John Sinclair 2249 (eBook)
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-1913-1 (ISBN)
In Italien gibt es ein Sprichwort, das besagt, nur die Hölle sei älter als die Mafia. Das mag übertrieben klingen, aber ich glaube, es ist wahr. Die Hölle ist der Mafia sehr ähnlich. Das weiß ich aus eigener Erfahrung. Sie vergisst niemals.
Nach langen Jahren musste ich wieder einmal feststellen, dass Zeit für meine Gegner keine Rolle spielte. Für sie gab es nur den richtigen Moment.
Als dieser gekommen war, wurde ich zum ahnungslosen Spielball eines perfiden Plans, der mir schmerzhaft in Erinnerung rief, wie hilflos wir Menschen dem Bösen für gewöhnlich gegenüberstehen ...
Battle Royale für
John Sinclair
von Chris Steinberger
In Italien gibt es ein Sprichwort, das besagt, nur die Hölle sei älter als die Mafia. Das mag übertrieben klingen, aber ich glaube, es ist wahr. Die Hölle ist der Mafia sehr ähnlich. Das weiß ich aus eigener Erfahrung. Sie vergisst niemals.
Nach langen Jahren musste ich wieder einmal feststellen, dass Zeit für meine Gegner keine Rolle spielte. Für sie gab es nur den richtigen Moment.
Als dieser gekommen war, wurde ich zum ahnungslosen Spielball eines perfiden Plans, der mir schmerzhaft in Erinnerung rief, wie hilflos wir Menschen dem Bösen für gewöhnlich gegenüberstehen ...
Die schwere Schrotflinte wummerte dumpf auf und zerfetzte den Kopf der Kreatur. Zwei Schritte wankte sie noch auf den Mann zu, dann kippte der Torso einfach nach vorne. Er klatschte auf den Beton und blieb regungslos liegen.
»Wieder einer weniger, David!«, rief der Mann mit einer nahezu kindlichen Freude in sein Headset.
Er war klein, übergewichtig und trug seine blonden Haare zu einem Zopf gebunden. Zusätzlich hatte er noch eine mausgraue Baschlik-Mütze aufgesetzt. Sein Gesicht glänzte vor Schweiß. Einige Tropfen hatten sich in seinem Bart verfangen. Mit dem Ärmel wischte er sie weg, während er gleichzeitig die nächste Patrone in den Lauf seiner Pumpgun beförderte.
Er musste auf der Hut sein. Zwar waren diese Viecher alles andere als clever, aber wenn sie ihn überraschten, konnte es schnell vorbei sein. Und er wollte doch hier noch ein wenig Spaß haben und ein paar von diesen verfluchten Kreaturen endgültig zur Hölle schicken.
Zombies! Noch vor zwei Wochen hatte sich der Londoner Großindustrielle Sir Raymond Ratcliffe ein müdes Lächeln nicht verkneifen können, als ihm sein neuer Geschäftspartner vorschlug, Ratcliffe solle für ihn in einem ehemaligen Militärareal nicht nur eine Art geheimen Stützpunkt bauen lassen, sondern in dem Areal auch zwei Dutzend kontaminierte Leichen ausbruchsicher in Verwahrung nehmen.
Ausbruchsicher? Ein Verrückter, kein Zweifel, aber ein Verrückter mit großen finanziellen Möglichkeiten.
Ratcliffe hatte seinem neuen Geschäftspartner auf den Kopf zugesagt, dass er ihm nicht glaubte und dass der Deal nur zustande kommen könne, wenn man ihm die Leichen zeigen würde. Damit hatte er angenommen, das Geschäft wäre geplatzt. Doch der Mann hatte ihn eines Besseren belehrt.
Nach Rücksprache mit seinem Auftraggeber hatte er eingewilligt, Ratcliffe nach Abschluss der Baumaßnahmen vier Exemplare vorzuführen. Allein und ohne Zeugen. Ratcliffe hatte diese Geheimniskrämerei überhaupt nicht gefallen, aber er hatte eingewilligt.
Zwei Wochen später hatte ihn sein Geschäftspartner dann abgeholt. Eine Nacht verbrachten sie in einem Hotel am Londoner Stadtrand. »Nur um in Ruhe zu prüfen, ob Sie nicht vielleicht doch aus Versehen eine Spur hinterlassen haben, Sir Raymond. Eine reine Vorsichtsmaßnahme.« Am frühen Nachmittag des Folgetages erreichten sie das Areal.
Dort sah Ratcliffe vier in schwere Ketten geschlagene Kreaturen. Vier tote Körper, die nicht tot waren. Vier lebende Leichen, die hungrig waren nach Menschenfleisch.
»Zu töten nur durch eine vollständige Zerstörung des Kopfes«, wie sein neuer Geschäftspartner emotionslos und ohne jede Spur von Ironie hinzufügt hatte. Ratcliffe könne sich hier und jetzt eigenhändig von der Richtigkeit der Angaben und der realen Existenz der Zombie-Kreaturen überzeugen.
Zombies? War das alles eine Show? Und wenn nicht, was hatte sein Geschäftspartner mit den Kreaturen vor?
»Wir wollen mit ihnen spielen«, hatte der Mann lachend gesagt. »Möchten Sie es ausprobieren?«
Sir Raymond Ratcliffe bekam technische Ausrüstung, passende Kleidung und eine Schrotflinte mit Munition. Dann hatte er das Areal betreten dürfen und der erste Zombie wurde von seinen Ketten gelassen.
»David, hören Sie mich? Das ist genauso abgefahren wie ›The Walking Dead‹, stärker als ›The Walking Dead‹.«
»›Walking Dead‹ kenne ich nur aus dem Fernsehen«, kam es trocken zurück.
In diesem Moment spürte Ratcliffe plötzlich die eiskalte Totenklaue auf seinem Arm. Der Zombie war unbemerkt an ihn herangeschlichen. Er hatte hinter der Hausecke gewartet und im ersten günstigen Moment zugegriffen. Waren diese Wesen vielleicht doch nicht so stupide, wie er zunächst geglaubt hatte?
Die Kreatur zog an Ratcliffes Arm und wollte ihre verfaulten Zähne in seine rechte Schulter versenken.
In seiner Panik schlug er mit dem Ellenbogen so heftig gegen den Kopf des Zombies, dass dieser zu Boden ging und seinen Arm losließ. Der Untote knurrte angsteinflößend und versuchte schwerfällig, sich wieder aufzurappeln.
Raymond Ratcliffe stieß den Lauf der Schrotflinte durch das Gebiss der untoten Kreatur. Dass dabei die Vorderzähne herausbrachen und durch die Gegend flogen, registrierte der Industrielle mit Genugtuung.
»Game over, Wichser!« Dann drückte er ab. Ein wohliger Schauer rann ihm den Rücken hinunter, als er sich entspannte und Dopamin durch seinen Körper rann.
»Genug für heute, Zombiekiller, verlassen Sie das Spielfeld. Kommen Sie rüber zum Tor, ich lasse Sie dort abholen. Ich lade Sie auf einen Drink ein.«
Grimmig zog Ratcliffe den Vorderschaft seiner Flinte zurück und beobachtete fasziniert, wie die rauchende Patronenhülse ausgeworfen wurde. Er lud eine neue Patrone in den Lauf. Es konnte ja sein, dass noch eines dieser verfluchten Viecher im nächsten Moment aus seinem Loch gekrochen kam. Dann verfiel er in einen leichten Trab und sah bereits den schwarzen SUV auf sich zu fahren.
Wenige Minuten später saß er erschöpft auf der Rückbank des Fahrzeugs und schloss die Augen. Zombiekiller, dachte er mit einer Mischung aus Erregung und Grauen.
Eine knappe Stunde später betrat Sir Raymond Ratcliffe frisch geduscht das fensterlose Büro, das sich in einem Container an der Rückseite des Areals befand. Er war ehrlich beindruckt, mit welcher Punktgenauigkeit das gesamte Gelände in eine High-Tech-Anlage verwandelt worden war. Und hier in diesem Büro lag also das elektronische Nervenzentrum.
David stand hinter einer improvisierten Bar und mixte einen Drink.
»Was kann ich Ihnen anbieten, Sir Raymond? Einen Zombie?«
Ratcliffe lachte. »Klar, machen Sie mir einen großen. Aber bitte nicht so eklig wie der letzte vorhin.«
Beide Männer lachten.
Ratcliffe setzte sich auf einen Barhocker und holte ein silbernes Etui aus der Innentasche seines Sakkos. Er klaubte einen schokoladenfarbenen Zigarillo hervor und schob ihn sich zwischen die Lippen. Geschickt ließ er den Deckel eines Sturmfeuerzeugs mit nur zwei Fingern aufschnappen. Dann schnippte er mit den Fingern am Reibrad und entzündete so den Docht. Blaugrauer Rauch kräuselte über der Theke.
»Hat Ihnen unsere Vorführung gefallen, Sir Raymond?«
»Gefallen? Es war großartig. Dieser Nervenkitzel! Mann, David, ich habe noch nie eine Waffe auf einen Menschen gerichtet, und jetzt blase ich hier diesem untoten Kroppzeug den Schädel weg. Das war fantastisch!« Ratcliffe griff nach seinem Cocktail und nahm einen tiefen Schluck. »Junge, Junge, der knallt aber rein.«
»Es ist ein Zombie Punch nach dem Originalrezept von Donn Beach.«
Raymond lachte. »Ja, ja. Natürlich. Aber vorhin, da haben die Zombies meinen Punch zu spüren bekommen.«
»Ihrer Euphorie kann ich entnehmen, dass Sie mit der Vorführung also zufrieden sind.«
»Na klar. Und wie. Am liebsten würde ich sofort noch mal losziehen.«
»Ach wirklich? Nun, wir werden sehen, was wir da machen können. Aber Sie haben uns schon ganze vier Zombies gekostet. Wie Sie sich sicher denken können, wachsen diese Kreaturen nicht auf Bäumen.«
»Jetzt stellen Sie sich nicht so an, David. Ihr werdet schon für Nachschub sorgen.«
»Gewiss. Nur leicht ist es nicht.«
Ratcliffe drückte seinen halbgerauchten Zigarillo aus und nahm den nächsten Schluck.
»Sehen Sie, Sir Raymond«, fuhr David fort. »Unsere Arbeit erfordert allerhöchste Diskretion. Mein Auftraggeber ist überaus froh, dass wir Sie als unseren Londoner Partner gewinnen konnten. Wir haben Sie gegen alle unsere Geschäftsprinzipien ins Vertrauen gezogen, und nun möchte ich Sie im Namen meines Auftraggebers fragen, ob Sie im Gegenzug bereit wären, sich unserem Unternehmen anzuschließen.«
Ratcliffe lachte. »Den Teufel werde ich tun, David! Verzeihen Sie meine Direktheit, aber ich bin auch so schon ein verdammt großes Risiko eingegangen, dass ich Ihnen die Baustoffe, die Zäune und die ganze Elektronik beschafft habe, damit ihr hier mit euren lebenden Leichen Verstecken spielen könnt. Nein, danke, ich werde mich da raushalten. Ihr habt eure Anlage, und ich habe mein Geld und dazu die Gewissheit, dass ihr keine Spinner seid.«
Der Blick seines Geschäftspartners wurde eisenhart.
Raymond...
Erscheint lt. Verlag | 17.8.2021 |
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Reihe/Serie | John Sinclair |
Verlagsort | Köln |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Horror |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Schlagworte | 2017 • 2018 • Abenteuer • Academy • alfred-bekker • Bastei • Bestseller • Dämon • Dämonenjäger • dan-shocker • Deutsch • e Book • eBook • E-Book • e books • eBooks • Extrem • Fortsetzungsroman • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Gruselkabinett • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • horrorserie • Horrorthriller • Horror-Thriller • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • larry-brent • Lovecraft • Macabros • Männer • morland • neue-fälle • Paranomal • professor-zamorra • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • spannend • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony Ballard • Tony-Ballard • Top • Walking Dead |
ISBN-10 | 3-7517-1913-X / 375171913X |
ISBN-13 | 978-3-7517-1913-1 / 9783751719131 |
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