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Das Zeitalter der Drachen (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
416 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-491433-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Zeitalter der Drachen -  Jenny-Mai Nuyen
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Drachen, Elfen, Zwerge - und jede Menge Feuer. Der neue Fantasy-Roman von Bestsellerautorin Jenny-Mai Nuyen. Das Leben ist hart in Ydras Horn. Alle paar Monate taucht ein Drache auf und belagert auf unbestimmte Zeit die Zwergenfestung. Die Bestie lauert stets auf eine bestimmte junge Frau, die von Geisterschatten gezeichnet ist. Niemand weiß, wen es als nächstes trifft, und die Versuchung ist groß, die Unglückselige einfach dem Drachen zu überlassen. Manch eine wählt sogar freiwillig den Märtyrertod, denn jede Belagerung bringt hohe Kosten für die Gemeinschaft mit sich. Als Nireka am Geisterschatten erkrankt, tut sie etwas, das noch keine Frau vor ihr getan hat. Sie verbündet sich mit einem Drachen, der geschworen hat, keine Menschen zu fressen. Gemeinsam suchen sie nach einem Weg, die Bestien zu bekämpfen. Der Schlüssel liegt in der Vergangenheit. Denn Drachen waren einst etwas ganz anderes ... Für alle Leserinnen von Ursula K. Le Guin, Leigh Bardugo und Christopher Paolini.

Jenny-Mai Nuyen wurde 1988 als Tochter deutsch-vietnamesischer Eltern in München geboren. Geschichten schreibt sie, seit sie fünf ist, mit zehn folgte das erste Drehbuch, mit dreizehn ihr erster Roman. Seit ihrem literarischen Debüt »Nijura - das Erbe der Elfenkrone« gilt sie als eine der großen deutschsprachigen Fantasyautorinnen. Nach einem Filmstudium an der New York University lebt Jenny-Mai Nuyen heute in Berlin, studiert Philosophie und widmet sich dem Schreiben.

Jenny-Mai Nuyen wurde 1988 als Tochter deutsch-vietnamesischer Eltern in München geboren. Geschichten schreibt sie, seit sie fünf ist, mit zehn folgte das erste Drehbuch, mit dreizehn ihr erster Roman. Seit ihrem literarischen Debüt »Nijura – das Erbe der Elfenkrone« gilt sie als eine der großen deutschsprachigen Fantasyautorinnen. Nach einem Filmstudium an der New York University lebt Jenny-Mai Nuyen heute in Berlin, studiert Philosophie und widmet sich dem Schreiben.

Prolog


In der Nacht vor der Schlacht fanden Aylen und Totema kaum Schlaf. Auf ihrem Lager hoch oben in dem ausgehöhlten Berg Faysah beobachteten sie durch eine große Querspalte den wolkenverhangenen Himmel, der ihnen eine trügerische Zeitlosigkeit vorgaukelte. Wie Ertrinkende umschlangen sie einander immer wieder von neuem und liebten sich im Morgengrauen mit einer Verzweiflung, als hätten sie einander bereits verloren.

Dabei rechneten die Hexe und der Zauberer mit einem Sieg. Zwar standen ihnen der Erzmagier der Menschen und auch der Erzmagier der Zwerge mit all ihren Zauberern und dem dreitausendköpfigen Heer des Menschenkönigs gegenüber, doch Aylen und Totema würden sie ebenso besiegen wie zuvor den König der beiden Elfenvölker und dessen Zauberer. Die unausgesprochenen Sorgen, die sie bedrückten, hatten weniger mit ihren Feinden zu tun als mit ihren Verbündeten.

Als sie voneinander ließen, hauchte die Dämmerung kaltes Blau in den riesigen Höhlenraum. Viel zu früh wurde es hell.

»Frag sie noch einmal«, bat Totema. »Ich will nicht, dass du allein mit ihnen ziehst. Ich will mitkommen.«

Aylen hatte befürchtet, dass er sie darum bitten würde. Seit einiger Zeit schon hatte sie ihm nicht mehr erzählt, wie groß die Verachtung, ja, der Hass der drei Drachen auf ihn geworden war, so dass er nicht wissen konnte, dass seine Bitte vollkommen aussichtslos war.

Hätte Aylen die Zuneigung der drei mit ihm teilen können, hätte sie mehr davon ihm gegeben als für sich behalten. Aber sie hatte in Wahrheit schon lange keine Macht mehr über die Drachen von Faysah.

Dennoch nickte sie. »Ich werde fragen.« Die Lüge ließ sie frösteln. Sie wusste, dass ihre Liebe an Lügen zugrunde gehen würde, wenn sie nicht … ja, was? Was konnte sie tun, damit die drei Drachen ihren unbändigen Hass ablegten und Totema wieder als Quelle akzeptierten?

»Ich will dich an meiner Seite haben.« Unter der Felldecke suchte sie seine Hand, drückte sie und führte sie an ihre Lippen, um seine Finger zu küssen. Manchmal fragte sie sich, ob sie seine große, schwere Hand genauso lieben würde, wenn er die andere noch hätte.

Er zog sie zu sich heran, an seinen hochgewachsenen, knochigen Körper. Sie spürte, dass er etwas sagen wollte – die Wahrheit womöglich, die sie sich beide nicht eingestehen wollten, erst recht nicht voreinander. Vielleicht hatte er sich auch überlegt, was sie tun könnten, um die Kontrolle über die drei Drachen wiederzugewinnen.

In diesem Moment erregte eine unerwartete Bewegung Aylens Aufmerksamkeit. Besen, der verzauberte blattlose Ast, der sie auf Schritt und Tritt begleitete und so aussah, wie er hieß, hatte sich aus seiner Ecke bewegt und wirbelte in wilden Achten durch den Raum.

»Sie kommen«, sagte Aylen.

Schon rauschten jähe Böen herein und bliesen Aylen die dunklen, kurzen Locken aus dem Gesicht und Totema die feinen, silbrigen Strähnen. Der Fels knackte, als etwas Massives mehrfach mit der Außenwand des Berges kollidierte. Dann wurde es dunkel in dem Höhlenraum, denn durch den Felsspalt krochen nacheinander drei riesige Gestalten und sperrten das Licht aus.

Jeder der Drachen war ein wenig anders geformt. Einer lang und dünn wie eine Schlange auf vier Tatzen – eine Schlange, die vier Pferde samt einem Wagen hätte hinunterschlingen können –, einer breiter und kürzer, fast wie eine gigantische Kröte mit einem längeren Hals, einem Schwanz und einem wie mit einer Krone gehörnten Schädel, und einer stämmiger, wie ein monströser, langer Büffel mit kurzen Klauen. Auch die Farben ihrer glänzenden Schuppenhaut unterschieden sich. Sabriel, die Schlangenhafte, war golden und tiefbraun, Odriel, die Krötenhafte, blauschwarz, und Irosal, die Büffelartige, schimmerte in allen Farben von Glut. Sie glichen einander nur darin, dass sie Flügel hatten und ein Maul voller dunkler, transparenter Reißzähne, aus dem Rauch quoll und manchmal Feuer.

Aylen, kleine Tochter, raunten ihre Stimmen in Aylens Kopf.

Aylen war inzwischen sicher, dass sie sich nur in ihr Gehör verschafften und Totema in Stille ließen.

»Guten Morgen, Mütter«, sagte sie laut, um wenigstens ihrerseits Totema nicht auszuschließen.

Die Drachen füllten den Höhlenraum fast ganz aus, wobei sie mit ihren Leibern um- und übereinander strichen. Das Sirren von Schuppen, die über Schuppen schrammten, erinnerte Aylen immer an Klingen, die gezogen wurden. Nüstern, in denen ein ausgewachsener Mann hätte verschwinden können, strichen über ihr Schlaflager hinweg und tauchten sie in warmen, rauchigen Atem. Angst kroch Aylen den Rücken herauf, als sie Totema so nah kamen.

Es ist Zeit aufzubrechen, raunte Irosal und neigte den Schädel mit den beiden langen, krummen Hörnern, damit Aylen in ihrem Nacken aufsitzen konnte.

Ich zieh mich an, sagte Aylen und schlüpfte unter den Fellen hervor, um ihre Tunika, ihren Umhang und ihre Beinkleider vom Boden aufzuklauben. Besen hielt sich so dicht bei ihr, dass sie sich kaum ankleiden konnte und ihn sanft beiseiteschieben musste. Sie spürte auch Totemas Unsicherheit wie einen klammen Geruch im Raum. Ob die drei Drachen es wahrnahmen? Aylen war ziemlich sicher, dass sie ihn im Stillen verhöhnten.

Sie nahm ihren Mut zusammen und fragte, obwohl sie die Antwort bereits kannte: Darf ich ihn mitnehmen?

Gurgelnde Geräusche drangen aus den Kehlen der Drachen, und Rauchwölkchen entstiegen ihren Nüstern. Totema, der ebenfalls nach seinen Kleidern gegriffen hatte, um sich anzuziehen, zuckte kaum merklich zusammen.

Du glaubst, du brauchst den Zauberer an deiner Seite?, spottete Sabriel.

Wann lernst du endlich, auf eigenen Beinen zu stehen?, knurrte Irosal.

Odriel zog ihren krötenhaften Kopf noch tiefer zwischen die Schultern, während sie Totema musterte. Wir wollen den Mann nicht bei uns haben. Aus seiner stinkenden Quelle nicht schöpfen.

Du liebst ihn, Tochter, sagte Sabriel sanft. Aber er will nur Macht. Er will dich beherrschen wie uns … Wach auf!

Totema riss seinen Blick von den Drachen los und sah Aylen an. Er wusste, dass sie miteinander sprachen, wo er es nicht hören konnte, und sicher ahnte er, dass sie über ihn redeten.

Aylen stand auf, hob ihren Brustpanzer vom Ständer und legte ihn an. Sie erwiderte Totemas Blick, während sie die Lederriemen an den Seiten zuzog, und hoffte, dass er wusste, dass sie auf seiner Seite stand. Immer.

Wach auf!, hörte sie Sabriel in sich widerhallen, und sie war sich nicht sicher, ob der Drache erneut gesprochen hatte oder nur in ihrer Erinnerung.

»Wir sind bald wieder da, Totema. Bewache du so lange den Berg«, sagte sie, bemüht, nicht mitleidig zu klingen, obwohl sie den Drang verspürte, sich zu entschuldigen.

Er beobachtete sie, seine Kleider als Knäuel vor sich im Schoß. Schließlich nickte er. »Pass auf dich auf«, sagte er mit belegter Stimme.

Aylen konnte seinen Anblick nicht ertragen. Oder vielmehr das, was sie dabei empfand. Sie zog sich den breiten Helm mit dem Lederschirm auf, warf sich den Umhang über und kletterte über Irosals Tatze hinauf in deren Nacken, wo sie sich zwischen zwei knubbelige Hörner setzte. Besen schwebte dicht neben sie, und sie hörte sein Reisig leise klappern. Er war immer angespannt in der Nähe der drei.

Die Drachen glitten einer nach dem anderen aus dem Höhlenraum, stießen sich vom Boden ab und stiegen mit gespreizten Flügeln in den Himmel empor.

Aylen drehte sich nicht noch einmal zu Totema um. Sie wollte nicht, dass er ihre Erleichterung bemerkte. Die Drachen hatten ihm nichts angetan. Aber wie lange würde es noch gutgehen? Aylen ließ die Schultern sinken, schloss einen Moment die Augen und gab sich dem Rauschen des Windes hin.

In einem Winkel ihres Herzens wünschte sie sich, dass sie nicht siegreich heimkehrten. Um Totemas willen.

*

Der Zauberberg des Menschenvolks lag mehr als fünfzig Tagesmärsche weit nordöstlich von Faysah, dem Zauberberg der Elfen, doch auf Drachenschwingen erreichten sie Gothak schon am übernächsten Abend. Sie überflogen zuerst die weiten, tiefen Wälder der Weißen Elfen, aus deren dichten Baumkronen hier und da Kaminrauch drang, dann das hügelige Grenzgebiet zwischen Elfen- und Menschenreich, aus dem Aylen stammte. Das Land wurde karger. Bis in die Ferne erstreckten sich Klippen und trockenes Grasland, und sie konnten an einem Horizont Gewitter wüten sehen, während in der anderen Richtung die Sonne glühte. Hier, in der Hochebene, führten die Grauen Elfen noch das alte Leben auf Wanderschaft, doch Aylen sah keinen einzigen Stamm; zu groß war das Reich. Schließlich stiegen die Klippen höher an, und alles Grün verschwand. Unter ihnen entfaltete sich die Wüste Uyela Utur mit ihren eisengrauen, glattpolierten Felsen und aschefarbenen Feldern, auf denen nichts gedieh außer blitzförmigen Rissen jahrelanger Dürre.

Jenseits dieses riesigen, leeren, unwirklichen Landes lagen die Küstenstädte des Menschenvolks, so schwer vorstellbar es auch sein mochte, dass Uyela Utur je endete und dahinter etwas lebte. Doch am Horizont begann sich ein Gebirge abzuzeichnen. Darin erhob sich ein Berg weit über alle anderen, schlank und krumm wie ein Säbel.

Im Näherkommen änderte sich die Luft. Der Staub der Wüste wurde von Feuchtigkeit und der scharfen Süße von Gräsern verdrängt. Wolkenbänke trieben um den Zauberberg und erweckten den Eindruck, als schwebte der weiße, schroffe Gipfel losgelöst im Himmel. Wogen aus Nieselregen fielen in Vorhängen herab. Das Gebirge unter...

Erscheint lt. Verlag 27.10.2021
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Schlagworte All Age • deutsche Fantasy • Drachen • Elfen • Fantasy • Fantasy Abenteuer • Fantasy, All Age • Fantasy Autorin • fantasy-bestseller • Fantasy für Erwachsene • Fantasy für Frauen • High Fantasy • Magie • Markus Heitz • völkerfantasy • Zwerge
ISBN-10 3-10-491433-8 / 3104914338
ISBN-13 978-3-10-491433-6 / 9783104914336
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