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Das Zeitalter des Kometen #33: Lennox auf dem roten Planeten -  Jo Zybell

Das Zeitalter des Kometen #33: Lennox auf dem roten Planeten (eBook)

(Autor)

eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
121 Seiten
Uksak E-Books (Verlag)
978-3-7389-5447-0 (ISBN)
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Eine kosmische Katastrophe hat die Erde heimgesucht. Die Welt ist nicht mehr so, wie sie einmal war. Die Überlebenden müssen um ihre Existenz kämpfen, bizarre Geschöpfe sind durch die Launen der Evolution entstanden oder von den Sternen gekommen, und das dunkle Zeitalter hat begonnen. In dieser finsteren Zukunft bricht Timothy Lennox zu einer Odyssee auf ... Lennox befindet sich noch immer in der Gefangenschaft der Baumleute, doch er ist dort nicht sicher, die Stadtbewohner auf dem Mars wollen ihn töten. Sie gehen dabei nicht gerade rücksichtsvoll mit den eigenen Artgenossen um. Dann kommt eine weitere Partei ins Spiel, die Lennox eine Zusammenarbeit anbietet. Aber kann er überhaupt jemandem trauen?

2


Der Junge bog tief herabhängende Äste und Buschwerk zur Seite, fast ohne Geräusche zu verursachen. Obwohl er blütenweißes Haar hatte, schätzte Tim Lennox ihn auf höchstens zwanzig Jahre. Ein Albino. Seine wächserne Haut war seltsam marmoriert und gesprenkelt. Wenn der Lichtkegel aus der Lampe des Anführers auf sie fiel, sah sie aus wie Perlmutt.

Er hieß Schwarzstein, so viel hatte der Mann aus der Vergangenheit inzwischen mitbekommen. Schwarzstein – merkwürdiger Name für einen Weißhaarigen.

Trotzdem achtete Tim zurzeit mehr auf die Lampe als auf ihren Träger.

Es handelte sich um eine Petroleumlampe aus Messing, wie sie früher auf irdischen Schiffen üblich gewesen waren. So etwas hier auf dem Mars zu finden war schon seltsam genug – was Timothy aber einen Schock versetzt hatte, war eine Gravur auf dem Metall: USS RANGER.

Er kannte dieses Schiff! Es war der Flugzeugträger, der – wie er selbst und seine Fliegerstaffel – auf mysteriöse Weise in die Zukunft geschleudert worden und auf den er vor über einem Jahr gestoßen war. [1] Hier eine Lampe der USS RANGER zu finden, die man später umbenannt hatte in USS HOPE, war schlechterdings unmöglich.

Auf seine Frage, woher die Lampe stamme, hatte Schwarzstein nur die Schultern gezuckt und war weiter gegangen. Tim hatte sich vorgenommen, die Frage später wieder zu stellen, so lange, bis er eine befriedigende Antwort darauf erhielt.

Schwarzstein schien die Gegend gut zu kennen. Schon den zweiten Tag gab er den Scout und führte die kleine Gruppe zielstrebig durch einen dichten Wald, der sich in den Augen des Erdenmannes durch nichts von dem Wald unterschied, in den sie vor dreißig Stunden eingedrungen waren. Jetzt zum Beispiel durchquerten sie ein Feld mit farnähnlichen Stauden, und Tim Lennox kam es vor, als hätten sie dasselbe Feld schon vor einer Stunde durchquert; und zwei Stunden davor ebenfalls.

Anfangs – vor drei oder vier Tagen, genau wusste er es nicht mehr – hatte Lennox über dreißig Köpfe gezählt. Doch je weiter sie Elysium hinter sich zurückließen, und je tiefer sie in den Wald eindrangen, desto rascher schrumpfte die Schar dieser eigenartigen Menschen. Nach und nach setzten sich die Waldleute in meist kleinen Gruppen ab und verschwanden im Unterholz. Jetzt waren sie nur noch zu fünft unterwegs: Tim Lennox, Kassadra Tsuyoshi und drei Waldmänner.

Meter für Meter arbeiteten sie sich durch das Dickicht. Ein dichter Wald mit geschlossenem Laubdach. Erstaunlich, was das Terraforming in fünfhundert Jahren hervorgebracht hatte.

Im Zwielicht, das tagsüber herrschte, warfen weder Bäume noch Menschen einen Schatten, und nachts konnte der Mann von der Erde nicht einmal die Hand vor Augen erkennen.

Sie hatten ein Ziel, das war klar, doch Tim Lennox war außerstande, sich eine klare Vorstellung von diesem Ziel zu machen.

Das lag weniger an seiner Orientierungslosigkeit, als vielmehr an dem eigenartigen Dialekt, den sie benutzten, wenn sie miteinander sprachen. Wenn er sich konzentrierte, verstand er manchmal halbe Sätze, meistens aber nur einzelne Worte. Es ging um einen abgelegenen, sicheren Ort, um vorläufige Zuflucht abseits der Siedlungen dieser Waldmenschen, und es ging um eine Art Einsiedler. Viel mehr hatte Lennox nicht heraushören können.

»Still«, kam es von hinten. Der Junge vor Tim blieb stehen; und alle anderen auch. Über die Schulter sah Lennox zurück: Hinter dem zweiten Jungen und Kassadra verharrte der Anführer wie ein im Stehen Eingeschlafener. Die Schiffslampe ins Unterholz gerichtet, hielt er den Kopf schräg auf die Schulter geneigt und lauschte mit geschlossenen Augen.

Da, ein Zirpen! Es drang von rechts oben aus dem dichten Laub. Und wieder! Ein Vogel? Ein Insekt? Tim Lennox war sich nicht sicher. »Er ist da«, sagte der Anführer der Waldleute.

Jedes Mal, wenn er ihn beobachtete, musste Tim an einen indianischen Schamanen denken. Sie nannten ihn Baumsprecher, und sprachen ihn mit einem für Lennox‘ Ohren altertümlich klingenden englischen Wort an, das so viel wie

»Windtänzer« bedeutete.

Windtänzer – was für ein Name …

Der so genannte Baumsprecher bedeutete dem Jungen, den Weg fortzusetzen. Tim Lennox schaute zu Kassadra hinüber. Sie humpelte immer noch leicht. Beim Handgemenge an der Zeppelinstation hatte sie ein Wachmann mit einer kleinen röhrenförmigen Waffe erwischt; eine Art Paralysator. Seit zwei Tagen konnte sie ihre Glieder wieder bewegen, seit einem Tag wieder laufen. Bis vor etwa dreißig Stunden musste sie auf einem kleinen Wagen gezogen werden. Warum seine Befreier – oder besser: seine Entführer – die Historikerin aus Elysium überhaupt mit auf die Flucht genommen hatten, dämmerte Tim erst nach und nach: um Maya Joy Tsuyoshi zu schützen.

Weiter ging es. Der Junge bückte sich unter einem schweren Ast mit rostfarbenem Laub hindurch und teilte einen dichten Busch. Schrundige schwarzbraune Rinde kam zum Vorschein.

Aus ihr ragten Keile wie Stufen. Ihr Ziel, wie es schien, denn der Junge blieb stehen.

Tim Lennox blickte nach oben: Zwanzig oder dreißig Meter über ihm verschwand der sicher drei Meter durchmessende Stamm in der rostroten Laubkrone. Spiralartig um ihn herum zogen sich Stufenkeile, und über den Stufenkeilen im Stamm befestigte Holme. Der Junge griff nach dem untersten Holm, nahm die erste Stufe und winkte den Mann von der Erde und die anderen hinter sich her.

Tim musste sich strecken, um die Griffholme zu erreichen.

Offenbar hatte man die Baumwendeltreppe nur für erwachsene Durchschnittswaldleute gebaut, die ihn um mindestens zwanzig Zentimeter überragten. War der Baum denn für die Kinder und die halbwüchsigen Waldleute tabu?

Nach wenigen Stufen klopfte Tim das Herz in Kehle und Schläfen, sein Atem flog. Mit der Rechten hielt er sich an einem Holm fest, mit der Linken öffnete er die Beintasche, in der sich seine Sauerstoffmaske befand. Ein rotes Licht blinkte an deren Vorderseite – die Sauerstoffkapsel war leer. Lennox löste die Patrone und steckte eine der vier noch vollen auf.

Zwei hatte er schon verbraucht.

Nachdem er sich die Maske mühsam mit nur einer Hand über das Gesicht gezogen und ein paar Mal tief durchgeatmet hatte, beruhigte sich sein Puls. Während er die Beintasche schloss, registrierte er flüchtig die anderen Anzeigen auf der Deckelinnenseite: Kompass, Luftfeuchtigkeit, Luftdruck, Außentemperatur. Einen Moment wunderte er sich, denn es herrschten nur neun Grad Celsius, und trotzdem war ihm angenehm warm. Der äußerlich so unscheinbare Anzug, den ihm Maya verschafft hatte, funktionierte störungsfrei. Sogar während der Nächte, als die Temperatur deutlich unter den Gefrierpunkt gefallen war, hatte er ihn warm gehalten.

Er fasste nach dem nächsten Holm, setzte seinen Stiefel auf die nächste Stufe und kletterte weiter. Sein Blick fiel auf eine etwa handtellergroße, in die Rinde eingelassene Steinscheibe.

Mit verblasster, ehemals grüner Farbe war ein Symbol in sie eingraviert: ein Baum zwischen den Schenkeln eines Vs. Das gleiche Zeichen hatte Lennox schon auf einem Amulett entdeckt, das der Anführer der Waldleute trug, der Schamane.

Vermutlich das Zeichen dieses rätselhaften Baumsprecher-Ordens. Maya hatte davon erzählt.

Stufe um Stufe nahm der Mann aus der Vergangenheit, drei oder vier Meter trennten ihn schon vom Boden.

»Da hinauf!«, rief eine Stimme. Lennox blickte zum Fuß des Baumes hinab. Der Mann namens Windtänzer forderte Kassadra auf, endlich den Stamm hinaufzusteigen. »Geh schon, Städterin!«

Die Frau machte ein trotziges Gesicht und verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich denke nicht daran.«

Der Baumsprecher musterte sie schweigend. Selbst von hier oben und trotz des fahlen Dämmerlichtes konnte Tim Lennox das Leuchten in seinen dunkelgrünen Augen sehen. »Gut«, sagte Windtänzer schließlich. »Dann eben nicht. Dann geh halt in den Wald und verhungere, oder lass dich von deinesgleichen einfangen und wegen Verrats vor Gericht stellen.«

»Was für eine Gemeinheit!« Kassadra fauchte den Baumsprecher an. »Warum habe ich mich bloß auf so etwas eingelassen?«

»Wer sollte das wissen, wenn nicht du?« Windtänzer drängte sich an ihr vorbei und kletterte in den Baum. »Die Häscher jedenfalls sind längst unterwegs.«

Der zweite Junge folgte ihm. Tim hatte seinen Namen zwar gehört, aber wieder vergessen. Überhaupt besaß dieser blutjunge, blauhaarige Bursche die Gabe, so unauffällig zu wirken, dass man seine Anwesenheit schier vergaß.

Lennox‘ Blick traf sich mit dem Kassadras. Grimmig starrte sie zu ihm hinauf. Du hast mir das eingebrockt, sagten ihre Augen.

»Kommen Sie schon, Kassadra!« Timothy schlug einen versöhnlichen Tonfall an. »Sie haben keine Chance allein in dieser Wildnis!«

Kassadra Tsuyoshi stieß ein Wort aus, das Tim nicht verstand. Sie tastete nach dem ersten Holm, aber auch sie – nur drei Zentimeter größer als Tim – kam nicht richtig heran.

Der blauhaarige Junge fasste sie an den Hüften und hob sie hoch, als wäre sie nur ein Zweig. An seinem Handgelenk erkannte Timothy Lennox in diesem Augenblick den Minicomputer Kassadras. Klar, dass sie ihr den abgenommen hatten …

»Was fällt dir ein, Bursche?«, schimpfte Kassadra. Doch ehe sie sich versah, hatte der Junge sie mit einem Tau an sich gebunden. Das andere Ende warf er seinem Anführer zu, der es sich um die Hüfte schlang. So gesichert begann Tims ehemalige Aufpasserin mit dem Aufstieg.

Das Schimpfen verging ihr bald. Körperliche Anstrengung schien sie nicht gewohnt zu sein. Wut und Mühe hatten die Glätte und Ausdruckslosigkeit aus ihrem viel zu...

Erscheint lt. Verlag 10.6.2021
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
ISBN-10 3-7389-5447-3 / 3738954473
ISBN-13 978-3-7389-5447-0 / 9783738954470
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