Ein Traum von Schönheit (eBook)
400 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-60010-1 (ISBN)
Laura Baldini alias Beate Maly absolvierte eine Ausbildung zur Kindergartenpädagogin, arbeitete zunächst als Kindergärtnerin und veröffentlichte Kindergeschichten, Kinderbücher und pädagogische Fachbücher. 2007 erhielt sie das Wiener Autorenstipendium für den Entwurf zu ihrem ersten historischen Roman Die Hebamme von Wien. Mit dem Stipendium nahm sie sich eine Auszeit vom Kindergarten und beendete neben dem Roman auch eine Zusatzausbildung zur mobilen Frühförderin, seitdem ist sie in der Frühförderung tätig. Bei Piper erschienen bereits ihre Romane Lehrerin einer neuen Zeit über Maria Montessori, Ein Traum von Schönheit über Estée Lauder sowie Der strahlendste Stern von Hollywood über Katharine Hepburn. Sie lebt mit ihren drei Kindern in Wien.
Laura Baldini alias Beate Maly absolvierte eine Ausbildung zur Kindergartenpädagogin, arbeitete zunächst als Kindergärtnerin und veröffentlichte Kindergeschichten, Kinderbücher und pädagogische Fachbücher. 2007 erhielt sie das Wiener Autorenstipendium für den Entwurf zu ihrem ersten historischen Roman Die Hebamme von Wien. Mit dem Stipendium nahm sie sich eine Auszeit vom Kindergarten und beendete neben dem Roman auch eine Zusatzausbildung zur mobilen Frühförderin, seitdem ist sie in der Frühförderung tätig. Leben und Werk von Maria Montessori haben Beate Maly seit vielen Jahren fasziniert und begeistert. Beate Maly ist verheiratet und lebt mit ihrem Mann und drei Kindern in Wien.
Manhattan, New York, Frühling 1941
Vor dem Eingang des Theaters standen lange Schlangen von Yellow Cabs und hupten. Der turmähnliche Bau ragte in die geschlossene Wolkendecke und konkurrierte mit den Hochhäusern ringsum. Menschen in eleganten Abendroben stiegen aus den Taxis und eilten durch den Nieselregen zum hell erleuchteten Portal. Über dem Eingang prangte in Leuchtschrift der geschwungene Namenszug: Paramount. Darunter war in einem gerahmten Schild die Adresse zu lesen: Broadway 1502.
Kaum hatten die Besucher das trockene Foyer betreten, drängten sie weiter zu den Garderoben, wo sie sich erneut anstellten – diesmal, um ihre Mäntel und Hüte abzugeben. In Pelz gehüllte Damen mit exquisiten Kopfbedeckungen auf perfekt gelegten Wasserwellen standen dicht gedrängt neben Herren in schwarzen Smokings.
Estée war zwischen zwei korpulenten Damen in der Warteschlange eingekeilt. Sie nahm Düfte von Dorothy Gray, Elizabeth Arden und Charles Revson wahr, die sich mit Schweiß, Alkohol und würzigem Tabak vermengten. In diese bunte Mischung, die einen glamourösen Abend versprach, stahl sich auch die Note ihres eigenen Parfums, das sie gestern in ihre Gesichtscreme gerührt hatte. Die ätherischen Öle stammten von unscheinbaren Pflanzen, die auf den grasbewachsenen Stränden von Coney Island wuchsen, zwischen Sanddünen und Schilf. Estée hatte sie letztes Wochenende gesammelt. Voller Wehmut dachte sie an den unbeschwerten Nachmittag zurück, und trotz der Hitze in der Warteschlange war es ihr, als könnte sie noch immer den kühlen Wind auf ihren erhitzten Wangen spüren. Er streichelte zärtlich ihre Haut, während sie die sanften Wellen des Atlantiks beobachtete, die unaufhörlich an den Strand rollten und …
»Wir sind an der Reihe, Honey.« Charles’ Stimme holte sie aus ihren Tagträumen zurück. Er half ihr aus ihrem dünnen Mantel und übergab ihn der jungen Garderobiere, die ihm freundlich lächelnd das Nummernzettelchen reichte.
»Willst du ein Glas Champagner, bevor wir in den überheizten Publikumssaal gehen?«
Seitlich führte eine breite, mit rotem Teppich ausgelegte Treppe zu einer Bar, wo den Zuschauern vor der Vorstellung und während der Pausen Getränke und kleine Imbisse angeboten wurden.
»Ja, gerne.« Estée mochte das edle Getränk, das man in langstieligen Gläsern servierte, deren Ränder so dünn waren, dass man Angst hatte, sie könnten zerbrechen, wenn man zu fest danach griff. Champagner war der Inbegriff von Luxus und Reichtum, und noch vor ein paar Jahren hätte sie alles gegeben, um sich ein Glas davon zu gönnen. Heute war der prickelnde Aperitif zur Selbstverständlichkeit für sie geworden. Jeder Abend, den sie nicht zu Hause verbrachte – und das waren in den letzten Monaten etliche gewesen –, hatte damit begonnen.
Charles und Estée gingen hinauf zur Bar.
»Warte hier«, sagte er und schob Estée zu einem der Tische an der Fensterfront. Von ihrem Platz aus konnte Estée die anderen Gäste beobachten. Die wichtigsten Menschen der New Yorker High Society waren gekommen – aus Kunst, Wirtschaft und Politik. Drüben in der Ecke plauderte Hedy Lamarr mit Clark Gable. Neben den Schauspielern erkannte Estée die Besitzer von Bonwit Teller, einem der nobelsten Kaufhäuser auf der Fifth Avenue. Das Gebäude war so außergewöhnlich, dass Menschen aus anderen Bundesstaaten eigens anreisten, um die Fassade zu bewundern: ein Kunstwerk aus Platin, Bronze und gehämmertem Aluminium. Estée nickte Walter Bonwit freundlich zu. Nächste Woche hatte sie mit dem Sohn des Kaufhausgründers einen Termin, bei dem sie ihm ihre neue Produktpalette vorführen durfte – eine einmalige Chance, die Charles ihr verschafft hatte. Estée sollte vor Glück strahlen, doch sie sah dem Treffen mit einem erschreckenden Gleichmut entgegen. Vielleicht lag es an der Gewissheit, dass sie das Spiel bereits gewonnen hatte. Walter Bonwit würde ihr einen Verkaufsstand gewähren, das hatte er Charles bereits versichert.
Estées Blick glitt weiter zum Bartresen. Auch dort hatte sich eine Schlange gebildet. Es waren ausschließlich Männer, die geduldig warteten. Nicht eine Frau war darunter, die einem Mann einen Drink spendierte. Männer, die sich von Frauen einladen ließen, wurden belächelt.
Charles würde es niemals dulden, dass Estée die Getränke bezahlte. Er hatte auch die sündhaft teuren Karten für den heutigen Abend besorgt. Eine ganz besondere Vorstellung erwartete sie, und schon nach wenigen Stunden war der Saal völlig ausverkauft gewesen. Benny Goodman und seine Band spielten, doch vor ihm trat ein junger, vielversprechender Sänger auf, dem man eine große Karriere vorhersagte. Frank Sinatra. Er hatte letztes Jahr mit Tommy Dorsey einen großen Erfolg gelandet. Estée mochte das Lied: »All or Nothing«. Im Moment hörte sie es jedoch nur selten, denn die melancholische Melodie versetzte sie in eine schwermütige Stimmung. Dann ertappte sie sich dabei, dass ihre Augen feucht wurden und sie in Erinnerungen schwelgte.
»Sind Sie Mrs Lauder?« Eine junge Frau in einem schmal geschnittenen, knöchellangen Abendkleid trat auf sie zu. In ihrem Haar steckte eine goldene Feder, die ebenso aufgeregt wippte, wie ihre Besitzerin sprach. Estée konnte nicht anders, sie musste das auffällige Mode-Accessoire anschauen. Wer auch immer bei der Vorstellung hinter der Frau saß, würde den ganzen Abend bloß die Feder sehen.
»Ich habe Sie neulich bei Saks getroffen«, plapperte die Frau munter weiter. »Ihr Verkaufsstand ist großartig, einfach großartig.«
»Es freut mich, dass er Ihnen gefällt. Danke!«
»Natürlich sind die anderen Stände auch nicht zu verachten. Aber Ihrer ist etwas ganz Besonderes, und wissen Sie, warum?« Sie sah Estée erwartungsvoll an und klimperte dabei mit ihren aufgeklebten Wimpern, die Estée ihr am liebsten von den Augenlidern gezupft hätte. Wie konnte die hübsche Frau sich selbst dermaßen verunstalten? Dabei war ihr Gesicht ebenmäßig und schmal, ihre Lippen wohlgeformt, und die Augen hatten einen außergewöhnlichen Grünton.
Ohne Estées Antwort abzuwarten, fuhr die Frau fort: »Sie stehen selbst an Ihrem Stand – das macht ihn so besonders. Jeder kann sehen, dass Ihre Produkte wirken. Sie sind das lebende Beispiel. Der Inbegriff von Schönheit.«
»Vielen Dank!« Es war nicht das erste Mal, dass Estée Komplimente für ihr Aussehen erhielt.
»Außerdem sind Ihre Cremes für alle Frauen erschwinglich und nicht so schrecklich überteuert.« Die Fremde senkte die Stimme: »Es ist doch furchtbar ungerecht, dass nur reiche Frauen sich Schönheit leisten können.«
»Ich stimme Ihnen vollkommen zu«, sagte Estée. »Jede Frau hat ein Recht darauf, der natürlichen Schönheit, die in ihr steckt, ein bisschen nachzuhelfen.« Sie zwinkerte der Frau verschwörerisch zu.
Diese klatschte vor Begeisterung in die Hände. Sie trug lange schwarze Handschuhe, die ihr bis zu den Ellbogen reichten. Eine Spur zu vertraulich beugte sie sich zu Estée und räusperte sich verlegen: »Haben Sie vielleicht einen kleinen Ratschlag für mich? Ich will heute ganz besonders hübsch aussehen.« Sie senkte die Stimme noch weiter. »Ich bin mit einem jungen Mann hier, den ich beeindrucken möchte.«
Estée zögerte. Sicherlich hatte die junge Frau Stunden vor dem Spiegel verbracht, um ihr Haar in die richtige Form zu bringen und sich zu schminken. Trotzdem wirkte sie nervös. Das Letzte, was sie jetzt brauchte, waren Ratschläge, die sie noch weiter verunsicherten.
»Sie sehen blendend aus«, meinte Estée.
»Wirklich?« Allein dieses Kompliment führte dazu, dass die junge Frau sich aufrichtete und ihre Schultern straffte. »Könnten Sie mir nicht trotzdem noch den letzten Schliff verpassen? Ich habe gesehen, wie Sie Kundinnen bei Saks beraten.«
Estée zögerte. Der jungen Frau schien viel an ihrer Meinung zu liegen. »Wenn Sie wollen, kann ich kurz nachhelfen.«
»Vielen Dank!« Erleichtert atmete die junge Frau aus.
»Aber es ist wirklich nur, um Sie zu beruhigen«, sagte Estée. »Denn Sie sehen bereits großartig aus.« Sie stellte ihre Handtasche auf den Tisch, klappte sie auf und suchte nach ihrem Glow, einem hellrosa Gesichtspuder in einem kleinen Gläschen.
»Damit zaubert man auf jede Wange einen kleinen Schimmer.« Estée schraubte das Gläschen auf und reichte es der jungen Frau.
Die fragte verlegen: »Würden Sie vielleicht …?«
Verstohlen warf sie einen Blick über ihre Schulter, dabei rutschte die Feder noch weiter in ihre Stirn, und die künstlichen Wimpern am linken Auge lösten sich.
»O nein!« Verzweifelt griff sie in ihr Gesicht und zwinkerte hektisch. Kurz fürchtete Estée, sie würde zu weinen beginnen und damit ihren Lidstrich völlig zerstören.
»Alles ist gut«, beruhigte Estée sie. Sie legte ihre Hand auf den Unterarm der Fremden und drehte sie in den Schutz des Vorhangs, sodass niemand sie sehen konnte.
»Darf ich die Feder wegnehmen? Damit ich den Glow auftragen kann?«
»Ja, bitte. Tun Sie alles, was Sie können.«
Rasch nahm Estée die Feder aus dem Haar, zupfte die Wimpern vom anderen Augenlid und wischte mit einem Taschentuch die Kleberreste weg. Vorsichtig tupfte sie Glow auf die Wangen der jungen Frau und verstrich die Farbe mit ihren Fingerspitzen. Sie tat einen Schritt rückwärts. Was sie sah, stimmte sie zufrieden.
»Wollen Sie einen Blick wagen?« Estée kramte einen kleinen Spiegel aus ihrer Handtasche und reichte ihn der Frau. Augenblicklich breitete sich ein Lächeln auf dem jungen Gesicht aus. »Sie sind ein Genie, Mrs Lauder. Ich sehe richtig hübsch aus.«
»Sie sind richtig hübsch«, korrigierte Estée. »Jede Frau ist hübsch. Sie muss es bloß herausfinden. Und die richtigen Produkte...
Erscheint lt. Verlag | 1.9.2021 |
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Reihe/Serie | Bedeutende Frauen, die die Welt verändern |
Bedeutende Frauen, die die Welt verändern | Bedeutende Frauen, die die Welt verändern |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | 20. Jahrhundert • Amerikanischer Traum • arbeitende Frauen • Bedeutende Frauen • Bestsellerautorin • Die Douglas-Schwestern • Duft • Ehe • Eleganz • Erfolg • Erfolgsgeschichte • Estée Lauder • Frauenroman • Freundschaft • Gefühle • Geschäftsfrauen • Glamour • Historischer Roman • Karrierefrau • Künstlerinnen • Lehrerin einer neuen Zeit • Liebe • Liebesgeschichte • Mut • mutige Frauen • Romanbiografie • Roman Estée Lauder • Roman Laura Baldini • roman new york • Roman Schönheit • Schicksal • Schönheit • Starke Frauen • Traum • Unternehmerinnen |
ISBN-10 | 3-492-60010-7 / 3492600107 |
ISBN-13 | 978-3-492-60010-1 / 9783492600101 |
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