Androidenjagd (eBook)
246 Seiten
epubli (Verlag)
978-3-7549-1412-0 (ISBN)
Paul Kavaliro schreibt Bücher für Kinder (Spuk für Anfänger, Entchens große Reise) und Erwachsene (Final Logout, Die zwei Seiten des Ichs, Wenn die Raben südwärts ziehen, Die Klick-Demokratie, Herrscher der Gedanken), auch als Ratgeber (Heimwerken macht sexy).
Paul Kavaliro schreibt Bücher für Kinder ("Spuk für Anfänger") und Erwachsene ("Final Logout", "#RettetEllen", "Die zwei Seiten des Ichs"), auch als Ratgeber ("Heimwerken macht sexy").
Unter Test
Es regnet. Unangenehm kriecht die Feuchtigkeit unter Wolnys Uniformjacke. Von seinen Schuhen ganz zu schweigen – Sie sind schon lange durchnässt. Er trägt sie nur noch, damit er sich auf dem unwegsamen Waldboden keinen Splitter einzieht und nicht mit einem giftigen Reptil oder einer Spinne Bekanntschaft macht.
Dieser Krell, der da vor ihm marschiert, sagt auch so gut wie nichts. Er bringe ihn zu einer Unterkunft, hat er verlauten lassen. Das ist schon etliche Minuten her. Seitdem stapfen sie durch unwegsames Gelände. Der Major ist zu stolz zu fragen, ob der Leutnant zu den Leuten gehört, die ihn an diesen Ort zitiert haben, oder ob er nur in der Nähe war und ihn aufgegabelt hat. Doch Letzteres kann man so gut wie sicher ausschließen, dann würde sich der Mann mehr um ihn sorgen, so wie um einen Verletzten. Und es gibt noch weitere Fragen, zum Beispiel warum das Shuttle mitten in der Wildnis landen musste und nicht auf einem zivilisierten Flugfeld. Doch der Major pflegt seinen Stolz und behält alles für sich. Dieser Leutnant liegt mehrere Dienstgrade unter ihm. Und mit so einem „Service“, wie er ihn hier anbietet, wird er das auch noch ganz lange bleiben.
Wenn Wolny hier jemals rauskommt, dann wird er sich Urlaub nehmen und sich ausruhen. Die Füße schmerzen von seinen Büroschuhen. Seine Feld-Stiefel liegen im Shuttle, zusammen mit seiner Feld-Uniform. Er hätte sich vor der Landung umziehen sollen. Aber wer konnte so einen rauen Anflug schon erahnen? Und nach dem Aufsetzen wollte er es nicht riskieren, in diese Höllenmaschine von einem Luftfahrzeug zurückzukehren. Er hat vor dem Losmarschieren noch gesehen, wie sich die Tür automatisch verschlossen hat. Und diesen Krell zu fragen, wie man sie wieder aufmacht, auch dazu fliegt der kommandantische Stolz zu hoch.
Sie gehen einen Abhang hinab. Eigentlich rutschen sie eher. Wolnys Uniform ist hin. Wo sie nicht zerrissen ist, ist sie von Schlamm verkrustet. Mit der kann er sich offiziell nicht mehr sehen lassen. Er sollte trotzdem ein Erinnerungsfoto machen, damit Moloko sieht, mit welchem Einsatz er hier zugange ist und dass er alles gibt.
Der Abhang endet auf einem harten Kiesuntergrund. Wolny vermeidet gerade so einen weiteren Sturz.
Der Leutnant hat es mit seinen Stiefeln leichter. „Hier sollte das Shuttle landen“, stellt er trocken fest.
„Aha“, entgegnet Wolny trocken, denn auch dieser Krell hat kein Wort über die harte Landung und den Marsch der Entbehrungen verloren. Also muss er ihn nicht extra dafür belobigen, dass er ihn aus dem „Busch“ geholt hat.
Aber bemerkenswert ist Krells Ausspruch doch: Es war geplant, dass er hierherkommt. Diejenigen, die ihm die nebulösen Nachrichten schickten, die wollten ihn an diesen Ort lotsen. Und der Leutnant gehört zu ihnen.
Krell wird seinen Auftrag erledigen und den Kommandanten an seinen Bestimmungsort bringen. Dann ist der Major ihn hoffentlich los und kann sich mit seinesgleichen beschäftigen, was auch immer für dunkle Gesellen das sein mögen. Wahrscheinlich werden sie ihn wegen seines Anblicks in der durchweichten Uniform auslachen, aber er wird das weglächeln.
„Es ist nicht mehr weit, dann sind wir am Fahrzeug“, bringt Krell etwas Zuversicht in die Situation ein. 200 Meter weiter steigen sie in ein kleines Vehikel mit Kettenantrieb. Dass Räder hier nicht taugen, sieht Wolny gleich darauf, denn den Kiesuntergrund tauschen sie bald durch unwegsame enge Pfade in Wäldern und durch Schlammwüsten hindurch ein.
Wolny sitzt endlich im Fahrzeug und sein Atem kommt langsam zur Ruhe. Er ist jetzt nicht mehr damit beschäftigt, auf vor Schmerz pulsierenden Füßen durch die Einöde zu stapfen und möglichst nicht vor Schwäche liegenzubleiben. Er kann sich ein paar Gedanken machen. Was sagte dieser Krell? Xamios? Wolny kramt in seinem Wissensschatz. Instinktiv nestelt er an seiner Uniformjacke, aber sein Kommunikator ist nicht hier, sondern leistet den Stiefeln im Shuttle Gesellschaft. Er ist auf das angewiesen, was er weiß.
Xamios ist ein kleiner Planet in relativer Nähe von Qarinton. Hierher verirrt sich niemand, der nicht wirklich hierher muss. Hier gedeiht nur Dickicht, durchbrochen von einigen freien Flächen, auf denen die Erde nahezu unfruchtbar ist und denen die Erosion den Rest gibt und kein Pflanzenwachstum zulässt.
Lagerstätten für Bodenschätze sucht man hier ebenfalls vergebens und so interessiert sich niemand für diesen Flecken. Doch, einer: das Militär. Weil hier sonst nichts los ist, benutzt man den Planeten als Übungsgelände. Es gibt kaum höherentwickelte Tiere, die verletzt werden könnten. Also kann man nicht so arg viel kaputtmachen. Es wurden sparsame Anlagen gebaut, damit die Soldaten vor der Wildnis und dem Wetter geschützt sind und in denen man die Ausrüstung unterstellen kann. Das geht schon viele Jahre so: alte Technik wird abgefahren und neue herangekarrt. Wolny musste zum Glück noch nie hierher. Und dass es hier kein besseres Flugfeld gibt, auf dem Transport-Raumschiffe landen und starten, das kann ihm dieser Naseweis von einem Leutnant nicht erzählen. Es sei denn, dass sie sein Shuttle nicht neben ihrer Anlage dulden, weil es dann zu leicht ist, von hier zu fliehen: entweder für Wolny oder für sonst jemanden, der hier haust oder besser gesagt hausen muss.
Aber man hat diesen Ort nicht nur wegen der fehlenden Eignung für irgendetwas anderes auserkoren, fällt dem Major ein: Nicht nur eine dichte Atmosphäre, sondern auch ein starkes Magnetfeld umhüllt den Planeten. Elektromagnetische Wellen, sei es zur Informationsübertragung oder zum Zwecke der Abtastung, sagen wir doch gleich zur Spionage, kommen kaum dagegen an. Hier auf der Oberfläche funktioniert die Technik schon, zum Beispiel fährt das Auto in Richtung seines Bestimmungsortes. Aber die Planetenhülle zu durchdringen fällt schwer. Vermutlich war noch nicht mal das Shuttle so richtig fit dafür und hat sich rasant verflogen. Leute, die sich auskennen, haben den Spruch geprägt: Was nach Xamios gehört, das bleibt auch dort. Wolny ist erstaunt, was einem alles von alleine einfällt, wenn man sich einmal ohne seine elektronische Erinnerungshilfe durchs Leben schlagen muss.
Das Fahrzeug befreit sich aus einem Waldstück und gräbt sich durch einen Abschnitt des schlammigen Ödlands. Im Zwielicht des zu Ende gehende Tages zeichnen sich vor ihnen die undeutlichen Umrisse von Bauten ab. Flach schmiegen sie sich an den Boden an. Zweckmäßigkeit diktiert das Design. Sie sind von kalter militärischer Schlichtheit. Wolny hat nichts anderes erwartet: Das hier ist ein Testgelände und keine Wohlfühloase. Wer das nicht glaubt, den überzeugt spätestens der Stacheldraht-bewehrte Zaun, der sich beim Näherkommen abzeichnet.
Durch die Umgebung hier ist endgültig klar, dass militärische Kreise an der Affäre um die Kinuk-Institut-Entführung beteiligt sind. Sie haben ihn hierher gebracht. Wolny beschließt, sich über so wenig wie möglich zu wundern. Das lenkt nur ab und heizt die Gedanken und den Groll an. Er muss vielmehr einen kühlen Kopf bewahren.
Vor ihnen öffnet sich automatisch ein Tor und das Fahrzeug schlüpft in den Schutz der Anlage hinein. Wolny atmet auf. Wenn hier alle Technik so funktioniert wie das Shuttle, dann hätte ihnen womöglich der Defektteufel mitten in der Wildnis ein Bein gestellt und ein zehrender Marsch stünde abermals auf der Tagesordnung. Diese Gefahr ist jetzt gebannt.
Gleichzeitig mit seiner Erleichterung über das Eintreffen steigert sich die Spannung, was ihn hier erwartet. Wie wird das Begrüßungskomitee aussehen? Schwere Jungs mit Handfeuerwaffen? Nicht umsonst hat man ihn hierher gebracht. Er schaut sich um: Sind vielleicht die geklauten Roboter und Cyborgs selbst hier untergebracht? Kann er sie freikaufen, in Empfang nehmen, werden ihm im Gegenzug Versprechungen abgepresst? Wollen sie wie erwartet Lösegeld?
Doch keine Seele zeigt sich. Krell hält das Fahrzeug nahe einer Tür an und schaltet den Motor aus. Mit einer Handbewegung bedeutet er Wolny, dass er jetzt aussteigen kann.
Die geöffnete Fahrzeugtür lässt kalte Luft herein. Da ist es besser, wenn er schnell in das Haus kommt – ohne Ansprachen oder gar Verhandlungen.
Krell führt ihn über einen langen Flur. Stimmen sind zu hören. Sie sind also nicht allein. Aber die Gespräche sind nicht von gespannter Ernsthaftigkeit geprägt, sondern klingen eher wie aus den Kehlen von einfachen Soldaten, die den Abend als das Ende des Dienst-Tages willkommen heißen.
Sie erreichen eine Tür und der Leutnant öffnet sie. „Das ist Ihre Unterkunft. Ruhen Sie sich aus!“
Wolny lugt ungläubig in das Zimmer. Es ist mehr eine Zelle als ein Aufenthaltsraum. Der Kasernen-Charakter mit Hang zur Sparsamkeit hat sich hier voll ausgetobt: Bett, Stuhl, kleiner Schrank, noch nicht mal ein Tisch. „Wie?“, fragt der Major skeptisch. Er überlegt kurz, ob er diesen Leutnant nach Strich und Faden anbrüllen soll. Aber da er nicht weiß, wer seine eigentlichen Gesprächspartner hier in diesem Loch von einer Kaserne sind, lässt er das lieber bleiben. Es kann sein, dass er noch Freunde braucht und insbesondere diesen Krell.
„Ach ja“, ergänzt sein Begleiter. „Ich bringe Ihnen Essen. Eine Uniform zum Wechseln liegt im Schrank.“
„Duschen?“, erkundigt sich Wolny, dem es zuwider ist, sich aus einem Armee-Anzug herauszuschälen und dreckig, wie er ist, in den nächsten zu steigen.
Der Leutnant zeigt quer über den Flur. „Allerdings ist das Wasser nicht angeheizt.“
Wolny gibt den Gedanken auf, hier einen angemessen Standard vorzufinden. Er besinnt sich auf den Grund seines Hierseins: „Wo sind meine Ansprechpartner?“
„Welche?“
...Erscheint lt. Verlag | 26.10.2021 |
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Verlagsort | Berlin |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Science Fiction |
Schlagworte | Android • hybrid • Jagd • Klon • Liebe • Roboter • Science Fiction |
ISBN-10 | 3-7549-1412-X / 375491412X |
ISBN-13 | 978-3-7549-1412-0 / 9783754914120 |
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