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Das Flüstern des Zwielichts (eBook)

Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2021
384 Seiten
Penhaligon Verlag
978-3-641-26895-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Flüstern des Zwielichts - C. E. Bernard
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Nach »Das Lied der Nacht« der zweite Band der epischen Wayfarer-Saga: Wird der Wanderer Weyd die Türme des Lichts finden?
»Ich erzähle euch eine Geschichte. Sie beginnt an einer alten Straße, im schwindenden Zwielicht. Sie beginnt in der Dämmerung, wenn die Geschichten locken, wenn die Lieder rufen, wenn ein Raunen in der Luft liegt, ohne dass man wüsste, wer dort spricht. Hört genau hin. Wer ist es, der dort wispert?«
Wanderer Weyd begibt sich mit seinen Gefährten auf die Reise zu den legendären Türmen des Lichts. Seine Waffe gegen die monströsen Schatten ist keine Armee, sondern ein uraltes Lied - doch wird es die Helden schützen? Denn diesmal kann die Bardin Caer ihre Stimme nicht gegen ihre Feinde erheben. Dabei lauert ihnen ein Gegner auf, der finsterer ist als jeder Schatten ... Nach »Das Lied der Nacht« der zweite Band der dreibändigen »Wayfarer«-Saga aus der Feder einer umwerfenden deutschen Autorin!
Die Printfassung enthält exklusives digitales Bonusmaterial (Augmented Reality, AR) zum Entdecken.
Alle Bände der »Wayfarer«-Saga:
Das Lied der Nacht
Das Flüstern des Zwielichts
Der Klang des Feuers

C.E. Bernard ist das Pseudonym von Christine Lehnen, die 1990 im Ruhrgebiet geboren wurde und seitdem in Kanada, den Vereinigten Staaten, Australien und Paris gelebt hat. Sie studierte die Fächer English Literatures and Cultures und Politikwissenschaft, seit 2014 lehrt sie Literarisches Schreiben an der Universität Bonn. Daneben promoviert sie an der University of Manchester über Neuerzählungen des Trojanisches Krieges, erwandert das Siebengebirge und mentoriert zukünftige Talente für PAN e. V. Ihre Kurzgeschichten wurden mit den Literaturpreisen der Jungen Akademien Europas und der Ruhrfestspiele Recklinghausen ausgezeichnet, ihre Romane waren für den RPC Fantasy Award und den Lovelybooks-Leseraward nominiert. Ihre Palace-Saga und der Wayfarer-Saga schrieb Christine Lehnen auf Englisch - diese beiden auf Deutsch erschienenen Reihen wurden ins Deutsche zurückübersetzt.

1 – Reiter

Reiter

Ein Fremder kam den Grauen Pfad entlang.

Es war ein Mann, entschieden die meisten, die ihn vorbeiziehen sahen. Heutzutage wagte sich niemand mehr nach Anbruch der Dämmerung auf die Straße, denn eigentümlich waren die Tage und schrecklich die Nächte, seit die Schatten sich erhoben hatten. Des Nachts waren sie erschienen, mit ihren Schwertern aus Feuer, grellweiß und so kalt. Abgeschlachtet hatten sie alles, was lebte oder einst gelebt hatte – kleine Kinder, alte Frauen, stolze Rösser. Die Ziegen, die den Menschen brav ihre Milch gaben. Manche behaupteten, man könne sich schützen gegen die Schatten, indem man sich hinter Mauern aus Stein und Toren aus Eisen verschanzte. Wieder andere erzählten, es gäbe ein Lied, das als Schild diene, aber wer hatte schon jemals gesehen, dass ein Lied gegen eine Klinge schützte, eine strahlende, tödliche Klinge?

Lieber machten sich die Menschen hinter steinernen Mauern und eisernen Toren zu Gefangenen, in den Städten, Dörfern und Burgen, und so waren die Tage eigentümlich und die Nächte finster. Denn des Nachts wisperte die Furcht, kroch in ihre Häuser und Hütten, schob ihre langen, dürren Tentakel in jede Schlafkammer. Sie raunte und flüsterte, wie sie es schon immer getan hatte in den finsteren Nächten, die weder Mond noch Sterne erhellten. Legenden besagten, dass die Nächte einst hell gewesen waren, erleuchtet vom Mond und den Sternen, als die Feuer noch brannten in den Türmen des Lichts, als die Glocken noch sangen. Als Feuer und Glockenklang die Finsternis und die Stille vertrieben, überall auf dem Kontinent Erebu.

Aber niemand wusste, ob man diesen Legenden Glauben schenken sollte, wo die Nächte seit sie denken konnten doch so finster waren und die Schatten so tödlich.

Deshalb war es umso merkwürdiger, nun diesen Fremden auf der Straße zu sehen. Einst hatte man sie den Westlichen Weg genannt, als sie sich noch breit und stolz durch die Lande erstreckt hatte, als ihr weißer Stein noch gepflegt und instand gehalten worden war. Heute nannte man sie den Grauen Pfad, oder einfach nur den Pfad, denn es war kaum noch etwas geblieben von den vielen Wegen und Handelsrouten, die früher den ganzen Kontinent durchzogen hatten.

Nahe der kleinen Stadt Ricoldinchuson sah man den Fremden zum ersten Mal, bei einem Bauernhof, dessen Bewohner hinausgingen aufs Feld, sobald das erste Licht durch den Morgennebel drang. Sie beackerten die Scholle, hofften eine Ernte einfahren zu können, auch wenn Nacht für Nacht die Schatten über sie herfielen. Jemand musste ja das Land bestellen und Nahrung für Ricoldinchuson anbauen, hinter dessen Stadtmauern sich auch die Bewohner jenes Hofes versteckten, nachts, wenn die Schatten erschienen. Sie mussten es zumindest versuchen, sonst würde der Hunger sie während der Belagerung durch die Schatten ebenso sicher töten wie die Klingen aus Feuer, so weiß und kalt.

Der älteste und der jüngste Bewohner des Hofes waren im Obstgarten und spazierten zwischen den Apfelbäumen einher. Großvater und Enkelsohn waren sie, und sie unterhielten sich in der Sprache des südlichen Königreiches Sapaudia, aus dem der Großvater als Kind mit seinen Eltern geflohen war, die auf der Suche nach Arbeit mit ihm nach Norden zogen.

Der Enkel sah den Fremden als Erster.

»Guarda, nonnus!«

Er zeigte zur Straße, und sein Großvater hob den Kopf und erblickte ihn. Sah den Fremden, der in der Morgendämmerung unterwegs war.

Zu Pferde reiste er. Einen Mantel trug er, einen langen grauen Mantel. Sein Pferd war groß und prächtig.

Und er schien zu singen.

Sofort atmeten die beiden auf, denn das war keine Armee. Die Eiserne Armee sei auf dem Vormarsch aus Schur im Süden, erzählten die Leute, doch das hier war nicht die Eiserne Armee, unter deren Ansturm Ricoldinchuson innerhalb eines halben Tages fallen würde. Nicht die Armee von Lurin, dem Eisernen Baron.

Nein, das war sie nicht.

Nur ein einzelner Reiter. Ein Reiter, der sang. Auch wenn der Großvater die Worte des Liedes nicht ausmachen konnte. Sein Enkelsohn ebenfalls nicht. Leise schlichen sie bis zu der Hecke, die den Obstgarten von der Straße trennte. Traurig klang das Lied. Als würde der Reisende von längst vergangenen Zeiten singen, einer längst verlorenen Liebe, einer Heimat, die nicht mehr aufzufinden war. Und während sie heranschlichen, um dem Lied des einsamen Reiters zu lauschen, marschierte viele Meilen weiter südlich eine Armee über den Grauen Pfad.

Eine Armee, ganz in Eisen gewandet, die Rüstungen geschmiedet aus schwarzem, starkem Metall. Fackeln trugen die Männer, und wenn sie abends ihr Lager aufschlugen, sangen sie das Lied der Nacht. Im Licht des Tages marschierten sie über die Straße, brannten die Felder nieder, die von den Schatten verschont worden waren, überließen Gärten und Höfe und Mühlen den Flammen. Den Kopf der Königin von Allaith hatten sie auf einen Spieß gesteckt, und gelacht hatten sie, als sie durch ihr Königreich marschierten, denn für sie war es so klein, dass es nicht einmal als richtiges Land zählte. Im Winter wären sie wieder daheim, glaubten diese Soldaten, die dort über den Grauen Pfad marschierten. Eine Frau war unter ihnen, eine Frau, die am lautesten von allen gelacht hatte, als sie den Kopf der Königin auf den Spieß steckte. Lauter als alle anderen hatte sie gelacht, denn sie glaubte, dass sie stark erscheinen musste, sollte ihr Kopf nicht der nächste sein. Bigna war ihr Name. Bis sie den Kopf einer Königin aufgespießt hatte, war sie einfacher Soldat gewesen, doch als der Baron das sah, befahl er, ihr ein Pferd und einen Rang zu geben, der ihrem Eifer entsprach. Und so ritt nun Leutnant Bigna über den Grauen Pfad, den Blick starr nach vorne gerichtet, wo der Baron und sein Hauptmann mit ihren eisernen Helmen ritten. Eine lange graue Feder trug der Hauptmann an ihrem Helm, und diese Feder wollte Bigna unbedingt haben. Denn eines stand für sie fest: Niemand würde es wagen, den Hauptmann der Eisernen gegen ihren Willen anzufassen. Die Armee steuerte auf ein Dorf zu. Hell leuchteten ihre Fackeln in der Dämmerung. Bigna reckte ihre in die Höhe, während sie das Tempo beschleunigte. Während sie auf das Dorf zu galoppierte.

Sie würde dafür sorgen, dass Schur stolz auf sie war.

Viele Meilen weiter nördlich lauschten Großvater und Enkel darauf, wie der Fremde sich auf dem Grauen Pfad näherte. Vielleicht brachte er Neuigkeiten. Neuigkeiten, die von Frieden kündeten. Von dem Lied, das ein Schutzschild sein sollte. Neuigkeiten aus der Stadt Briva. Briva der Blauen, so stolz und so schön. Briva, der Stadt der Brücken. Briva, der Stadt der Schiffe. Briva, der Stadt des Brotes, des köstlichsten Brotes, das je gebacken wurde. Der Großvater kannte ein Lied darüber. Eine Bardin hatte es in Ricoldinchuson zum Besten gegeben, mit dieser wundervollen Stimme, als sein Enkel noch ein kleiner Wurm gewesen war. Nun zählte der Junge bereits fünf Lenze, und er kannte das Lied auswendig, weil sein Großvater es ihm so oft vorgesungen hatte.

Der Reiter allerdings sang ein anderes Lied.

Warum dröhnt der Hufschlag laut, so laut

aus dem Tale zu mir herauf?

Das sind nur die Bauern und Tölpel, mein Kind,

nur die Bauern kommen herauf.

Es klang wie ein Klagelied.

»Nonnus«, sagte der Enkel und zeigte auf seine Füße. Dünn und fahl klang seine Stimme, so fahl wie der Umhang des Reiters. Der Großvater blickte zu Boden.

Unzählige Spinnen krochen über die Erde, mit langen, dünnen Beinen, und graue, zuckende Kellerasseln. Über ihre Schuhspitzen krochen sie, über ihre Füße.

Durch die Hecke kamen sie.

In den Garten hinein liefen sie.

Warum dringt Lärmen laut, so laut

Über die Straße zu mir heran?

Das sind nur die Boten und Herolde, Kind,

nur die Herolde kommen heran.

Und dann hörten sie das Rauschen unzähliger Flügel, ein lautes Tosen, als wäre auf einmal ein Sturm losgebrochen. Großvater und Enkel hoben den Kopf. Überall stiegen Vögel aus den Bäumen auf und schwangen sich in die Lüfte. Hektisch flatterten sie, flogen davon so schnell sie konnten, schossen über den Garten hinweg.

»Sind das die Schatten, nonnus?«, fragte der Enkel.

Der Großvater sah sich um. Der Morgen war angebrochen. Es konnten nicht die Schatten sein, die erhoben sich nur des Nachts.

Welch Gestalt seh’ ich vor mir, klar, so klar,

welch Gestalt kommt im Zwielicht heran?

Das ist nur ein einsamer Reiter, mein Kind,

ein grauer Reiter trabet heran.

»Komm.« Der Großvater nahm seinen Enkelsohn an die Hand. »Komm, wir müssen nach Ricoldinchuson zurück.«

Und auch dem Fremden auf dem Grauen Pfad rief er es zu. In der Gemeinen Sprache rief er: »Guter Mann! Komm mit uns, zurück in die Stadt!«

Und der Fremde hielt an.

Tief in seinem Inneren begann der Großvater zu zittern.

Der Reiter sang noch immer.

Warum fühl’ ich in mir die Furcht so stark,

wenn im Zwielicht er trabet heran?

Schließ die Augen nun, schließ die Augen, mein Kind,

der Fahle Reiter trabet heran.

Sehr lange schon lebte der Großvater in dieser Welt. Sehr lange war er selbst ein Fremder gewesen, hatte viel Freundlichkeit erfahren von Menschen, die ihn aufgenommen hatten, auch hier in Ricoldinchuson, wo er zunächst in den...

Erscheint lt. Verlag 19.7.2021
Reihe/Serie Die Wayfarer-Saga
Die Wayfarer-Saga
Übersetzer Charlotte Lungstrass-Kapfer
Sprache deutsch
Original-Titel Towers of Fire (2)
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Schlagworte Aragon • augmented reality • Barde • Christelle Dabos • Das Lied der Nacht • Der Herr der Ringe • Der Klang des Feuers • eBooks • Fantasy • Fantasy Bestseller • Fantasy für Erwachsene • Fantasy Liebesromane für Erwachsene • Geralt von Riva • High Fantasy • Laura Kneidl • Licht • Liebe • Liebesromane • Marah Woolf • Märchenbuch • Musik • Palace • Palace of Blood • Palace of Fire • Palace of Glass • Palace of Silk • Peter V. Brett • Romantasy • Schatten • Spiegelreisende • Turm • Winter • Witcher
ISBN-10 3-641-26895-8 / 3641268958
ISBN-13 978-3-641-26895-4 / 9783641268954
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