Killer schlafen manchmal doch: Roman-Paket 9 Krimis (eBook)
1000 Seiten
Uksak E-Books (Verlag)
978-3-7389-4461-7 (ISBN)
Zwei Stunden später saßen wir Billy Braganza in einem der Verhörräume in unserem Field Office an der Federal Plaza 26 gegenüber. Braganza war ärztlich behandelt worden. Meine Kugel hatte dafür gesorgt, dass er jetzt ein ziemlich großes Hämatom am Oberkörper hatte. Aber es war nichts gebrochen. So lange er weder einen Hustenanfall bekam oder lachte, ging es ihm einigermaßen gut.
Milo ging es ganz ähnlich, auch wenn er etwas besser dran war, was vielleicht mit der Qualität der verwendeten Weste zu tun hatte. Die Westen, die wir bei unseren Einsätzen verwenden, trägt man normalerweise über der Kleidung. Das heißt, sie sind dicker und enthalten mehr Lagen der hochwertigen Kunststofffasern, die das Geheimnis dieser Schutzwesten sind. Braganza hingegen hatte eine sehr dünne Weste getragen, damit sie unter der Kleidung nicht gleich auffiel.
Parallel zu unserem Verhör von Braganza nahm sich unser Kollege Clive Caravaggio zusammen mit dem Verhörspezialisten Dirk Baker den Urheber der Schießerei in einem anderen Raum vor: Blake Davis, die Nummer zwei in O’Reillys Organisation.
„Sie sollten mit uns kooperieren, Mister Braganza“, sagte ich. „Die Videoaufzeichnungen belegen, dass Blake Davis auf Jeffrey ‚White Suit Man’ Jackson gefeuert hat. Ob auch der tödliche Schuss von ihm oder einem seiner Komplizen kam, wird erst die ballistische Untersuchung zweifelsfrei nachweisen, aber eigentlich habe ich nach Ansicht der Video-Aufzeichnungen wenig Zweifel daran.“
„Dieser Bastard!“, knurrte Braganza vor sich hin.
„Wen meinen Sie jetzt?“, mischte sich Milo ein. „Davis? Oder Jackson!“
„Ich sage nichts“, sagte Braganza. „Erst will ich meinen Anwalt sprechen!“
„Ihr Anwalt ist auf dem Weg hier her“, erklärte ich ihm. „Aber ich dachte, ich mache Ihnen trotzdem vorher schon mal Ihre Lage klar: Davis hat mit der Schießerei angefangen und er wird wohl wegen Mordes verantworten müssen. Alles was danach geschah, einschließlich Ihres tätlichen Angriffs auf zwei FBI-Beamte, ist rechtlich unterschiedlich interpretierbar. Schließlich hätte wahrscheinlich niemand geschossen, wenn Davis nicht zur Waffe gegriffen hätte!“
„Was wollen Sie jetzt? Mir ein Angebot machen?“, fauchte Braganza.
„Sie kommen vielleicht mit einem blauen Auge davon“, sagte ich.
Und Milo ergänzte: „Aber das läuft nur, wenn Sie jetzt gleich mit uns kooperieren.“
„Ich warte auf ein Angebot des Staatsanwalts“, sagte Braganza.
„Dann warten Sie vielleicht zu lang, denn es könnte sein, dass bis dahin Ihre Aussage gar nichts mehr wert ist, weil wir die Informationen inzwischen auf anderem Weg erlangt haben.“
„Na, wenn Sie gar nicht auf mich angewiesen sind...“
„...dann sollten wir uns vielleicht auch nicht länger mit ihm aufhalten“, meinte ich. „Es wird uns sicher auch jemand anders verraten, weshalb Dan O’Reilly diesen größten Deal seiner Kartiere als illegaler Kunsthändler verpasst hat!“
Das war nämlich die entscheidende Frage für uns. Unser Informant Frank Chessman hatte uns versichert, dass O’Reilly den Deal selbst machen würde. Geschäfte dieser Größenordnung basierten auf persönlichem Vertrauen der Beteiligten. Und an Jeffrey „White Suit Man“ Jacksons Reaktion war auch deutlich zu sehen gewesen, wie irritiert er darüber gewesen war, nicht O’Reilly persönlich anzutreffen.
Braganza schwieg. Er lehnte sich zurück.
„Wieso kommen Sie darauf, dass ich darüber etwas wüsste? Fragen Sie besser Davis’ Leibwächter – sofern Sie noch antworten können!“
Die Leibwächter von Blake Davis wurden derzeit in der Gefängnisklinik von Rikers Island behandelt. Sie hatten beide schwere Schussverletzungen davongetragen und es würde wohl noch ein paar Tage dauern, bis sie vernehmungsfähig waren.
Aber es hatte einen guten Grund, dass wir uns in dieser Sache Braganza vornahmen.
„Unser Labor nimmt sich gerade Ihr Prepaid-Handy vor, Mister Braganza. Die Kollegen sind noch lange nicht fertig damit, aber Sie haben anderthalb Stunden vor dem Deal ein Gespräch mit Blake Davis geführt! Die Nummer passt jedenfalls zu dem Prepaid Handy, dass wir bei Mister Davis sichergestellt haben.“
Braganza war blass geworden.
Milo sagte: „Ist doch merkwürdig, dass der Leibwächter von des ‚White Suit Man’ beim Stellvertreter eines Handelspartners anruft, der dann wenig später seinen Herrn und Meister bei einem Riesen-Deal vertritt!“
„Warum finden Sie das merkwürdig?“, fragte Braganza. „Möglicherweise habe ich ja in Mister Jacksons Auftrag dort angerufen, um mich zu erkundigen, ob alles glatt gehen wird.“
„Wie praktisch, dass wir Mister Jackson nicht mehr fragen können“, erwiderte ich kühl.
„Es war aber genau so, wie ich sage! Ich habe Davis angerufen und gefragt ob alles glatt geht.“
„Und? Was hat er gesagt?“
„Er hat es bestätigt.“
„Hat Davis irgendetwas davon gesagt, dass O’Reilly nicht persönlich erscheinen wird?“
„Nein, natürlich nicht. Wenn er das gesagt hätte, wären wir gar nicht gekommen. Die Sache ist eigentlich auch noch etwas anders.“
„Wie?“
„Das Prepaid-Handy, das ich anrufen habe, gehörte O’Reilly. Nicht Davis. Ich habe mehrfach mit O’Reilly über diese Nummer gesprochen und den Deal abgemacht...“
Ich runzelte die Stirn. „Sie? O’Reilly hat sich damit zufrieden gegeben, mit dem Leibwächter zu sprechen anstatt mit dem Boss?“
„’White Suit Man’ hatte eine panische Angst davor abgehört zu werden.“
„Was bei einem Prepaid Handy sehr unwahrscheinlich ist.“
„Aber nicht unmöglich! Er wollte einfach nicht, dass seine Stimme irgendwann mal aufgezeichnet und identifiziert wird, deswegen, habe ich diese Gespräche für ihn geführt. O’Reilly wusste das – und vielleicht hätte er sich auch bei niemand anderem darauf eingelassen. Aber es war sehr wichtig für Reilly, mit ‚White Suit Man’ ins Geschäft zu kommen.“
Ich lehnte mich zurück, wechselte einen kurzen Blick mit Milo und fragte dann. „Und Sie haben sich nicht gewundert, dass Sie nur Davis am Apparat hatten?“
„Er hat es mir plausibel erklärt.“
„Wie?“, hakte ich nach.
„Im Hintergrund war eine Frau zu hören und Davis hat erzählt, dass O’Reilly gerade mit ihr herummachen würde und deswegen nicht zu sprechen sei...“
„Anderthalb Stunden vor einem Deal, der für ihn angeblich so wichtig war?“, fragte jetzt Milo. „Was erzählen Sie uns da eigentlich für eine Geschichte?“
„Es ist die Wahrheit. Was hätte ich davon, Sie anzulügen? Sie haben mir meine Situation ja klar eindringlich klar gemacht. Und mein Boss lebt nicht mehr.“ Er atmete tief durch. „Ihre Leute haben ihn ja erschossen.“
„Blake Davis hat Ihren Boss erschossen!“, korrigierte ich ihn.
„Ist das etwa nicht einer Ihrer Spitzel? Genau wie O’Reilly, der sich wohl schon abgeseilt hatte. Als er nicht bei dem Deal auftauchte, war mir klar, dass das Ganze eine Falle war. Hat sich dann ja auch so herausgestellt...“
„Und was denken Sie, warum hat Davis sofort geschossen?“, fragte Milo.
Braganza zuckte mit den Schultern. „Ich schätze er wollte nichts riskieren. Seine Leute waren in der Unterzahl...
In diesem Moment flog die Tür des Verhörzimmers zur Seite. Ein groß gewachsener Mann im grauen Dreiteiler trat ein. Seine Haare passten farblich dazu. „Barry Ransom von Ransom & Associates. Der Zirkus hier ist zu Ende. Ich bin Mister Braganzas Anwalt.“
Er trug eine abgewetzte Aktentasche, die überhaupt nicht zu dem piekfeinen Rest seines Outfits passte. Offenbar hatte sie irgendeine ideelle Bedeutung für ihn. Vielleicht hatte er sie schon, als er seinen ersten Prozess gewann.
Ransom wandte sich an mich. „Lassen Sie mich bitte mit meinem Mandanten allein.“
„Kein Problem. Er hat bereits eine Aussage gemacht.“
„Die wir anfechten werden.“
„Warum? Sie könnte sich positiv für ihn auswirken!“
„Das können weder Sie noch er wirklich beurteilen. Und jetzt lassen Sie uns allein oder Sie fangen sich eine Dienstaufsichtsbeschwerde ein, weil Sie einem Verhafteten seine verfassungsmäßigen Rechte vorenthalten.“
Ransom wollte offenbar gleich klarstellen, wer hier der Platzhirsch war. Wir gingen auf den Flur.
„Dieser Kerl hat den Charme einer Dampfwalze“, sagte Milo.
Ich zuckte mit den Schultern „Das muss sein Erfolgsgeheimnis sein. Dieser Ransom hat Braganza doch schon mehrere Male herausgepaukt.“
„Aber diesmal nicht.“
„Da wäre ich mir nicht so...
Erscheint lt. Verlag | 1.12.2020 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
ISBN-10 | 3-7389-4461-3 / 3738944613 |
ISBN-13 | 978-3-7389-4461-7 / 9783738944617 |
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