Nell Drury und der Mörder von Wychbourne Court (eBook)
dp DIGITAL PUBLISHERS GmbH (Verlag)
978-3-96817-939-1 (ISBN)
Ein Mörder auf Geisterjagd – Nell Drury ermittelt in den Goldenen Zwanzigern
Der historische Cosy Crime für Fans von Rhys Bowen
Kent, 1925: Nell Drury steht vor ihrer ersten großen Herausforderung als Chefköchin auf dem Herrenhaus Wychbourne Court. Lord und Lady Ansley planen einen extravaganten Kostümball mit Geisterjagd um Mitternacht. Als dabei jedoch eine Leiche entdeckt wird, wird Nell ungewollt in die darauf folgende polizeiliche Untersuchung verwickelt. Plötzlich scheinen die Goldenen Zwanziger nicht mehr so strahlend, denn mehr als eine Person der illustren Gesellschaft hütet dunkle Geheimnisse. Als ein weiterer Mord geschieht, spitzt sich die Lage zu und Nell ist sich sicher, dass der Mörder viel eher hier als in der Geisterwelt zu finden ist. Obwohl sie Hilfe von Insepektor Melbray bekommt, begibt sie sich bei ihren Nachforschungen in große Gefahr …
Dies ist eine überarbeitete Neuausgabe des bereits erschienen Titels Der Tanz mit dem Tod.
Erste Leserstimmen
„Ein Cosy Krimi in den goldenen 20ern? Da musste ich sofort zuschlagen und meine Erwartungen wurden noch übertroffen!“
„Spannender Fall in tollem, historischem Setting.“
„Ich hoffe die Cosy Crime-Reihe geht genauso packend weiter – Suchtgefahr!“
„Nell Drury ist meine neue Lieblingsermittlerin – so charmant, liebevoll und gewitzt.“
Amy Myers ist eine britische Autorin mehrerer erfolgreicher Krimi-Reihen, darunter die Nell Drury ermittelt-Reihe, die in den 1920er Jahren spielt, und die zeitgenössische Marsh & Daughter ermitteln-Reihe. Sie schreibt auch kurze Kriminalgeschichten für Zeitschriften und Anthologien. Gemeinsam mit ihrem Mann lebt sie in der wunderschönen Gegend von Kent in Südengland, wo viele ihrer Romane angesiedelt sind.
Kapitel 1
„Knallender Kabeljau, Kitty! Was soll das denn sein?“, rief Nell Drury, als sie auf die vor Angst zitternde Aprikosen-Mousse sah, die dem hohen Besuch auf Wychbourne Court zum Nachtisch präsentiert werden sollte.
„Ein Desaster, Miss Drury“, erwiderte Kitty trist, obgleich sie beide wussten, dass niemand den kleinen Makel je bemerken würde, wo die Mousse nicht rückstandslos aus der Form gekommen war.
Nell lachte. „Garnieren! Das ist die Lösung. Garnitur ist des Kochs Busenfreund.“
Denn ihrer Meinung nach war es in einer Küche heiß genug, auch ohne dass der Chefkoch sein Übriges dazu tat. Ihr Vorgänger hatte einen Tonfall an den Tag gelegt wie im Gefängnis – bis er eines Tages davonstürmte, weil die Soufflés eingesunken waren. Doch das würde sich mit ihr als Chefköchin nicht wiederholen, so viel hatte sie sich geschworen. Etwa sechs Monate hatte sie hier bereits die Zügel in der Hand und bisher lief alles recht reibungslos. Die Soufflés waren auferstanden, Pies gut aufgegangen und die Gemüter hatten sich wieder beruhigt.
Da war sie also, auf dem Höhepunkt ihrer Träume, und das bereits mit neunundzwanzig Jahren. Doch die größte Herausforderung stand ihr erst bevor: Dinner für vierzig Gäste um sieben Uhr, gefolgt von Tanz in den Abendstunden, wo für diese wie auch für weitere Besucher, die nur zum Tanz kamen, ein spätes Abendbrot serviert wurde. Das würde sicherlich unterhaltsam werden, insbesondere da viele Gäste im Kostüm kamen.
Doch genau wie die Mousse gab es noch einiges, das nicht ganz perfekt war.
Entschieden schob Nell ihre Bedenken beiseite und konzentrierte sich darauf, das Menü für das Dinner durchzugehen, das momentan in ihrem Kopf einen wirren Tanz veranstaltete. Zuerst stimmten die Musiker zu den hors d’euvres an, bis die Drehungen und Figuren des Tango den Fisch vor Nells geistigem Auge hervorriefen. Als nächstes folgte das Herz des Abends, der Walzer der Braten und Zuspeisen. Den künstlerischen Höhepunkt stellte der Nachtisch dar, der zu Foxtrott und Quickstep durch Nells Kopf tänzelte. Zum Abschluss noch ein letzter Walzer mit Früchten und Häppchen. Und dann gab es natürlich noch die exotischen, unerwarteten Gerichte: Salate, Sorbets und Eiscreme. Sie schmeckten wie die neuartigen Tänze aus Amerika, wie dieser Charleston, der sehr aufregend klang.
„Miss Drury, ist Ihnen bewusst, dass es gleich vier ist?“, erklang Mrs Fieldings scharfe Stimme. „Lady Clarice wartet in der Stiefelkammer sicher schon auf Sie.“
Einer Mrs Fielding traute Nell immer zu, ihr ein Haar in die Suppe zu schmuggeln. Sie wusste genau, dass die furchteinflößende Hausdame nur auf einen noch so kleinen Fehler von ihr wartete, um ihre eigene Autorität wieder zurückzugewinnen. Als bloße Köchin stünde Nell unter ihr, doch als Chefköchin hatte sie den gleichen Rang wie sie, hatte in ihrem Bereich das Sagen und eigene Angestellte.
„Die Uhr fünf Minuten vor der Zeit, verhilft dem Koch zur Pünktlichkeit“, improvisierte sie mit einer Geste zur Küchenuhr.
Bemerkenswert, dass die starre Hierarchie selbst 1925 noch manche Köpfe regierte, dachte Nell. Nach dem Krieg schien sie zu bröckeln, doch die Mrs Fieldings dieser Welt klammerten sich an die alte Ordnung wie Blutegel. Mrs Fielding war sicher bereits über vierzig und brachte nun nicht mehr die gleiche emsige Tatkraft auf wie früher – wer konnte es ihr da übel nehmen? Sie war, wie Nells Vater sagen würde, „eine prächtige Frau“, die mit allem, was sie hatte, und entschlossen wie Boudicca in die Schlacht zog, sofern sich jemand in ihr Revier wagte. Der Weinkeller war ihre Hauptwaffe und bot ihr viele Möglichkeiten zur Beschwerde. Denn nur sie hatte Zugriff auf alle Getränke und Konserven, sie und die Weinkeller-Magd, doch das ließ reichlich Spielraum, den Mrs Fielding bis aufs Letzte auskostete.
Hach ja, wenn man sich etwas wirklich in den Kopf gesetzt hatte, dann schmolzen alle Probleme der Welt dahin wie Butter. Nur nicht unterkriegen lassen, Mädchen, nur nicht unterkriegen lassen, spornte Nell sich selbst an, wenn sich eine Schwierigkeit anbahnte. Keine Zeit darauf verschwenden, jemand anderem unter dir wie Kitty oder den Mrs Fieldings dieser Welt die Schuld zu geben – einfach weitermachen und eine Lösung finden für das Problem, ganz gleich, wie groß oder klein es sein mochte. Die Molke wegkippen und sich auf die guten Überreste konzentrieren – nur so wird ein Käse daraus.
Trotz der tickenden Uhr ging Nell noch ein letztes Mal alles durch. In der Spülküche waren zwei Mägde mit Pfannen und Schüsseln beschäftigt, die zwei Küchenhilfen bereiteten das Gemüse vor und Mrs Squires, Nells Beiköchin, warf ein Auge auf das Essen für die Bediensteten und das andere auf die Melone. Die hübsche kleine Kitty sowie der zweite Vorspeisenkoch, der ängstliche junge Michel, kümmerten sich um die hors d’euvres, foie gras und die übrigen Zuspeisen.
„Wie ich sehe, haben Sie wieder Soufflé Helen auf das Menü gesetzt“, beschwerte sich Mrs Fielding, während Nell sich die Schürze auszog, um ins Haupthaus zu gehen. „Erwarten Sie keine eingelegten Himbeeren von mir.“
„Dank Mr Fairweather haben wir auch frisches Obst“, erwiderte Nell, als sie an ihr vorbeieilte. Er war der Gärtner mit dem passenden Namen, zu dem Nell eine gute Beziehung pflegte. Sie liebte die Farben und die aufregende Auswahl an Kräutern, Obst und Gemüse, die er züchtete. Dieser Samstagabend würde ein voller Erfolg werden, für Wychbourne Court und für die Ansley-Familie, das hatte Nell sich geschworen. Dafür gab sie alles, und das auch trotz der schwarzen Wolke am Horizont, die sich nicht auflösen wollte.
Die Geisterjagd.
Genau wie jedes alte Herrenhaus hatte auch Wychbourne Court seine Geheimnisse. Manche stammten aus der lang vergessenen Vergangenheit und waren ziemlich düster. Doch Lady Clarice, die Schwester von Lord Ansley, hatte sich vorgenommen, eben diese Geheimnisse wieder aufleben zu lassen, und zwar einschließlich der vielen Geister, die – ihrer Meinung nach – in Wychbourne Court umherspukten. Doch selbst wenn dem so wäre, was konnte auf einer Geisterjagd schon schief gehen?
Schon von alters her lebten die Ansleys in Wychbourne Court, tief verborgen im Umland von Kent, zwischen Sevenoaks und Tonbridge. Doch die Ansleys waren nicht wie viele neureiche Siedler hier hergekommen, Wychbourne Court hatte Geschichte. Und das war es, was Nell daran schätzte. Seit ihr Vater sie das erste Mal zum Tower of London mitgenommen hatte, faszinierten sie die Erzählungen über Könige und Königinnen. Dort hatte sie die Beefeater gesehen und gehört, es wären die Soldaten der Königin.
Das Leben auf Wychbourne Court begeisterte sie. Unglaublich, dass der amtierende Marquess, der Achte, im House of Lords ein- und ausging oder wie der neue Prime Minister, Stanley Baldwin, regelmäßig in Wychbourne Court einkehrte. Doch Nell gewann immer mehr den Eindruck, dass es bei diesen Treffen weniger um Staatsangelegenheiten ging als um Billardpartien und gute Unterhaltung. Oftmals sah sie Seine Lordschaft über das Anwesen spazieren – das war, wofür sein Herz wirklich schlug. Die Politik hingegen kam ihm nur beiläufig in den Sinn.
Genau wie seiner Schwester, Lady Clarice. Ihre Lieblingsbeschäftigung waren die Geister. Sie hatte nie geheiratet und jetzt, in ihren Fünfzigern, widmete sie sich ganz der Pflege der Geister. Sie selbst hatte Ähnlichkeit mit ihnen, dachte Nell, so groß und dünn wie sie war und immer machte sie eine finstere Miene. Eine Exzentrikerin, aber Nell mochte sie trotzdem.
Tatsächlich wartete Lady Clarice bereits in der Stiefelkammer in der Nähe des Haupteingangs von Wychbourne Court. Sie sah ein wenig verloren aus inmitten all der Berge von Utensilien. Manches steckte in Kisten, anderes lag bloß übereinander gehäuft da. Einige der Kisten standen im offenen Durchgang zum anliegenden Waffenraum, der für gewöhnlich abgeschlossen war. Die Frage, ob Lady Clarice mit Gewehren auf die Geister schießen wollte, verkniff Nell sich. Stattdessen fragte sie höflich: „Sie wollten mich sehen, Lady Clarice?“
Überrascht sah sie zu Nell. „Natürlich, Sie werden bei der Geisterjagd nachher doch die zweite Gruppe anführen.“
„Werde ich?“, erwiderte Nell, die nun zum ersten Mal davon hörte.
„Hat Ihnen Lady Ansley das nicht mitgeteilt? Wir müssen uns in zwei Gruppen aufteilen, um unsere geisterhaften Besucher nicht zu erschrecken. Dann können Sie mit ihnen kommunizieren.“
Konnte sie? Auch das war Nell neu. Innerlich stöhnte sie auf. So gern sie Lady Clarice hatte, Nell vermutete, dass sie manchmal nicht nur den Bediensteten, sondern auch Lord und Lady Ansley zur Last fiel. „Und was wünschen Sie, dass ich jetzt tue?“
„Überprüfen Sie die Ausrüstung für die Jagd. Und dann möchte ich mit Ihnen noch die Geister durchgehen.“
Die Geister durchgehen? Das klang nach einer Herausforderung. Nur mit Mühe gelang es Nell, einen neutralen Gesichtsausdruck zu wahren. Dann fuhr Lady Clarice fort: „Vor allem möchte ich Sie bitten, darauf zu achten, den guten Hubert nicht zu verschrecken.“
Nun war Nell verloren. „Ist Hubert einer der Gäste?“, fragte sie vorsichtig.
„Seien Sie nicht albern“, erwiderte Lady Clarice ungeduldig. „Sicher haben Sie ihn schon einmal getroffen. Hubert ist der Lord, der während des Bürgerkriegs gestorben ist, als man ihn versehentlich im Priesterloch zurückgelassen hat. Wie dem auch sei, Simon – der sich nur sehr selten zeigt – hat mir kürzlich erzählt, dass es eigentlich Huberts Frau war, die ihn erschossen hat. Doch natürlich gibt es keinen Beweis dafür,...
Erscheint lt. Verlag | 7.10.2021 |
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Reihe/Serie | Nell Drury ermittelt-Reihe |
Übersetzer | Evelyn Schneider |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Historische Romane |
Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Historische Kriminalromane | |
Schlagworte | britisch-england-krimi • Cosy-Cozy-crime-krimi-s • golden-e-Zwanzig-er-Jahre-krimi • historisch-e-r-cosy-crime-krimi • historisch-e-rwho-dunit-krimi • humor-voll-e-r-cosy-krimi-s • Privat-detektiv-in-krimi |
ISBN-10 | 3-96817-939-0 / 3968179390 |
ISBN-13 | 978-3-96817-939-1 / 9783968179391 |
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