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Geisterhaus -  Jeff Strand

Geisterhaus (eBook)

Thriller

(Autor)

eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
336 Seiten
Festa Verlag
978-3-86552-909-1 (ISBN)
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Eine Invasion von jenseits des Grabes. Das Haus ist nicht perfekt, aber gut genug, um es zu mieten. Doch unglücklicherweise haben die Gardners und ihre beiden jungen Töchter den falschen Ort gewählt ... Erst verrotten die Lebensmittel. Dann drehen die Menschen durch. Und als sich die Geister zeigen, bricht die Hölle los. Eine blutige, brutale Spukhausgeschichte. Durchzogen mit dem skurrilen Humor von Jeff Strand.

Jeff Strand (geboren 1970) ist Amerikaner. Er hat viele Romane und Kurzgeschichten geschrieben, aber auch Drehbücher und Sketche für Comedy-Shows. Seine Werke sind geprägt durch einen eigenwilligen makabren Humor. Als Einflüsse auf sein eigenes Schreiben nennt er Autoren wie Douglas Adams, Richard Laymon, Dave Barry oder Jack Ketchum.

1

»Gardner! Schwingen Sie Ihren Arsch her!«

Boyd Gardner schaute von der Tischkreissäge auf. Mr. Prace war kein Boss, der mit seinen Mitarbeitern nach der Arbeit ein Bier trinken ging, aber auch keiner, der seine Autorität missbrauchte. Wenn er von der anderen Seite der Werkstatt herüberbrüllte, musste es um etwas Ernstes gehen.

Boyd legte das Brett beiseite, das er noch nicht zugeschnitten hatte, und nahm die Schutzbrille ab. Die anderen Jungs in der Werkstatt bedachten ihn mit Blicken, aus denen Verschiedenes sprach: Mitgefühl, Verwirrung und – zumeist – Erleichterung darüber, dass nicht sie angebrüllt wurden.

Mr. Prace gestikulierte wild. »In mein verficktes Büro! Sofort!«

Es kam zwar vor, dass der Mann fluchte, allerdings ausgesprochen selten. Und mit Sicherheit hatte er noch nie das Wort »verf…« vor allen gebrüllt. Als Boyd an den anderen Arbeitsplätzen vorbeieilte, hoffte er geradezu verzweifelt, dass es sich um ein Missverständnis handeln würde.

Mr. Prace verschwand in sein Büro und Boyd folgte ihm. Ein Mann, den Boyd nicht kannte, stand neben Mr. Prace’ Schreibtisch. Er trug ein Hemd mit Krawatte und sah definitiv so aus, als könnte er von der Personalabteilung sein. Boyd wurde ein wenig mulmig im Magen.

»Handschuhe ausziehen«, befahl Mr. Prace. »Zeigen Sie gefälligst ein wenig Respekt.«

»Tut mir leid, Sir«, entschuldigte sich Boyd und zog die Arbeitshandschuhe aus. Normalerweise wurde in diesem Umfeld nicht mit »Sir« um sich geworfen, doch im Augenblick schien es ihm angebracht zu sein.

»Nehmen Sie Platz.«

Boyd setzte sich auf einen der zwei Stühle vor Mr. Prace’ kleinem, wackeligem, schäbigem Schreibtisch. Da sie im Betrieb Möbel herstellten, war Boyd nie sicher gewesen, ob der Schreibtisch eine absichtliche oder versehentliche Ironie darstellte.

Mr. Prace blieb stehen. Von dem anderen Mann im Raum nahm er keine Notiz. »Boyd, manchmal holt uns ein, was wir in der Vergangenheit getan haben. Ich möchte, dass Sie an eine Unterhaltung zurückdenken, die Sie vor drei Monaten geführt haben.«

Boyd hatte keine Ahnung, wovon der Mann redete. »Ich bin nicht sicher, was Sie meinen, Sir.«

»Sie können aufhören, mich ›Sir‹ zu nennen. Arschkriechen ändert nichts. Wo waren Sie vor drei Monaten?«

Boyd zuckte mit den Schultern. »Kann mich nicht erinnern.«

Ich darf meinen Job nicht verlieren. Ich darf meinen Job nicht verlieren. Ich bin so was von total im Arsch, wenn ich meinen Job verliere.

Er arbeitete seit vier Jahren hier. Was immer er angestellt hatte, bestimmt würde er mit einer scharfen Ermahnung davonkommen, oder? Vor allem da er keine Ahnung hatte, worum es sich handeln könnte. Er hatte keinerlei Fehlzeiten mehr, seit die Ärzte seiner Tochter Paige beste Gesundheit bescheinigt hatten, und das lag mittlerweile ein Jahr zurück. Er kam nie zu spät. Und mit Sicherheit hatte er niemanden sexuell belästigt. Was immer er vor drei Monaten vermasselt hatte, es konnte kein Vergehen sein, für das man gleich gefeuert werden konnte.

»Sie waren genau hier. Wir haben Ihre jährliche Leistungsbeurteilung gemacht.«

Boyd nickte. Das war damals ziemlich gut gelaufen. Was ihn nur noch mehr verdatterte.

»Erinnern Sie sich, was Sie gesagt haben?«

»Ich … hab Ihnen am Schluss gedankt?«

Mr. Prace verschränkte die Arme vor der Brust. »Sie haben gesagt, Sie wären interessiert daran, in der Hierarchie aufzusteigen. Haben gemeint, Sie möchten eines Tages Vorgesetzter werden. Tja, Boyd: Sie werden befördert.«

Boyd glotzte ihn mit ausdrucksloser Miene an. Er konnte nicht recht verarbeiten, was er hörte.

Mr. Prace grinste. »Wir versetzen Sie zu unserem Betrieb in Kirkland. Mehr Stunden, mehr Kummer – und mehr Geld. Glückwunsch.«

»O mein Gott.« Erleichtert seufzend stieß Boyd den Atem aus. »Sie hätten mir fast ’nen Herzinfarkt verpasst.«

»Ach, hören Sie doch auf. Sie wissen selbst, dass Sie hier großartige Arbeit leisten. Widerstrebt mir, jemanden wie Sie zu verlieren. Aber das ist ’ne großartige Gelegenheit, und ich bin sicher, Sie werden sie zu nutzen wissen. Sie haben damals gesagt, Sie wären bereit umzuziehen. Das gilt doch noch, oder?«

Boyd nickte. »Jaja. Adeline kann ihren Job ohnehin nicht leiden. Meine Arbeit ist das Einzige, was uns hier hält.«

Mr. Prace zeigte auf den Schlipsträger. »Er wird die Einzelheiten mit Ihnen durchgehen. Wir schicken Sie zu einer Ausbildung, aber ich bin überzeugt, die wird ein Klacks für Sie. Ich hab ja gesehen, wie Sie mit den anderen in der Werkstatt umgehen.«

»Danke. Das bedeutet mir viel.«

»Wenn Sie hier fertig sind, können Sie entweder mit hängendem Kopf rausgehen und den Streich weiterführen oder den anderen einfach die Wahrheit sagen. Ihre Entscheidung.«

»Wahrscheinlich werd ich’s Ihnen sagen.«

»In Ordnung.«

Boyd war an sich nicht der Typ dafür, die Musik laut aufzudrehen und mit den Händen auf dem Lenkrad zu trommeln, doch er erlebte keinen gewöhnlichen Tag. Eine Ausnahme schien somit gerechtfertigt zu sein. Er brauchte eine Minute, um einen Sender zu finden, der etwas ausreichend Hardrockiges spielte. Dann regelte er die Lautstärke so hoch, wie es ging, ohne dass die alten Lautsprecher übersteuerten.

Auf dem Beifahrersitz lagen zwei Pizzaschachteln. Pizza gab es sonst nur als Leckerbissen an Samstagabenden. Diesmal jedoch brach Boyd nicht nur mit der Tradition des Wochentages, er hatte die Pizza zudem bei einem der richtig guten Läden besorgt. Vorgesetzte mussten ihre Pizza nicht von Restaurants holen, die dermaßen mit Salami knauserten, dass zwei Scheiben auf einem Stück schon Grund zum Feiern boten. An diesem Abend würde Boyd Gardners Familie Pizza mit doppelt Salami genießen. Mit extra Käse. Und Knoblauchbutter zum Dippen. Allerdings keine Zimtstangen – die würden warten müssen, bis er seinen neuen Posten angetreten hätte.

Eigentlich hatte er gehofft, dass er seine Familie mit 32 Jahren besser versorgen könnte. Nicht dass er sich lausig dabei anstellte. Immerhin hatten sie ein Dach über dem Kopf, Essen auf dem Tisch, und sie mussten nicht fürchten, dass Ratten über sie krabbelten, während sie schliefen. Allerdings lebten sie in einer beengten Wohnung, in der sich seine zwei Töchter ein Zimmer teilen mussten, während Adeline und er durch die dünne Wand mit anhören mussten, wie ihre Nachbarn jeden Donnerstagabend schmerzhaft klingenden Sex vollzogen.

Damit würde es bald vorbei sein.

Wenngleich die Gardners nicht auf einen Schlag zu unverschämt reichen, Monokel tragenden Gesellschaftslöwen mutierten, würde ihr Leben doch viel besser werden.

»Daddy!«, rief Boyds achtjährige Tochter Naomi, als er die Wohnung betrat. Sie ließ ihm gerade genug Zeit, um die Pizzaschachteln auf dem Esszimmertisch abzulegen, dann zog sie ihn in eine ihrer legendären, rippenbrecherischen Umarmungen.

Adeline klappte den Laptop zu und erhob sich von der Couch. »Was ist das?«, fragte sie.

»Pizza«, klärte Boyd sie auf.

»Schon klar, Mr. Offensichtlich. Aber was ist der Anlass? Hast du ’nen Pizzaladen ausgeraubt?«

»Nein.«

Adeline bedachte ihn mit einem argwöhnischen Blick. »Du kommst mir verdächtig ausgelassen vor.«

»Wird alles noch erklärt.«

»Ich hol schon mal die Pappteller.« Als Adeline in die Küche ging, betrachtete Boyd ihren Hintern. In letzter Zeit hatte er ihren Hintern nicht annähernd oft genug bewundert. Auch das würde sich ändern.

Immerhin handelte es sich um einen Allerwertesten, der eigentlich weit außerhalb seiner Liga spielte. Im Gegensatz zu Boyd war Adeline groß, schlank und ein Augenschmaus. Boyd hielt sich zwar einigermaßen in Form, hatte allerdings ein Gesicht wie eine leicht geschmolzene Actionfigur. Man musste ihn zwar nicht als Kinderschreck bezeichnen, trotzdem hatte Adeline in Sachen Attraktivität mit ihm nicht das große Los in der Ehemannlotterie gezogen. »Gut, dass du mehr Wert auf Charme als auf Aussehen legst«, meinte er oft zu ihr. Sie rügte ihn dann immer, dass er sich nicht über sein Erscheinungsbild lustig machen sollte, und warnte ihn zugleich verspielt davor, seinen Charme zu überschätzen. Boyd ergraute vorzeitig, wenngleich er fand, dass es ihm nicht übel stand. Außerdem hatte er bereits deutlich mehr Linien im Gesicht als ein Durchschnittsmann, der noch mehrere Jahre bis zur Midlife-Crisis hatte.

»Familienzusammenkunft!«, verkündete er.

Seine Tochter Paige, die trotz ihrer 13 Jahre nicht jedes Mal die Augen verdrehte, wenn ihre Eltern etwas sagten, kam aus ihrem Zimmer. »Hast du Pizza geholt?«, fragte sie und schob die Brille die Nase hoch.

»Ja, hab ich.«

»Ist Ma schwanger?«

»Was? Nein!« Boyd schaute zu Adeline, die zur Bestätigung den Kopf schüttelte.

»Und worum geht’s bei der Familienzusammenkunft?«, fragte Adeline.

»Genießen wir zuerst das Essen.«

»Ich könnt’s mehr genießen, wenn ich wüsste, warum du dich so merkwürdig verhältst.«

»Uns stehen eine Menge Veränderungen ins Haus«, verriet Boyd. »Eine davon ist, dass es nicht als ›merkwürdiges Verhalten‹ gedeutet werden sollte, wenn ich in richtig guter Stimmung mit Pizza nach Haus komme. Das sollte normal sein.«

»Können wir von jetzt an jeden Abend Pizza haben?«, fragte Naomi.

...

Erscheint lt. Verlag 12.2.2021
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Literatur Romane / Erzählungen
ISBN-10 3-86552-909-7 / 3865529097
ISBN-13 978-3-86552-909-1 / 9783865529091
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