Nicht aus der Schweiz? Besuchen Sie lehmanns.de
Mich wundert nix -  Ingrid Dorfmeister

Mich wundert nix (eBook)

Geschichten, die das Leben schreibt
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
myMorawa von Dataform Media GmbH (Verlag)
978-3-99129-471-9 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
11,99 inkl. MwSt
(CHF 11,70)
Der eBook-Verkauf erfolgt durch die Lehmanns Media GmbH (Berlin) zum Preis in Euro inkl. MwSt.
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Kurzgeschichten, die sich an wahren Begebenheiten orientieren. Skurril, dramatisch, traurig oder mit Happy End - so sind sie, die Geschichten, die das Leben schreibt. Und immer geht es um Liebe und Gefühle. Sie berühren und bestimmt findet sich jede Frau - oder auch mancher Mann? - in der einen oder anderen Story wieder. Basierend auf vielen Interviews, hat Ingrid Dorfmeister diese unterhaltsame Lektüre geschaffen. Es handelt sich um authentische Erzählungen, mitten aus dem Leben gegriffen. Packend geschrieben, verführen sie zum Lachen, sind Balsam für die Seele und geben Hoffnung.

Ingrid Dorfmeister, 1959 in Kärnten geboren, lebt in Wien. Mit 48 Jahren begann sie die Ausbildung zur Lebens- und Sozialberaterin und organisierte ihr Leben neu. Sie ist bei Soul Sisters - einem Zentrum für Frauen in der Lebensmitte - tätig, gibt Seminare und coacht vorwiegend Frauen und Paare. Bücher sind ihre Leidenschaft. Selbst eines zu schreiben, war schon lange ihr Wunsch, den sie sich jetzt mit 'Mich wundert nix' erfüllt hat.

Die gelben Schuhe

Karin blickte auf die Uhr. Schon halb zehn, höchste Zeit, das Taxi zu rufen. Die Koffer standen seit dem Vorabend fertig gepackt im Flur, die Schlüssel hatte sie bereits vor Tagen der Nachbarin gegeben, sie würde sich in ihrer Abwesenheit um die Blumen kümmern. Drei Wochen nur für sich - die brauchte Karin wirklich sehr dringend, denn es war in letzter Zeit alles ein wenig viel gewesen. Sie freute sich auf erholsame Tage in Villach. Eigentlich hatte sie einen Kurantrag gestellt, allerdings wurde ihr eine Anschluss-Rehab gewährt.

„Seien Sie doch froh, da haben Sie intensivere Betreuung, das ist doch gut für Ihre Hüfte, auch wenn die OP schon im Vorjahr gewesen ist“, informierte sie die Dame von der Krankenkassa am Telefon.

„Na ja, das wird schon passen“, beruhigte sich Karin, obwohl das Bauchgefühl ihr etwas anderes signalisierte. Etwas aufgeregt machte sie sich auf den Weg.

Am Nachmittag stand sie vor einem Gebäude, das den Charme der siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts ausstrahlte. Sie nahm den Schlüssel in Empfang und machte sich auf den Weg zu ihrem Zimmer in den zweiten Stock.

„Du meine Güte“, dachte Karin, als sie eintrat.

Die Möbel schienen tatsächlich aus den siebziger Jahren übrig geblieben zu sein. Es gab ein schmales Bett, einen einfachen braunen Schrank, ein kleines Tischchen mit einem Stuhl und ein Sofa. Ende. Das Badezimmer war winzig: eine Dusche mit einem altmodischen Brausekopf, aus dem das Wasser lediglich tröpfelte, ein kleines, ausgeschlagenes Waschbecken und ein Spiegel. Die Beleuchtung war minimal.

„Für meine Falten ist das sicher schmeichelhaft und schminken muss ich mich hier sowieso nicht“, kam ihr Galgenhumor durch.

„Das ist jetzt mein Zuhause für die nächsten drei Wochen. Hoffentlich haben wir keine Hitzewelle“, machte sich ein Gedanke in ihr breit, denn natürlich gab es hier keine Klimaanlage. Für die verwöhnte Karin ein No-Go.

„Bravo, das wird ja heiter werden“, dachte sie und begann, ihre Koffer auszuräumen.

Um 18 Uhr, beim Vortrag für die Neuankömmlinge, konnte sie die Gäste, die gleichzeitig mit ihr angereist waren, betrachten. Auf der Stelle wurde ihr klar: „Hier bin ich komplett falsch.“

Hätte sie doch nur ihrem Gefühl vertraut und darauf gepocht, eine Kur zu machen, anstatt sich nach Villach zuweisen zu lassen. Jetzt war es zu spät.

Ihr Blick schweifte über die Anwesenden. Alles wirklich betagte Leute, die meisten um die 70, wenn nicht noch älter. Zumindest sahen sie so aus. Und der Großteil schien offensichtlich erst vor kurzem operiert worden zu sein, wie Karin anhand der zahlreichen Krücken feststellte, die neben den Sitzen lehnten. Sie seufzte tief. Da war sie mit ihren gerade einmal 50 Jahren ja ein Küken. Die mürrisch dreinblickende, altmodisch gekleidete Direktorin erläuterte die strenge Hausordnung.

„Das wird alles andere als lustig“, durchzuckte es Karin und die Vorstellung eines attraktiven Kurschattens löste sich sofort und auf der Stelle in Luft auf. Ihrer Freundin Klara war bei ihrer Kur ein großartiger Mann über den Weg gelaufen. Er wohnte sogar in ihrer Nähe und seit ein paar Wochen trafen sie sich regelmäßig. So etwas hatte sich Karin auch für ihren Aufenthalt vorgestellt. Und warum auch nicht? Sie war Single und grundsätzlich einem Flirt nicht abgeneigt. Es war auch schon einige Zeit her, dass sie guten Sex gehabt hatte. Man musste ja nicht immer gleich an Beziehung denken.

Aber als sie noch einmal in die Runde blickte, erschauderte sie. Da war bestimmt kein geeigneter Begleiter dabei.

„Vielleicht gibt es ja noch einige nette Exemplare, die schon länger hier sind.“ Karin schmunzelte, sie war ja grundsätzlich ein sehr positiver Mensch.

Beim anschließenden Abendessen änderte sie jedoch ihre Meinung. Gut gelaunt suchte sie den ihren zugewiesenen Tisch auf. Sie trug schmale Jeans, darüber eine lockere, pinkfarbene Bluse mit einem kleinen Ausschnitt und farblich passende, flache Sandalen. Ihre mittellangen, dunklen Haare umschmeichelten ihr Gesicht, und obwohl sie nur wenig geschminkt war - Lipgloss und Wimperntusche reichten ihr -, sah sie sehr hübsch aus.

„Einen schönen guten Abend, ich bin Karin und heute erst angekommen“, stellte sie sich vor, als sie ihren Platz einnahm.

Drei Menschen saßen bereits da: eine adrette Frau, so um die 80, ein mürrisch dreinblickender Mann von ungefähr 70 Jahren und ein übergewichtiger Herr, dessen Alter nur schwer zu schätzen war. Alle drei erwiderten nur kurz ihren Gruß und löffelten dann schweigend ihre Suppe weiter. Karin ließ sich davon nicht beeindrucken und begann, Smalltalk zu führen, musste aber feststellen, dass die einsilbigen Antworten und das offensichtliche Desinteresse an einem Gespräch ihre Laune beeinträchtigten.

„Bravo“, dachte sie, „und an diesem Tisch soll ich es jetzt drei Wochen aushalten.“

Sie bestellte das vegetarische Menü und erlebte das nächste Desaster. Ihre geliebten ‚Kasnudeln‘- eine Kärntner Spezialität, von der sie normalerweise nicht genug bekommen konnte, schwammen in einer riesigen Butterlacke und wiesen einen enorm dicken Teigrand auf.

„Igitt!“, Karin kostete sie, auch die Topfenfülle schmeckte ziemlich eigenartig. Und wo in aller Welt war denn die Minze geblieben? Sie war doch ein wesentlicher Bestandteil dieses Gerichts.

Angewidert legte sie das Besteck auf den Teller zurück. Zum Glück gab es ein Salatbuffet, sie stand auf und bediente sich dort ein zweites Mal, denn sie war hungrig. Als sie zurückkam, waren die beiden Herren bereits verschwunden und Ernie, die aus einem kleinen Dorf in der Steiermark stammte, wie sie herausgefunden hatte, fragte verwundert: „Schmeckt Ihnen das Essen nicht? Ich bin so froh, dass ich nicht selbst kochen muss, mir mundet einfach alles hier.“

„Das ist auch eine Sichtweise“, dachte Karin und hoffte, dass der Koch vielleicht doch nur einen schlechten Tag gehabt hatte.

Samstagabend gab es ab 20 Uhr Unterhaltungsprogramm mit Musik. Obwohl Karin am liebsten wieder auf ihr Zimmer gegangen wäre, gab sie sich einen Ruck und marschierte Richtung Bar.

Schon von weitem hörte sie den Uraltschlager: ‚Du bist die Rose vom Wörthersee‘.

Sie musste lächeln, denn eine Erinnerung kam in ihr hoch. Genau dieses Lied hatte seinerzeit einer ihrer Lover in Wien bei einem Heurigen für sie bestellt, um sie zu beeindrucken. Oh Gott, wie lange war das schon her? 20, gar 25 Jahre?

Karin blieb beim Eingang stehen und ließ das Bild, das sich ihr bot, auf sich wirken. Einige Tische waren mit Paaren und kleineren Gruppen besetzt. An der Bar aufgefädelt saßen mindestens zehn Männer und eine einzige Frau. Alle starrten sie an, als sie zum Ende der Theke schlenderte und auf dem letzten Barhocker Platz nahm. In der anderen Ecke des Raumes thronte der Alleinunterhalter, der anscheinend südliche Wurzeln hatte und sicher auch schon an die 70 Jahre alt war. Er quälte sich tapfer durch das Lied, zu dem sich drei Paare mehr oder weniger im Takt bewegten.

„Ich brauche ganz, ganz dringend Alkohol“, stellte Karin fest, „ansonsten überlebe ich diese Situation nicht.“

„Bitte ein Glas Rotwein. Welchen können Sie denn empfehlen?“, fragte sie den gelangweilt dreinblickenden Kellner.

„Wir haben nur einen Hauswein oder einen Zweigelt“, antwortete er.

„Na gut, dann ein Achterl Zweigelt und ein Glas Wasser, bitte.“

Viel hatte sie sich nicht erwartet, aber der Wein war wirklich kaum trinkbar.

„Auch schon egal, das passt zu dem ganzen Ambiente hier“, dachte sie.

Mittlerweile hatte sich die Musik geändert und es gab einen Disco-Fox aus dem Jahre Schnee: ‚Santa Maria‘. Ein älterer Herr bewegte sich in ihre Richtung, Karin nahm tapfer einen Schluck aus ihrem Glas und hoffte, dass der Kelch an ihr vorübergehen würde. Aber weit gefehlt, der Kavalier kam direkt auf sie zu, deutete eine Art Verbeugung an und bat sie um den Tanz. Karin schaffte es nicht, ihm eine Abfuhr zu erteilen und ergab sich ihrem Schicksal.

Forsch legte er den Arm um ihre Taille, zog sie an sich und begann in einem seltsamen Rhythmus zu tanzen. Sie versuchte sich ihm anzupassen und war ziemlich damit beschäftigt, ihm nicht auf die Füße zu treten.

Die Unterhaltung war etwas einseitig, denn nachdem er herausgefunden hatte, dass sie gerade erst angekommen war, fühlte er sich bemüßigt, ihr Tratsch und Klatsch der Kuranstalt nahezubringen. Nach dem zweiten Tanz war sie von seinem Monolog so genervt, dass sie nur noch zu ihrem Wein zurückwollte. Das hatte sie von ihrer Gutmütigkeit. Als sie ihm für den Tanz dankte und erklärte, dass sie an die Bar gehen würde, zog er beleidigt von dannen.

Karin atmete erleichtert auf, setzte sich und bemerkte, dass der Typ neben ihr sie beobachtet hatte und sie...

Erscheint lt. Verlag 25.10.2021
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur
ISBN-10 3-99129-471-0 / 3991294710
ISBN-13 978-3-99129-471-9 / 9783991294719
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Ohne DRM)
Größe: 3,3 MB

Digital Rights Management: ohne DRM
Dieses eBook enthält kein DRM oder Kopier­schutz. Eine Weiter­gabe an Dritte ist jedoch rechtlich nicht zulässig, weil Sie beim Kauf nur die Rechte an der persön­lichen Nutzung erwerben.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Kurzgeschichten

von Katrin Sobotha-Heidelk

eBook Download (2023)
Lehmanns Media (Verlag)
CHF 9,75

von Bram Stoker

eBook Download (2022)
Steidl Verlag
CHF 24,40