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Gespenster-Krimi 64 (eBook)

Mondmilch
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Aufl. 2021
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-1158-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Gespenster-Krimi 64 - Katharina Hadinger
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Eva überlegte, ob sie umkehren sollte. Die Hitze des Lagerfeuers strahlte bis hier her aus. Wie bizarre Pflanzen im Wind tanzten die Schatten der Flammen an den Felswänden.
Der Eingang der Höhle war breit und hoch. Aber dort, wo baumstammdicke Stalaktiten mit dem Steinboden verwachsen waren, verengte sie sich zu einem schmalen Gang, durch den ein normal gebauter Mensch gerade durchpasste.
Es war Eva als krieche die Dunkelheit aus diesem Teil der Höhle um einen Kampf gegen das spärliche Licht des Feuers auszufechten ...


Mondmilch

von Katharina Hadinger

Eva überlegte, ob sie umkehren sollte. Die Hitze des Lagerfeuers strahlte bis hier her aus. Wie bizarre Pflanzen im Wind tanzten die Schatten der Flammen an den Felswänden.

Der Eingang der Höhle war breit und hoch. Aber dort, wo baumstammdicke Stalaktiten mit dem Steinboden verwachsen waren, verengte sie sich zu einem schmalen Gang, durch den ein normal gebauter Mensch gerade durchpasste.

Es war Eva, als krieche die Dunkelheit aus diesem Teil der Höhle um einen Kampf gegen das spärliche Licht des Feuers auszufechten ...

Einen Kampf, den sie gewinnen würde, sobald die Menschen, die es angezündet hatten, schliefen.

Ein mulmiges Gefühl machte sich in Evas Magengrube breit. Warum hatte sie sich darauf eingelassen? Schon am Nachmittag hatte sie keine Lust gehabt, in diese Höhle zu gehen.

Musste sie sich derart beweisen vor den Jungs? Kaum merklich schüttelte sie den Kopf und ballte die Hände in ihren Jackentaschen zu Fäusten.

Doch gerade als sie sich umdrehen wollte, hörte sie Elias' Stimme vom Lagerfeuer – »Ich hab dir doch gesagt, dass sie da nicht allein hineingeht« – und spürte wieder diesen Drang. Es war dasselbe Gefühl, das sie vom Lagerfeuer hatte aufspringen lassen. Alles in ihr schrie danach, zu gehen. Weg vom Licht, in die Dunkelheit.

Eva warf den Pferdeschwanz zurück in den Nacken und schritt beherzt in den Eingangsbereich der Höhle. Ein lauer Wind trieb Lachen vom Lagerfeuer herüber.

Sie zögerte. Aber dann knipste sie ihre Taschenlampe an und ging bis zum Ende der ersten Höhle. Sie würden ihr hinterhergehen. Nun ja, Bernd würde ihr hinterhergehen. Sie war mehr als eine gute Freundin für ihn. Sie wusste es. Und sie hasste ihn dafür. Freunde? Eva schnaubte. Wohl kaum! So funktionierte Freundschaft nicht.

Im Lichtkegel ihrer Taschenlampe sah sie den Felsblock, bei dem ihr heute Nachmittag irgendetwas ekeliges auf den Kopf getropft war, dahinter die mächtigen Tropfsteine, welche einen Durchlass bildeten, der wie von Menschenhand geschaffen anmutete. Es hätte sie nicht verwundert, Fresken darüber zu sehen.

Eva zwängte sich hindurch, so wie sie es am Nachmittag bereits getan hatte. Eigentlich waren sie wegen des Klettersteiges hier. Aber Bernd hatte sich mit alten Sagen über das Nixloch und Wikipediawissen bewaffnet und damit auf die anderen gefeuert, bis sie es mit eigenen Augen sehen mussten.

Eva hatte dem nicht viel abgewinnen können. Zum einen, weil sie Bernd für einen Angeber hielt, zum anderen, weil ihr Geschichten über Mondmilch und höllentiefe Abgründe genauso auf die Nerven gingen wie solche über kosmische Heilung und Naturgeister.

Trotzdem hatte sie sich der eigentümlichen Atmosphäre der Höhle nicht entziehen können. Auch jetzt spürte sie die Dunkelheit körperhaft um sich.

Immer wieder strich sie mit fahrigen Bewegungen über ihre Schulter, weil sie glaubte, etwas berührte sie. Vielleicht Spinnen ...

Sie hatte bei ihrer Erkundungstour welche gesehen, bleiche, langbeinige Spinnen, deren Körper beinahe durchsichtig war. Ihr grauste. Aber als sie daran dachte, wie Bernd eine gefangen hatte, damit sie sie sich näher ansehen konnte, wurde sie wieder wütend. Warum Bernd? Warum nicht Elias?

Der Durchlass zur zweiten Höhle stieg etwas an. Bevor sie sie erreichte, musste sie zwei Felsblöcke hochklettern. Daraufhin hielt sie inne und ließ den Lichtschein ihrer Lampe an den Felswänden entlangwandern. Auf dem Boden lagen die Reste abgebrannter Fackeln.

Eva lauschte auf die Schritte von Bernd und Elias, sicher, dass sie jeden Moment irgendwo hervorsprangen. Aber außer ihrem Atem herrschte Stille. Unschlüssig ging sie in die Hocke und lauschte wieder.

Nichts ließ darauf schließen, dass außer ihr noch jemand in der Höhle war. Und doch ... Mit einer raschen Bewegung fasste sie sich in den Nacken. Für den Bruchteil einer Sekunde spürte sie geisterhafte Kälte unter ihrer Handfläche, die sich ihr entzog, ehe sie es mit dem Verstand erfassen konnte.

»Bernd du Idiot«, stieß sie hervor und erschrak über das mannigfache Echo ihrer geflüsterten Worte. »Diot, diot, diot, diototot tot tot ...« Sie sprang auf. »Bernd? Elias?« Das Licht ihrer Taschenlampe flackerte ein paarmal und erlosch. »Glaubt ihr, dass ich auf eure blöden Scherze reinfalle?«

»Ich, ich... reinfalle, falle, falle, ich falle, falle ...«

Das Wispern kam von überall her. Die Dunkelheit war ein Dickicht ihres geflüsterten Echos.

»Ihr habt gewonnen! Das ist kein Spaß! Macht Licht!« Eva schüttelte ihre Taschenlampe.

»Kein, kein, ... Licht, Licht, fallen, fallen, fallen ... Du wirst fallen«, wisperte es zwischen den Felswänden.

Von wilder Panik erfasst drehte sie sich um und tastete sich hastig in jene Richtung vor, aus der sie wusste, gekommen zu sein. Aber der Boden war glatt. Nirgendwo war Fels zu spüren, keine Erhebung. Obwohl sie doch längst die zwei Felsblöcke hätte ertasten müssen.

»Komm, komm, komm ...«, tönte das Flüstern um sie herum, »Komm fallen, fallen, fallen ...«

Evas Herz hämmerte hart gegen ihren Brustkorb. Ihr Atem ging schnell. »Elias!«, schrie sie, »Bernd!«

»Komm, komm, komm ... fallen, fallen, fallen ...«

»Lass mich in Ruhe!« Eva schlug mit der Taschenlampe wild um sich.

Ein Kichern wuchs in den Wänden der Höhle und hüllte sie ein. Mit weichen Knieen tastete sie sich weiter vorwärts. Gerade noch spürte sie einen eiskalten Luftzug vor ihren Füßen, aber im nächsten Augenblick verlor sie das Gleichgewicht und fiel.

»Ruhe, ruhe, ruhe ...«

Joachim Moor legte sich das Geschirrtuch über die Schulter, tauchte seine Hände ins Abwaschwasser und zog den Stöpsel. Hinter seinem Rücken hörte er in unregelmäßigen Zügen den Pinsel über die Leinwand fahren. Der Abfluss schlürfte den letzten Rest Wasser geräuschvoll aus der Abwasch.

»Kommst du voran?«, fragte Joachim und drehte sich zu seiner Frau um.

Statt einer Antwort verzog sie unwirsch den Mund. Joachim verstand nicht viel von Kunst, aber er verstand, dass das, was Marlene malte, nicht dazu gehörte, genauso wie er verstand, dass er sie trotzdem unterstützen musste.

»Ich bin fertig hier«, sagte er. »Jetzt gehe ich raus und mähe den Rasen. Die Wäsche kann ja noch ein wenig in der Maschine bleiben. Nicht dass sie nachher voller Grashalme ist und ...«

»Schatzi, das ist gerade völlig uninteressant für mich«, unterbrach ihn Marlene.

Er hängte das Geschirrtuch über den Griff des Backrohrs und drückte seiner Frau im Vorbeigehen einen Kuss auf die Wange. »Du machst das super! Bleib dran!«

»Wie lange hast du noch Urlaub?«, erkundigte sie sich abwesend.

»Bis morgen, Maus.«

Marlene stöhnte. Mit gequältem Gesichtsausdruck starrte sie auf die Leinwand.

»Mach dir keinen Stress«, beruhigte Joachim sie. »Das bisschen Hausarbeit schaffe ich auch neben der Arbeit. Konzentriere du dich auf deine Kunst, ja?«

Wortlos tunkte sie den Pinsel in den rosa Farbklecks und rührte darin. Ein schreiendes Rosa, dass ihn jedes Mal ansprang wie ein ausgehungerter Floh.

Joachim verstand, dass er überflüssig war. Leise lächelnd schlich er aus dem Zimmer, drückte geistesgegenwärtig die Stummtaste an seinem Handy, als dieses klingelte, und nahm das Gespräch erst an, nachdem er die Haustür hinter sich geschlossen hatte.

»Moor?«

»Hey, Sonnenschein«, begrüßte ihn sein Kollege Walter schlecht gelaunt. »Tu mir einen Gefallen und komm heute nach Ternberg rauf. Es gibt eine Vermisstenanzeige mit Verdacht auf ein Gewaltverbrechen.«

»Ich habe eigentlich noch Urlaub«, erwiderte Joachim zögerlich.

»Ich schick dir die Wegbeschreibung als SMS«, kam es von Walter zurück. »Der eine Tag auf oder ab ist doch auch schon wurscht, oder?« Damit legte er auf.

Joachim schüttelte lächelnd den Kopf. Er mochte die ruppige Art seines Kollegen genauso wie er es mochte, gebraucht zu werden. Interessiert öffnete er keine Sekunde später die SMS mit der Wegbeschreibung, wurde aber im nächsten Moment grob zur Seite gedrängt.

»Mach mal Platz, Alter«, schnauzte Mario.

Ein intensiver Geruch nach Zigaretten und Sandelholz ging von ihm aus. Er hatte seine schwarzgefärbten Dreadlocks zu einem Turm gedreht und funkelte ihn aus seinen dunkel geschminkten Augen böse an.

Seine neue Freundin trippelte in einem hautengen Kleid mit Schlangenprint hinter ihm her.

»Hoppla«, machte Joachim und sprang einen Schritt zur Seite, sodass die beiden an ihm vorbei zur Haustür konnten. »Schön, dass du wieder da bist. Du auch, äh – Karin, oder? Essen ist im ...«

»Ach, halt die Schnauze.« Mario knallte die Tür hinter sich zu.

Bekümmert schüttelte Joachim den Kopf. Er hatte sich...

Erscheint lt. Verlag 23.3.2021
Reihe/Serie Gespenster-Krimi
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer • alfred-bekker • Bastei • Bestseller • Dämon • Dämonenjäger • dan-shocker • Deutsch • eBook • E-Book • eBooks • Extrem • Fortsetzungsroman • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Gruselkabinett • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • horrorserie • Horror-Thriller • john Sinclair • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • larry-brent • Lovecraft • Macabros • Männer • morland • neue-fälle • Paranomal • professor-zamorra • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • sonder-edition • spannend • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony-Ballard • Top • Zaubermond
ISBN-10 3-7517-1158-9 / 3751711589
ISBN-13 978-3-7517-1158-6 / 9783751711586
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