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Faltenrock -  Johann Andreas

Faltenrock (eBook)

ein autobiografischer Roman
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
myMorawa von Dataform Media GmbH (Verlag)
978-3-99125-587-1 (ISBN)
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Wie war es vor fünfzig JahrenFreunde zu finden, auf Reisen zu gehen, sich auszutauschen ohne Internet und sozialen Medien. Sich in Liebe zu üben ohne permanent ein Damoklesschwert von Krankheiten oder Pandemien im Rücken zu haben. In den 1960-er und 70er Jahren galten andere Maßstäbe und die Jugend in dieser Epoche litt wenig an Perspektivlosigkeit. Der Zeitgeist dieser Jahre führte in Welten neuen Denkens, zu Abenteuern neuen Seins, welche bis heute Spuren hinterlassen haben. Der Autor führt dich auf seine Reisen in Länder des ehemaligen Ostblocks, der damaligen Hippie-Route durch Kleinasien und läßt dich an einem Leben teilhaben, welches in dieser Form, heute kaum mehr vorstellbar zu sein scheint.

Zweites Kapitel

Ein Tanz zwischen Heim- und Fernweh

Fotografie Lehrling

Erste Liebe

The House Of The Rising Sun

Der Ruf der Natur

 

Etwas be-ruft mich

Mit fünfzehn Jahren stand ich vor meiner Berufswahl und wusste nicht recht, was ich werden wollte. „Nur“ ein einfacher Handwerker zu werden, wie es die Gesellschaft mir nahelegte, war nicht in meinem Sinn. Am liebsten wollte ich das werden, was ich selbst schon war – mein eigenes Ich entfalten, doch für solche Hirngespinste gab es keinen Platz in der Nachkriegsgeneration, sie hatte nur den Wiederaufbau im Sinn. Menschen, die durch Krieg und Nachkriegszeit kaputt gemacht wurden, wollten unsere Erziehung übernehmen? Welch ein Graus, alles in mir revoltierte. Ich hatte das Glück, in dieser Epoche genau das richtige Alter zu haben. Die Zeit war reif geworden für eine Jugendrevolution und viele junge Menschen empfanden das ebenso. Wir waren die sogenannten Babyboomer und genug junge Menschen, um eine Revolte anzustiften. Die meisten männlichen Jugendlichen hatten lange Haare und trugen Bart. Frauen trugen keine BHs mehr, hatten bunte Kleider, bunte Stirnbänder und Blumen in den Haaren, im Sommer trugen sie Hotpants, Miniröcke, besuchten FKK-Strände und eine offene und freie Sexualität war zur Mode geworden. Junge Frauen wurden selbstbewusster und die ersten Strömungen für eine Gleichberechtigung der Frau fanden statt. Ich selbst trug natürlich auch ein Hippie-Outfit und dieses neue Bewusstsein erfasste mich voll.

Im Kino lief der Kultfilm „Blow Up“ von Michelangelo Antonioni aus dem Jahr 1966, der brillante Hauptakteur war ein Fotograf und es dauerte nicht lange, bis meine Berufswahl feststand. Mich erfasste dieses neue und freie Lebensgefühl. Zu diesem Gefühl der Freiheit gehörte auch eine Gitarre. Eine meiner Schwestern befand sich in einer katholischen Kindergärtnerinnen-Schule und brachte immer wieder kitschige Volks- und Kirchenlieder mit nach Hause, zu meiner Freude hatte sie aber immer wieder auch neue Akkorde für die Gitarre mit im Gepäck. Sie lernte Akkordeon und ich ließ mich breitschlagen, ebenfalls dieses folkloristische Instrument zu lernen. Der Musiklehrer war ein älterer Herr, vermittelte mir nur Volks- und Klassikmusik, war unmodern, streng und uncool. Er verlangte strengen Respekt, Gehorsam und Unterwürfigkeit. Mich quälten Lehrer, die ihre Kriegsvergangenheit nicht leugnen konnten, sie waren überall, in Schulen, in den Betreuungsstätten für Kinder, in der Politik und in der Wirtschaft.

Nach nicht allzu langer Zeit begann ich den Akkordeon-Unterricht zu schwänzen. Die zwei Schilling für den Fahrschein der Straßenbahn setzte ich in zwei Eskimo-Eislutscher um. Der Nachmittag war gerettet, ein Streit daheim ebenso, denn ich versprach, ein anderes Instrument in der Blaskapelle von Leopoldau zu erlernen. Es sollte das Flügelhorn sein, der Kindheitstraum meines Vaters wurde wahr. Soweit verlief alles gut, bis auf die Striemen auf meinen Oberschenkeln, die waren der Taktschlag des Lehrers. Ich kam gut voran, vielleicht auch deshalb, um möglichst schnell den schmerzhaften Unterricht beenden zu können. Ein Feiertag war in Aussicht, doch meine Freude verblasste in jenem Moment, als mein Trompetenlehrer mir mitteilte, mit der Blaskapelle an diesem freien Schultag mitmarschieren zu müssen. Ein Schauer überlief mich. Einerseits wäre es für meinen Vater eine große Freude gewesen, voller Stolz seinen Sohn bewundern zu können, doch konnte und wollte ich ihm diese Freude nicht machen. Meine Freunde würden mich beobachten, im schlimmsten Fall die Mädchen. Wie peinlich, wie unangenehm und wie lächerlich würde ich dastehen. Ich, immer am Puls der Zeit, ein Fan der neuen Popmusik, ich würde mein Gesicht verlieren. Niemals und um keinen Preis marschierte ich im Gleichschritt, noch dazu bei militärischer Marschmusik, öffentlich durch die Straßen. Ich würde, was auch geschieht, mir selbst treu bleiben. Weder im Äußeren würde ich mich fügen noch im Inneren, das schwor ich mir. Ich musste mir selbst der Nächste bleiben. Niemals war ich zur Blaskapelle zurückgekehrt.

Das Erlernen der Popgitarre erwies sich als einfacher und freudvoller für mich. Tausendmal den Song „The House of the Rising Sun“ rauf und runter gespielt gab mir die Fingerfertigkeit, einige Grundakkorde der Gitarre zu lernen, mit denen auch so manche Songs der Beatles möglich waren. Mich beeindruckte diese Band im Besonderen, sie war musikalisch, gesanglich und was ihre Gitarrenakkorde betraf für damals einzigartig, dementsprechend auch schwierig, sie autodidaktisch zu erlernen.

Mithilfe meiner Schwester kam ich mit dem Popinstrument relativ gut zurecht. So recht und schlecht spielte ich mich mit den selbst erlernten Popsongs in die Herzen meiner Freunde, insbesondere in die von jungen Frauen. Im Grunde genommen war es ein echter Antrieb, beim anderen Geschlecht Eindruck zu erwecken. Auch manche meiner Freunde entwickelten großes Talent und wir tauschten unser Können gerne miteinander aus, sangen mehrstimmig, gründeten Bands und hatten auch den einen oder anderen Auftritt. Den Sommer verbrachten wir die meiste Zeit musizierend am Zicksee. Dort fand ich endlich auch sie, meine erste große Liebe. Im Sommer verbrachte Regina fast jedes Wochenende mit ihren Eltern in ihrem Kleingartenhaus, meist mit dabei war Martha, ihre Kusine. Auch für Regina war ich die erste große Liebe und wie ein Blitz hat sie uns beide getroffen.

Bepackt mit Zelt, Schlafsack, Gitarren und Perkussionsinstrumenten ratterten wir mit unseren Mopeds jedes Sommerwochenende an den See. Mein Bruder-Freund Reinhard verliebte sich in Martha. Somit waren wir ein ansehnliches Vierergespann. Jede freie Zeit verbrachten wir miteinander. Martha und Regina waren Gymnasialschülerinnen, Reinhard und ich schon Lehrlinge. Martha hatte weniger Zeit, da sie eine jüngere Schwester hatte und viel Freizeit mit dieser verbringen musste. Wir vermuteten, dass ihre Eltern sie als Aufpasserin einsetzten. Sie hielten nicht viel von der frühen Liebe ihrer Tochter.

Einen Sommer lang begleitete ich Regina mit ihren Eltern an den Wochenenden in das Kleingartenhaus am Zicksee. In dieser Zeit trübte sich mein Verhältnis zu ihr immer mehr. Es war so bürgerlich, so unfrei und etwas begann in mir zu rebellieren. Ihre Eltern standen in Trennung, nahmen sich kaum Zeit für Gespräche, verspürten weder Einfühlsamkeit noch Verständnis für junge Leute. Ich fühlte, dass ich nur akzeptiert wurde, weil sie durch mich ihre Tochter immer in Sichtweite hielten und meine Anwesenheit ihnen Kontrolle und Sicherheit vermittelte. Meist verhielt ich mich wie ein braver junger Mann, war höflich, zurückhaltend und zeigte Interesse am Familienleben. Ihrer Mutter hörte ich interessiert zu und mit ihrem Vater reparierte ich gerne sein altes Motorrad. Mein Verhalten kam gut an, denn Jugendliche zu dieser Zeit waren für Ältere gefährliche Individuen – Gammler, Hippies und Nichtsnutze. Viele von uns waren in permanenter Konfrontation mit den Erwachsenen und Eltern. Bei solcherlei Ausfahrten an den Wochenenden spürte ich eine gewisse Enge. Meine Freunde fehlten mir sehr und es erschien mir so, als wäre ich schon verheiratet. Ich schüttelte alles von mir ab und löste mich schnell von dieser krampfhaften Freizeitgestaltung.

Meine späteren Burgenlandaufenthalte wurden immer exzessiver, ich ging liebend gerne reiten, bemerkte recht bald, wie die Burgenländerinnen auf uns Wiener reagierten, und dass sie auf einen Ritt mit mir nicht abgeneigt waren. Eine Affäre nach der anderen folgte.

Plötzlich war sie da, Ulrike, die Burgenländerin aus Andau. Aufgrund der festen Partnerschaft, in der sie steckte, wusste sie genau, wie ein Liebesspiel funktionierte, und war nicht abgeneigt, mal einen anderen Mann auszuprobieren. Es war verdammt toll mit ihr. Leider waren die Möglichkeiten, mit ihr allein zu sein, oft begrenzt, da wir meist in unserer Freundesgruppe unterwegs waren. Allerdings lernten wir dabei, eine gewisse Gleichgültigkeit an den Tag oder die Nacht zu legen. Fast jeder unserer Freunde hatte im Keller einen Partyraum, besser war es noch, wenn die Eltern verreist waren. Meistens verzog ich mich mit ihr in ein anderes Zimmer, wobei wir jedoch unbeabsichtigt von unseren Freunden beobachtet wurden. Einige waren von unseren sexuellen Ausschweifungen schockiert. Meist waren die Frauen vor Scham oder der Freizügigkeit von Ulrike entsetzt und suchten das Weite. Den Männern verschafften wir einen genussvollen Moment. Durch Ulrike hatte ich erfahren, wie das Liebesspiel richtig funktioniert. Die Gruppendynamik litt auf die Dauer ein wenig und ich fand es doch besser, dieses Spiel aufzugeben, allerdings war ich zu feige, die Beziehung zu beenden. Reinhard wurde mein Schlussmacher – wodurch unser erster Konflikt entstand.

„Du bist nicht fair zu ihr, sag ihr doch, dass du nicht mehr mit ihr gehen willst, oder behalte sie doch als unsere Gespielin, ich habe doch auch schon einmal mit dir eine...

Erscheint lt. Verlag 17.1.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur
ISBN-10 3-99125-587-1 / 3991255871
ISBN-13 978-3-99125-587-1 / 9783991255871
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