Sehr dunkle Pfade: Viermal Fantasy Western (eBook)
400 Seiten
Uksak E-Books (Verlag)
978-3-7389-5847-8 (ISBN)
von Alfred Bekker
Ich war auf der Flucht. Und das mit gutem Grund, denn ich hatte die Bank in Lordsburg ausgeraubt. Jetzt hetzte ein Aufgebot des Town Marshals hinter mir her. Ich sah die Verfolger-Meute aus den Augenwinkeln. Die Staubwolke, die von ihren Pferden verursacht wurde, wirkte wie übler Geist, der mich verfolgte.
Sie kamen näher. Vielleicht hatte ich die Kräfte meines Pferdes etwas überschätzt.
Okay, kann passieren.
Der Überfall selbst war eine Kleinigkeit gewesen. Kein Widerstand, ich hatte niemanden erschießen müssen. Der Kassierer war vernünftig gewesen und hatte alles ausgehändigt.
Bargeld und Gold.
Das Gold war vielleicht etwas schwer. Ich hatte schon befürchtet, dass die Taschen das irgendwann nicht mehr aushielten.
Damit, das auf lange Sicht mein Pferd ein Problem mit dem Gewicht haben würde, damit hatte ich nicht gerechnet. Aber ich musste das Zeug ja auch nicht tragen.
Wenn ich hier heile herauskam, dann war ich ein gemachter Mann.
Ich konnte irgendwo anders hinziehen, wo mich keiner kannte.
Und mich zur Ruhe setzen.
Beim Überfall hatte ich eine Maske getragen, sodass ich nicht damit rechnete, dass mich irgendwer wiedererkannte und ich mein Bild in Kürze im ganzen Staat auf irgendwelchen Steckbriefen sehen würde.
Eigentlich war also alles gut gelaufen.
Das Problem war, ich war nicht schnell genug, um der Posse des Marshals zu entkommen. Das Gewicht des Goldes war zu hoch, das Pferd dadurch zu langsam.
Aber dafür hatte ich einen andere Vorteil.
Ich war ein guter Schütze.
Am Eingang der Schlucht zügelte ich mein Pferd.
Dann stieg ich ab, nahm die Winchester aus dem Sattelschuh.
Das Pferd band ich an einem Strauch fest. Und zwar so, dass es auch wirklich nicht fort konnte. Auch dann nicht, wenn geschossen wurde und es sich vielleicht sehr erschreckte.
Ich ging mit der Waffe in Deckung, lud die Winchester durch und wartete.
Genau genommen habe ich zwei Winchesters: Einen Karabiner und eine Rifle mit langem Lauf und einem guten Fernrohr. Mit der kann man viel weiter schießen und trotzdem noch treffen und natürlich hatte ich diese Waffe jetzt genommen, um mir meine Verfolger vom Leib zu halten.
Ich wartete ab.
Ein gutes Fernrohr ist die halbe Miete für den Scharfschützen. Das vergisst man leicht.
Es kam auf den richtigen Zeitpunkt an. Nicht zu früh und nicht zu spät. Ich versuchte, den Wind einzuschätzen, denn der Wind kann ein wichtiger Faktor sein.
Ich hatte Erfahrung in solchen Dingen. Es war fast so, wie bei der Jagd, nur dass in diesem Fall auf Menschen geschossen wurde.
Ich ließ sie noch etwas herankommen.
Dann feuerte ich.
Immer wieder.
Ich holte einige von ihnen aus den Sätteln. Allzu viel Mitleid hatte ich nicht mit ihnen, denn schließlich waren sie gekommen, um mich zu töten. Mehren holte ich den Gaul unter dem Hintern weg. Pferde wieherten, Männer schrien.
Es waren viele
Ich habe keine Ahnung, wie der Town Marshal von Lordsburg es geschafft hatte, so viele Männer zusammenzubringen. Es waren mindestens hundert, die sich auf den Weg gemacht hatten.
Ein so großes Aufgebot war ungewöhnlich.
Selbst für einen Staatsfeind.
Und ich war nur ein gewöhnlicher Bankräuber.
Ich feuerte, was das Zeug hielt. Aber ich msste natürlich darauf achtn, nicht im wahrsten Sinn des Wortes vorzeitig mein Pulver zu verschießen. Sprichwörtlich gemeint. Schließlich gab es ja nun schon seit fast zehn jahren diese neumodischen Dinger, die man Patronen nennt und die beim Schießen vieles leichter und schneller gemacht hatten.
Wie auch immer.
Der Punkt war einfach, dass ich nicht grenzenlos viele Patrone hatte, um damit meine Verfolger niederstrecken.
Ich saß an einem strategisch günstigen Punkt, das war mir schon klar. Genauso klar war mir aber auch, dass sich mein Vorteil nicht auf ewig halten würde.
Immerhin, ich hatte sie aufgehalten.
Vorerst.
Sie hatten sich blutige Nasen geholt und jetzt verschanzten sie sich hinter der nächsten Gruppe von Felsen. Die sahen aus wie groteske Skulpturen, die der Wind und er Sand aus dem Gestein herausgemeißelt hatten. Mochten Gott oder der Teufel wissen, wie lange das gedauert hatte.
Ein paar mal feuerten sie in meine Richtung.
Ich schoss nicht zurück. Auf diese Distanz wäre das nur Patronenverschwendung gewesen, zumal meine Verfolger eine wirklich gute Deckung hatten.
Für mich hatte es erst dann Sinn zu feuern, wenn die Meute diese Deckung wieder verließ. Aber im Moment war keiner von ihnen so mutig, den Kopf hervorzustrecken.
Ich hatte jetzt die Wahl, hier eine WEile zu bleiben und die Meute auf Distanz zu halten - oder gleich davonzureiten und meine Hoffnung darauf zu setzen, die Distanz zu meinen VErfolgern zu vergrößern.
Ich beschloss zu warten.
Trotz der Tatsache, dass ich dann vielleicht ein bisschen mehr Munition verschießen musste.
Aber es wurde bald dunkel.
Und wenn ich so lange durchhielt, bis die Sonne untergegangen war, dann hatte meine weitere Flucht einfach mehr Aussicht auf Erfolg.
*
Sie versuchten es noch einmal, feuerten mehrere hundert Schuss in meine Richtung ab. Ich feuerte nicht zurück. Dann kamen sie aus der Deckung, versuchten sich näher heran zu arbeiten. Aber das ließ ich nicht zu. Ich streckte ein paar von ihnen nieder. Ein Schuss pro Mann mussten ausreichen.
Sie zogen sich wieder zurück.
Sie wussten jetzt, dass ich noch da war und sie würden es sich zweimal überlegen, ob sie vor Einbruch der Dunkelheit nochmal hervorkamen.
Danach allerdings konnte ich sie wohl nicht daran hindern. Denn die Nacht war dann nicht nur auf meiner Seite, sondern auch auf ihrer.
Die Nacht kam. Der Mond kroch über die Felsen und tauchte das ganze, bizarre Land mit seinen von einem zornigen Gott geschaffenen Naturskulpturen in ein fahles, fast geisterhaftes Licht.
Es war still. So unheimlich still. Nur die Rufe irgendwelcher Nachtgeschöpfe erfüllte die Luft. Ein Schwarm von Fledermäusen stieg auf und tummelte sich ein paar Augenblicke lang im Licht des Mondes. Wie Motten, die durch das Licht angezogen wurden und dabei einen bizarren Tanz aufführten.
Ich erhob mich, ging zu meinem Pferd und steckte die beiden Gewehre in die Scabbards. Dann schwang ich mich in den Sattel. Ich war schon ein Stück den Pass entlang geritten, da hörte ich in meinem Rücken Geräusche.
Schreie.
Schüsse.
Mir schauderte.
Knurrende Laute waren zu hören - und dann das Heulen eines Wolfs. Zumindest klang es so, aber es war tiefer, sehr viel tiefer.
Dann herrschte Stille.
Eine Stille, so gespenstisch, wie ich nie zuvor erlebt hatte.
Auch die Stimmen der Nacht waren verstummt.
Nicht einmal eine Klapperschlange wagte es im Augenblick noch, einen Laut von sich zu geben.
Was zur Hölle, war da hinter der Anhöhe geschehen?
Vielleicht, so dachte ich, ist es besser, davon gar nichts zu wissen.
Und meinen Verfolgern entgegen zu treten, um meine Neugierde zu befriedigen, wäre in meiner gegenwärtigen Lage mit Sicherheit extrem unvorsichtig gewesen.
*
Ich folgte dem Pass. Allzu schnell konnte ich nicht reiten. Das Pferd war müde und das Gold, dass ich mit mir führte, auf die Dauer viel zu schwer für das Tier. Der Gaul brauchte dringend Ruhe, aber ich musste noch etwas vorankommen.
Es wurde allerdings immer schwieriger.
Im Schatten der Felsen konnte man oft kaum die Hand vor Augen sehen.
Vom Licht des fahlen Mondes drang so gut wie nichts hier her.
Schließlich erreichte ich ein breites, vom Mondlicht beschienenes Tal, das von hohen Felswänden umgebnen wurde.
Ich sah verfallene Häuser , eine Kirche und einen Brunnen in der Mitte.
Eine Geisterstadt.
Ich hatte von dieser Geisterstadt gehört, ohne genau zu wissen, wo sie lag. Es gab jede Menge Legenden darüber. Angeblich hatten sich zuerst spanische Mönche hier angesiedelt. Aber irgendetwas hatte sie vertrieben. Und auch die Siedler, die es später versucht hatten, waren vertrieben worden. Manche sagten, dass die Brunnen versiegt wären. Andere behaupteten, ein Fluch sei dafür verantwortlich gewesen. Oder der Pesthauch einer Seuche. Aber das waren allles nur Legenden, etwas genaues wusste ich nicht. Ich hatte mich auch nie so besonders dafür interessiert. Genauso wie ich mich nie für die Legende von der verrückten Navajo-Frau interessiert hatte, die angeblich in den Ruinen der Geisterstadt herumspukte.
Mein Pferd konnte nicht mehr
Das Gewicht des Goldes rächte sich nun.
Ich hätte vielleicht weniger gierig sein sollen.
Aber hinterher ist man immer klüger.
Ich reichte den Brunnen, stieg ab und wollte das Pferd tränken. Das Tier brauchte dringend Wasser. Ich warf einen Stein in die Tiefe. Es gab ei plätscherndes Geräusch. Offenbar gab es da unten Wasser.
Ich suchte nach dem Schöpfeimer, band ihn fest und ließ ihn an der Winde hinunter.
Wenig später zog ich ihn mit Wasser gefüllt wieder hoch. Ich roch daran. Ich weiß...
Erscheint lt. Verlag | 15.2.2022 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
Literatur ► Krimi / Thriller / Horror | |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
ISBN-10 | 3-7389-5847-9 / 3738958479 |
ISBN-13 | 978-3-7389-5847-8 / 9783738958478 |
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Größe: 1,6 MB
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