Ka Grund zum Rean
Bibliothek der Provinz (Verlag)
978-3-99126-035-6 (ISBN)
Herbert Pirker meint: »Den Tod darf man nicht zu ernst nehmen.«
Die Gedichte in diesem Buch sollen das beweisen.
Herbert Pirker ist im Oktober 1935 in Wien auf die Welt gekommen. In seinem Elternhaus war der Dialekt verpönt, und wenn er aus dem Hof, wo er gespielt hat, oder aus der Schule, in die er sehr gern gegangen ist, ein Dialektwort mitgebracht hat, mußte er es sich schnellstens abgewöhnen. Und weil gerade von der Schule die Rede war: In Erdberg im dritten Wiener Gemeindebezirk hat er auch die Matura des Realgymnasiums bestanden, im Gebiet zwischen dem Dritten und dem Ersten hat er auf der Akademie für Musik und darstellende Kunst Klavier beim Professor Dichler und Orgel beim Professor Walter studiert, dann kam noch Musikwissenschaft auf der Uni dazu. Nach einer schweren Krankheit war’s aber mit dem Studium vorbei, und er wurde Sparkassenangestellter, meldete sich dort schleunigst in die Werbeabteilung, verließ jedoch nach hier erduldetem langem schweren Leiden den Sparkassensektor und wurde Werbetexter. Jetzt begann er, Sendungen fürs Radio und fürs Fernsehen zu schreiben, war mit seinen Dialogen etwa für „Im Wiener Konzertcafé“ und „Der Kaffee ist fertig“ wie auch mit seinen Hör- und Fernsehspielen sehr erfolgreich und verfaßte schließlich für das von Jörg Mauthe gegründete „Wiener Journal“ monatliche Feuilletons. Eine zehnjährige Tätigkeit als Werbeleiter im Österreichischen Bundesverlag beendete er, als hier ein neuer Direktor das Ruder übernahm, dem man erst beibringen mußte, daß das Schwarze in den Büchern die Buchstaben sind. Nun war er freier Schriftsteller, wurde alsbald Kolumnist in der „Furche“, im „Wiener Samstag“, in der von Kurt Falk gegründeten Tageszeitung „täglich Alles“ und in dessen Wochenblatt „Die ganze Woche“, von wo ihn Hans Dichand in die „Kronenzeitung“ holte und wo er seine Liebe zum Wiener Dialekt endlich ausleben konnte. Noch im Februar des Jahres 2009 schrieb ihm der Krone-Herausgeber unverlangt auf Büttenpapier, er sei – nach zwölfjähriger Tätigkeit als Autor der täglich erscheinenden Kolumne „kuaz und guad“ – ein unverzichtbarer Bestandteil des Blattes geworden und er, Hans Dichand, hoffe auf eine noch lange so gute Zusammenarbeit mit ihm. Vier Monate später allerdings erschien in Pirkers Haus ein schief eingelegtes Fax, auf dem ihm mitgeteilt wurde, daß mit selbigem Tag seine Tätigkeit für die Zeitung beendet sei, die finanzielle Krise erlaube es nicht mehr, ihn weiter zu beschäftigen. Herbert Pirker rettete mit seinem Ausscheiden den Weiterbestand der größten Tageszeitung des Landes und ist seither ein noch freierer Schriftsteller als vordem.
Arik Brauer hat mir für mein letztes Buch „Axel, kein Hitlerjunge“ die Umschlagseite gestaltet. Als ich ihn fragte, was ich schuldig sei, hat er lachend geantwortet: „Na geh, nix!“ Ich hab damals ein überraschtes „Danke“ hervorgebracht. Jetzt gibt’s ihn nicht mehr, diesen großartigen Menschen. Und ich bin sicher, daß er mir genauso gratis den Textteil „Ka Grund zum Rean“ aus seinem Lied „Mia san gebuan fia de Gruam“ überlässt. Und ich sag wieder, diesmal ganz fest an diesen Satz denkend, „danke“. Er hatte, wie ich aus seinem Mund weiß, keine Angst vorm „Ummegeh“. Wir Wiener haben ja insgesamt zum Tod ein inniges Verhältnis. Mit der Urangst der menschlichen Existenz sind wir per du. Allein für den Begriff „sterben“ haben wir einen ganzen Haufen Vokabel. Hier gleich ein paar in phonetischer Schreibweise: ogrozzn, oweschnoppn, ins Gros beißn, draufgee, de Bek aufschdön, a Bankl reißn, in Leffe ogem, de Eadäpfen vo unt auschaun, hiwean, a Brezn reißn, grepian, ummischdee, de Botschn schdrekkn, exgee, maukas gee, in d Gruam foan, hamgee. Die dritte Strophe der meisten Wienerlieder befaßt sich mit dem Tod. Mein Freund Heinz Holecek hat gesungen: Wann i amal stirb, miassn mi d Fiaker tragn und dabei Zithern schlagn. Der Josef Meinrad hat gesungen: Da leg ich meinen Hobel hin und sag der Welt adé. Der Georg Kreisler hat gesungen: Der Tod, das muß ein Wiener sein. Der Wolfgang Ambros hat gesungen: Es lebe der Zentralfriedhof. Der Willi Forst hat gesungen: Es wird a Wein sein, und wir wern nimmer sein. Der Peter Alexander hat gesungen: Erst wanns aus wird sein. Der Michael Heltau hat gesungen: Den letzten Gruaß, den müassn mir die Schrammeln spieln. Sigmund Freud hat seine eigene Todesanzeige viele Jahre vor seinem Ableben selber verfaßt. Maria Theresia und Franz Stephan liegen in der Kapuzinergruft, einer weltbekannten Fremdenverkehrsattraktion. Am Donauufer in Albern, einem Teil des 11. Wiener Gemeindebezirks Simmering, ist der Friedhof der Namenlosen und der Selbstmörder aus der Umgebung. Auf gar nicht so alten Zigarettenetuis steht: Rauchen sichert Arbeitsplätze – Bestattung Wien. Computer-Sticks und Schlüsselanhänger gibt’s in Sarg-Form. Leiberln kann man erwerben, auf denen steht: Der letzte Wagen ist immer ein Kombi. Und ich hab, weil ich schon ein Grufti bin, dem das Ablaufdatum hinten nachrennt, diese Gedichte übers Sterben und übers Totsein geschrieben. Wenn wir also übers Sterben schon nicht lachen, sollten wir darob zumindest lächeln. (Herbert Pirker)
Erscheinungsdatum | 16.10.2021 |
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Verlagsort | Weitra |
Sprache | deutsch |
Maße | 120 x 210 mm |
Themenwelt | Literatur ► Lyrik / Dramatik ► Lyrik / Gedichte |
Schlagworte | Honig der Finsternis • Mundartgedicht • Pirker, Herbert, 1935– • Pompfüneberer • Pücher • Solange euer Fleisch noch warm ist • Wienerisch |
ISBN-10 | 3-99126-035-2 / 3991260352 |
ISBN-13 | 978-3-99126-035-6 / 9783991260356 |
Zustand | Neuware |
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