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Dorian Hunter 70 - Horror-Serie (eBook)

Der Vampir von Venedig

(Autor)

eBook Download: EPUB
2021 | 1. Aufl. 2021
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-1096-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Dorian Hunter 70 - Horror-Serie - Gay D. Carson
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Lachend und schwatzend stiegen sie aus dem Vaporetto, um die Stühle des kleinen Straßencafés zu stürmen. Es handelte sich um Touristen aus der Schweiz, die froh waren, endlich einmal verschnaufen zu können. Sie hatten gerade den Markusplatz besichtigt, die Markuskirche ausgiebig fotografiert und auch die obligate Taubenfütterung hinter sich gebracht. Ihr Bedarf an Venedig war vorerst gedeckt.
Der Mann am Ruder des kleinen Dampfers wartete ungeduldig, bis der letzte Tourist von Bord war. Er winkte jetzt seinen beiden Helfern zu, beorderte sie nach vorn zum Bug und langte nach einem langen Enterhaken. Nachdem er sich noch einmal vergewissert hatte, dass die Touristen ihn nicht beobachteten, fischte er nach der Leiche, die im schmutzigen Wasser des kleinen Kanals schwamm ...


1. Kapitel


»Passt auf, sie dürfen nichts merken!«

Der Kapitän deutete hinauf zum Straßencafé. Die mit dem Reiseunternehmen vertraglich vereinbarte Rundfahrt war noch nicht abgeschlossen. Er wollte die ausgelassene Stimmung der Touristen nicht beeinträchtigen. Venedig war eine heitere Stadt, in der der Tod offiziell nichts zu suchen hatte.

Der Kapitän drückte den Toten vorsichtig an die Grundmauer und brachte ihn so aus dem Gesichtsfeld der Touristen. Er überlegte fieberhaft, wie er sich verhalten sollte. Verständigte er die Polizei, gab es den unvermeidlichen Wirbel. Auf der anderen Seite konnte er den Toten unmöglich im Wasser lassen. Er richtete sich auf und sah seine beiden Helfer an. Sie machten einen nervösen Eindruck, warteten auf seine Befehle.

Der Kapitän geriet in Panik, als oben an der Treppe des Straßencafés zwei Touristen erschienen. Sie riefen ihm etwas zu, was er nicht verstand, kamen jetzt herunter und näherten sich ihm. Der Kapitän ging ihnen schnell entgegen, wobei er einem seiner Helfer die lange Stange in die Hand drückte.

Nein, sie hatten nichts gemerkt. Sie erkundigten sich umständlich nach dem Namen eines Palazzo, der auf der gegenüberliegenden Seite des schmalen Kanals stand. Der Kapitän hörte sich reden und Erklärungen abgeben, doch im Grunde wusste er gar nicht, was er sagte. Dicke Schweißperlen standen auf seiner Stirn. Weich war er in den Knien, als die beiden Schweizer wieder die Treppe hinaufstiegen. Er schien ihnen also doch die richtige Auskunft gegeben zu haben.

»Das ist Stefano«, sagte einer der beiden Helfer, als der Kapitän zurück zum Bug gekommen war.

»Stefano Grassi«, fügte der zweite Helfer hinzu und bekreuzigte sich. »Er stammt hier aus dem Viertel.«

Der Kapitän wusste mit dem Namen zwar nichts anzufangen, doch irgendwie war er erleichtert. Er witterte eine Möglichkeit, die Polizei aus dem Spiel zu halten.

»Könnt ihr seine Familie benachrichtigen?«, fragte er hastig und sah wieder hinauf zum Straßencafé. Mit der Rückkehr der Touristen war vorerst bestimmt nicht zu rechnen.

»Ich laufe sofort los«, bot sich der erste Helfer an. »Man könnte Stefano mit einer Gondel wegschaffen.«

»Beeil dich!«, drängte der Kapitän und erschrak, als oben vom Platz her ein Ruf zu hören war. Er unterdrückte einen Fluch. Ein Postbote stand neben seinem Fahrrad und beugte sich neugierig nach unten.

»Was ist los?«, fragte er unnötigerweise, denn er musste den Toten bereits gesehen haben.

»Ich – ich weiß auch nicht«, gab der Kapitän zurück.

»Das ist doch ein Grassi!«, rief der Postbote entsetzt. »Du lieber Himmel, das ist ja Stefano!«

»Schon gut, schon gut.«

Der Kapitän deutete zum Straßencafé hinüber. Er wollte noch etwas hinzufügen, doch der Postbote schwang sich bereits auf sein Rad und fuhr los. Der Kapitän wusste, dass jetzt die Polizei doch verständigt wurde. Er musste den Dingen ihren Lauf lassen. Da war nichts mehr zu machen.

Er drehte sich um und ging zurück zur Reling. Der zweite Helfer hatte den Toten vorsichtig gegen die Grundmauer geschoben und deutete entsetzt nach unten.

»Sieh dir das an!«, flüsterte er. »Sieh dir seinen Hals an! Wie ein Biss!«

Der Kapitän wusste, worauf sein Helfer anspielte. Auch er sah die beiden bläulich verfärbten Wunden am Hals des Toten. Er bekreuzigte sich und hatte plötzlich Angst. Ihm war nur zu bekannt, was man sich seit einiger Zeit in den Vierteln der Stadt zuflüsterte.

»Da ist er schon wieder«, flüsterte Christa ihrem Mann zu, während sie sich über ihren Teller beugte. »Dreh dich ganz unauffällig um, Siegfried!«

»Du redest dir bestimmt etwas ein«, versuchte er sie zu beruhigen.

»Das ist er«, wiederholte sie hartnäckig. »Ich habe doch Augen im Kopf.«

Der Ton ihrer Stimme war drängend, ließ Angst erkennen. Siegfried Gruber pfiff auf jede Höflichkeit, schob den Stuhl etwas zurück und wandte sich sehr ungeniert zum Nachbartisch um. Er wollte endlich herausfinden, von wem Christa sich seit dem Vortag verfolgt und beobachtet fühlte.

Am Tisch seitlich hinter ihm saß ein großer, schlanker Mann in einem sehr korrekten, dunklen Anzug. Sein markant geschnittenes Gesicht sah seltsam bleich, vielleicht sogar fahlgelb aus. Beherrschend in diesem Gesicht waren die großen, dunklen Augen.

Der Mann erwiderte Siegfrieds Blick mit einem neutralen höflichen Lächeln, deutete eine knappe Verbeugung an und tupfte sich den schmalen Mund mit seiner Serviette ab. Dann stand er auf und verließ seinen Tisch. Als er an Christa vorüberkam, verbeugte er sich erneut und ging dann weiter nach vorn zur Vitrine. Hier zahlte er, ehe er die Trattoria verließ. In der Tür wandte er sich noch einmal um. Sein Blick galt ausschließlich der jungen Frau. Christa spürte ein eigenartiges Prickeln auf ihrer Haut. Sie senkte den Blick, fühlte sich unbehaglich. Als sie verstohlen aufschaute, war der Mann verschwunden.

»Komische Type«, meinte Siegfried Gruber. Er bemühte sich um einen leichten mokanten Ton.

»Ist er nicht unheimlich?«, fragte Christa. »Ich glaube, dass er uns verfolgt.«

»Reiner Zufall, Christa.«

»Dieses Gesicht kann man nicht verwechseln, Siegfried.«

»Falls er sich noch einmal blicken lässt, stelle ich ihn zur Rede. Einverstanden?«

»Warum bleiben wir eigentlich noch? Warum fahren wir nicht weiter, Siegfried?«

Während sie redete, sah sie unwillkürlich wieder zur Tür hinüber. Dann glitt ihr Blick über die beiden Fenster. Ihre Nervosität hatte sich offensichtlich noch nicht gelegt.

»Liebling, wir haben für eine Woche gebucht«, protestierte Siegfried Gruber, »und wir sind erst drei Tage hier in Venedig.«

»Ich hatte mir unsere Hochzeitsreise anders vorgestellt.« Sie merkte, dass sie missverstanden werden konnte, und griff nach seiner Hand. »Natürlich ist das alles traumhaft, Siegfried. Ein schöneres Hochzeitsgeschenk hätten wir uns gar nicht machen können. Aber dieser Mensch ...«

»Sag schon, was dich bedrückt, Christa!«

Siegfried Gruber war vierundzwanzig Jahre alt, seit einer Woche mit Christa verheiratet, war Mathematiker und arbeitete im Rechenzentrum einer Computerfirma in Süddeutschland. Er war ein völlig rational eingestellter Mensch, für den alles berechenbar war. Verliebt sah er seine junge Frau an, die in ihrem ärmellosen Sommerkleidchen zauberhaft aussah. Sie war einen halben Kopf kleiner als er, schlank und hatte langes, aschblondes Haar. Christa war Kindergärtnerin und ein vom Gefühl gesteuerter Mensch. Sie war vier Jahre jünger als er und gab sich manchmal verspielt wie ein großes Kind.

»Er ist fort.« Siegfried merkte, dass sie noch immer Angst hatte.

»Dieser Mann hat es auf uns abgesehen«, sagte sie jetzt nachdrücklich. »Ich spüre das, Siegfried. Es geht etwas Unheimliches von ihm aus. Hast du nicht gemerkt, dass er eine spürbare Kälte ausstrahlte?«

»Könnte schon sein«, erwiderte er vorsichtig, um sie nicht zu verletzen. Natürlich hatte er nichts gespürt.

»Was will dieser Mann von uns?«, fragte sie nachdenklich.

»Ich schlage vor, wir fahren morgen raus nach Murano«, erwiderte er, um sie abzulenken. »Dort gibt's herrliche Glaswaren zu kaufen, Christa. Und falls dieser Typ uns noch einmal folgen sollte, werde ich unangenehm. Du brauchst wirklich keine Angst zu haben.«

Er ertappte sich dabei, dass nun auch er zu den Fenstern hinüberschaute; und er gestand sich ein, dass der elegant gekleidete Mann tatsächlich ein wenig unheimlich wirkte. Aber vielleicht hing das nur mit dem Viertel zusammen, das sie sich eben angesehen hatten. Die sehr engen Gassen und schmalen Kanäle wurden von den Touristen nur selten aufgesucht. Sie waren im Verzeichnis der Reiseführer nicht besonders vermerkt. Doch gerade hier herrschte noch das echte und unverfälschte Leben der Venezianer. Es hatte ihn gereizt, quasi einen Blick hinter die Kulissen dieser Stadt zu werfen. Er wollte mehr sehen als nur die bekannten Palazzi, den Canal Grande und den Markusplatz. Insgeheim nahm er sich vor, solche Gassen und Kanäle in den restlichen Tagen ihres Aufenthalts zu meiden. Das war nichts für Christa, die wohl zu sensibel war.

Siegfried zahlte und nutzte seine Sprachkenntnisse, um sich gespielt beiläufig bei dem Wirt nach dem unheimlichen Gast zu erkundigen.

Der Wirt sah ihn daraufhin unsicher an – schien dann die Tür zu beobachten. Hatte auch er Angst? Kannte er den Fremden mit dem olivfarbenen Teint?

»Er war noch nie hier«, sagte er dann hastig. »Ich habe ihn noch nie gesehen.«

Nein, er schien sich über diesen Mann nicht weiter unterhalten zu wollen. Er hatte plötzlich hinter seiner Glasvitrine zu tun und befasste sich mit Gläsern, die er unnötigerweise polierte.

»Komm!«, sagte Siegfried Gruber und legte einen Arm um die Schultern seiner...

Erscheint lt. Verlag 4.5.2021
Reihe/Serie Dorian Hunter - Horror-Serie
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer • alfred-bekker • Bastei • Bestseller • Dämon • Dämonenjäger • dan-shocker • Deutsch • eBook • E-Book • eBooks • Extrem • Fortsetzungsroman • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Gruselkabinett • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • horrorserie • Horror-Thriller • john Sinclair • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • larry-brent • Lovecraft • Macabros • Männer • morland • neue-fälle • Paranomal • professor-zamorra • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • sonder-edition • spannend • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony-Ballard • Top • Zaubermond
ISBN-10 3-7517-1096-5 / 3751710965
ISBN-13 978-3-7517-1096-1 / 9783751710961
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