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Clockwork Angel (eBook)

Chroniken der Schattenjäger 1
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
560 Seiten
Goldmann (Verlag)
978-3-641-29213-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Clockwork Angel -  Cassandra Clare
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Nach langer Reise quer über den Atlantik trifft die sechzehnjährige Tessa Gray im Viktorianischen London ein. Dort hofft sie, ihren verschollenen Bruder wiederzufinden. Doch statt einer Familienzusammenkunft warten Gefahr und Dunkelheit auf sie in den engen Gassen der Stadt. Vampire, Hexenmeister und Schlimmeres treiben hier ihr Unwesen, und nur die Schattenjäger wagen es, sich den Dämonen der Unterwelt in den Weg zu stellen. Sie retten Tessa das Leben. Als die junge Frau dann herausfindet, dass sie selbst ein Wesen zwischen Schatten und Licht ist und über große Kräfte verfügt, muss sie sich entscheiden: zwischen Gut und Böse, zwischen Loyalität und Liebe ...

Cassandra Clare ist eine internationale Bestsellerautorin. Ihre Bücher wurden weltweit über 50 Millionen Mal verkauft und in 35 Sprachen übersetzt. Seit dem Überraschungserfolg der »Chroniken der Unterwelt« waren all ihre Romane große Bestseller. So auch die neueste Serie »Die Letzten Stunden«. Cassandra Clare lebt in Massachusetts, USA.

Prolog


London. April 1878.


Der Dämon explodierte in einem Regen aus blutigem Sekret und Eingeweiden.

William Herondale riss die Hand mit dem Dolch zurück, doch es war zu spät: Die zähflüssige Säure des Dämonenbluts hatte sich bereits in das Metall der glänzenden Klinge gefressen. Fluchend warf er die Waffe beiseite, die in einer trüben Wasserpfütze landete und dort noch kurz weiterschwelte wie ein erloschenes Streichholz. Der Dämon war natürlich längst verschwunden – verschlungen von jener Höllenwelt, der er entsprungen war, allerdings nicht, ohne ein gewaltiges Chaos zu hinterlassen.

»Jem!«, rief Will und drehte sich um. »Wo steckst du? Hast du das gesehen? Mit einem einzigen Hieb niedergestreckt! Nicht schlecht, was?«

Doch Will erhielt keine Antwort. Nur wenige Sekunden zuvor hatte sein Kampfgefährte noch direkt hinter ihm gestanden und ihm Rückendeckung gegeben, da war Will sich absolut sicher; aber nun lag die feuchte, gewundene Straße dunkel und verlassen vor ihm. Verärgert runzelte er die Stirn – es machte deutlich weniger Spaß, mit seinen Kampfeskünsten anzugeben, wenn niemand da war, der ihm zuhörte. Will warf einen Blick über die Schulter, in Richtung der Stelle, wo sich die Straße zu einer Gasse verengte und hinunter zu den schwarzen, wogenden Fluten der Themse führte. In der Ferne konnte Will die dunklen Umrisse der Schiffe erkennen, die dort an den Docks festgemacht hatten – ein Wald aus Masten, wie ein blattloser Obstgarten. Keine Spur von Jem. Vielleicht war er zur Narrow Street zurückgekehrt, auf der Suche nach besserer Beleuchtung. Achselzuckend eilte Will den Weg zurück, den er gekommen war.

Die Narrow Street verlief quer durch Limehouse, zwischen den Docks am Flussufer und den übervölkerten Elendsvierteln, die sich nach Westen in Richtung Whitechapel ausdehnten. Die enge Straße machte ihrem Namen alle Ehre und war von dicht stehenden Lagerhäusern und windschiefen Holzhütten gesäumt. Im Moment wirkte sie menschenleer – selbst die Trunkenbolde, die normalerweise aus dem Gasthof The Grapes getaumelt kamen, hatten offenbar bereits irgendwo einen Platz für die Nacht gefunden, wo sie ihren Rausch ausschlafen konnten.

Will hielt sich gern in diesem Teil der Stadt auf; ihm gefiel der Gedanke, sozusagen am Rande der Welt zu stehen, wo jeden Tag Schiffe zu unvorstellbar weit entfernten Häfen ausliefen. Und die Tatsache, dass es sich um ein Seemannsviertel handelte, mit Spielhöllen, Opiumhöhlen und Bordellen an jeder Straßenecke, tat seiner Begeisterung für die Gegend auch keinen Abbruch. An einem Ort wie diesem konnte man leicht die Zeit und alles andere um sich herum vergessen. Nicht einmal der Geruch – eine Mischung aus Rauch und Unrat, Tauwerk und Teer, fremdländischen Gewürzen und dem typischen Dunst der Themse – stieß ihn ab.

Langsam schaute Will in beide Richtungen der ausgestorben daliegenden Straße. Dann fuhr er sich mit dem Ärmel seines schweren Mantels übers Gesicht, um das Dämonensekret wegzuwischen, das ihm auf der Haut brannte und nun grüne und schwarze Flecken auf dem dicken Tuch hinterließ. Außerdem hatte er eine klaffende Schnittwunde auf dem Handrücken davongetragen. Er könnte jetzt gut eine Iratze gebrauchen, überlegte Will. Vorzugsweise eine von Charlotte – sie besaß eine echte Begabung für das Zeichnen von Heilrunen.

Plötzlich löste sich ein Schemen aus den Schatten und bewegte sich auf Will zu. Rasch wandte Will sich in Richtung der Gestalt, hielt dann aber inne. Es handelte sich nicht um Jem, sondern um einen irdischen Schutzmann mit glockenförmigem Helm, der seine Runde drehte. Mit einem verwirrten Gesichtsausdruck starrte er Will an … oder vielmehr durch ihn hindurch. So vertraut Will auch der Umgang mit Zauberglanz war, erschien es ihm doch immer wieder merkwürdig, wenn sein Gegenüber durch ihn hindurchschaute, als existierte er überhaupt nicht. Plötzlich überkam ihn der unwiderstehliche Drang, den Schlagstock des Polizisten zu stehlen und zuzusehen, wie der Mann herumwirbelte, auf der Suche nach seinem Gummiknüppel. Aber Jem hatte ihn bei früheren Gelegenheiten deswegen schon mehrfach getadelt, und obwohl Will Jems Bedenken überhaupt nicht nachvollziehen konnte, lohnte es sich nicht, ihn zu verärgern.

Kopfschüttelnd setzte der Polizist sich wieder in Bewegung. Dabei murmelte er leise vor sich hin, dass er von nun an dem Alkohol abschwören wolle – ehe er noch tatsächlich Dinge zu sehen begann, die nicht existierten.

Will trat einen Schritt beiseite, um den Mann passieren zu lassen, und rief dann: »James Carstairs! Jem! Wo steckst du, du treuloser Halunke?«

Dieses Mal kam eine leise Antwort aus der Dunkelheit: »Hier drüben. Folg einfach dem Elbenlicht.«

Will bewegte sich in Richtung von Jems Stimme, die aus einer düsteren Gasse zwischen zwei Lagerhäusern zu kommen schien. Ein schwacher Lichtschein glomm in den Schatten wie die flackernde Flamme eines Irrlichts. »Hast du gehört, was ich eben gesagt habe? Dieser Shax-Dämon hat doch wirklich geglaubt, er könnte mich in seine verdammten Klauen bekommen, aber ich hab ihn in die Enge getrieben und …«

»Ja, ich hab dich gehört.« Der junge Mann, der nun am Eingang der Gasse erschien, wirkte im Licht der Gaslaterne bleich – noch bleicher als sonst, was schon ziemlich außergewöhnlich war. Da er keine Kopfbedeckung trug, fiel der Blick sofort auf seine Haare, die in einem seltsam strahlenden Silber schimmerten wie die Farbe einer nagelneuen Münze. Auch seine Augen in dem kantigen Gesicht mit den fein geschnittenen Zügen leuchteten in diesem Ton; lediglich ihre leichte Mandelform verriet seine Herkunft. Die Vorderseite seines weißen Hemdes war mit dunklen Flecken übersät, und an seinen Händen klebte rot schimmerndes, noch feuchtes Blut.

Will musterte ihn angespannt. »Du blutest. Was ist passiert?«

Doch Jem wischte Wills Sorge mit einer Handbewegung fort. »Das ist nicht mein Blut.« Dann drehte er den Kopf in Richtung der Gasse hinter ihm. »Es ist ihres.«

Will spähte an seinem Freund vorbei in die tiefen Schatten des schmalen Durchgangs. Am hinteren Ende lag eine zusammengekrümmte Gestalt – nur ein Schemen in der Dunkelheit. Aber als Will genauer hinschaute, konnte er die Umrisse einer blassen Hand ausmachen und ein Büschel heller Haare. »Eine tote Frau?«, fragte er. »Eine Irdische?«

»Eher ein Mädchen. Kaum älter als vierzehn.«

Als Will daraufhin mehrere wüste Flüche ausstieß, wartete Jem geduldig, bis sein Freund sich wieder beruhigt hatte.

»Wenn wir doch nur ein bisschen früher hier gewesen wären«, schimpfte Will abschließend. »Dieser verdammte Dämon …«

»Das ist ja das Merkwürdige an der Geschichte. Ich glaube nicht, dass das hier das Werk dieses Dämons ist«, erwiderte Jem stirnrunzelnd. »Shax-Dämonen sind Parasiten, Brutparasiten. Normalerweise hätte er sein Opfer doch in seine Höhle gezerrt, um ihm seine Eier unter die Haut zu legen, solange es noch am Leben ist. Aber dieses Mädchen hier … jemand hat mit dem Messer auf sie eingestochen … mehrfach. Und ich glaube auch nicht, dass das hier an diesem Ort passiert ist. Dafür findet sich in der Gasse einfach nicht genug Blut. Ich denke, sie wurde irgendwo anders überfallen und hat sich dann hierhergeschleppt, wo sie an ihren Verletzungen gestorben ist.«

»Aber der Shax-Dämon …«

»Aber ich sag’s dir doch: Ich glaube nicht, dass das ein Shax-Dämon war. Meines Erachtens hat der Dämon sie nur verfolgt … sie aufgespürt … aus irgendeinem anderen Grund oder für irgendjemand anderen.«

»Shax-Dämonen haben in der Tat einen feinen Geruchssinn«, räumte Will ein. »Ich hab schon von Hexenmeistern gehört, die sie zum Aufspüren vermisster Personen eingesetzt haben. Und dieser Dämon hier schien sich sehr zielbewusst zu bewegen.« Erneut schaute er an Jem vorbei auf die kleine, jämmerliche Gestalt in der Gasse. »Du hast nicht zufälligerweise die Tatwaffe gefunden?«

»Doch. Hier.« Jem zog etwas aus der Innentasche seiner Jacke – ein in ein weißes Tuch gewickeltes Messer. »Das ist eine Art Misericordia oder Stilett. Sieh mal, wie dünn die Klinge ist.«

Will nahm die Waffe entgegen. Die Klinge war in der Tat sehr dünn und endete in einem Heft aus poliertem Bein, an dem getrocknetes Blut klebte. Stirnrunzelnd wischte Will die Klinge am groben Stoff seines Ärmels sauber, bis auf dem Metall ein eingraviertes Symbol zum Vorschein kam: zwei Schlangen, die sich gegenseitig in den Schwanz bissen und so einen perfekten Kreis bildeten.

»Ein Ouroboros«, sagte Jem, dicht über die Klinge gebeugt. »Sogar ein doppelter. Was, denkst du, hat das zu bedeuten?«

»Das Ende der Welt«, erwiderte Will, den Blick noch immer auf den Dolch geheftet. Ein mattes Lächeln umspielte seine Lippen. »Das Ende und den Anfang der Welt.«

Jem runzelte die Stirn. »Die Symbolik ist mir bekannt, William. Ich meinte eigentlich, was die Anwesenheit dieses Symbols auf dem Stilett wohl zu bedeuten hat?«

Ein Windstoß, der vom Fluss hinaufkam, zerzauste Wills Haare. Mit einer ungeduldigen Handbewegung wischte er sie sich aus den Augen und widmete sich wieder der Klinge. »Das ist das Symbol eines Alchemisten, keines Hexenmeisters oder Schattenweltlers. Und das bedeutet in der Regel, dass Menschen die Finger im Spiel haben – jene Sorte törichter Irdischer, die glaubt, die Beschäftigung mit Magie sei der Weg zu Ruhm und Reichtum.«

»Jene Sorte, die in der Regel als blutiger Haufen im...

Erscheint lt. Verlag 20.6.2022
Reihe/Serie Chroniken der Schattenjäger
Chroniken der Schattenjäger
Übersetzer Franca Fritz, Heinrich Koop
Sprache deutsch
Original-Titel Clockwork Angel
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Schlagworte 2022 • Bestseller • Bestsellerautorin • eBooks • Fantasy • High Fantasy • London • Neue Reihe • Neuerscheinung • Romantasy • Schattenjäger • Softcover • Taschenbuch • Urban Fantasy
ISBN-10 3-641-29213-1 / 3641292131
ISBN-13 978-3-641-29213-3 / 9783641292133
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