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Mörderisches Endspiel. Ostfrieslandkrimi -  Stefan Albertsen

Mörderisches Endspiel. Ostfrieslandkrimi (eBook)

eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
200 Seiten
Klarant (Verlag)
978-3-96586-555-6 (ISBN)
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Ein Hof bei Neßmersiel steht in Flammen. Doch damit nicht genug: Bei den Löscharbeiten werden zwei Leichen geborgen! Hauptkommissar Axel Groot und Kommissarin Hilka Martens von der Kripo Norden kennen den Tatort bereits von einem früheren Fall. Schnell merken sie, dass hier verschiedene Fäden zusammenlaufen. In einem Versteck auf dem Hof taucht eine große Summe als gestohlen gemeldetes Bargeld auf. Und plötzlich gerät Hilka Martens selbst unter einen schrecklichen Verdacht. Hat die Kommissarin sich in einem schwachen Moment zu einer unüberlegten Tat hinreißen lassen? Oder will ihr jemand etwas anhängen? Vergangenheit und Gegenwart scheinen in diesem mörderischen Fall zu verschmelzen. Hilka Martens weiß bald nicht mehr, wer Freund und wer Feind ist, und trifft eine folgenschwere Entscheidung. Alles läuft nun auf den finalen Showdown hinaus...

1. Kapitel


 

Neun Tage zuvor

 

Das Wasser schoss dem tintigen Nachthimmel entgegen. Es formte einen perfekten Bogen und regnete auf die Flammen nieder, die scheinbar zornig aus dem eingestürzten Dachstuhl züngelten. Die Flüssigkeit traf zischend auf ihren flackernden Kontrahenten, ein durchdringendes Knacken entstand in den Überresten des Gebälks, als der rasante Temperaturwechsel einsetzte.

Axel Groot beobachtete den Vorgang mit einer Mischung aus Bewunderung für die Feuerwehrleute und Ungeduld darüber, dass er in tiefspäter Nacht an diesen Ort gerufen worden war. Er führte den Thermobecher an die Lippen und nahm einen langen Schluck von dem heißen Kaffee. Charlie Thaler hatte mitbekommen, dass man Groot als Diensthabenden der Kripo-Bereitschaft aus den Federn geklingelt hatte, und ihm in Windeseile den aromatischen Wachmacher aufgebrüht.

Groot lächelte bei dem Gedanken an diese treue Seele. Ja, ich bin dankbar, dass ich sie habe, dachte er kopfschüttelnd. Sie ist manchmal genau wie Mutter.

Die eben empfundene Heiterkeit wich dem Schmerz des Verlusts, den ihr Tod bei ihm hinterlassen hatte. Das Lächeln zerbrach und er senkte langsam den Becher. So erging es ihm immer, wenn ihm die Eltern in den Sinn kamen. Unweigerlich drängte sich ihm nagende Ungewissheit in die Erinnerungen und machte es unmöglich, vollends mit der Tatsache abzuschließen, dass sie nicht mehr bei ihm waren. Gleichzeitig wallte Zorn in ihm auf, denn all das brachte einen Automatismus in Gang, an dessen Ende ihm ein Name vor dem geistigen Auge stand. Der Name des Mannes, den er unter Verdacht hatte, ihm die beiden Menschen genommen zu haben, die er am meisten geliebt hatte.

»Gorodetsky«, flüsterte er. Seine Stimme wurde vom Zischen des Wassers, dem Knacken und Krachen des Dachstuhls und den zahlreichen gerufenen Kommandos der Feuerwehrleute übertönt.

Ich werde ihn für das bezahlen lassen, was er euch und mir angetan hat, schwor Axel zum wiederholten Male im Gedanken. Er kam sich im selben Moment reichlich lächerlich vor, denn wie er das anzustellen hatte, war ihm bislang ein Rätsel.

Er hatte nichts. Keinen Hinweis darauf, wo der ursprünglich aus Russland stammende Terrorist und Profi-Killer untergetaucht war. Es gab nicht einen einzigen Beleg dafür, dass Piet und Janne Groot ermordet worden waren. Alles hatte damals auf einen schrecklichen Autounfall hingedeutet, bei dem die beiden fast bis zur Unkenntlichkeit verbrannten.

Axel gestand sich ein, dass er nicht in der Lage war zu beweisen, dass Maxim Gorodetsky überhaupt am Leben war. Offiziell war er nach einer verhängnisvollen Verfolgungsjagd in Portugal mit seinem Wagen über eine Klippe gerast und ins Meer gestürzt.

»Trübe Gedanken oder einfach nur Müdigkeit?«

Groot schrak zusammen und wandte sich mit einer raschen Bewegung um. Hilka Martens, Kommissarin und engste Kollegin bei der winzigen Kripo-Abteilung in Norden, stand neben dem Dienstwagen, mit dem er hergekommen war.

»Was machen Sie denn hier?«, entfuhr es ihm.

Sie deutete auf das Feuer, das sich nach wie vor dem wolken­losen Nachthimmel entgegenstreckte und trotz der vehementen Gegenwehr der Feuerwehr fleißig am Dach des wuchtigen Gebäudes zehrte. »Ich habe über Funk von dem Spektakel erfahren und mitbekommen, dass Sie alarmiert wurden. Deshalb dachte ich, dass Sie vielleicht meine Unterstützung gebrauchen könnten.«

Vor einigen Monaten hätte diese Eröffnung Axel zu einem Widerspruch, zumindest zu einem verärgerten Kommentar verlei­tet. Mittlerweile sah er vieles gelassener. Vor allem aber schätzte er seine Kollegin. Er hatte im Laufe des letzten Jahres mehr Vertrauen zu ihr gewonnen als zu anderen Weggefährten, die er zehnmal so lang kannte. »Das ist nett«, entgegnete er, nahm einen weiteren Schluck und nickte. »Obwohl ich eher annehme, dass Ihr Hiersein mit der Location zu tun hat.« Groot stellte den Thermo­becher auf die Motorhaube und deutete dann auf das brennende Gebäude.

»Okay, ja, das stimmt natürlich auch«, bekannte die Kommis­sarin. »Als ich hörte, dass Michael Bergs Hof brennt, wurde ich hellhörig, aber können Sie mir das verübeln?«

Axel ließ sich ein paar Sekunden Zeit, ehe er den Kopf schüttel­te. »Nein, ganz im Gegenteil, es hätte mich eher gewundert, wenn Sie nicht hier auf der Matte gestanden hätten. Ich weiß ja, dass Sie in Ihrer Freizeit oft den Polizeifunk mithören.«

»Glauben Sie denn, dass das Feuer irgendwie mit unserem Fall von damals zusammenhängt?«

Groot sah nachdenklich zum Brand hinüber. Es lag mittlerweile etwas über ein Jahr zurück, dass Hilka Martens und er im Mordfall Rolf Behrend ermittelt hatten. Letztlich waren dessen Tochter und ihr Komplize Michael Berg des zweifachen Mordes und des Schmuggels von Diebesgut überführt worden.

Dass Bergs Hof in dieser Nacht in Flammen stand, war möglicherweise ein Zufall. Freilich fiel es dem Oberkommissar schwer, das zu glauben. Und wenn er den Blick seiner Kollegin korrekt deutete, erging es ihr ebenso.

»Aber ganz ehrlich«, holte ihn ihre Stimme in die Gegenwart zurück, »ich wollte Sie nicht allein lassen bei diesem Einsatz. Ich glaube, zusammen erreichen wir mehr.«

Axel lächelte »Ja, ein zusätzliches Paar Augen könnte sehr hilfreich sein. Ich hoffe nur, dass Sie bei nichts Wichtigem unterbrochen wurden.«

Die Kommissarin erwiderte das Lächeln mit leidigem Ausdruck. »Chef«, sagte sie und es klang wie eine Ermahnung. »Es ist fast drei Uhr am Morgen. Was sollte ich Wichtiges zu tun haben?«

Groot ließ sich Zeit mit der Antwort, sah einen Augenblick lang wie gebannt den umhereilenden Männern und Frauen in ihren Schutzanzügen zu und griff dann erneut nach dem Becher, um ihn zu leeren. »Mir fallen eine ganze Menge Dinge ein, die man um diese Uhrzeit machen könnte«, erwiderte er und grinste. »Zum Beispiel innige Liebkosungen mit dem Freund austauschen.«

Hilka Martens sog geräuschvoll die Luft ein und sein Grinsen wurde breiter. Er zog die Schultern in die Höhe, als erwarte er, einen harten Schlag zu kassieren.

»Sagen Sie mal, bei Ihnen piept’s wohl, oder?«, zischte die Kommissarin und stemmte die Fäuste in die Seiten. »Sie wissen genau, dass ich keinen Freund habe und deshalb …« Sie unter­brach sich und begnügte sich damit, ihren Chef anzufunkeln.

»Du meine Güte, Sie verstehen aber wirklich keinen Spaß«, ließ er mit gespielter Entrüstung vernehmen. Für gewöhnlich war er eher der ernste Part in ihrer kollegialen Beziehung. Doch von Zeit zu Zeit wechselten sie die Positionen.

»Das ist kein Spaß, Groot«, knurrte Hilka Martens. »Für mich ist dieses Thema …« Sie schien nach dem richtigen Wort zu suchen. »… heikel.« Es blitzte in den Augen der Kommissarin auf, als habe sie einen guten Einfall. »Sie würden an meiner Stelle genauso reagieren.«

Axel winkte ab. »Ach, glauben Sie wirklich?« Allmählich gefiel ihm der nächtliche Schlagabtausch.

»Ja, glaube ich«, zischte sie. »Es würde Ihnen doch sicherlich nicht gefallen, wenn ich mich über … Manuela auslassen würde.«

Die Erwähnung dieses Namens wirkte auf Groot wie ein Blitz, der vom Himmel herabfuhr, um ihm den Schädel zu spalten. Er zuckte zusammen.

»Nein«, erwiderte er, »würde es ganz und gar nicht. Immerhin sprechen wir von meiner Ex-Frau, die mir über Jahre hinweg das Leben schwer gemacht hat, ehe sie sich nach einem wahren Scheidungskrieg in jenen finsteren Höllenwinkel zurückgezogen hat, aus dem sie stammt. Ich …«

Er bemerkte Hilkas süffisantes Lächeln und hörte auf zu reden.

»Du meine Güte«, giggelte sie. »Sie verstehen aber wirklich keinen Spaß.«

Axel seufzte und senkte gottergeben den Kopf. »Okay, in Ordnung. Ich habe es nicht anders verdient. Wer anderen eine Grube gräbt … und so weiter und sofort.«

»Vergeben und vergessen, Chef«, gab Hilka versöhnlich zurück, »aber irgendwann müssen Sie mir mal erklären, warum Sie mich so oft damit aufziehen, dass ich keine feste Beziehung habe.«

»Weil das Leben kurz ist«, erklang eine Stimme aus Richtung der Hofzufahrt und unterbrach die Kommissare. »Herr Groot ist sich dessen bewusst und möchte Sie ebenfalls daran erinnern.« Gernot Michaelis, der Leiter der Spurensicherung, trat in den flackernden Schein des Feuers, der nach wie vor das Grundstück erhellte. Sein langgezogenes, knorriges Gesicht wirkte im unste­ten Licht wie eine bleiche Maske. Der baumlange Mann nickte den beiden zu. »Guten Morgen, die Herrschaften. Bitte verzeihen Sie, dass ich mich in Ihr Gespräch eingemischt habe, aber ich konnte nicht widerstehen.«

»Schon gut«, meinte Groot nur. »Wir waren sowieso mit dem Thema durch.«

»Waren wir?« Hilka Martens’...

Erscheint lt. Verlag 28.3.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
ISBN-10 3-96586-555-2 / 3965865552
ISBN-13 978-3-96586-555-6 / 9783965865556
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