MARTHA (eBook)
379 Seiten
tolino media (Verlag)
978-3-7521-3549-7 (ISBN)
MARTHA ist Teil der Selvia-Reihe und kann unabhängig von EVA gelesen werden. Abgeschlossenes Ende. Enthält Szenen mit Angst, Tod und Gewalt.
Franziska Szmania entführt ihre Leser und Leserinnen in düstere Zukunftswelten. Ihre Geschichten handeln von Mädchen, die aus ihrem Alltag gerissen werden. Sie müssen nicht nur ums Überleben kämpfen, sondern auch eine Reise zu sich selbst antreten. Als Autorin spielt sie gerne mit den Schattenseiten des Lebens und einer Welt, in der nichts sicher ist und alles möglich sein könnte. Aber in jeder Dunkelheit findet sie auch Licht und Hoffnung.
Franziska Szmania entführt ihre Leser und Leserinnen in düstere Zukunftswelten. Ihre Geschichten handeln von Mädchen, die aus ihrem Alltag gerissen werden. Sie müssen nicht nur ums Überleben kämpfen, sondern auch eine Reise zu sich selbst antreten. Als Autorin spielt sie gerne mit den Schattenseiten des Lebens und einer Welt, in der nichts sicher ist und alles möglich sein könnte. Aber in jeder Dunkelheit findet sie auch Licht und Hoffnung.
Alles, aber nicht das.
Es ist tiefseestill. Niemand sagt ein Wort. Nur das Dröhnen des Busmotors ist zu hören. Die Mienen meiner Mitfahrer sind angespannt. In meiner Brust ballt sich die Angst zu einem Klumpen zusammen. Ich sitze neben Felix. Er hat mit sich gehadert, ob er Éli allein zurücklassen kann. Aber Éli wird als Techniker in der Kommandozentrale gebraucht.
Froh, dass er sich entschieden hat, mich zu begleiten, lasse ich meinen Kopf gegen seine Schulter fallen. Mein Magen gluckst und mir ist leicht übel. In mir brodelt es wie das Meer vor einem Vulkanausbruch. Entweder werde ich explodieren oder zusammenbrechen. Ich konzentriere mich auf unser Ziel und starre durch die Scheibe.
Bis auf den inneren Stadtring haben wir ganz Selvia eingenommen.
Aaron und die anderen sind vor einer Woche los, um Präsident Adam zu stürzen. Hinter mir liegen sieben Tage elendes Warten auf eine Nachricht. Bangen, hoffen und beinahe verrückt werden. Lebt Aaron noch? Ist er verletzt?
Bis endlich eine Drohne mit dem Rebellenzeichen aufgetaucht ist, doch Éli hat nicht viel herausgefunden. Die Drohne war kaputt und unsere Technik ist zu marode. »Bitte kommen!«, war alles, was er entziffern konnte.
Wer und wohin genau wir kommen sollen, konnte er nicht in Erfahrung bringen. Also habe ich mich mit einem Rettungsteam aufgemacht, um Aaron und die anderen zu suchen und herauszufinden, ob sie erfolgreich waren. Ist Präsident Adam besiegt? Das Warten hat ein Ende, aber die Freude darüber, endlich etwas tun zu können, wird Stück für Stück von Angst aufgelöst. Was erwartet mich?
Das hier ist nicht nur ein Kampf um Essen, sondern ein Kampf um eine ganze Insel. Ein Kampf gegen alle, die sich unserem Ziel nicht verschrieben haben. Bürger, die meinen, wir Frauen sollten keine Rechte bekommen. Bürger, die glauben, es sei richtig, dass andere hungern, damit sie im Reichtum leben können. Ich umklammere die Waffe, die auf meinem Schoß liegt. Hoffentlich schwimmen wir in keine Falle. Ich hätte mehr üben sollen.
In meinem Hirn suche ich nach den Funktionen der Knöpfe am Griff, die Aaron mir oft genug auf dem Schießstand erklären musste.
Mein Verstand sträubt sich. Ich ziehe meine Hände zurück und schiebe die Waffe auf meinen Schoß weit von mir. Der Geschmack von Blut breitet sich in meinem Mund aus. Ich löse die Zähne von den Lippen und bewege meinen Kiefer hin und her. Es knackt. Felix spekuliert leise mit unserem Sitznachbarn darüber, was vorgefallen sein könnte.
Ich blende es aus, empfinde es als nervenaufreibend. Es schürt meine Angst, die mir kalte Schauer über den Rücken schickt, nur noch mehr.
Wir wissen nichts. Sind unvorbereitet. Trotz der Waffen vom Festland, von Abels wichtigsten Verbündeten.
Lillits Worte, das dies seinen Preis haben wird, klingeln mir in den Ohren. Aber das kann ich jetzt nicht mehr ändern. Ich muss mich auf die bevorstehende Mission konzentrieren.
Ich lockere meine Schultern. Reiß dich zusammen, Martha!, weise ich mich selbst zurecht und ignoriere den Klumpen in meiner Brust. Wenn ich mich jetzt von der Angst überwältigen lasse, bin ich niemandem eine Hilfe. Der Bus rumpelt und holpert und ich halte mich an dem Griff neben mir fest.
Wir fahren an grauen Gebäuden vorbei. Mehr erkenne ich nicht. Zu milchig ist die Scheibe.
Jemand schreit und ich zucke zusammen. Ich springe auf, um den Grund herauszufinden. Auch Felix steht auf und ich lehne mich schwankend an ihn. Er ist zwei Köpfe größer als ich und um einiges schwerer. Ihn wirft so schnell nichts um. Durch die Frontscheibe erkenne ich riesige graue Paläste.
Wir nähern uns dem Zentrum.
Ruinen und Trümmer säumen unseren Weg. Menschen stehen apathisch an der Straße und starren den Bus mit leeren Augen entgegen.
Die Häuser weisen große Einschusslöcher auf oder sind in sich zusammengebrochen. Die Menschen haben keinen Zufluchtsort.
Womit wurde hier gekämpft? Unsere Waffen hätten diese Zerstörung nie anrichten können.
Vieles habe ich mir vorgestellt. Dass die Straßen leer sind. Die Menschen sich vor uns verstecken. Dass die Schutzpolizei die Straßen kontrolliert und die Rebellen gefangen genommen wurden.
Alles habe ich erwartet.
Dass wir gewonnen haben. Mit Glanz und Gloria.
Dass wir verloren haben. Sang- und klanglos.
Alles, aber nicht das.
Und plötzlich zerreißt mich die Sorge um Aaron. Mein Herz schlägt schmerzend in meiner Brust. Ich setze mich und atme tief ein. Versuche, mich zu beruhigen. Halte mich an dem Gedanken fest, dass er auf sich aufpassen kann, auch wenn das bei dieser Zerstörung bedeutungslos ist.
Stotternd bleibt der Bus stehen.
»Wir müssen aussteigen. Die Straße ist versperrt«, ruft Thomas, unser Fahrer.
Geschäftiges Chaos bricht aus. Alle greifen nach ihren Taschen und drängen zur Tür. Mein Atem geht keuchend und vor meinen Augen flimmert es. Der Geruch von Verbranntem dringt in meine Nase. Ich werde von Felix nach vorne geschoben und zwänge mich durch die Schiebetür.
Draußen atme ich die stickige Luft ein und schaue mich um. Ich war noch nie zuvor in der Stadt. Mein Weg hat mich nie weiter als bis zu den Versorgungszonen gebracht. Die Hitze des Sommers umhüllt mich und legt sich mit dem Rauch auf meine Haut.
Für einen Moment habe ich das Gefühl, nicht atmen zu können.
Die Häuser müssen vor ihrer Zerstörung einen übermächtigen Eindruck gemacht haben. Auch halb vorhanden, schüchtern mich die eingestürzten Gebäude aus festem Gestein ein. Funkelnde Scherben liegen zu meinen Füßen. Ich hebe eine auf und schneide mich prompt an einer Ecke. Glas. Echtes Glas.
»Was ist hier passiert?«, frage ich mich selbst und lasse das Stück fallen.
Felix kommt an meine Seite. Schweißperlen rinnen sein Gesicht hinunter und seine blonden Haare hängen ihm bereits nass in die Stirn.
»Suchen wir unsere Freunde«, sage ich etwas lauter zu ihm.
»Alles klar!«, antwortet er und schultert seinen Rucksack. Orange leuchtend fällt er in der grauen Welt auf.
»Ich wette, so haben sich Aaron und Chamuel das nicht vorgestellt«, rede ich, ohne eine Antwort zu erwarten.
Abel und seine engsten Vertrauten sind von einer schnellen Übernahme ausgegangen.
Wir gehen langsam durch die Straßen. Die Stadtbürger, die scheinbar aus den Häusern fliehen konnten, haben sich in die Ruinen zurückgezogen. Sie drängen sich in den Schatten, um der beißenden Sonne zu entkommen. Halb versteckt zwischen zerbrochenen Mauern, spüre ich ihre Blicke unangenehm auf meiner Haut. Sie sagen kein Wort, was die Situation umso gespenstischer wirken lässt. Ihre Gesichter und Kleidung sind mit grauem Staub bedeckt. Mit meiner Zunge fahre ich mir über die trockenen Lippen. Ich traue mich nicht, meine Flasche aus der Tasche zu holen und etwas zu trinken. Haben wir genug, um alle zu versorgen?
Einer unserer Sanitäter geht auf eine kleine Gruppe Bürger zu, die müde und zusammengesunken in einer engen Gasse zusammenstehen, doch sie weichen zurück. Eine Frau schreit.
Wovor haben sie Angst?
Ein Surren lenkt meine Aufmerksamkeit nach oben. Überrascht erkenne ich Drohnen, die ziellos über den Himmel fliegen. Dröhnend nimmt die rechte Kurs auf eine Häuserreihe. Mein Mund steht offen. Ich will ›stopp‹ schreien, doch sie kracht, ohne zu bremsen, in die Häuserwand und zerschellt in Einzelteile.
Erschrocken ziehe ich den Kopf ein. Was auch immer passiert ist, die Schaltanlage für die Drohnen ist nicht mehr unter Kontrolle. Ein gutes Zeichen? Ein schlechtes?
Ich fühle mich beobachtet und stelle mich dichter zu Felix.
Ein Kind versteckt sich hinter den Beinen einer Frau. Seine Kleidung wirkt trotz des Schmutzes feiner als meine beste Hose. Ein Kind im Anzug. Ein Erwachsener im Miniaturformat.
Ich konzentriere mich auf meine Aufgabe. Dränge das ungute Gefühl, welches sich zu dem Klumpen Angst in meiner Brust gesellen will, weg und ergreife die Hand von Felix. Auch er hat bisher kein Wort gesagt.
Die Ungewissheit um Aaron, die bizarre Situation vor Ort und eine böse Vorahnung treiben mich an. Ich möchte etwas tun. Irgendwas.
Wir marschieren los, arbeiten uns Schritt für Schritt vor. Klettern über Trümmer und umlaufen Autos, die zum Teil umgeworfen auf der Straße liegen. Hier hat keine Übernahme stattgefunden, sondern ein Krieg.
Eine weitere Drohne fliegt über unseren Köpfen hinweg. Eine mit dem Rebellenzeichen. Irritiert schaue ich ihr nach. Sie fliegt in Zickzack-Kurven zwischen den Dächern. Ist sie kaputt? Oder sucht sie etwas?
Greifarme fahren aus der Unterseite. Nein, keine Greifarme, sondern längliche Rohre. Ich bleibe stehen. Die Stangen schwenken hin und her, als suchten sie etwas. Die Menschen um uns herum rennen los. Das Kind weint und die Bürger rufen durcheinander.
Es knallt und ein zerstörtes Haus fällt komplett in sich zusammen. Das Beben fährt mir in die Glieder und ich strauchle. Ich halte mich an Felix fest, der ebenfalls beinahe gestürzt wäre. Hustend ziehe ich ihn von der aufkommenden Rauchwolke weg. Meine Augen tränen und ich weiß nicht, wohin ich mich wenden soll. Was ist passiert? Doch mein Verstand verweigert mir die Antwort.
Die Drohne zielt und feuert immer weiter auf die Trümmer. Das Zeichen der Rebellion prangt groß auf dem Fluggerät. Der Lärm ist ohrenbetäubend und vermischt sich mit den Schreien der Menschen um mich herum.
»Wir müssen weg«, schreie ich Felix an und renne. Er stolpert mir hinterher und ich umfasse seine Hand fester, um ihn nicht zu verlieren.
Mit der anderen taste ich durch Luft, um nicht gegen ein auftauchendes Hindernis zu rennen.
Ein einziger...
Erscheint lt. Verlag | 8.3.2021 |
---|---|
Reihe/Serie | Selvia-Reihe |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Science Fiction |
Schlagworte | Dystopie • Feminismus • Frauen • Freundschaft • Gleichberechtigung • Jugendbuch • Jugendliche • Kinderbuch • Krimi • Liebe • Politik • Rebellion • Science Fiction • Spannung • Thriller |
ISBN-10 | 3-7521-3549-2 / 3752135492 |
ISBN-13 | 978-3-7521-3549-7 / 9783752135497 |
Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR) | |
Haben Sie eine Frage zum Produkt? |

Größe: 1,4 MB
Digital Rights Management: ohne DRM
Dieses eBook enthält kein DRM oder Kopierschutz. Eine Weitergabe an Dritte ist jedoch rechtlich nicht zulässig, weil Sie beim Kauf nur die Rechte an der persönlichen Nutzung erwerben.
Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belletristik und Sachbüchern. Der Fließtext wird dynamisch an die Display- und Schriftgröße angepasst. Auch für mobile Lesegeräte ist EPUB daher gut geeignet.
Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise
Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.
aus dem Bereich