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Dorian Hunter 80 (eBook)

Die Geisterspinne

(Autor)

eBook Download: EPUB
2021 | 1. Aufl. 2021
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-2001-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Dorian Hunter 80 - Hivar Kelasker
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Die Hemden und Hosen klebten am Körper. Der fahle Nebel, der über dem mäßig bewegten Wasser hing, schien nach Schwefel zu stinken. Das einzige Reale war das Brummen der starken Schiffsmaschinen.
Entmutigt ließ Dorian das schwere Fernglas sinken. Seine Hände waren feucht, er schwitzte trotz des Fahrtwindes. Die SACHEEN machte rund fünfzehn Knoten Fahrt.
»Verfluchter Schirokko!«, sagte er und hatte das dringende Verlangen nach einem eisgekühlten Gin Tonic im klimatisierten Wohnraum.
»Keine Sorge, Hunter«, brummte Andrea Mignone, der Steuermann. »Wir haben das Radargerät eingeschaltet.«
»Trotzdem - es ist unnatürlich«, widersprach Jeff Parker laut. »Jetzt, im März, würde ich kalten Wind und hohen Seegang erwarten und nicht diese verdammte Waschküche.«
Niemand konnte sagen, wann sie ihr Ziel erreichen würden. Dorian Hunter wusste, dass Asmodis Insel mit keinen normalen Maßstäben zu messen war ...


1. Kapitel


Sie lag irgendwo dort im Nebel. Niemand konnte sagen, wann man sie erreichen würde. Dorian Hunter wusste, dass Asmodis Insel mit keinen normalen Maßstäben zu messen war.

»Seit du Theoreticus bist, solltest du dich auch geistig mit den dämonischen Wundern beschäftigen, mein Freund«, sagte Dorian so leise, dass Mignone nichts verstehen konnte.

»Für mich ist diese Fahrt ein Abenteuer. Aber du weißt, dass ich nichts glaube, ehe ich es sehe.«

Dorian deutete nach vorn. Der messerscharfe Bug der Dreißig-Meter-Jacht spaltete das Wasser in zwei mächtige, schaumgekrönte Bugwellen. Die Kielspur war dreieckig und weiß. Keiner der zehn anderen Menschen ließ sich blicken. Sie saßen alle – oder fast alle – in den Räumen mit Klimaanlage.

»Seit fast drei Tagen und Nächten suchen wir. Dort irgendwo ist die Insel. Für mich ist der Nebel der erste Beweis.«

Die Mannschaft war nur teilweise eingeweiht. Dreizehn Menschen befanden sich auf der SACHEEN. Davon waren mindestens sechs – nämlich die meisten Männer – ganz besondere Typen. Sie hatten behauptet, sie würden weder Tod noch Teufel, weder eine verwunschene Insel noch Dämonen fürchten.

Dorian hatte die unbestimmte Ahnung, dass alle das Fürchten gelernt haben würden, wenn sie die Insel wieder verließen, falls sie dann noch lebten.

»Moment! Habt ihr das gehört?«, fragte Andrea unsicher.

Sie hatten nichts gehört als das Rauschen des Wassers, das Schlagen der Wellen gegen den Rumpf und das dumpfe Dröhnen der Maschinen. Dorian wusste, dass sogar das Radargerät versagen konnte, wenn es um das Geheimnis von Asmodis Toteninsel ging.

»Einwandfrei ein Möwenschrei«, sagte Andrea.

Er war ein kleiner, breitschultriger Italiener, den Jeff Parker, wie er sagte, mit der Jacht gekauft hatte, meist schweigsam, zuverlässig, ein exzellenter Steuermann, aber unerträglich, wenn er ein Glas zu viel getrunken hatte, dann redete er ununterbrochen und war rechthaberisch. Es wurde überhaupt viel Alkohol getrunken, am meisten wohl von Dixie, der Kunststudentin aus Rom.

»Unsinn!«, antwortete Parker. »Möwen gibt es nur in Landnähe.«

»Dann sind wir eben in Landnähe«, sagte Dorian laut.

Er dachte an die Karte, die er in der verschütteten Alchimistenküche von Michele da Mosto gefunden hatte, seiner eigenen, früheren Werkstatt. Auch Parker hatte sie gesehen, ebenso die Stelle, die von dem Geheimnisvollen, der die Pest eingeschleppt hatte, markiert worden war. Von dem angeblichen Versteck der Mumie des Hermes Trismegistos wussten allerdings nur Coco, Parker und Dorian selbst. Diese Mumie suchten sie. Es wäre sinnlos gewesen, den anderen erklären zu wollen, dass Dorian Hunter in Hermes' Mumie das Geheimnis des Steins der Weisen vermutete. Sie glaubten ohnehin nicht besonders viel. Es ging ihnen um die Bezahlung, das Abenteuer und die versprochene Beute.

»Ich habe mich nicht geirrt, Parker. Hört!«

Jeff bedeutete ihm, die Maschinenleistung zu drosseln. Binnen weniger Sekunden verringerte das Schiff seine Fahrt, die Wellen wurden kleiner.

»Tatsächlich!«, rief Dorian. »Eindeutig!«

Vor ihnen, unsichtbar im Nebel, schrien einzelne Möwen, laut und durchdringend. Dorian, durch die lange und ereignislose Suche abgestumpft, schrak zusammen und war schlagartig voll konzentrierter Aufmerksamkeit.

»Ich weiß doch, dass ich gute Ohren habe. Ich höre alles.« Andrea grinste und entblößte die gelben Zähne.

Dorian und Parker sahen sich schweigend an. Die Jacht wurde noch langsamer.

Die Freunde hatten immer wieder darüber diskutiert, was aus der von Asmodi verlassenen Insel wohl geworden war. Mit Sicherheit war sie verwaist. Allerdings waren sie auch ziemlich sicher, dass erstaunliche Dinge auf sie warten konnten.

»Der Nebel macht mich verrückt. Ich kann das Boot doch nicht auf den Strand setzen«, schrie Andrea und zog die Fahrthebel noch weiter zurück.

Jetzt hörten sie noch deutlicher die klagenden Schreie der Vögel. Und etwas leiser, aber unverkennbar, das Geräusch von Wellen, die an den Strand klatschten und sich an Felsen und Steinen brachen.

Ein unbehagliches Gefühl beschlich Dorian. Im selben Augenblick klappte die Tür des Niederganges. Dorian wirbelte herum und erkannte Coco.

Sie kam mit schnellen Schritten zur Flying Bridge hinauf. Dorian zog sie die letzten Stufen hoch. Cocos Gesicht war ernst.

Sie zögerte, dann sagte sie halblaut und etwas abwesend: »Ich fühle es. Wir sind ganz nahe. Eine furchtbare Insel wartet auf uns, eine Insel voller Schrecken und Tod. Hörst du, wie gierig die roten Möwen kreischen?«

Der Nebel wurde dichter. Noch vor einer Minute hatten sie drei-‍, vierhundert Meter weit gesehen, jetzt betrug die Sicht weniger als fünfzig Meter.

»Bist du sicher, Coco? Rote Möwen?«

Dorian legte einen Arm um ihre Schultern und zog sie an sich. Sie nickte mit geschlossenen Augen. Ihr fahles Gesicht verriet, dass sie träumte, ohne zu schlafen.

»Alle sind unruhig und gereizt. Branca schläft, Dixie Lane säuft wie verrückt, Bruno Scemo ölt immer wieder seine Maschinenpistole, und der verdammte Maschinist macht grässliche Geräusche mit den Schraubenschlüsseln. Alle sind kurz davor, verrückt zu werden. Ich sage dir, wir sind der Insel ganz nahe.«

Parker kannte Cocos Eigenschaften und richtete sich schweigend und schnell danach. Er ordnete an, ganz vorsichtig geradeaus zu fahren. Früher einmal, dachte Dorian und versuchte, den Nebel mit den Augen zu durchdringen, lockte ein nacktes Mädchen von unbegreiflicher Schönheit, die über das Wasser lief, die Seefahrer ins Verderben. Jetzt war die Insel durch eine magische Sphäre geschützt – und Nebel.

Die Möwenschreie wurden immer lauter und fordernder.

»Es wird plötzlich heller!«, rief Andrea.

Er umklammerte das Ruder, sodass seine Knöchel weiß hervortraten.

»Augenblick! Ich hole die Flinte«, bellte Parker zurück, schob Dorian und Coco zur Seite und stürmte hinunter.

Als er federnd aufs feuchte Deck sprang, gellte aus dem Schiffsinneren ein hysterisches, lang gezogenes Gelächter. Es war unverkennbar die Stimme der Rothaarigen. Sie schien nahe daran zu sein, überzuschnappen.

Dorian zuckte zusammen. »Es wird tatsächlich viel heller. Vielleicht ist das Nebelgebiet zu Ende.«

Dorian wusste, dass Coco sich niemals irrte. Sie waren unmittelbar vor der Insel.

»Vorsicht, Andrea!«

»Kapiert!«, sagte Mignone und strich sich den Schweiß von der Stirn. »Wir haben kaum noch Fahrt.«

Sie sahen nichts von der Insel, aber sie hörten und rochen sie. Es stank nach Aas und verwelkten Pflanzen. Die Möwen kreischten wie verzweifelte Dämonen. Rauschend zerstäubte Wasser an den Felsen. Dieses Geräusch war ganz nahe. Die Maschinen röhrten. Aus dem kleinen Schornstein quoll schwarzer Qualm unverbrannten Dieseltreibstoffs. Hinter dem Heck schäumte das Wasser in einem gewaltigen weißen Wirbel auf. Die Jacht, die eben noch langsam auf das unsichtbare Hindernis zugetrieben war, schüttelte sich wie ein Tier, dann drehte sie den Bug nach Backbord.

»Achtung, wir sind ganz nahe am Ufer«, flüsterte Coco.

Jeff Parker kam an Deck und brüllte etwas. Der Steuermann schrie zurück. Noch immer kochte das Wasser hinter dem Schiff. Jetzt durchbrachen einzelne Sonnenstrahlen das trübe Nebelfeld.

Parker rannte, die Waffe über dem Kopf, auf das Vorschiff.

»Langsam geradeaus, Andrea!«, schrie er.

Das Schiff schob sich ganz langsam vorwärts. Gebannt beobachteten die drei Personen von der Brücke aus die Handbewegungen Parkers.

Im Schiff selbst schien entweder eine ungehemmte Fröhlichkeit ausgebrochen zu sein oder – das Grauen. Glas klirrte. Einer der Männer schrie, zwei Mädchen lachten kreischend. Der Bug der SACHEEN durchbrach den Nebel. Keine drei Meter vor dem Schiff erhoben sich rostfarbene, von Algen und Tang bedeckte Felstrümmer aus dem Wasser.

»Nach Steuerbord! Laaangsam!«, schrie Parker.

Als würde ein schwerer Vorhang zur Seite gezogen, zog sich der Nebel nach hinten zurück. Die SACHEEN glitt geräuschlos vorwärts, wich den vielen Felsen und Kegeln aus und fuhr in eine Art Bucht hinein, einen Halbkreis von ungefähr zweihundert Metern Durchmesser. Dicht hinter den ersten Büschen und jenseits des schmutzigen Sandstreifens stieg wieder der Nebel hoch. Nur ein Streifen von mehr als hundert Metern war einigermaßen hell, von vereinzelten Sonnenstrahlen durchblitzt.

»Buganker und Heckanker auswerfen!«

»Verstanden, Chef!«, schrie Mignone zurück.

Das Schiff fuhr auf den Strand zu. Klirrend rasselte die Ankerkette durch das Wasser.

Im gleichen Augenblick fuhr Coco herum, deutete schräg nach oben und schrie gellend: »Die Möwen! Vorsicht! Versteckt euch!«

Die Möwen griffen an. Es waren Hunderte riesiger, blutroter Vögel, die sich auf die Menschen stürzten. Sie kamen von allen Seiten.

Dorian...

Erscheint lt. Verlag 21.9.2021
Reihe/Serie Dorian Hunter - Horror-Serie
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer • alfred-bekker • Bastei • Bestseller • Dämon • Dämonenjäger • dan-shocker • Deutsch • eBook • E-Book • eBooks • Extrem • Fortsetzungsroman • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Gruselkabinett • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • horrorserie • Horror-Thriller • john Sinclair • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • larry-brent • Lovecraft • Macabros • Männer • morland • neue-fälle • Paranomal • professor-zamorra • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • sonder-edition • spannend • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony-Ballard • Top • Zaubermond
ISBN-10 3-7517-2001-4 / 3751720014
ISBN-13 978-3-7517-2001-4 / 9783751720014
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