des Hügels zusammen, und auf dem etwa eineinhalb Hektar umfassenden dreieckigen Grundstück dazwischen liegt das Anwesen. Es ist also im Norden von den Hügeln, im Westen vom Bach und im Osten vom Weg nach H. gesäumt. Das Haupttor liegt ein wenig zurückgesetzt am Weg auf der Ostseite.

Ich ging vom Weg ein Stückchen hinauf zu dem mit schwarzen Ziernieten beschlagenen Tor. Links und rechts davon erstreckte sich eine insgesamt über hundert Meter lange imposante Mauer. Bei einem Blick durch das Tor stellte ich fest, dass sich dahinter eine weitere Einfriedung befand, die die Aussicht auf das Innere versperrte. Das Ganze mutete hochherrschaftlich an.

Von dort ging ich zur Westseite um das Anwesen herum und folgte dem Bach nach Norden, wo ich am nördlichsten Ende der Außenmauer auf eine baufällige Wassermühle und eine einfache lehmgepflasterte Holzbrücke stieß. Ich überquerte sie, stieg den Hang hinauf und kroch durch das wuchernde Bambusdickicht. Oben auf dem Hügel hatte man in südlicher Richtung das gesamte Anwesen in Blick.

Unmittelbar unter mir lag das Dach des Nebengebäudes, in dem der schreckliche Mord geschehen war. Nach dem, was ich im Dorf gehört hatte, war es ursprünglich für die Witwe Itoko, die Herrin des Anwesens, gebaut worden, weshalb es nur über zwei Räume verfügte, der eine acht und der andere sechs Tatami groß. Zu diesem eher kleinen Bau gehörte ein nach Südwesten ausgerichteter Garten mit Bäumen, Büschen und Zierfelsen, der im Verhältnis fast zu weitläufig erschien.

Ich werde dieses Nebengebäude noch ausführlicher schildern, doch als ich jetzt darüber hinweg nach Süden blickte, staunte ich zunächst über das prachtvolle nach Osten weisende Haupthaus und betrachtete die von der erweiterten Familie bewohnten Räumlichkeiten dahinter sowie die unregelmäßig verstreut liegenden Speicher und Schuppen.

Haupthaus und Nebengebäude waren durch einen hohen Zaun mit einem einfachen Gartentor aus Ästen und Bambus getrennt. Zaun und Tor waren unterdessen fast bis zur Unkenntlichkeit verrottet, aber zur Zeit des Mordfalls mussten sie noch in so stabilem Zustand gewesen sein, dass sie die auf die Schreie hin herbeigeeilten Bewohner aufhielten.

Damit hatte ich genug gesehen. Nachdem ich mich wieder aus dem Bambusdickicht herausgearbeitet hatte, machte ich mich auf den Weg zum Rathaus in O. an der Südseite des Dorfes, wo es kaum noch Häuser gab. Ging man von dort weiter nach Süden, erstreckten sich bis zur nächsten Ortschaft K. nur noch von einer breiten zweispurigen Straße durchschnittene Reisfelder. Nach etwa vierzig Minuten Fußmarsch gelangte man an eine Bahnstation. Das heißt, für Zugreisende gab es keine andere Möglichkeit, nach O. zu gelangen, als ...

Erscheint lt. Verlag 6.9.2022
Reihe/Serie Kosuke Kindaichi ermittelt
Kosuke Kindaichi ermittelt
Übersetzer Ursula Gräfe
Sprache deutsch
Original-Titel HONJIN SATSUJIN JIKEN
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Krimi / Thriller / Horror Historische Kriminalromane
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Agatha Christie • Buch Mord geschlossener Raum • Bushido • Death at an old Mansion • Detektiv • Detektiv Conan • geschlossener Raum • historischer Krimi • Honjin satsujin jiken • Japan • Junichiro Tanizaki • Katsuhiko Takahashi • Klassiker • Kosuke Kindachi • Krimi • Krimi Japan • Krimiklassiker • Locked in Mystery • locked room • locked room murder mystery • locked room mystery • Mord • Murder Mystery • Neuerscheinung 2022 • Privatdetektiv • Samurai • Showa • The Honjin Murders • Whodunit
ISBN-10 3-8412-3052-0 / 3841230520
ISBN-13 978-3-8412-3052-2 / 9783841230522
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