Wenn es doch nur so leicht wäre, wie es das Motto von Mark Twain vermuten lässt: "Man muss nur die falschen Wörter weglassen." Ja, dann bräuchten wir solche theoretischen und praktischen Anleitungen nicht, die uns im Einzelnen darlegen, welches denn "die falschen Wörter" sind. Im Mittelpunkt unserer Überlegungen steht eine ganz spezielle Literaturgattung: der Aphorismus. Hier geht es um Kürze, so viel ist schon klar. Bezeichnend ist der "Faden", der Ausgangspunkt für unseren "Leitfaden" geworden ist: "Ein Aphorismus ist für eine lange Gedankenkette der kürzeste und schönste Faden." In dieser aphoristischen Definition bezieht sich der Autor Carl A. Emge erkennbar auf die weitaus ältere und bekanntere von Marie von Ebner-Eschenbach: "Der Aphorismus ist der letzte Ring einer langen Gedankenkette." Nebenbei bemerkt: Wir erkennen schon beim Ein-stieg und noch vor dem ersten Kapitel, dass die Vertreter/innen dieser Gattung einen besonders ausgeprägten Hang zum Definieren haben - ganz im Sinne der griechischen Ursprungsbedeutung des Wortes: abgrenzen, definieren, auf den Punkt bringen. (Als erster Aphoristiker gilt übrigens Hippokrates mit seinen knappen medizini-schen Lehrsätzen.) Was beiden, Ebner-Eschenbach wie Emge, ge-meinsam ist: die Länge des Denkens, die dem vorausgeht, was schließlich sprachliche Form gewinnt, ob beides nun mit einer "Ket-te" oder einem "Faden" verbunden ist. Die Kette hat einzelne Ringe (wären das verschiedene Vorentwürfe oder Fassungen?), der Faden führt wie der berühmte mythische rote Faden der Ariadne aus einem Labyrinth von noch unklar Gedachtem heraus."Aller Anfang ist schwer." (Sprichwort, anonym). "Aller Anfang ist leicht. Schwer hat's erst der Meister." (Aphorismus von Albrecht Fabri). Ob leicht oder schwer: Wir stehen erst am Anfang - das Knäuel unseres Fadens ist noch gar nicht entrollt - und möchten es Ihnen erleichtern, diesen Faden aufzunehmen, indem wir Ihnen auf mögliche Fragen klärende Antworten geben. Was erwartet Sie? In den einzelnen Kapiteln können Sie sich vor allem im spielerisch-kreativen Umgang mit der Sprache erproben. Und jeweils vorher von denen (und über die) etwas lernen, die uns das meisterhaft vorgemacht haben. Konkret gehen wir im Folgenden auf diese vier Fragen ein:1. Was bedeutet der Begriff des kreativen Schreibens und was hat er mit dem aphoristischen Schreiben tun ?2. Welche Erfahrungen bringen die Autoren mit?3. An wen wendet sich der Leitfaden? Welche Ziele verfolgen wir damit?4. Wie ist das Buch aufgebaut? Wie können die Leser/innen damit umgehen?1. Was bedeutet der Begriff des kreativen Schreibens und was hat er mit dem aphoris¬tischen Schreiben zu tun?Der Ausdruck "kreatives Schreiben" leitet sich von dem englischspra-chigen Begriff "creati¬ve writing" ab und bezog sich erstmals gegen Ende des 19. Jahrhunderts auf Seminare an amerikanischen Univer-sitäten, in denen neben literaturwissenschaftlichen Kenntnissen auch praktische Schreiberfahrungen vermittelt wurden. Die Intention des amerikanischen Ansatzes war von Anbeginn, zur autobiographi-schen Selbstreflexion und zum professionellen Schreiben anzuleiten. Dazu sind in den USA inzwischen viele Handbücher erschienen. (Ei-nen Überblick vermittelt Barbara Glindemann in ihrer Dissertation "Creative Writing in England, den USA und Deutschland: Kulturelle Hintergründe, literaturwissenschaftlicher Kontext, institutioneller Bezug", 2000.) Auch in Deutschland gibt es seit den 1980er Jahren in wachsendem Maße eine kreative Schreibbewegung, die sich zuse-hends etabliert hat und sich vorzugsweise mit den klassi¬schen Lyrik- und Prosaformen in der Literatur befasst; als weiterer Schwerpunkt hat sich das szenische Schreiben herauskristallisiert. Hier sind vor allem die Universitäten Hildesheim (Studiengang Kreatives Schrei-ben) und Leipzig (Deutsches Literaturinstitut) zu nennen, an denen es eine Ausbildung zur/zum Schriftsteller/in gibt. Kreatives Schreiben be¬zeichnet ganz allgemein Schreibansätze, die darauf fußen,
Geboren 1946. Dr. phil.; ehrenamtlicher Leiter des Deutschen Aphorismus-Archivs. Mitherausgeber der Tagungsbände zu den Aphoristikertreffen (seit 2005) und der Anthologien zu den Aphorismenwettbewerben. Mitheraus¬geber der DAphA-Publikatio¬nen, zuletzt „Der Aphorismus in Europa. Ent¬wicklungen, Zusammenhänge, Themen" 2021.
Autor zahlreicher Publika¬tio¬nen zum Aphorismus, zuletzt: Die deutsch-jüdische Aphoristik (2017); Beziehungsweisen. Elazar Benyoëtz. Ein Porträt aus Briefen (2019).
Aufsätze u. a. zu Goethe, Lichtenberg, Jean Paul, Moser, Benjamin, Lec, Benyoëtz, Günther, Kessel, Walser.
Herausgeber u. a.: Aphorismen der Weltliteratur, 2. Auflage (2009); Deutsche Aphorismen (2012).
Geboren 1945. Dr. phil., Aphoristiker und Andragoge, Initiator der Interna-tionalen Aphoristikertreffen in Hattingen / Ruhr (seit 2004 zwei¬jährlich), seit 2008 Vorsitzender des Fördervereins Deutsches Aphorismus-Archiv (DAphA) Hattingen, Mitherausgeber der Tagungs¬bände zu den Aphoristikertreffen (seit 2005) und der Anthologien zu den Aphorismenwettbewerben. Mithe¬rausgeber der DAphA-Publi¬kationen, zuletzt „Der Aphorismus in Europa. Ent¬wicklungen, Zusammenhänge, Themen" 2021.
Publikationen zuletzt u. a.: Kopfwehen – DenkAnstößiges (2000); Hirn¬bissi-ges (2006); Knapp denkbar – Denkanzettelungen (2010); Vorletzte Schlüsse – Kurzes von Belang (2012); Aus der Redensart geschlagen. Aphoristische Denkereien (2014); SinnBilder. Apho¬rismen. Fotografien von Rainald Hüwe (2019).
Erscheinungsdatum |
18.07.2021
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Illustrationen |
Zygmunt Januszewski, Pol Leurs, Hans-Joachim Uthke |
Mitarbeit |
Mitglied der Redaktion: Birgitt Wallraff |
Verlagsort |
Düsseldorf |
Sprache |
deutsch |
Maße |
148 x 210 mm |
Gewicht |
800 g |
Themenwelt
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Literatur ► Aphorismen |
Schlagworte |
Aphorismen • Kreatives Schreiben • Zahlreiche Übungen |
ISBN-10 |
3-948229-29-5 / 3948229295 |
ISBN-13 |
978-3-948229-29-0 / 9783948229290 |
Zustand |
Neuware |