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Babybrei und andere Köstlichkeiten (eBook)

(Autor)

eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
286 Seiten
MORE by Aufbau Digital (Verlag)
978-3-96797-167-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Babybrei und andere Köstlichkeiten - Vanessa Richter
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Das kann doch nicht so schwer sein ...

Anderen Lebewesen am Hinterteil schnuppern? Das machen doch nur Hunde. Und Eltern. Mias Plan, das Leben mit Kind auf gar keinen Fall kompliziert werden zu lassen, verpufft noch ehe der Vorsatz zu Ende gedacht ist. Neben schlaflosen Nächten, ausgeprägter Stilldemenz und kinderlosen Freunden mit wenig Verständnis für den neuen Lebenswandel, sagt Mia auch den hartnäckigen Schwangerschaftspfunden den Kampf an. Und als wäre das nicht alles schon genug, schwebt ihre Mutter auf Wolke sieben - mit ihrem angeblichen Traummann, der Mia aber eher wie ein professioneller Heiratsschwindler erscheint ...

Titel ist vormals unter 'Om, es ist nur eine Phase' erschienen.



Vanessa Richter, Jahrgang 1979, studierte Germanistik und Anglistik und versucht seitdem, ihren mehr oder weniger begeisterungsfähigen SchülerInnen die Feinheiten der deutschen und englischen Sprache näher zu bringen. Sie lebt mit Kind und Kegel zwischen Ruhrpott und Münsterland.

Ohne Vorwarnung


Die Sonne schickte ein paar letzte Strahlen durchs Fenster. Außer dem leisen Ticken meines Weckers auf dem Nachttisch herrschte absolute Ruhe.

Nils saß an mich gekuschelt neben mir auf dem Bett und streichelte zärtlich über den Kopf unseres Sohnes, der in meinen Armen lag. Krankenhausidylle. »Morgen nehme ich euch endlich mit nach Hause. Ich bin gespannt, wie dir alles gefällt.« Behutsam pflückte er eine kleine Fluse aus dem dunklen Babyhaar.

Ich überlegte einen Moment. Nils und ich hatten von jeher einen ähnlichen Geschmack, was die Einrichtung unseres Zuhauses anging. Im Zweifelsfall würde ich eben alles wieder umdekorieren. Ich lächelte bei dem Gedanken an das neue Haus glücklich in mich hinein. Unsere alte Wohnung war ein echtes Schmuckstück gewesen, aber mit dem Haus waren wir platzmäßig definitiv besser gewappnet für ein Familienleben zu dritt.

»Was soll es schon für einen Grund geben, wieso es mir nicht gefallen könnte?«

»Einen gibt es vielleicht tatsächlich.« Nils rutschte plötzlich unruhig auf dem Laken hin und her und meine Mundwinkel gingen automatisch nach unten.

In meinem Hirn ratterten mögliche Gründe im Schnelldurchlauf vorbei. Eine Studenten-WG als Nachbarn, die jede Nacht eine Party schmiss? Mangelnde Parkplätze vor der Tür, die mich dazu nötigen würden, Felix ständig kilometerweit durch die Gegend zu schleppen? Balkon mit Aussicht auf die Müllhalde? Ach was! Wahrscheinlich ertrug ich alles, Hauptsache, wir drei waren allein in unserem Heim.

Ein neuer hässlicher Gedanke sprang in meine Überlegungen. »Nein!«

Nils neben mir sah so aus, als wolle er sich am liebsten unter dem Bett verstecken. »Sie hat gesagt, es sei ihre Mutterpflicht, uns die erste Zeit zu unterstützen.«

»Nein, nein, nein! Mutter zieht nicht bei uns ein.« Um mich herum blinkten wie wild imaginäre rote Lämpchen. Alarmstufe rot, Alarmstufe rot!

»Nur vorübergehend.« Jetzt rückte er sogar ein Stück näher zur Bettkante, bereit zur Flucht.

»Auf gar keinen Fall! Sie wird in unserer Besucherritze schlafen wollen und jeden Tag Kartoffeln kochen und uns mit selbstangesetztem Ziegenmilchjoghurt füttern. So etwas tut sie! Morgens wird sie dir deine Krawatte fürs Büro binden, und zwar so fest, dass du kaum noch Luft bekommst. Sobald du die Tür hinter dir zugezogen hast, werde ich ganz allein mit ihr sein. Und weißt du, was das bedeutet? Dass du eines Abends aus der Kanzlei kommst und ich ein Fall für die Psychiatrie sein werde. Oder noch schlimmer, dass du mich, deine eigene Frau vor Gericht vertreten musst, weil sie einen hässlichen, kleinen Mord begangen hat. Willst du das? Willst du das wirklich?« Ich schnappte nach Luft. Tief ein- und ausatmen.

Nils grinste schief. »Sorry! Sie ist deine Mutter. Du weißt, wie sie ist. Was sie sich einmal in den Kopf gesetzt hat, das zieht sie durch.«

Ich seufzte. Da hatte er leider recht. Ich blickte mich um. Die Einrichtung meines Zimmers war nicht die modernste, aber man musste schließlich lernen, Abstriche zu machen. Vielleicht sollte ich einfach im Krankenhaus bleiben. Für immer. Viel schlimmer konnte das auch nicht sein. Nicht mal mit Schwester Rabiata!

Nils ergriff den kurzen Augenblick meiner geistigen Abwesenheit und hüpfte vom Bett. »So, ihr zwei. Ich fahre jetzt und bereite alles für eure Ankunft morgen vor.«

Mutter als Paket verschnürt mit einer fetten Briefmarke drauf per Luftpost nach Sibirien. Mehr brauchte er für meinen Geschmack überhaupt nicht vorzubereiten.

Verräter! »Lass mich ruhig mit diesen tollen Neuigkeiten allein.« Gefrustet biss ich auf meine Unterlippe. »Sei wenigstens so lieb und kauf einen großen Topf Nussnougatcreme. Und Tiefkühlpizzen. Und Soßenpulver aus der Tüte.« Ich würde dafür sorgen, dass Mutter es so schrecklich bei uns fand, dass sie bald wieder das Weite suchte. Was Convenience-Produkte anging, schlugen sie und Molly nämlich in dieselbe Kerbe. Im Gegensatz zu mir, ich hatte gegen ein wenig Glutamat und Formfleisch nichts einzuwenden, wenn es mir dabei half, eine Mahlzeit möglichst unkompliziert auf den Tisch zu bringen.

In diesem Moment ging die Zimmertür auf. Ein Zustand, an den ich mich langsam aber sicher gewöhnt hatte. Eine ganze Armada von Schwestern ergoss sich in meinen Raum, in ihrem Schlepptau befand sich ein Bett mit einer hochschwangeren Frau.

»Tach, auch! Ich bin die Brigitte.« Ihre Raucherstimme klang, als wäre sie die Tochter von Bonnie Tyler und Rod Stewart höchstpersönlich. »Ich krich morgen mein Kind. Geplanter Kaiserschnitt. Der Sascha sacht immer, er hätte keinen Bock drauf, dat es sich beim Sex nachher so anfühlt, als würd er ’ne Salami in den Hausflur werfen. Kannste verstehen, woll?«

Zu viele Informationen. Deutlich zu viele Informationen! Nils stand mit halb geöffnetem Mund neben mir und starrte Brigitte an. Ich versuchte verzweifelt, meine Mimik unter Kontrolle zu bekommen.

Eine der Krankenschwestern lächelte mich aufmunternd an. »Frau Vomhoff, leider können wir Ihnen kein Einzelzimmer mehr gewähren, wir sind komplett belegt, aber Sie werden sicherlich toll mit Frau Paschulke zurechtkommen. Tratschen Sie ein bisschen, erzählen Sie von der Geburt.« Mit diesen Worten rauschte das Schwestern-Überfallkommando auch wieder ab.

Brigitte hustete bellend, was sich nach zehn Jahren Raucherhusten anhörte. Bestimmt würden wir die besten Freundinnen. Ich lächelte gequält zurück.

»Ja, erzähl ma. Wie is dat denn so ohne Kaiserschnitt? Biste jetzt unten rum ganz ausgeleiert?« Brigitte blickte mich an, als wäre sie ernsthaft an einer Antwort interessiert.

Nils küsste Felix auf die Stirn, dann mich auf den Mund. »Es ist nur für eine Nacht. Bleib tapfer und viel Glück!«, raunte er in mein Ohr. Mit diesen Worten verließ er zusammen mit den Krankenschwestern das Zimmer. Glücklicher Bastard, ich wollte auch nach Hause!

Ehe Brigitte weiter nachhaken konnte, erlöste Felix mich, indem er erst begann, quäkend mit den Ärmchen zu fuchteln, und anschließend in ein herzerweichendes Gebrüll ausbrach. Ich knöpfte mein Nachthemd auf und er suchte sofort nach meiner Brustwarze.

»Mördermöpse! Wenn dat der Sascha sieht, dann …« Was Brigitte noch Unqualifiziertes zu meiner Oberweite sagen wollte, ging glücklicherweise in einer weiteren Schreiattacke meines Sohnes unter.

Die angebotene Brustwarze war augenscheinlich nicht die Lösung seines Problems. Sie wurde kurz angenuckelt und danach angebrüllt. Ich stand auf und trug Felix zum Wickeltisch. Was hatten Babys, wenn sie keinen Hunger hatten? Die Hose voll! Hätte Nils nicht fünf Minuten länger bleiben können? Ich entledigte mein Kind mühevoll all seiner Kleiderschichten. Und mit welchem Fazit? Die Windel war leer und er brüllte weiter.

»Ach, du Scheiße! Is dat immer so ’n Schreihals?« Brigitte versuchte, mit steigender Lautstärke ihrerseits den besagten Schreihals zu übertönen.

Ich ignorierte sie, lief mit Felix schuckelnd den Raum auf und ab, machte Sch-Laute und überlegte krampfhaft, wieso er nicht aufhören wollte zu weinen. Man konnte fast meinen, er hätte ein besonders feines Menschengespür und eine angeborene Abneigung gegen Brigittes.

In meiner Not drückte ich den Knopf an meinem Nachttisch.

Kurz darauf knisterte eine männliche Stimme aus einem kleinen Lautsprecher: »Schwester Bärbel?«

Offenbar meldete sich die Rufbereitschaft immer mit demselben Namen. Allerdings trug meine Vorstellung von einem Pfleger mit breiten Schultern und Vollbart, der sich Bärbel nannte, nicht dazu bei, dass ich das Gefühl hatte, mir könnte ernsthaft geholfen werden.

»Ähm, mein Sohn hört nicht auf zu weinen. Könnte freundlicherweise jemand kommen und mir helfen?«

»Wie bitte?«, knisterte es wieder.

»Mein Sohn …«, wollte ich gerade mein Sprüchlein erneut aufsagen, als die männliche Bärbel mich unterbrach.

»Entschuldigen Sie, aber Ihr Kind schreit so laut, ich kann Sie nicht verstehen.«

»Das ist ja mein Problem«, brüllte ich nun meinerseits in die kleine Sprechanlage.

»Vielleicht schicke ich Ihnen einfach eine Kinderkrankenschwester vorbei.« Knister.

Da hatte sich allerdings bereits jemand anderes des Problems angenommen. Brigitte hatte sich aus dem Bett gewuchtet und rief nun zur geöffneten Zimmertür hinaus. »Kann ma einer herkommen? Dat Kind kommt ja hier gar nich mehr zum Luftholen, so wie dat kreischt. Nich, dat mir gleich noch die Fruchtblase platzt davon, woll?«

»Der hat Hunger«, lautete die Diagnose der herbeigeeilten Krankenschwester.

»Er hat bereits an der Brust gesaugt, beruhigt hat ihn das nicht.«

»Also den Sascha hätte dat bestimmt glücklich gemacht.« Brigitte kicherte.

Die Schwester war so freundlich, meine Zimmernachbarin zu ignorieren. »Zeigen Sie mal.«

Wieder öffnete ich mein Nachthemd, wieder wackelte Felix angestrengt mit dem Köpfchen, dockte an, saugte, ließ los und brüllte weiter. Langsam aber sicher begannen meine Brustwarzen zu schmerzen und meine Ohren auch!

»Ihr Sohn wird vermutlich nicht mehr satt von der Vormilch. Wenn erst der Milcheinschuss erfolgt ist, wird er zu seiner guten Laune zurückfinden.« Sie tätschelte mir aufmunternd die Schulter.

Und so lange würde er weiter weinen? Fantastische Aussichten! Und was sollte wieder dieses unheilvolle Gerede vom Milcheinschuss?

»Ham Se zufällig...

Erscheint lt. Verlag 17.8.2021
Reihe/Serie Mütter haben es auch nicht leicht
Mütter haben es auch nicht leicht
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Comic / Humor / Manga
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Affäre • Baby • Chaos • Freundinnen • gill sims • Helikoptereltern • Humor • Kerstin Gier • Liebe • Liebesgeschichte • Mami braucht 'nen Drink • Midlifecrisis • Mütter • Mütter-Mafia • Petra Hülsmann • Schwangerschaft • Sophie Kinsella • Susan Mallory • Übermütter
ISBN-10 3-96797-167-8 / 3967971678
ISBN-13 978-3-96797-167-5 / 9783967971675
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