Das Reich der Vampire (eBook)
1024 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-491253-0 (ISBN)
Jay Kristoff verbrachte den Großteil seiner Jugend mit einem Haufen Bücher und zwanzigseitiger Würfel in seinem spärlich beleuchteten Zimmer. Als Master of Arts verfügt er über keine nennenswerte Bildung. Er ist zwei Meter groß und hat laut Statistik noch 11.000 Tage zu leben. Zusammen mit seiner Frau und dem faulsten Jack-Russell-Terrier der Welt lebt er in Melbourne. Jay Kristoff glaubt nicht an Happy Ends.
Jay Kristoff verbrachte den Großteil seiner Jugend mit einem Haufen Bücher und zwanzigseitiger Würfel in seinem spärlich beleuchteten Zimmer. Als Master of Arts verfügt er über keine nennenswerte Bildung. Er ist zwei Meter groß und hat laut Statistik noch 11.000 Tage zu leben. Zusammen mit seiner Frau und dem faulsten Jack-Russell-Terrier der Welt lebt er in Melbourne. Jay Kristoff glaubt nicht an Happy Ends. Kirsten Borchardt übersetzt seit über zwanzig Jahren Bücher aus den Bereichen Phantastik und Popkultur, u. a. von Joe Abercrombie und Rae Carson. Sie lebt in Norddeutschland.
Jay Kristoff ist ein überzeugender Start in eine neue Dark-Fantasy-Trilogie gelungen.
›Das Reich der Vampire‹ ist ein klassischer Pageturner.
[...] ›Das Reich der Vampire‹ straft all jene Lügen, die dachten, nach Stephanie Meyers Glitzervampiren wären Blutsaugerbücher bis auf Weiteres Blei in den Regalen.
Wow! Wow! Wow! ›Das Reich der Vampire‹ ist eine Saga, die einen süchtig, süchtig, und ja, süchtig macht!
›Das Reich der Vampire‹ ist derb, brutal, dreckig, witzig, zynisch, erotisch, romantisch und abartig spannend.
Jay Kristoff ist ein Meister der Dark Fantasy.
[…] bemerkenswerterweise hält Kristoff das Tempo hoch, schafft es, seine Leserinnen und Leser auch über diese Marathondistanz zu fesseln.
[Kristoff] schreibt epische Fantasy und apokalyptische Science-Fiction, bissige, düstere, aber nicht humorlose Pageturner von mehreren hundert Seiten, von denen seine Fans [...] nicht genug bekommen.
Kristoff ist ein begnadeter Erzähler, der dem Trivialen literarisch die Stirn bietet.
Abenddämmerung
Man schrieb das 27. Jahr des Tagestods im Reich des Ewigen Königs, und sein Mörder wartete darauf zu sterben.
Er hielt an einem schmalen Fenster Wache und wartete ungeduldig auf sein Ende. Die tätowierten Hände, befleckt mit getrocknetem Blut und Asche so bleich wie Sternenlicht, hielt er hinter dem Rücken ineinander verschränkt. Sein Zimmer befand sich hoch oben in einem einsamen Turm, von schlaflosen Bergwinden geküsst. Die Tür war eisenbeschlagen, schwer, geheimnisgleich verschlossen. Von seinem Ausguck beobachtete der Königsmörder, wie die Sonne ihrer unverdienten Ruhe entgegensank, und fragte sich, wie die Hölle schmecken mochte.
Das Kopfsteinpflaster unten auf dem Hof versprach nach tiefem Sturz und hartem Aufprall den schnellen Weg in ein traumloses Dunkel. Aber das Fenster war zu schmal, als dass er sich hätte hindurchzwängen können, und seine Wärter hatten ihm nichts gelassen, was ihm sonst dabei hätte helfen können, sich ein Ende zu setzen. Nur Stroh als Nachtlager, einen Eimer zum Reinkacken und das schwache Licht des Sonnenuntergangs, um ihn zu foltern, bevor es mit der echten Folter losging. Er trug einen schweren Mantel, alte Stiefel und Lederhosen, fleckig von Ruß und langen Reisen. Seine blasse Haut war feucht vor Schweiß, obschon sein Atem weiß in die Luft stieg und im Kamin hinter ihm kein Feuer brannte. Die Eisblüter wollten es nicht einmal in ihren Gefängniszellen riskieren, eine Flamme zu entzünden.
Sie würden schon bald kommen.
Das Château erwachte allmählich. Ungeheuer erhoben sich von ihren Lagern an der kalten Erde und taten ihr Bestes, um beinahe menschlich zu wirken. Draußen vibrierte die Luft vom Lied der Fledermausflügel. Hörige Soldaten, in dunklen Stahl gehüllt, die schwarzen Mäntel mit den Emblemen der Zwillingswölfe und Zwillingsmonde geschmückt, patrouillierten über die Zinnen unter ihm. Der Mörder verzog verächtlich den Mund bei ihrem Anblick; kein Hund hätte sich dazu erniedrigt, an diesem Ort Wache zu stehen.
Der Himmel über ihnen war dunkel wie die Sünde.
Der Horizont so rot wie die Lippen seiner Lady, als er sie zum letzten Mal geküsst hatte.
Er fuhr sich mit dem Daumen über die mittleren Finger, über die kurz unterhalb der Knöchel eintätowierten Buchstaben.
»Patience«, flüsterte er. Geduld.
»Darf ich hereinkommen?«
Der Mörder blieb ganz ruhig – er wusste, dass sich das Eisblut an seinem Erschrecken ergötzt hätte. Stattdessen starrte er weiter aus dem Fenster zu den geborstenen Knöcheln der Berge, deren Spitzen von aschgrauem Schnee bedeckt waren. Jetzt fühlte er, dass das Wesen hinter ihm stand und dass dessen Blick über seinen Nacken wanderte. Er wusste, was es wollte, wieso es hier war. Und er hoffte, dass es schnell ginge. In seinem Inneren wusste er: Jeder Schrei wäre ihnen ein Genuss gewesen.
Dann endlich drehte er sich um und spürte, wie Feuer in ihm aufloderte, als er das Ding vor sich sah. Der Zorn war ein alter Freund, warm und willkommen. Er ließ ihn das Ziehen in den Adern vergessen, die Last der Narben und der Jahre, die an seinen Knochen zehrten. Beim Anblick des Ungeheuers, das vor ihm stand, fühlte er sich direkt wieder jung. Von den Flügeln eines reinen und perfekten Hasses der Ewigkeit entgegengetragen.
»Guten Abend, Chevalier«, sagte das Eisblut.
Es war noch jung gewesen, als es gestorben war. Ein Junge von fünfzehn oder vielleicht sechzehn, gezeichnet von jener androgynen Zierlichkeit, wie sie für die Zeit kurz vor dem Erreichen des Mannesalters typisch ist. Gott allein mochte wissen, wie alt es wirklich war. Ein Hauch von Farbe lag auf seinen Wangen, die großen braunen Augen waren von dichtem Goldhaar eingerahmt, die Stirn zierte eine kunstvoll arrangierte winzige Locke. Seine Haut war porenfrei und alabasterweiß, seine Lippen jedoch von einem obszönen Rot, und das Weiße seiner Augen zeigte dieselbe Farbe. Frisch gesättigt.
Hätte der Mörder es nicht besser gewusst, er hätte gesagt, dass es beinahe lebendig wirkte.
Sein Gehrock war aus dunklem Samt, bestickt mit goldenen Schnörkeln. Um seine Schultern lag ein Mantel aus Rabenfedern, und der Kragen war so umgeschlagen, dass er wie eine Reihe glänzend schwarzer Klingen aussah. Das Wappen seines Blutes war auf der Brust eingestickt – Zwillingswölfe über Zwillingsmonden. Dunkle Hosen, Krawatte und Strümpfe aus Seide sowie polierte Schuhe komplettierten das Porträt. Ein Ungeheuer in Gestalt eines Aristokraten.
Es stand in der Mitte seiner Zelle, obwohl die Tür noch immer geheimnisgleich verschlossen war. Zwischen den knochenweißen Handflächen hielt es ein dickes Buch, und seine Stimme war so sanft wie ein Wiegenlied.
»Ich bin Marquis Jean-François vom Blut Chastain, Geschichtsschreiber ihrer Gnaden Margot Chastain, Erste und Letzte ihres Namens, unsterbliche Herrscherin über Wölfe und Menschen.«
Der Mörder sagte nichts.
»Ihr seid Gabriel de León, der Letzte der Silberwächter.«
Der Mörder namens Gabriel gab noch immer keinen Ton von sich. Der Blick des Wesens flackerte wie Kerzenflammen in der Stille; die Luft hatte etwas klebrig Schwarzes, Gehaltvolles. Kurz wollte es Gabriel erscheinen, als stünde er am Rand einer Klippe, und nur die kalte Berührung dieser tiefroten Lippen an seiner Kehle könne ihn vor dem Sturz bewahren. Er spürte, wie seine Haut kribbelte, als sich sein Blut bei dieser Vorstellung unwillkürlich rührte. Die Sehnsucht der Motte nach der Flamme, nach dem Vergehen.
»Darf ich hereinkommen?«, wiederholte das Ungeheuer.
»Ihr seid schon drin, Eisblut«, gab Gabriel zurück.
Das Geschöpf ließ seinen Blick kurz unterhalb von Gabriels Gürtel entlangschweifen und schenkte ihm ein wissendes Lächeln. »Es ist immer höflicher zu fragen, Chevalier.«
Es schnippte mit den Fingern, und die eisenbeschlagene Tür schwang weit auf. Eine hübsche Hörige in einem langen schwarzen Kleid mit Korsage schlüpfte zu ihnen hinein. Das Gewand war aus Knittersamt-Damast und zu einer Wespentaille geschnürt, und sie trug ein Kropfband aus dunkler Spitze um den Hals. Ihr langes rotes Haar war zu Zöpfen geflochten, die wie Ketten aus gewalztem Kupfer über ihre Augen hingen. Sie war vielleicht Mitte dreißig, so alt wie Gabriel. Alt genug, um die Mutter des Ungeheuers zu sein, wenn das Wesen nur ein normaler Junge und sie nur eine normale Frau gewesen wären. Aber sie trug mühelos einen Ledersessel, der ebenso schwer war wie sie selbst, und schlug die Augen nieder, als sie ihn neben dem Eisblut abstellte.
Das Ungeheuer löste seinen Blick keinen Augenblick von Gabriel. Und er den seinen auch nicht von ihm.
Die Frau brachte einen weiteren Sessel und einen kleinen Eichentisch. Den Sessel stellte sie neben Gabriel, den Tisch zwischen die beiden, und stand dann da, die Hände verschränkt wie eine Priorin beim Gebet.
Jetzt konnte Gabriel Narben an ihrer Kehle sehen, die verräterischen Pünktchen unter dem Kropfband. Er fühlte, wie er vor Verachtung eine Gänsehaut bekam. Sie hatte diesen Sessel getragen, als ob er federleicht sei, aber nun, in Gegenwart des Eisbluts, war die Frau beinahe atemlos, und ihr bleicher Busen hob sich über dem Korsett wie der einer Jungfrau in ihrer Hochzeitsnacht.
»Merci«, sagte Jean-François vom Blut Chastain.
»Ich bin Eure Dienerin, Herr«, hauchte die Frau.
»Lass uns jetzt allein, meine Liebe.«
Die Hörige sah dem Ungeheuer in die Augen. Ihre Fingerspitzen fuhren langsam über die Rundung ihres Busens zur milchweißen Linie ihres Halses und …
»Bald«, sagte das Eisblut.
Die Frau öffnete leicht den Mund. Gabriel sah, dass ihr Herz vor Erwartung schneller schlug.
»Euer Wille wird geschehen, Herr«, flüsterte sie.
Und ohne Gabriel auch nur eines Blickes zu würdigen, knickste sie und glitt aus dem Zimmer, so dass Mörder und Monster allein zurückblieben.
»Wollen wir uns setzen?«, fragte das Geschöpf.
»Ich sterbe lieber im Stehen, wenn es nichts ausmacht«, erwiderte Gabriel.
»Ich bin nicht hier, um Euch zu töten, Chevalier.«
»Was wollt Ihr dann, Eisblut?«
Das Dunkel flüsterte. Das Ungeheuer bewegte sich scheinbar ohne eine Regung; eben noch hatte es neben dem Sessel gestanden, nun saß es schon darin. Gabriel sah, wie es ein nicht vorhandenes Stäubchen vom Brokatstoff strich und sich dann das Buch auf den Schoß legte. Es war eine winzige Machtdemonstration, die nur die Möglichkeiten andeuten sollte, um ihn von irgendwelchen mutigen Verzweiflungstaten zurückzuhalten. Aber Gabriel de Léon hatte Wesen wie dieses Geschöpf getötet, seit er sechzehn Jahre alt war, und er wusste genau, wann ihm jemand überlegen war.
Er war unbewaffnet. Nach drei schlaflosen Nächten völlig übermüdet. Hungrig und umzingelt und schwitzend vom Entzug. Aus der Vergangenheit hallte Grauhands Stimme durch seinen Kopf, und ihm war, als hörte er den Schritt der silberbeschlagenen Stiefel seines Meisters auf den Steinplatten von San Michon.
Gesetz Nummer Eins: Tote töten keine Toten.
»Ihr müsst durstig sein.«
Das Ungeheuer zog ein kristallenes Fläschchen aus seinem Mantel, und das Licht funkelte auf den hineingeschliffenen Facetten. Gabriel verengte die Augen.
»Es ist nur Wasser, Chevalier. Trinkt.«
Gabriel kannte diese Mechanismen; die Freundlichkeit diente als Vorspiel für die Versuchung. Dennoch, seine Zunge schabte wie Sandpapier über seine Zähne. Und obwohl Wasser den Durst, der in ihm wütete, nicht stillen konnte, riss er dem Ungeheuer das Fläschchen aus den gespenstisch bleichen Fingern und goss sich...
Erscheint lt. Verlag | 29.6.2022 |
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Reihe/Serie | Das Reich der Vampire | Das Reich der Vampire |
Übersetzer | Kirsten Borchardt |
Zusatzinfo | 36 s/w-Abbildungen |
Verlagsort | Frankfurt am Main |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
Schlagworte | Castlevania • Crossover Fantasy • Dark Fantasy • epische Fantasy • Fantasy Bestseller • Fantasybuch • Fantasy für Erwachsene • Fantasy Neuheiten 2022 • Gralssuche • Grimdark • The Last of Us • Vampire • vampire the masquerade • Vampirroman • ya fantasy |
ISBN-10 | 3-10-491253-X / 310491253X |
ISBN-13 | 978-3-10-491253-0 / 9783104912530 |
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