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Das Haus Zamis 7 (eBook)

Der Maya-Gott

(Autor)

eBook Download: EPUB
2021 | 1. Aufl. 2021
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-0869-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Haus Zamis 7 - Neal Davenport
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Vergeblich kämpfte Isabel Najera gegen das unheimliche Verlangen an, das ihr Inneres erfüllte. Ihre Gier wuchs von Minute zu Minute, und ihre Hände krallten sich um die Eisenstäbe vor dem Fenster, die es ihr unmöglich machten, hinaus in die Nacht zu gelangen.
Fauchend trat sie einen Schritt zurück, und ihre Blicke flogen durch das leere Zimmer. Ihr bleiches Gesicht mit den rot glühenden Augen war unmenschlich verzerrt, und ihre weißen Haare wirbelten durcheinander wie tausend kleine Schlangen.
Sie war eine Gefangene im Haus ihres Vaters, der sie daran hindern wollte, ihren dunklen Trieben zu folgen und Blut zu saugen!


1. Kapitel


Fauchend trat sie einen Schritt zurück. Das Zimmer war völlig leer. Die hohe Eisentür war abgesperrt. Sie war eine Gefangene – gefangen im Haus ihres Vaters!

Sie verfluchte ihn, weil er angeordnet hatte, sie bei Vollmond in diesem Zimmer einzuschließen. Isabel war die einzige Vampirin in ihrer Sippe. Eine der Frauen ihres Vaters war eine Blutsaugerin gewesen, und aus dieser Verbindung war sie entsprungen: ein unheimliches Geschöpf, das bedauerlicherweise nicht die Fähigkeiten ihrer Mutter geerbt hatte. Sie konnte sich nicht in eine Fledermaus verwandeln, doch die Gier nach Blut beherrschte in Vollmondnächten ihren Körper und schaltete jeden vernünftigen Gedanken aus.

Bis vor drei Monaten hatte sie ihrer Gier noch hemmungslos frönen dürfen. Voller Lust erinnerte sie sich daran, wie sie durch die nächtlichen Straßen geschlichen war und auf Opfer gelauert hatte. Dann aber war sie zu weit gegangen. Sie hatte mehrere Menschen getötet. Fünf in einer einzigen Nacht.

Sie drehte den Kopf zur Seite und fletschte die blutleeren Lippen. Deutlich waren die scharfen Vampirzähne zu sehen. Als sie ein Geräusch an der Tür hörte, wirbelte sie herum und lief auf sie zu. Die kleine Fensteröffnung in der Tür wurde zurückgezogen.

»Wie geht es dir, Isabel?«, fragte ihr Bruder Ramon.

Isabel stieß ein wildes Fauchen aus und schlug mit den Fäusten an die Tür.

»Geh sofort zurück zum Fenster!«, sagte Ramon scharf. »Ich habe ein Opfer für dich.«

Knurrend zog sich die Vampirin zurück. Geduckt blieb sie vor der Scheibe stehen. Ihre Augen glühten stärker. Sie hörte das Zurückziehen des Riegels, dann das Drehen des Schlüssels im Schloss. Geräuschlos wurde die Tür geöffnet. Gierig fletschte Isabel das Raubtiergebiss, und ein heiseres Seufzen kam über ihre schmalen Lippen. Ramon stieß einen alten Indianer ins Zimmer, der so schwach war, dass er zu Boden stürzte. Einen Augenblick lang war Isabel wie gelähmt. Dieser Alte, dieses menschliche Wrack, sollte ihr Opfer sein? Nein, das durfte nicht wahr sein!

»Viel Spaß, Schwesterchen«, sagte Ramon und wollte sich zurückziehen, doch bevor er einen Schritt gemacht hatte, war Isabel bei ihm. Sie war über den Alten gesprungen und warf sich mit aller Kraft gegen die Tür. Der Anprall war so gewaltig, dass Ramon ein paar Schritte zurücktaumelte. Die Vampirin raste vor Wut. Zornig ballte sie die rechte Hand zur Faust und versetzte ihrem Bruder einen Hieb gegen das Kinn, dass er bewusstlos zusammenbrach. Dann überlegte sie kurz, ehe sie geräuschlos den Gang entlang schlich, der zu einer Treppe führte, an deren Ende die Eingangshalle lag. Im Haus war es ruhig. Sie wusste, dass sich außer Ramon im Augenblick nur noch ihr Bruder Ubaldo in der Villa befand. Wahrscheinlich war er in seinem Zimmer. Niemand hielt sie auf. Sie betrat den Garten und blickte sich forschend um. Geschmeidig wie eine Raubkatze schlich sie auf das Gartentor zu und hielt sich dabei instinktiv im Schatten der Jacarandabäume. Wie erwartet war das Gartentor abgesperrt. Ohne zu zögern, kletterte die Vampirin die Stäbe hoch, schwang sich auf das Mauerdach und blieb ein paar Sekunden dort hocken. Das Haus lag in einer ruhigen Villengegend. Es musste schon weit nach Mitternacht sein. Weit und breit war kein Mensch zu sehen. Isabel sprang auf die Straße. Nach ein paar Schritten begann sie zu laufen. Das unmenschliche Verlangen nach Blut peinigte sie. Ihr Körper schien zu brennen. Die Gier schlug in nicht endenden Wogen über ihr zusammen. Zu einem klaren Gedanken war sie nicht mehr fähig. Uralte vampirische Instinkte hatten die Herrschaft über ihren Geist und Körper ergriffen.

Sie verschwand in einer kleinen Nebengasse. Links und rechts lagen die Villen der reichen Leute von Guatemala-City. Hinter einigen Fenstern brannte noch Licht. Als sie Stimmen hörte, blieb sie stehen. Ihre Nasenflügel bebten, und ein pochendes Prickeln durchlief ihr Nervensystem. Sie knurrte leise. Ein junges Paar verabschiedete sich eben von einem älteren Mann, der dann zurück in das Haus ging. Das Paar ging auf einen cremefarbenen Cadillac zu. Die Frau sagte etwas, und der Mann lachte leise. Vor dem Wagen blieb er stehen und holte den Wagenschlüssel aus seiner Rocktasche.

Die Vampirin stürzte los. Der Mann hörte die Schritte und drehte sich um. Seine Augen weiteten sich, als er das grauenvolle Geschöpf sah, das auf ihn zulief. Vor Entsetzen fielen ihm die Schlüssel aus der Hand. Das Mädchen in seiner Begleitung stieß einen gellenden Schrei aus.

Isabel Najera sprang den jungen Mann an, der den Angriff abzuwehren versuchte. Er stolperte und fiel auf den Rücken. Die Vampirin schnappte gierig nach seiner Kehle.

Nach ein paar Sekunden wandte sie sich der jungen Frau zu, die soeben die Flucht ergreifen wollte. Isabel holte sie rasch ein. Sie verkrallte ihre rechte Hand in der Schulter des Mädchens und riss es herum.

»Nicht!«, schrie das Mädchen.

Isabel biss erneut zu. Sie war so beschäftigt, dass sie den Streifenwagen, der mit heulenden Sirenen heranraste, überhaupt nicht bemerkte. Zwei Polizisten sprangen heraus und zogen ihre Pistolen. Erst jetzt hob sie den Blick. Sie sah entsetzlich aus. Das Gesicht und die Hände waren blutverschmiert. Die Vampirin sprang hoch und ging augenblicklich auf die Uniformierten los. Die beiden Polizisten schossen gleichzeitig. Ihre Kugeln trafen die Vampirin, zeigten jedoch keinerlei Wirkung. Mit zwei gewaltigen Fausthieben schlug Isabel die Männer zusammen. Danach ergriff sie die Flucht. Kreuz und quer rannte sie durch die kleinen Gässchen und blieb irgendwann keuchend stehen. Sie hatte alle Verfolger abgeschüttelt. Mit dem Blusenärmel wischte sie sich das Blut aus dem Gesicht. Die erste Gier war gestillt, und sie konnte wieder halbwegs normal denken. Plötzlich hatte sie Angst. Ihr Vater würde sie schrecklich bestrafen, das war sicher. Sie durfte auf keinen Fall nach Hause gehen, sondern musste sich irgendwo verstecken.

Aber wo?

Vor einer alten Villa, die in einem verwahrlost aussehenden Garten stand, blieb sie stehen. Das Haus machte einen unbewohnten Eindruck. Sie kletterte über die Mauer und schlich um das Haus herum. Die Fenster waren schmutzig, das Haustor unversperrt. Zögernd drückte sie die Klinke nieder und trat ein. Nach ein paar Schritten stolperte sie und fiel der Länge nach hin. Sie wollte aufstehen, doch es gelang ihr nicht. Sie glaubte vom Boden verschlungen zu werden. Erschrocken begriff sie, dass sie in eine magische Falle geraten war, aus der sie sich aus eigener Kraft nicht befreien konnte. Jede Bewegung würde ihre Situation nur verschlimmern.

Ubaldo Najera wartete in der Abfertigungshalle des Flughafens La Aurora. Wie üblich hatte die Maschine aus Caracas eine halbe Stunde Verspätung. Einige der Wartenden warfen ihm verstohlene Blicke zu. Für einen Guatemalteken war er überraschend groß und schlank. Obwohl in seinen Adern Maya-Blut floss, war sein Gesicht europäisch. Das pechschwarze Haar fiel glatt bis zu den breiten Schultern herab, die Nase war leicht gekrümmt, und die dunkelbraunen Augen standen weit auseinander. Bekleidet war er mit einem weißen Leinenanzug, der die Muskeln seines mächtigen Körpers betonte.

Er achtete nicht auf die neugierigen Blicke. Missmutig holte er sich eine Cola und steckte sich eine dünne Zigarre an. Sein Vater hatte ihn beauftragt, Coco Zamis vom Flughafen abzuholen. Eine Arbeit, die er nur sehr ungern übernommen hatte, aber ihm war keine andere Wahl geblieben, als zu gehorchen. Vor drei Tagen war seine Halbschwester Isabel verschwunden. Die Suche nach ihr war vergeblich geblieben. Sein Vater hatte getobt, als er aus Nicaragua zurückgekommen war. Ihm, Ubaldo, hingegen war Isabel höchst gleichgültig. Er hatte sich nie mit ihr verstanden. Sie war ihm immer unheimlich gewesen, und eigentlich war er über ihr Verschwinden gar nicht traurig. Das durfte er seinem Vater gegenüber jedoch nicht einmal andeuten.

Zum Teufel mit ihr, dachte er.

Seine Gedanken wanderten wieder zu Coco Zamis. Er rief sich ins Gedächtnis, was er über den befreundeten Zamis-Clan wusste. Coco war von ihrem Vater auf eine Weltreise geschickt worden. Sie sollte in verschiedenen Ländern Station machen und dabei andere Clans der Schwarzen Familie kennenlernen. Viel mehr wusste er nicht über sie, und seine Informationen über ihre Familie waren nur dürftig. Angeblich stammte die Zamis-Sippe aus Russland; Rasputin sollte einer ihrer Vorfahren gewesen sein. Vor etwa fünfzig Jahren hatte sich ein Zweig der Familie in Wien niedergelassen und bald danach die Herrschaft über die österreichischen Sippen der Schwarzen Familie übernommen. Vor etwa einem Jahr sollte es zu einer blutigen Auseinandersetzung mit dem Winkler-Forcas-Clan gekommen sein, bei der die Zamis-Sippe als Sieger hervorgegangen war.

Ubaldo warf den Becher in einen Abfallkorb, dann drückte er die Zigarre aus. Er versuchte sich vorzustellen, wie diese Coco Zamis wohl aussehen mochte. Vermutlich war sie klein, dick und hässlich. Ein Typ, wie er den meisten Dämonen gefiel. Ubaldo allerdings dachte anders. Er hatte nur noch sehr wenig Dämonisches an sich. Seine Familie war verweichlicht und schwächlich. Auch Coco sollte feige, unfähig und...

Erscheint lt. Verlag 19.1.2021
Reihe/Serie Das Haus Zamis
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer • alfred-bekker • Bastei • Bestseller • Coco Zamis • Dämon • Dämonenjäger • dan-shocker • Deutsch • Dorian Hunter • eBook • E-Book • eBooks • Extrem • Fortsetzungsroman • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Gruselkabinett • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • horrorserie • Horror-Thriller • john Sinclair • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • larry-brent • Lovecraft • Macabros • Männer • morland • neue-fälle • Paranomal • professor-zamorra • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • sonder-edition • spannend • Spin-Off • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony-Ballard • Top • Zaubermond
ISBN-10 3-7517-0869-3 / 3751708693
ISBN-13 978-3-7517-0869-2 / 9783751708692
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