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Gespenster-Krimi 84 (eBook)

Angriff der Nebelreiter

(Autor)

eBook Download: EPUB
2021 | 1. Aufl. 2021
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-2454-8 (ISBN)

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Gespenster-Krimi 84 - Michael Schauer
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Der alte Mann packte die Hand des Jungen fester. 'Rowan', sagte er mit brüchiger Stimme. 'Hörst du die Hufschläge?'
'Ja, Großvater', antwortete der Junge.
'Sag mir, was du siehst.'
'Ich sehe Nebel. Plötzlich ist er zwischen den Bäumen aufgezogen. Ein seltsamer Nebel ist das, er ist ganz rot'
'Aber die Hufschläge. Irgendwo müssen Reiter unterwegs sein.'
'Ja, da sind sie.'
Wie vom Blitz gefällt ging der Alte in die Hocke und zog den Jungen mit sich. Seine Knochen schmerzten protestierend bei der schnellen Bewegung. 'Haben sie uns entdeckt?', flüsterte er.
'Nein, Großvater. Sie reiten an uns vorbei.'
'Wie sehen sie aus? Beschreib sie mir.'
'Sie tragen lange, schwarze Umhänge mit Kapuzen, die ihre Gesichter verdecken.'
'Bei den Göttern', murmelte der Alte. 'Die Nebelreiter sind zurückgekehrt!'


Angriff der Nebelreiter

von Michael Schauer

Der alte Mann packte die Hand des Jungen fester. »Rowan«, sagte er mit brüchiger Stimme. »Hörst du die Hufschläge? Sag mir, was du siehst.«

»Ich sehe Nebel, Großvater. Plötzlich ist er zwischen den Bäumen aufgezogen. Ein seltsamer Nebel ist das, er ist ganz rot.«

Der Alte erschauerte und kniff die Augen zusammen. Sein Blick war getrübt. Seit drei Sommern sah er in der Ferne alles nur noch verschwommen. »Aber die Hufschläge. Irgendwo müssen Reiter unterwegs sein.«

»Ja, da sind sie.«

Wie vom Blitz gefällt ging der Alte in die Hocke und zog den Jungen mit sich. Seine Knochen schmerzten protestierend bei der schnellen Bewegung. »Haben sie uns entdeckt?«, flüsterte er.

»Nein, Großvater. Sie reiten an uns vorbei.«

»Wie sehen sie aus? Beschreib sie mir.«

»Sie tragen lange, schwarze Umhänge mit Kapuzen, die ihre Gesichter verdecken.«

»Bei den Göttern«, murmelte der Alte. »Die Nebelreiter sind zurückgekehrt!«

Britannien, 63 n. Chr.

Missmutig kauerte Kellan im Unterholz. In der rechten Hand hielt er seinen Jagdspeer, mit der linken drückte er das Blattwerk beiseite, um einen besseren Blick auf die Lichtung zu haben.

Wo steckte dieser verfluchte Hirsch?

Wie lange war es her, dass er das Tier das erste Mal gesichtet hatte? Kellan kam es wie eine Ewigkeit vor. Anfangs hatte er es mit der Geduld eines Jägers verfolgt, doch allmählich beschlich ihn das Gefühl, dass der Hirsch ihn zum Narren halten wollte.

Kaum hatte er sich in eine günstige Position gebracht und sich zum Wurf bereit gemacht, da sprengte er mit weiten Sätzen davon. Dreimal war das jetzt passiert, und Kellan war schon kurz davor gewesen, aufzugeben. Der Hirsch war groß und stark. Ihn zu erlegen bedeutete, den Leuten in Dumriga, seinem Dorf, einen großen Vorrat an Fleisch zu sichern.

Während er regungslos auf die Lichtung starrte, als könne er das Tier allein dadurch zum Auftauchen bewegen, schweiften seine Gedanken zurück zur großen Schlacht. Die Erinnerungen quälten ihn stets aufs Neue, trotzdem konnte er nicht verhindern, dass sie Tag für Tag wiederkehrten.

Zwei Jahre war es nun her, seit er sich mit seinen drei besten Freunden und seinem Onkel der Herrscherin Boudicca angeschlossen hatte. Sie waren jung gewesen, er mit seinen damals einundzwanzig Jahren war der Jüngste unter den Fünfen. Mit Zehntausenden Kriegern waren sie losmarschiert, um die verhassten Römer ein für alle Mal aus ihrem Land zu vertreiben. Sie alle waren dazu bereit gewesen, für die Freiheit ihres Volkes ihr Leben zu geben.

Anfangs war alles nach Plan gelaufen. Zuerst hatten sie die römische Stadt Camulodunum bis auf die Grundmauern niedergebrannt, danach waren sie über Londinium und Verulamium hergefallen. Nichts und niemand hatte sie aufhalten können.

So hatten sie jedenfalls geglaubt.

Bis sie nordwestlich von Verulamium auf die Legionen gestoßen waren. Eine gewaltige Schlacht hatte begonnen, und zunächst hatte es so ausgesehen, als seien sie den Legionären überlegen. Eine Täuschung. Am Ende hatten die Römer sie vernichtend geschlagen. Über achtzigtausend Britannier waren an diesem Tag gestorben, und über dem Schlachtfeld hatte sich ein Meer aus Blut ergossen. Es war das Ende von Boudiccas Aufstand gewesen.

Als er mit den anderen Männern geflohen war, hatte er sie kurz aus der Nähe gesehen. Für eine Frau war sie sehr groß gewesen, das blonde Haar hatte ihr bis zu den Hüften gereicht, um ihre Schultern hatte ein dicker brauner Mantel gelegen. Ihr Blick war auf die anstürmenden Römer gerichtet gewesen. Verzweiflung und Traurigkeit, aber auch Trotz hatte er darin gesehen. Kurz darauf, so wurde ihm später erzählt, hatte Boudicca sich mit Gift das Leben genommen.

Als Einziger aus ihrer kleinen Schar war er einige Tage danach nach Dumriga zurückgekehrt. Seine Freunde und sein Onkel hatten bei dem Kampf ihr Leben gelassen. Die vier Menschen, die ihm so viel bedeuteten, waren von den Kurzschwertern der Invasoren niedergemetzelt worden.

Als sie an jenem Tag bemerkt hatten, dass die Legionäre die Oberhand gewannen, hatte Angst und Schrecken die Britannier erfasst. Kellan und seine Gefährten waren von dem Strom der Fliehenden mitgerissen worden. Er hatte gesehen, wie ein Römer seinem Onkel ein Schwert in den Hals gerammt hatte, dann hatte er sie aus den Augen verloren.

Er hatte die Toten nicht einmal mit nach Hause nehmen können. Vermutlich lagen ihre Gebeine immer noch dort.

Seitdem war sein Hass auf die Römer noch stärker geworden.

Das Militärlager Deva Victrix lag nur eine Meile von Dumriga entfernt. In seinen Tagträumen drang Kellan in das Lager ein, schwang eine riesige Kriegsaxt und tötete einen Legionär nach dem anderen, schlug ihnen die Köpfe ab, trieb ihnen die scharfe Klinge in die Brust, dass das Blut nur so spritzte. Am Ende hatte er sie alle ausgelöscht.

Das war eben nur ein Traum. Wie viele würde er in Wahrheit töten können, bevor sie ihn niedermachten? Zwei? Drei? Damit wäre nichts gewonnen. Nein, er würde warten. Irgendwann würde bestimmt ein anderer Anführer kommen und sie erneut zu den Waffen rufen. Dann würde er folgen.

Zum Leidwesen seines Vaters.

Kellan schürzte die Lippen. Pirmin war in ihrem Dorf der Mann, auf den alle hörten, die Bewohner schätzten seine Weisheit und sein besonnenes Handeln. Er hatte es nicht gutgeheißen, dass sein Sohn mit den anderen in den Krieg gezogen war.

Tatsächlich hatte Pirmin sich mit den Römern arrangiert. Ja, er pflegte Beziehungen zu ihnen, die man beinahe freundschaftlich nennen konnte. Auf der Insel gab es einige Stämme, die prorömisch eingestellt waren.

Die Ordovicer, denen sie angehörten, zählten nicht dazu. Pirmin scherte das nicht. Für ihn waren einzig und allein die Menschen in Dumriga wichtig, und er war davon überzeugt, dass sein Weg für alle der beste war.

Kellan liebte seinen Vater. Gleichzeitig verachtete er ihn dafür, dass er mit den Besatzern paktierte.

Das knackende Geräusch eines brechenden Zweigs riss ihn aus seinen Gedanken. Blätter raschelten. Im Unterholz entdeckte er einen Schatten.

Der Hirsch!

Gemächlich trabte er auf die Lichtung. Dann senkte er den Kopf mit dem mächtigen Geweih und tat sich an ein paar auf dem Waldboden zerstreuten Eicheln gütlich.

Kellan wagte kaum zu atmen. Noch einmal durfte er ihm nicht entwischen. Langsam und vorsichtig kam er auf die Beine, achtete darauf, nicht das Unterholz zu berühren. Das leiseste Geräusch würde das Tier vertreiben.

Als er aufrecht stand, hob er den Speer.

Langsam.

Der Hirsch blickte auf, starrte in seine Richtung.

Kellan holte aus.

Schnell wie ein Pfeil schoss das Tier ins Unterholz und war im nächsten Augenblick verschwunden.

Ein stummer Fluch kam über seine Lippen. So nahe dran, und schon wieder entwischt. Mit vor Enttäuschung gesenktem Haupt überlegte er, ob er die Verfolgung abbrechen sollte. Die Sonne schickte sich bereits an, hinter den Bäumen zu verschwinden, bald würde es dunkel werden. In der Finsternis konnte er die Jagd unmöglich fortsetzen. Das Moor war nicht weit entfernt. Ein Fehltritt, und er würde buchstäblich vom Erdboden verschluckt werden.

Er musste sich wohl damit abfinden, ohne Beute ins Dorf zurückzukehren. Der Gedanke schmerzte beinahe körperlich.

Gerade wollte er sich abwenden, als erneut das Knacken eines Zweigs an seine Ohren drang. Unwillkürlich packte er den Speer fester. Kehrte der Hirsch zurück? Nein, das war natürlich Unsinn, wieso sollte er das tun? Mit seinen Blicken versuchte Kellan das Unterholz zu durchdringen.

Eine Gestalt löste sich aus den Schatten und trat auf die Lichtung. Augenblicklich lief es ihm kalt den Rücken hinunter.

Der Mann war groß und von hagerer Gestalt. Über einem schlichten schwarzen Gewand trug er einen Mantel in derselben Farbe, der ihm bis zu den Knöcheln reichte. Lange, eisgraue Haare fielen ihm über die knöchernen Schultern. Seine Fingernägel waren so lang wie Pfeilspitzen. Das Gesicht war schmal, und trotz der vielen Falten waren die scharf geschnittenen Züge erkennbar. Die Augen, die wie kleine Kohlestücke in ihren Höhlen lagen, bildeten einen starken Kontrast zu der unnatürlichen Blässe seiner Haut. Als er ihn anlächelte, bemerkte Kellan zwei Reihen spitz gefeilter Zähne.

Er wusste sofort, wen er da vor sich hatte. Einen Druiden.

Wie jeder Britannier hatte er schon viel über die Druiden gehört. Kaum eine Meile von Dumriga entfernt und nur durch einen schmalen Kanal von der Küste getrennt, lebten sie auf einer Insel namens Mona. Sie standen in dem Ruf, mit dunklen Mächten zu paktieren und schreckliche Rituale durchzuführen. Dennoch hätte niemand es gewagt, ihren Status als spirituelle Führer der Stämme infrage zu stellen. Die Druiden galten als Priester und Astrologen, Gelehrte und Magier – und sie waren unerbittliche Gegner der Römer, von denen sie ebenso gefürchtet wurden wie von vielen Britanniern. In der Schlacht...

Erscheint lt. Verlag 28.12.2021
Reihe/Serie Gespenster-Krimi
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer • alfred-bekker • Bastei • Bestseller • Dämon • Dämonenjäger • dan-shocker • Deutsch • eBook • E-Book • eBooks • Extrem • Fortsetzungsroman • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Gruselkabinett • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • horrorserie • Horror-Thriller • john Sinclair • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • larry-brent • Lovecraft • Macabros • Männer • morland • neue-fälle • Paranomal • professor-zamorra • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • sonder-edition • spannend • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony-Ballard • Top • Zaubermond
ISBN-10 3-7517-2454-0 / 3751724540
ISBN-13 978-3-7517-2454-8 / 9783751724548
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