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Gut Rheinhagen (eBook)

Ein Familienroman aus Pommern
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Aufl. 2021
384 Seiten
beHEARTBEAT (Verlag)
978-3-7517-0223-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Gut Rheinhagen - Eva Maria Sartori
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Pommern, 1914: Die Rheinhagens sind eine angesehene Gutsherrenfamilie. Doch es drohen dunkle Wolken am Horizont: Axel von Rheinhagen, der einzige männliche Erbe, hat sich in die bürgerliche Charlotte Wagner verliebt und will sie gegen den Willen seiner Eltern heiraten. Um seine Jugendliebe trotz allem zur Frau nehmen zu können, kehrt Axel unter falschem Namen aus dem Ersten Weltkrieg zurück, und verzichtet somit auf sein Erbe.

An seine Stelle tritt Mark von Rheinhagen, ein entfernter Vetter. Doch als der Zweite Weltkrieg hereinbricht und schließlich das Rittergut erreicht, muss Mark Rheinhagen aufgeben. Die Familie schließt sich einem Flüchtlingstreck nach Schleswig-Holstein an, wo Mark für alle eine neue Zukunft aufbauen will. Wird ihm dies gelingen?

Die Geschichte der Rheinhagens ist die Chronik einer pommerschen Gutsherrenfamilie - über drei Generationen und zwei Weltkriege hinweg.

Dieses Buch ist bereits in einer früheren Ausgabe unter dem Titel 'Die Rheinhagens' erschienen.

Alle Romane der Familiengeheimnis-Reihe sind in sich abgeschlossen und können unabhängig voneinander gelesen werden.

eBooks von beHEARTBEAT - Herzklopfen garantiert.



1


Im engsten Familienkreise wurden die Mahlzeiten im Rheinhagener Herrenhaus meistens im sogenannten ›Sälchen‹ eingenommen. Dieser mäßig große, im behaglichen Stil der Biedermeierzeit eingerichtete Raum lag an der Nordseite des Wohntrakts. Daher kam es wohl auch, dass es darin nicht einmal bei hochsommerlichen Temperaturen übermäßig warm wurde. Auch an diesem Abend brannte, obgleich der Mai des Jahres 1914 sich von seiner besten Seite zeigte, ein Feuer in dem nach englischem Vorbild gebauten Kamin.

Der lange ovale Tisch war mit Meißner Zwiebelmusterporzellan gedeckt, altes Familiensilber glänzte im Licht der Kerzen, auf die Johanna von Rheinhagen auch bei weniger feierlichen Anlässen nicht verzichtete.

Wenn der Gardeleutnant Axel von Rheinhagen auf Urlaub zu Hause war, verliefen die abendlichen Tischgespräche besonders lebhaft und anregend. Er verstand es, das Leben in der Reichshauptstadt plastisch zu schildern, berichtete von Theater- und Opernbesuchen, die besonders seine Mutter Johanna, eine gebürtige Berlinerin, sehr vermisste.

Axels Schwester, die zwanzigjährige Edda, interessierte sich hingegen mehr für die augenblickliche Moderichtung.

»Bis wir die Journale bekommen, ist in Berlin schon längst etwas anderes modern«, beschwerte sie sich zwischen Hauptgang und Dessert.

»Ich werde dich künftig in meinen Briefen genau unterrichten, damit du nie das Gefühl hast, in unserem schönen Pommern abseits zu stehen«, versprach Axel lächelnd.

Den Herrn des Hauses, Wolf von Rheinhagen, begannen die typisch weiblichen Gespräche zu langweilen.

»Den Kaffee nehmen wir wohl wie üblich in deinem Salon ein, Johanna«, sagte er sichtlich ungeduldig und gab damit seiner Frau das Signal, die Tafel aufzuheben.

Johanna bedachte ihn mit einem nachsichtig-freundlichen Blick, zögerte dann aber nicht länger, seinen Wunsch zu erfüllen. Oberflächlich betrachtet mochte es so aussehen, als stünde sie ganz im Schatten ihres zur Herrschsucht neigenden Gatten. In Wirklichkeit jedoch gab sie den Ton im Haus an und war der unerschütterliche Pol, um den sich alles drehte.

Während Axel den anderen folgte, sah er verstohlen auf die Uhr. Saßen sie erst einmal im Salon fest und kam der alte Herr auf sein Steckenpferd, die Landwirtschaft, zu sprechen, dann konnte eine Ewigkeit vergehen, ehe er Gelegenheit fand, sich mit einer plausiblen Erklärung zurückzuziehen.

Johannas Salon war der einzige Raum des Herrenhauses, zu dem nur Familienmitglieder Zugang hatten. Bei Anwesenheit von Gästen, die länger als einen Tag blieben, traf man in der Bibliothek zusammen, deren schwere, solide Einrichtung dem Hausherrn mehr zusagte.

»Ein Mann braucht einen ordentlichen Sessel, in dem er bequem sitzen kann und nicht dauernd befürchten muss, dass dieser unter seinem Gewicht zusammenbrechen könnte. In deinen Salon passen eigentlich nur Damen, Johanna. Für meinen Geschmack ist darin alles viel zu zierlich und ordentlich.«

An diesem Abend jedoch schien sich Wolf von Rheinhagen, trotz dieser Behauptung, in dem anmutigen Zimmer sehr wohlzufühlen. Axel stellte mit sinkendem Mut fest, dass sein Vater offensichtlich die Absicht hatte, sich auf ein längeres Gespräch mit seiner Familie einzurichten.

Fritz, der einstige Bursche des Hausherrn, pflegte bei Tisch zu servieren. Er brachte den Kaffee und stellte den Portwein zurecht, ohne den Wolf keinen Abend beendete.

»Wie bist du eigentlich mit Earl zufrieden, Vater?«, erkundigte sich Axel, nur um etwas zu sagen, und versuchte, den Vorstehhund des Vaters zu sich zu locken. Aber Earl wedelte nur wohlwollend mit der Rute; er dachte gar nicht daran, von der Seite seines Herrn zu weichen.

Wolf von Rheinhagen beobachtete die vergeblichen Bemühungen seines Sohnes mit offensichtlicher Befriedigung. Seiner Meinung nach durfte ein gut ausgebildeter Hund nur einem einzigen Herrn gehorchen, und Earl entsprach in dieser Beziehung ganz seinen Vorstellungen.

»Er macht sich. Als ich ihn seinerzeit als halb zu Tode geprügelten Köter zu mir nahm, hatte ich keine großen Hoffnungen. Nun ist er ein brauchbarer Jagdhund geworden und dankt mir meine Fürsorge mit einer geradezu rührenden Anhänglichkeit.«

»Du bist ohne Earl gar nicht mehr vorstellbar, Vater«, warf Edda ein. »Ganz gleich, wohin du gehst, er folgt dir. Auch ist mir aufgefallen, dass er ständig Kontakt mit dir sucht. Er scheint nur glücklich zu sein, wenn er deine Nähe fühlt. Entweder schmiegt er den Kopf an dein Knie oder legt ihn, wie eben jetzt, auf deinen Schuh.«

Johanna hörte schweigend zu. Sie wusste, dass Earls Verhalten der Natur ihres Gatten entgegenkam; seiner Meinung nach gehörte alles, was ihn umgab, ihm. Auch in seinen längst erwachsenen Kindern sah er immer noch seine Geschöpfe, die sich getreulich seinen Wünschen zu fügen hatten. Soweit dies Axel betraf, musste es eines Tages zwangsläufig zu Komplikationen kommen. Denn dessen Lebensauffassung deckte sich in keiner Weise mit der des Vaters.

Bereits rein äußerlich gesehen war Axel mit seinem lockigen braunen Haar und den stets ein wenig schwermütig blickenden Augen ein Träumer und seiner Mentalität nach eher ein Künstler – er besaß ein hübsches Maltalent – als ein angehender Landwirt und Erbe eines großen Rittergutes. Zwischen Vater und Sohn hatte es deswegen schon häufig ernsthafte Meinungsverschiedenheiten gegeben. Johanna seufzte unwillkürlich auf. Sie riss sich von ihren unerfreulichen Gedanken los, als sie feststellte, dass Wolf sich einem neuen Thema zugewandt hatte.

»Der Schweizer macht sich ganz gut, Hanna«, sagte er eben in seiner knappen, energischen Redeweise, die nie Widerspruch zu erwarten oder gar zuzulassen schien. »Nur sollte er nicht so hinter den Weiberröcken her sein. Das macht bloß böses Blut unter den anderen Burschen. Sie treten ihre Ansprüche ungern an Fremde ab.«

»Vielleicht war es ein Fehler, Pavel einzustellen, Wolf.« Johanna war die Einzige, die es wagen durfte, Entscheidungen des Hausherrn sanft zu kritisieren. »Er mag in seinem Beruf recht tüchtig sein, doch in seiner hochfahrenden Weise passt er schlecht zu unseren durchwegs bescheidenen Leuten. Und was die Sache mit den Weiberröcken betrifft – so kannst du, glaube ich, ruhig schlafen.« Sie hatte den verärgerten Blick des Gatten wohl bemerkt; dieser schöne Abend sollte nicht durch eine Unstimmigkeit verdorben werden. Also fügte sie gelassen hinzu: »Die Mägde haben ihn bestimmt längst durchschaut. Sie machen sich über ihn lustig und lassen sich nicht durch seine Süßholzraspelei einwickeln.«

Wolf von Rheinhagen nickte stumm. Er wusste natürlich, dass seine Frau recht hatte. Nur kam es zwischen den deutschen Knechten und dem in seiner Art recht herausfordernden Polen immer wieder zu Reibereien.

»Na, Hauptsache, er tut seine Arbeit ordentlich«, schloss er das Thema etwas abrupt ab. »Mit seinen Untugenden traue ich mir zu, fertig zu werden.«

Während er sich von dem Portwein nachschenkte, den bereits sein Großvater eingelagert hatte, musterte er Axel fragend. »Möchtest du auch noch einen Schluck, Axel? Du kennst die Sorte – nach einer guten Mahlzeit gibt es nichts Besseres.« Axels Stirn rötete sich. Jetzt war der passende Moment gekommen, sich loszueisen.

»Danke, Vater. Ich habe schon bei Tisch mehr als genug getrunken. Außerdem möchte ich euch bitten, mich zu entschuldigen. Mama, erlaubst du, dass ich mich für heute verabschiede?«

Jeder, der die Umstände kannte, hätte die Verlegenheit, die in seiner Stimme mitschwang, spüren müssen. Doch die völlig ahnungslose Johanna blickte nur lächelnd zu dem Sohn auf, der ihr ganzer Stolz war.

Die Jahre hatten der Schönheit der jetzt Zweiundvierzigjährigen nichts anhaben können. Mit ihrem vollen, dunklen Haar, dem makellosen Teint und den leuchtenden blauen Augen wirkte sie noch ausgesprochen jugendlich. Wie so oft schon fragte sich Axel auch jetzt unwillkürlich, ob seine Mutter an der Seite ihres ernsten, fast selbstherrlichen Gatten wirklich das Glück gefunden haben mochte, von dem sie als junges Mädchen geträumt hatte.

Impulsiv neigte er sich über sie und küsste sie auf die Wange. Johanna griff nach seiner Hand, um sie in unbewusster Zärtlichkeit sekundenlang festzuhalten.

»Was hast du denn heute Abend noch vor, Axel?«, erkundigte sie sich, während sie hastig, als tue sie etwas Verbotenes, über seinen Kopf strich. »Böse Zungen behaupten, es sei dein Ziel, alle Mädchenherzen Pommerns zu brechen.«

Axels Erscheinung mochte diese Behauptung rechtfertigen. Sein Gesicht, in das erneut eine verräterische Röte stieg, war sympathisch und gut geschnitten. Es zeigte jedoch eine Weichheit im Ausdruck, die in krassem Widerspruch zu seiner von ihm selbst gewählten Offizierslaufbahn stand.

›Soldaten müssen schneidig sein, keine Träumer‹, lautete Wolf von Rheinhagens Devise. Der zur Unentschlossenheit, zur Weltfremdheit neigende Charakter seines Sohnes bereitete ihm häufig genug Sorge.

»Man übertreibt – wie meistens in dieser...

Erscheint lt. Verlag 1.1.2021
Reihe/Serie Die schönsten Familiengeheimnis-Romane
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte bücher für frauen • Chronik • Erster Weltkrieg • Famielenroman • Familiengeheimnis • Familiensaga • Frauen • Pommern • pommern roman • Pommernroman • Saga • Schicksal • schicksalhaft • Zweiter Weltkrieg
ISBN-10 3-7517-0223-7 / 3751702237
ISBN-13 978-3-7517-0223-2 / 9783751702232
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