Dorian Hunter 88 (eBook)
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-2569-9 (ISBN)
Helga machte schwache Abwehrbewegungen, als Frank näher kam, die Klauen gierig ausgestreckt. Mit einer blitzschnellen Bewegung zerfetzte er ihr Kleid. Dann warf er sich über sie und biss sie in die Schulter.
Helga fühlte den Biss. Der Schmerz durchzuckte sie wie ein elektrischer Schlag. Sie wollte schreien, aber Franks Klaue legte sich auf ihren Mund.
»Ich liebe die Dunkelheit. Ich liebe dich - aber nur auf meine Weise. Du wirst meine Leidenschaft kennen lernen.«
Er nahm die Klaue weg und biss sie ein zweites Mal. Sie wurde ohnmächtig.
Der Dämon machte sich mit einer an Wahnsinn grenzenden Begierde über sein Opfer her. Noch immer drang die romantische Musik aus den Lautsprechern. Das große Passagierschiff glitt über den Pazifik. Das Mondlicht bewegte sich langsam durch den Raum, streifte die ungeöffneten Champagnerflaschen und beschien schließlich den Spiegel ...
1. Kapitel
Vor dem Doppelbett standen einige Tischchen. Eisschalen mit Kaviar, geöffnete und mehrere verschlossene Champagnerflaschen, der teuerste Kognak, den das Schiff führte, und eine Palette anderer Köstlichkeiten waren dort aufgestellt. Frank sollte nur das Beste bekommen; alles, was er haben wollte. Die Lampen in der Luxuskabine waren stark abgeblendet; sie tauchten den Raum in ein tiefgelbes Licht. Durch das Bullauge fiel der Schein des Vollmondes herein. Das Schiff schaukelte unmerklich auf den Wellen. Aus den Lautsprechern des Empfängers kam gedämpfte Musik. Sie passte zum Champagner, zum Kaviar und zu der erwarteten Liebesnacht.
»Eine Weltreise mit Frank! Und sie hat eben erst angefangen«, murmelte Helga Wulfing und dachte an die langen Jahre des Wartens. Aber schließlich hatte dieser unvergleichlich tüchtige Dr. Kern von Transamorosa doch noch ein Schmuckstück wie Frank finden können. Die hübsche Frau lächelte in Gedanken. Sie war reich und einsam. Frank war alles andere als reich, aber er war der bestaussehende Mann, den sie jemals gesehen hatte, und erst fünfundzwanzig, hatte er gesagt. Frank war eine einmalige Erscheinung; er war charmant, hatte exzellente Manieren, blitzende Zähne und pechschwarzes Haar. Jedes Mal, wenn er sie mit seinen leuchtend blauen Augen anstrahlte und küsste, durchrieselte es sie vom Kopf bis zu den Zehenspitzen. Ihr war es völlig gleichgültig, ob er es auf ihr Geld abgesehen hatte oder nicht; sie hatte genug davon; und er war es wert – sogar mehr als das. Er gab ihr das Gefühl, etwas umsonst zu bekommen, obwohl sie zu zahlen bereit war.
Ich kann mein Glück noch immer nicht fassen, dachte sie und stand auf. Als sie an einem der vielen wandhohen Spiegel vorbeikam, blieb sie stehen und musterte sich kritisch. Ihre Figur war noch immer tadellos. Auch dafür hatte sie viel bezahlt; kosmetische Operationen, Massagen, Schönheitsfarmen. Trotzdem war und blieb sie fünfundvierzig.
Sie ging weiter, nahm erwartungsvoll das eiskalte Glas in eine Hand und blieb vor dem Bullauge stehen. Dann, einer plötzlichen Eingebung folgend, ging sie zum Regler und drehte die Lichtstärke der Stehlampe noch mehr zurück. Jetzt war das Mondlicht heller als die Beleuchtung im Raum.
Es klopfte an der Tür, dann sagte eine Stimme: »Ich bin es, Frank!«
Ihr schweres Parfüm erfüllte den ganzen Raum. Sie drehte sich herum und rief leise: »Komm. Ich warte schon zu lange, Frank, viel zu lange. Warte! Ich mache dir auf.«
Die schwere Tür glitt auf. Frank kam lächelnd herein. Er trug den cremefarbenen Abendanzug aus Nizza und wirkte wie die lebende Statue eines griechischen Gottes. Mit drei großen Schritten stand er mitten im Raum und umarmte sie zärtlich. Er hatte sogar sein Rasierwasser auf ihr Parfüm abgestimmt. »Es tut mir leid, dass du gewartet hast. Ah! Halbdunkel! Wie romantisch! Du weißt, wie ich diese Stimmung liebe.«
Sie zerschmolz förmlich bei dem Klang seiner dunklen männlichen Stimme, die einen rauen geheimnisvollen Unterton hatte. Dieses Eheinstitut führte wirklich einzigartige Klienten in seiner Kartei. »Magst du ein Glas Champagner, Frank?«, fragte sie.
Frank nickte nur. Sie goss ein zweites Glas voll und reichte es ihm. Das Mondlicht wanderte über den kostbaren Teppich, sich den Bewegungen des Schiffes anpassend. Er liebte die Dunkelheit.
Sie zog jetzt die Dunkelheit dem strahlenden Sonnenlicht vor, weil sie gnädig die Altersspuren verbarg. Helga stieß einen kleinen Seufzer aus. Etwas hatte sich verändert. Sie spürte es. Ein Gefühl der Ängstlichkeit breitete sich in ihr aus. Sie wusste nicht, welcher Eindruck sie gestört hatte. Die Gläser klangen, als sie gegeneinanderstießen. »Ich kann noch immer nicht glauben, dass wir verheiratet sind. Ich meine, dass du und ich ...« Sie wusste nicht, wie sie den Satz beenden sollte.
Frank trank sein Glas leer, stellte es ab und griff nach ihren nackten Armen. Er begann sie zu streicheln, während er sagte: »Vergiss es! Ich will nichts anderes, als dass du glücklich bist. Und dich haben. Ich bin durchaus eigennützig bei dieser Überlegung.«
Wieder fühlte sie diesen Schauder. Konnte es sein, dass es in der Luxuskabine plötzlich anders roch? Nach Verwesung, nach welken Blumen? Sie drehte den Kopf herum und glaubte zu sehen, dass die Blumen des großen Arrangements die Köpfe und Blätter hängen ließen. Aber Frank zerstreute schon mit dem nächsten Satz alle ihre Zweifel und Befürchtungen. »Du weißt, dass ich nur reife Frauen lieben kann. Du bist eine reife und schöne Frau – zärtlich, leidenschaftlich und sehr, sehr selbstbewusst. Ich liebe dich.«
»Transamorosa hat an unserem Glück großen Anteil«, sagte Helga.
Die Hände ihres bezaubernden Gatten strichen jetzt verlangend über ihren Hals und den Rücken. »Ein außergewöhnliches Haus für ungewöhnliche Kunden mit höchsten Ansprüchen«, pflichtete er ihr bei.
Sie sah im Mondlicht seine Hand. Die Hand schien sich verändert zu haben. Helga spürte die Lippen Franks auf ihrer heißen Haut. Sie öffnete die Augen weit und sah ungläubig, dass sich die Hand langsam mit schwarzen, langen Haaren bedeckte; zuerst wuchsen die Haare an den Fingergliedern, die plötzlich wie kleine grausame Tiere aussahen, dann breiteten sie sich über den Handrücken aus.
Mit einer schnellen Bewegung schleuderte Frank seine Jacke auf einen Sessel. Seine Finger – sie waren jetzt behaart und schwarz – rissen das Seidenhemd auf. Dann packte er Helga und zog sie hart an sich. Sie merkte, wie ihre Knie zu zittern begannen, wollte etwas sagen, eine Frage stellen, aber ein leidenschaftlicher Kuss verschloss ihr den Mund. Ihre schreckgeweiteten Augen hatten gesehen, wie auch auf der Brust des Mannes schwarzes Haar zu wachsen begann. Es war unmöglich! Sie musste träumen. Aber dann sah sie auch auf den eben noch glatt rasierten Wangen das schwarze Haar sprießen. Ihre Lippen schmerzten und begannen zu bluten. Der Griff, mit dem Frank Helga an sich presste, war hart und schmerzte sie. Seine Fingernägel bohrten sich in ihre weichen Arme.
Angst und Leidenschaft erfüllten sie. Sie war völlig ratlos und begann zu keuchen und sich zu wehren. Aus dem leidenschaftlichen Kuss wurde ein Biss. Helga wollte sich losreißen und schreien, aber die starken Arme hielten sie fest.
Aus dem Mund ihres adonishaften Liebhabers und Ehemannes schlug ihr der stinkende Atem eines Raubtieres entgegen und machte sie halb bewusstlos. Sie begann zu taumeln. Die zerbissenen Lippen brannten, und die scharfen Fingernägel bohrten sich wie Dolche in ihren Rücken.
Frank war jetzt total behaart. Er wirkte wie ein Gorilla oder ein anderes Tier. Plötzlich ließ er sie los und gab ihr einen Stoß. Sie fiel keuchend über das Bett. Klirrend zerbarsten Gläser auf dem Boden. Die Raubtierklauen, in die sich Franks schöne Hände verwandelt hatten, rissen das Hemd von seinem Körper.
Helga war gelähmt vor Furcht. Die Angst schnürte ihr die Kehle zu. Blut lief über ihren Hals. Sie begriff nicht, was geschehen war. Ihr Verstand weigerte sich, zu verstehen. Sie ahnte nur, dass dies ihre letzte Nacht sein würde. Sie würde den Morgen nicht mehr erleben.
Frank kam um einen Sessel herum und geriet in den Lichtschein des bleichen Mondes. Er sah wie ein Ungeheuer aus. Seine Augen funkelten mordgierig. Seine Zähne glichen einem Gebiss eines Jaguars. Er stieß einen merkwürdigen Laut aus, der nichts Menschenähnliches mehr hatte.
Helga machte schwache Abwehrbewegungen, als Frank näher kam, die Klauen gierig ausgestreckt. Mit einer blitzschnellen Bewegung zerfetzte er ihr Kleid. Dann warf er sich über sie und biss sie in die Schulter.
Helga fühlte den Biss. Der Schmerz durchzuckte sie wie ein elektrischer Schlag. Sie wollte schreien und holte Luft. Der Bann der Lähmung war gebrochen. Aber die Klaue legte sich in diesem Moment auf ihren Mund.
Das Gesicht der Bestie verzog sich zu einem harten Lächeln. Frank sagte leise und grausam: »Ich liebe die Dunkelheit. Ich liebe dich – aber nur auf meine Weise. Du wirst meine Leidenschaft kennenlernen.«
Er nahm die Hand weg und biss sie ein zweites Mal. Sie wurde ohnmächtig. Die Stunde des Dämons war gekommen. Er machte sich mit einer an Wahnsinn grenzenden Begierde über sein Opfer her. Noch immer kam die romantische Musik aus den Lautsprechern. Das große Passagierschiff glitt über den Pazifik. Das Mondlicht bewegte sich langsam durch den Raum, streifte die ungeöffneten Champagnerflaschen und beschien schließlich den Spiegel.
Sullivan warf Dorian einen langen, vielsagenden Blick zu, dann hob er die Schultern. Er würde ohnehin alles erfahren – oder fast alles.
»Sind Sie sicher, dass Gunnarsson tatsächlich dort Kunde ist?«, fragte der Dämonenkiller.
»Absolut sicher. Das Ehevermittlungsinstitut mit diesem exklusiven Namen ist weltweit bekannt. Es ist alles andere als billig. Nur Leute von Stand und Adel, mit Geld, Macht und Ansehen stehen in der Kartei. Es ist kein Unternehmen für den Mittelstand oder gar für uns arme Mitglieder der arbeitenden...
Erscheint lt. Verlag | 11.1.2022 |
---|---|
Reihe/Serie | Dorian Hunter - Horror-Serie |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Horror |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Schlagworte | 2017 • 2018 • Abenteuer • alfred-bekker • Bastei • Bestseller • Dämon • Dämonenjäger • dan-shocker • Deutsch • eBook • E-Book • eBooks • Extrem • Fortsetzungsroman • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Gruselkabinett • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • horrorserie • Horror-Thriller • john Sinclair • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • larry-brent • Lovecraft • Macabros • Männer • morland • neue-fälle • Paranomal • professor-zamorra • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • sonder-edition • spannend • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony-Ballard • Top • Zaubermond |
ISBN-10 | 3-7517-2569-5 / 3751725695 |
ISBN-13 | 978-3-7517-2569-9 / 9783751725699 |
Haben Sie eine Frage zum Produkt? |
Digital Rights Management: ohne DRM
Dieses eBook enthält kein DRM oder Kopierschutz. Eine Weitergabe an Dritte ist jedoch rechtlich nicht zulässig, weil Sie beim Kauf nur die Rechte an der persönlichen Nutzung erwerben.
Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belletristik und Sachbüchern. Der Fließtext wird dynamisch an die Display- und Schriftgröße angepasst. Auch für mobile Lesegeräte ist EPUB daher gut geeignet.
Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise
Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.
aus dem Bereich