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Tahiti Utopia (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
256 Seiten
Tropen (Verlag)
978-3-608-12106-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Tahiti Utopia -  Michal Hvorecky
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Der Mensch braucht eine Utopie und die Welt ist zum Verändern da. Willkommen auf Tahiti! Wie sähe die Welt aus, wenn es Großungarn noch geben und die Slowakei nicht existieren würde? Was wäre mit den Slowaken? Man würde sie auf Tahiti finden, dieser kleinen Insel mitten im Pazifik, mit ihren schönen Stränden, weit weg von der westlichen Zivilisation. Denn wer will nicht ein Stück vom Paradies? Wir schreiben das Jahr 2020, Großungarn existiert noch und mittlerweile leben drei Generationen Slowaken auf Tahiti. Wie kam es dazu, was hat sie dorthin verschlagen? Haben sie das Abenteuer und ein besseres Leben gesucht oder wurden sie doch aus Großungarn vertrieben, wie manche behaupten? Andere erzählen, dass sie einst von Milan R. Stefanik, dem berühmten Diplomaten, Astronomen, Dichter und General dorthin geführt wurden, um der Unterdrückung zu entfliehen und die Slowakei neu zu gründen. Was man weiß, ist, dass auch sie ein Stück des paradiesischen Atolls für sich wollten. Doch der Traum, in der Südsee ein freies Leben zu führen, entpuppte sich im Aufeinanderprallen der Kulturen schnell als Luftschloss ... Ein Roman, der die Geschichte auf den Kopf stellt, und eine Betrachtung des neuen Nationalismus. Die mitteleuropäische Geschichte wurde noch nie so unterhaltsam erzählt.

Michal Hvorecky, geboren 1976, lebt in Bratislava. Auf Deutsch erschienen bereits drei seiner Romane und eine Novelle. Hvorecky verfasst regelmäßig Beiträge für die FAZ, Die Zeit und zahlreiche Zeitschriften. In seiner Heimat engagiert er sich für den Schutz der Pressefreiheit und gegen antidemokratische Entwicklungen.

Michal Hvorecky, geboren 1976, lebt in Bratislava. Auf Deutsch erschienen bereits drei seiner Romane und eine Novelle. Hvorecky verfasst regelmäßig Beiträge für die FAZ, Die Zeit und zahlreiche Zeitschriften. In seiner Heimat engagiert er sich für den Schutz der Pressefreiheit und gegen antidemokratische Entwicklungen. Mirko Kraetsch, geboren 1971. Übersetzer für Belletristik, Dramatik und Lyrik, außerdem Literaturvermittler und Gelegenheitsautor. Übersetzte unter anderem Michal Hvorecky, Emil Hakl, Bianca Bellová und Jaroslav Rudiš ins Deutsche.

»Der slowakische Autor schreibt raffiniert die Geschichte seines Landes neu. Auf Schritt und Tritt stößt man im Roman auf Anklänge an unsere Welt […] Hvorecký breitet vor uns illiberale Demokratie, politisch gesteuerte Medien, Verschwörungstheorien und Geschichtsklitterung aus – seine Leibthemen. Seit Troll (2018) ist er einer der spannendsten jungen Autoren des Kontinents und gefragter Auskunftgeber zu Osteuropa. Ihm gelingt ein furioser, kluger Ritt durch die Historie.«
Michael Wurmitzer, Der Standard, 20. Mai 2021

»Michal Hvorecky […] schreibt die Geschichte der Slowakei der letzten hundert Jahre in einem fulminanten Roman neu. Ein Exodus nach Tahiti spielt hier eine Rolle. Samt Flüchtlingsstrom über Österreich hinweg. Das rüttelt an Tabus wie auch Wunden der jüngeren Zeitgeschichte. […] Je länger man sich dem Sog dieses Buches ergibt, desto mehr wird man durch die europäische Geschichte zwischen den Kriegen und nach dem Zweiten Weltkrieg gespült.«
Gerald Heidegger, ORF, 01. Mai 2021

»Tahiti Utopia ist kein politischer Programmroman, sondern ein vielschichtiges und amüsantes Stück Literatur - ein phantasievolles belletristisches Luftschloss, in dem die Slowaken endlich einmal Halušky mit Kokosmilch kochen dürfen. Eine der amüsantesten Neuerscheinungen des Bücherfrühlings 2021.«
Günter Kaindlstorfer, WDR 5, 02. April 2021

»So ist der Roman wirklich nur auf den ersten Blick ein wildes Gedankenexperiment. Schon bald entpuppt er sich als vielschichtige Gegenwartsanalyse. Michal Hvorecky durchmisst die komplizierte, uns immer noch viel zu wenig bewusste mitteleuropäische Vergangenheit leichtfüßig. Er erzählt davon klug, phantasievoll und mit Sinn für abgründigen Humor. Tahiti Utopia ist ein Lesevergnügen für Geschichtsinteressierte!«
Clemens Hoffmann, SWR 2 Lesenswert Magazin, 09. Juli 2021

»Michal Hvoreckys Roman besticht durch einen charismatischen wie menschlichen Helden – und durch eine klug ausgedachte Geschichte. Stück für Stück legt er offen, woran die Utopien des 20. Jahrhunderts gescheitert sind: an politischen Ideologien und an falschem Nationalstolz. Und doch liegt im Roman Hoffnung. Denn Hvorecky fragt auch, wie wir auf die eigene Geschichte blicken – und wie dieser Blick helfen kann, Vorurteile abzubauen. Und in dieser Frage liegt schon fast wieder aufblitzende Funke einer Utopie.«
Tino Dallmann, MDR Kultur, 22. April 2021

»[Z]u verfolgen, wie das kleine, einst zu Österreich-Ungarn gehörende Volk sich quer durch Europa und schließlich zu Schiff über den Atlantik zu neuen Ufern aufmacht, ist hochamüsant und lässt zahlreiche Parallelen zu unserer Gegenwart durchscheinen. Zumal Hvorecký seine genial erfundene Geschichte auch dazu nutzt, mit heute wieder grassierenden nationalistischen Tendenzen in seiner Heimat ins Gericht zu gehen. [...]Geschickt spielt Michal Hvorecký in seinem Roman mit Gewesenem und Erfundenem.«
Dietmar Jacobsen, Titel Kulturmagazin, 01. November 2021

1923


Viele hatten ihn zu überreden versucht, er möge nicht fliegen. Doch niemandem war es gelungen, weder seinen engsten Mitarbeitern noch seinen Geliebten. Für die Parade hatten sie ihm ein Schnellboot und eine Droschke als Ersatz angeboten, beides hatte er abgelehnt. Sie hatten ihm einen erfahrenen Co-Piloten vorgeschlagen, womit sie ihn regelrecht beleidigt hatten. Er war fest entschlossen, die Maschine bei den ersten Nationalfeierlichkeiten auf Neu-Slowakien allein zu steuern.

Vor den versammelten Journalisten verkündete er während des Aufmarschs: »Unsere Körper haben wir bereits hierher befördert. Jetzt geht es darum, unsere Seelen zu verwandeln. Und das wird ein neuer Sieg, den wir erringen müssen, denn jeder weitere Fortschritt hängt davon ab.«

Er liebte das Abenteuer, die Höhe, die Geschwindigkeit, die Bewegung. Er gehörte zu den ersten Spitzenpiloten auf der Welt. Flüge über Russland nutzte er, um die Einwohner vor dem drohenden Bolschewismus zu warnen. Seine Flugerfahrungen baute er an den Fronten des Ersten Weltkriegs aus. Eine Vielzahl an Erkundungsflügen führte ihn bis weit ins gefährliche Hinterland.

Aus der Luft sah er das dichte Netz der Schützengräben, die sich von Belgien im Norden bis zu den Alpen im Süden erstreckten, entlang der russischen Grenze zu Deutschland und Österreich-Ungarn bis auf den Balkan. In Westeuropa überflog er zerbombte Geländestreifen, die mit endlosen Reihen aus Kreuzen übersät waren. Tausende von Häusern, von denen nur verkohlte, leere Gerippe übrig geblieben waren. In der Umgebung der Festung von Verdun, Ort der schlimmsten Kämpfe auf französischem Territorium, wuchs nichts mehr, und die Vögel waren verschwunden. Die Flussufer der Marne waren dicht mit Leichen übersät.

Das sumpfige Gebiet der Champagne mit den Rot-Kreuz-Zelten, überflutete Kohlebergwerke, von denen die französische Wirtschaft abhängig war, die Fabriken in Schutt und Asche oder nach Deutschland abtransportiert. Ob seine Hände von selbst zitterten oder durch die Vibrationen des Flugzeugs, wusste er nicht. Er überbrachte wichtige Berichte über feindliche Truppenbewegungen. Er war der Begründer der Militärmeteorologie und lieferte seinen Befehlshabern die ersten Wetterberichte, die auch zutrafen und für zahlreiche Einheiten eine große Hilfe waren, womit er viel Aufmerksamkeit auf sich lenkte. Er wies auf aktuelle oder anstehende gefährliche Witterungsbedingungen hin, wertete Frontensysteme aus und beobachtete Gewitterwolken. Die Meteorologie betrachtete er für das Flugwesen als genauso unabdingbar, wie es die Atemluft für das Leben der Menschen war. Über österreichisch-ungarischen Schützengräben warf er Flugblätter ab und animierte die Soldaten zum Desertieren:

Slowaken! Slawen! Teure Brüder!

Die Stunde der Befreiung naht! Eure politischen Vertreter haben in Frankreich, England, Rußland und Amerika eine große Organisation geschaffen, die eifrig auch an der Befreiung unseres Volkes arbeitet.

Gerade jetzt bauen wir unsere erste eigene Armee auf. Burschen, Männer, die ihr uns lieb und teuer seid, helft auch Ihr uns! In Euren Händen liegt heute die Zukunft. Kämpft nicht für den Erzfeind! Laßt ab von Italien, das heute ebenfalls auf unserer Seite steht und für die Befreiung der Völker in Mitteleuropa kämpft.

Paris, im Juni 1916.

Für das Slowakische Auslandskomitee: Dr. Milan Štefánik

Für seine außerordentlichen Manövrierfähigkeiten in der Luft ernannten ihn die Franzosen strategisch zum ersten General slowakischer Herkunft und verliehen ihm den höchsten militärischen Rang.

Die Beförderung nahm er konsterniert zur Kenntnis, sie war ihm erstaunlich schnell zuteilgeworden, für den hohen Rang hatte er weder genügend Fähigkeiten vorgewiesen noch die entsprechende Qualifikation oder Praxis. Er begriff, dass nur der akute Mangel an slowakischen Führungskräften ihm solch einen atemberaubenden Aufstieg ermöglicht hatte.

Schon als er Offizier geworden war, hatte er sich zum Ziel gesetzt, seine Kenntnisse der Militärwissenschaften, des strategischen Planens und Führens möglichst weit zu perfektionieren. Immer ging es ihm um den Erfolg, in allem, was er im Leben anfing. Er wollte gelobt und bewundert werden. Bereits an der Universität in Prag war ihm sein früheres stilles, provinzielles Leben als etwas weit Zurückliegendes erschienen. Er studierte so lange, bis er belobigt und den anderen als Vorbild hingestellt wurde.

Sobald er eine Sache erreicht hatte, stürzte er sich sofort in eine neue. Und machte so lange weiter, bis er auch darin erstklassig war.

Alles in der Metropole kam ihm bunt und neu vor und alles wurde durch seine Gegenwart so hell erleuchtet. Früher hatte er nichts, und jetzt entdeckte er die mannigfaltigsten Reichtümer. Er erlebte die Höhepunkte seiner Welteroberung.

Schädlich waren für ihn lediglich seine Frauengeschichten und die Schulden, die er überall machte, um sich seinen kostspieligen Lebensstil leisten zu können. Er wohnte prinzipiell in Luxushotels und kaufte teure Kleidung, die er gern mit seinen Auszeichnungen schmückte.

Seit jeher hatte er ein Faible für Nervenkitzel, Gefahr und Selbstaufopferung. Er quoll regelrecht über vor Energie. Er brauchte Bewegung, kein ruhiges Dahindümpeln. Keine Position, die er erlangte, konnte ihn voll zufriedenstellen. Hals über Kopf stürzte er sich auch in Aufgaben, um die andere einen Bogen machten.

Mehrere Male kehrte er von riskanten Missionen mit Schäden an seiner Maschine zurück. In einem Archiv fand ich eine handschriftliche Notiz von ihm: »Ich fliege über feindliche Positionen. Bei jedem Flug schießen sie auf mich. Bis jetzt bin ich nicht verwundet. Meine Pflicht erfülle ich eifrig, um dem slowakischen Volk alle Ehre zu machen und meine aufrichtige Liebe gegenüber Frankreich und Polynesien zum Ausdruck zu bringen.«

Die Piloten fingen zu jener Zeit gerade erst an, größere Entfernungen in der Luft zurückzulegen. Die Strecken wurden immer länger, oft zum Preis von Verletzten und Todesopfern. Es kam zu internationalen Wettbewerben darum, wer es weiter schaffte. Für die Überwindung von Rekordentfernungen wurden attraktive Preise ausgeschrieben. Jeder Flug bedeutete ein Risiko und eine körperliche Belastung, bei schlechtem Wetter besonders, denn die ungeschützte Besatzung war im Cockpit stundenlang den Witterungsbedingungen ausgeliefert.

Die zum Schwimmerflugzeug umgerüstete Caproni 450 mit der Registriernummer 11 495 bestand aus einer mit hellbraunem Leinen überzogenen Holzkonstruktion. Der dreimotorige schwere Doppeldecker-Bomber gehörte zu den modernsten Maschinen der alliierten Luftstreitkräfte. Die Baureihe litt allerdings unter gravierenden Mängeln, die auf die Entstehungszeit und auf Beschränkungen in technischer Hinsicht zurückzuführen waren.

Stolz hatte er sich die Maschine direkt vom Entwickler Giovanni Caproni aus Italien einmal über die halbe Erdkugel liefern lassen. Zwei der Motoren mit einer Leistung von je hundertfünfzig Pferdestärken hatten die Konstrukteure in seitlichen Gondeln auf den unteren Tragflächen platziert, der dritte trieb den Schubpropeller an.

Der Pilot saß hinter dem Navigator, und im rückwärtigen Teil, noch hinter den vollen Treibstofftanks, wurde die Besatzung durch einen Mechaniker komplettiert. Für Kampfhandlungen bestand die Ausrüstung aus zwei Fiat-Revelli-Maschinengewehren und Zweihundert-Kilo-Bomben, die unter der mittleren Gondel eingehängt wurden.

Warum war er so wild entschlossen, wieder zu fliegen? Vielleicht wollte er sich das Ergebnis seiner jahrelangen Bemühungen detailliert von oben anschauen. Vermutlich lag ihm daran, auf der ersten Feierlichkeit im Exil zu sehen, wohin er seine Landsleute geführt hatte, vom Himmel aus zu verfolgen, wie die Kolonisierung voranschritt, wie sich die Kokosplantagen ausdehnten, wie schnell neue Strohhütten hinzukamen, hier und da mit den für Čičmany typischen weißen Verzierungen oder mit Mustern aus Detva.

Oder er wollte das Observatorium sehen. In den Himmel eintauchen und die langen Dschungelstreifen betrachten, die einander ähnelten und unter ihm als Reihen aus uralten, von Rankenpflanzen aneinander gefesselten Bäumen vorbeiglitten.

Štefánik, ein kleiner, kränklicher Mann, aus dessen zerfurchtem Gesicht dennoch klare Augen strahlten, litt an Bauchschmerzen und Krämpfen und hinkte. Seine alltäglichen gesundheitlichen Strapazen hielt er kraft seines Willens in Schach und verbarg sie mit größter Anstrengung vor der Öffentlichkeit. Sich auszuruhen und zu...

Erscheint lt. Verlag 13.3.2021
Übersetzer Mirko Kraetsch
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 1919 • 20er Jahre • Auswanderung • Benes • Caproni • Clemenceau • Erster Weltkrieg • Europa • Exodus • Flüchtlinge • Flugzeug • Friedensverhandlungen • George Soros • Geschichtssatire • Gründerzeit • historisch • Hitler • Lawrence von Arabien • Lloyd George • Nationalismus • Paris • Populismus • Satire • Slowakei • Stefanik • Tahiti • Unabhängigkeit • Ungarn • Utopie • Versailles • Weltkrieg • Wilson
ISBN-10 3-608-12106-4 / 3608121064
ISBN-13 978-3-608-12106-3 / 9783608121063
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